Feind in Sicht: Kommandant Bolithos Zweikampf im Atlantik - Kent Alexander (читать книги без txt) 📗
Fitzmaurice fragte:»Sie lie?en die Thetis entkommen?»
Farquhar sah ihn kalt an.»Ich hielt die Informationen, die der Spanier mir geben konnte, fur wertvoller als eine Prise oder — «, fugte er hinzu — ,»als das Prisengeld.»
Als Bolitho sich das erste Mal vernehmen lie?, wandte sich Far-quhar in der Annahme, da? noch jemand seine Handlungsweise kritisieren wolle, brusk um.
Bolitho sagte aber nur:»Das war gute Arbeit. «Sie war auch gut fur Farquhar gewesen, denn indem er das feindliche Schiff aufgespurt und angegriffen hatte, hatte er sich von seiner befohlenen Position entfernt. Dadurch hatte ihn die zu ihm entsandte Korvette nicht finden und zu seinem Untergang fuhren konnen.
Nach einer Weile fugte Bolitho hinzu:»Haben Sie etwas Wichtiges bei dem Spanier gefunden?»
Farquhar schien erleichtert.»Es war nur noch ein Offizier am Leben. Er erzahlte mir, da? seine Fregatte das Schatzschiff San Leandro begleitet und Caracas vor sechs Tagen mit Ziel Teneriffa verlassen hatte. Auf der Hohe von Tortuga sturzten sich vier Linienschiffe und die Fregatte Thetis auf sie. Allem Anschein nach hatten die Dons [3] sich kraftig zur Wehr gesetzt, aber ohne eine Chance. Die San Leandro strich die Flagge, und ein Prisenkommando ging zu ihr an Bord. Die spanische Fregatte konnte es angesichts ihrer Schaden weder verhindern, noch konnte sie den Verband verfolgen, und wahrend das Geschwader mit seiner Prise davonsegelte, drehte die Thetis bei und erwartete den kommenden Morgen, um ihr den Fangschu? zu versetzen. Den Rest kennen Sie, meine Herren.»
Das Schweigen in der Kajute, das diesen Ausfuhrungen folgte, war bedruckt und voller Spannung, da jeder der Anwesenden erst einmal uber das Gehorte nachdachte.
Farquhar sagte abschlie?end:»Obwohl ich den Spanier in Schlepp nahm, konnte ich ihn nicht retten. Er schnitt im aufkommenden Seegang unter und versank mitsamt den meisten Leuten, die das Gefecht uberlebt hatten.»
Mulder kam quer durch die Kajute heruber und fragte, an den gro?en Tisch gelehnt:»Was haben Sie noch aus dem spanischen Leutnant herausbekommen?»
Farquhar zuckte die Achseln.»Mein Schiffsarzt mu?te ihm den rechten Fu? amputieren, und bis jetzt befindet er sich noch in sehr schlechter Verfassung. Ich glaube, er nimmt den Verlust der San Leondro schwerer als den seines Fu?es. Aber er hat noch einiges gesagt, von dem ich nicht wei?, ob es wichtig ist. Unmittelbar nach der Besetzung des Schatzschiffes wurde an dessen Gro?mast eine seltsame Flagge gehi?t: gelb mit einem schwarzen Adler drauf.»
Kapitan Fitzmaurice, der bisher verdrie?lich auf den Fu?boden gestarrt hatte, fuhr ruckartig hoch.»Das war doch die Flagge, die uber Las Mercedes wehte! Meine Leute vom Landungskorps haben sie gesehen, als sie die Gefangenen befreiten. «Er starrte in Bolithos ernstes Gesicht.»Es ist die Standarte des dortigen Gouverneurs.»
Pelham-Martins Hande hoben sich etwas von den Armlehnen und fielen gleich wieder kraftlos zuruck. Er sagte stockend:»Was steckt hinter all dem? Eine neue Falle, ein weiterer Trick, um uns auf eine falsche Spur zu locken? Es kann viel bedeuten — oder gar nichts.»
Fitzmaurice blickte an ihm vorbei und kniff die Augen zusammen, da er sich sehr konzentrierte.»Wenn Lequiller das Schatzschiff gekapert hat, mu?te das doch seiner Sache schaden. Die Dons werden dadurch weniger geneigt sein, die Fronten zu wechseln, wie sie es in der Vergangenheit mehrmals getan haben.»
Pelham-Martins Stimme klang gequalt.» Wenn es Lequiller war!»
«Daran ist nicht zu zweifeln, Sir. «Farquhar beobachtete ihn ausdruckslos.»Der spanische Leutnant hat das fuhrende Schiff ganz deutlich gesehen. Einen Dreidecker mit der Flagge des Vizeadmirals im Vortopp.»
Der Kommodore sank tiefer in seinen Stuhl.»Alles, was wir zu unternehmen versuchten, jede unserer Bewegungen wurde von Lequiller vorausgesehen.»
Farquhar blickte erstaunt auf.»Aber wenigstens haben wir es jetzt nur noch mit der Halfte seines Geschwaders zu tun, Sir.»
Fitzmaurice unterbrach brusk:»Aber zwei Schiffe sind bei Las Mercedes entkommen.»
«Wenn ich nur mehr Schiffe hatte!«Pelham-Martin schien gar nicht zuzuhoren.»Sir Manley Cavendish wu?te genau, wem ich gegenuberstand, und doch gab er mir nur eine bescheidene Streitmacht, um damit fertigzuwerden.»
Farquhar wandte sich an Bolitho.»Was meinen Sie, Sir?»
Bolitho antwortete nicht sofort. Wahrend die anderen redeten und Pelham-Martin sein Gewissen nach Grunden und Entschuldigungen erforschte, hatte er versucht, irgendeinen Hinweis zur Losung des Ratsels zu entdecken, denn als solches erschien ihm das Verhalten des Franzosen von Anfang an.
Er fragte:»Was wissen Sie uber den Gouverneur von Las Mercedes?»
Mulder machte eine vage Handbewegung.»Er hei?t Don Jose Perez. Angeblich hat er seinen Posten in der Karibik zur Strafe und nicht als Auszeichnung bekommen. Er stammt aus einer reichen
Adelsfamilie und soll den spanischen Hof gegen sich aufgebracht haben, weil er die Steuern fur seine Landereien anderweitig verbraucht hatte. Las Mercedes mu? ein Gefangnis fur solch einen Mann gewesen sein; nach den zwanzig Jahren, die er dort verbracht hat, dachte ich.»
Bolitho fiel ihm ins Wort:»Zwanzig Jahre?«Er begann, in der Kajute auf und ab zu gehen, von den anderen erstaunt beobachtet.»Ich fange an zu begreifen. Lequiller diente hier schon wahrend der Amerikanischen Revolution und benutzte Las Mercedes mehrmals als zeitweilige Basis. Er mu?te alles uber Perez' Vergangenheit wissen, mag sein Vertrauen erworben und gemeinsam mit ihm Zukunftsplane geschmiedet haben. «Er hielt inne und sah die Versammelten nacheinander an.»Ich glaube, ich wei? jetzt, was Le-quiller im Schilde fuhrt und wie seine Befehle lauteten, als er unsere Blockade durchbrach.»
Fitzmaurice sagte:»Ein Angriff auf die spanische Flotte?»
«Noch etwas viel Kuhneres und Erfolgversprechenderes!«Bo-litho ging an die Heckfenster und schaute auf sein eigenes Schiff hinuber.»Jeder Angriff auf spanische Gebiete hier drau?en wurde die offentliche Meinung nur gegen ihn aufbringen. Aber bedenken Sie, welchen Eindruck es machen wurde, wenn er nach Spanien selber zuruckkehrte!»
Pelham-Martin atmete schwer.»Aber das ist absurd! Der spanische Hof wurde diesen Perez hangen lassen, ob er nun Aristokrat ist oder nicht.»
«Wenn er allein und ohne Beistand kame, gewi?. «Bolitho sah ihm kuhl in die Augen.»Aber mit Lequillers Geschwader hinter sich und im Besitz des Schatzschiffes, in dessen Laderaumen gewaltige Goldwerte liegen, sieht der Fall ganz anders aus. «Als er sah, da? die Unsicherheit auf Pelham-Martins rundem Gesicht sich in Panik verwandelte, wurde seine Stimme noch harter.»Lequiller hat alle Register gezogen. Seine Devise lautet: teile und siege, und er hat fast alles erreicht, was er sich vorgenommen hatte. Wir sind gewarnt worden, da? er von seiner Sache besessen und rucksichtslos sei. Die Tatsache, da? er wehrlose Gefangene aufhangen lie?, sollte Beweis genug dafur sein, wie entschlossen er ist, sein Ziel zu erreichen.»
Farquhar nickte.»Sie haben recht, wei? Gott. Das Vertrauen, das die spanische Regierung in unsere Fahigkeiten gesetzt haben mag, wird beim Auftauchen von Lequillers Geschwader untergraben. Und jeder Unwille, den der Hof noch gegen Perez hegen sollte, wird sich in Nichts auflosen, wenn ihm der Schatz unangetastet ubergeben wird.»
«Die Kirche wird das Ihre dazutun. «Fitzmaurice setzte sich erschopft hin.»Ein angemessener Teil des Schatzes wird zweifellos den Weg in ihre Kassen finden. «Weniger heftig fugte er hinzu:»Sind denn alle unsere Anstrengungen vergeblich gewesen? Schon jetzt mogen Lequillers Schiffe auf dem Heimweg sein. «Er sah den bewegungslos dasitzenden Kommodore fest an.»Konnen wir nichts tun?»
Bolitho sagte:»Die ganze Zeit habe ich versucht, die Lage mit Lequillers Augen zu betrachten, seine Taktik, seine Mi?achtung all dessen, was nicht seinem Ziel dient. Als ich diese spanischen Soldaten in franzosischen Uniformen sah, hatte ich erraten sollen, wie weit seine Absichten reichen. Sie mussen diese Leute monatelang ausgebildet haben, vielleicht noch langer, und die Uniformen dienten lediglich dazu, die wirkliche Absicht des Gouverneurs zu tarnen. Schlimmstenfalls konnte er sich immer damit rechtfertigen, da? seine Garnison vom Feind uberrannt worden sei. «Er machte eine kleine Pause, bevor er hinzusetzte:»Zumindest wird Perez eine gut ausgebildete Truppe hinter sich haben, wenn er in seine Heimat zuruckkehrt, wo sicher viele zu seiner Fahne sto?en we r-den.»
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Spitzname fur die Spanier