Zerfetzte Flaggen: Leutnant Richard Bolitho in der Karibik - Kent Alexander (читать книги полностью без сокращений бесплатно txt) 📗
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Zerfetzte Flaggen: Leutnant Richard Bolitho in der Karibik читать онлайн бесплатно
Alexander Kent
Zerfetzte Flaggen
Leutnant Richard Bolitho in der Karibik
FUR WINIFRED
Unser Feind war keine Memme,
das sage ich Euch…
Sein Mut war von rauher englischer Art,
wie es ihn zaher und echter nie gab
und nie geben wird.
I Demonstration der Starke
Der steife, ablandige Wind, der wahrend des Tages ein wenig ruckgedreht hatte auf Nordwest, fegte uber die Reede von New York. Er brachte kein Nachlassen der grimmigen Kalte, sondern alle Anzeichen weiteren Schneefalls.
Heftig an seiner Ankerkette zerrend, lag dort Seiner Britannischen Majestat Schiff Trojan, bestuckt mit achtzig Kanonen. Dem ungeschulten Auge einer Landratte mochte es wohl so vorkommen, als sei sie vollig unempfindlich gegen Wind und Seegang. Den Mannern jedoch, die standig ihre Arbeit an Deck oder hoch oben in der Takelage und auf den schlupfrigen Rahen verrichteten, schien dies keineswegs so, und sie empfanden die schlingernden Bewegungen sehr deutlich.
Es war Marz 1777, doch der Offizier der Nachmittagswache, Leutnant Richard Bolitho, hatte das Gefuhl, als sei es noch mitten im Winter. Es wird fruh dunkel werden, dachte er, die Beiboote mussen noch uberpruft, ihre Vertauung verstarkt werden, bevor die Nacht kommt. Er frostelte, weniger infolge der Kalte als bei dem Gedanken, da? es auch nachher in den Raumen unter Deck kaum warmer sein wurde. Denn trotz ihrer stattlichen Gro?e und ihrer starken Bewaffnung hatte die Trojan — ein Zweidecker-Linienschiff — ihrer Besatzung von sechshundertfunfzig Offizieren, Seeleuten und Seesoldaten, die alle in ihrem umfangreichen Rumpf lebten, nicht mehr als das Herdfeuer in der Kombuse zu bieten, allenfalls noch die eigene Korperwarme der Leute — gleichgultig, wie die Elemente tobten.
Auf dem Achterdeck richtete Bolitho sein Fernglas auf die bereits verschwimmende Kustenlinie. Wahrend sein Blick die anderen vor Anker liegenden Linienschiffe, Fregatten und das ubliche Gewirr kleinerer Versorgungsfahrzeuge streifte, hatte er Zeit, sich uber die Veranderung klarzuwerden, die seit dem letzten Sommer stattgefunden hatte. Damals war die Trojan zusammen mit einem gro?en Flottenverband von hundertdrei?ig Schiffen hier bei Staten Island vor Anker gegangen. Nach dem anfanglichen Schock, den der Aufstand der amerikanischen Kolonien ausgelost hatte, war die Besetzung New Yorks und Philadelphias, verbunden mit einer derartigen Demonstration der Starke, den Beteiligten wie der Beginn einer
Ruckentwicklung, eines Kompromisses, vorgekommen. Es war alles so einfach gewesen. General Howe hatte seine eingeschifften Truppen vor der gesamten Kuste von Staten Island Posten beziehen lassen, war dann mit einer kleinen Infanterieeinheit gelandet und hatte alles in Besitz genommen. Die Verteidigungsvorbereitungen der ortlichen und der Festlandsmilizen waren buchstablich ins Wasser gefallen, und selbst die vierhundert Mann starke Besatzung der Befestigungswerke von Staten Island, die unter General Washingtons Befehl stand und das Fort unter allen Umstanden und ohne Rucksicht auf Verluste halten sollte, hatte brav das Kommando» Gewehr ab «befolgt und den Treueid auf die Krone geleistet.
Bolitho senkte das Fernglas, da eine Schneebo ihm die Sicht nahm. Es fiel ihm schwer, sich die damals grune Insel und die bunte Zuschauermenge ins Gedachtnis zuruckzurufen, die jubelnden Loyalisten, den schweigend und grimmig dreinblickenden Rest. Alle Farben waren jetzt einem tristen Grau gewichen. Das Land, das bewegte Wasser, selbst die Schiffe schienen ihren Glanz verloren zu haben in diesem zahen und hartnackigen Winter.
Er ging ein paar Schritte auf und ab; an seinen nassen Kleidern zerrte der Wind. Er war jetzt zwei Jahre an Bord der Trojan, aber es kam ihm vor wie ein ganzes Leben. Wie viele andere in der Marine, so hatte auch er zuerst gemischte Empfindungen gehabt, als die Neuigkeit von der Revolution bekannt wurde: Uberraschung, Schock, Sympathie und dann Zorn, vor allem aber das Gefuhl der Hilflosigkeit.
Die Revolution, die angefangen hatte als ein Konglomerat individualistischer Ideale, hatte sich bald in eine durchaus reale Herausforderung entwickelt. Dieser Krieg war anders als alles, was sie vorher gekannt hatten. Gro?e Linienschiffe wie die Trojan bewegten sich schwerfallig von einem Brennpunkt zum anderen und waren durchaus imstande, mit allem fertig zu werden, was leichtsinnig in den Bereich ihrer massiven Breitseite geriet. Aber der wirkliche Krieg war eine Sache der Nachrichtenverbindungen und Versorgungswege, eine Angelegenheit der kleinen schnellen Fahrzeuge wie Korvetten, Briggs und Schoner. Wahrend der langen Wintermonate, als die uberbeanspruchten Schiffe des Kustengeschwaders mehr als funfzehnhundert Meilen Kuste zu uberwachen hatten, war die Starke der Kontinentalarmee, unterstutzt von Britanniens altem
Feind Frankreich, standig gewachsen. Bisher hatte Frankreich zwar nicht offen eingegriffen, aber vermutlich wurde es nicht mehr lange dauern, bis die vielen franzosischen Kaperschiffe, deren Jagdgebiet sich von der kanadischen Kuste bis ins Karibische Meer erstreckte, ihre wahre Flagge zeigten. Danach war es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch Spanien, obwohl vielleicht ungern, dem feindlichen Bundnis beitrat. Die Handelswege zum spanischen Mutterland waren die langsten von allen, und angesichts der Spannungen zwischen Spanien und England wurde es wohl dem Druck der anderen beiden Machte nachgeben und den Weg des geringsten Widerstandes gehen.
All dies und noch mehr hatte Bolitho gehort und diskutiert, immer wieder, bis zum Uberdru?. Ob gute oder schlechte Neuigkeiten eintrafen, die Rolle der Trojan wurde immer unbedeutender. Wie ein Felsblock lag sie nun schon seit Wochen hier im Hafen, mit gereizter Besatzung und Offizieren, die nur auf eine Gelegenheit hofften, von Bord gehen und ihr Gluck auf kleineren, schnelleren und unabhangigeren Schiffen versuchen zu konnen.
Bolitho dachte an sein letztes Kommando, die mit achtundzwanzig Geschutzen bestuckte Fregatte Destiny. Selbst als ihr jungster Leutnant und gerade erst vom Fahnrichslogis in die Offiziersmesse hinubergewechselt, hatte er unglaublich Aufregendes und Befriedigendes erlebt.
Er stampfte mit dem Fu? auf, so da? der Wachtposten auf der anderen Seite des nassen Decks herumfuhr. Jetzt war er Vierter Offizier dieses verankerten Riesen, und es sah so aus, als wurde er das fur die nachste Zeit auch bleiben.
Die Trojan ware viel besser aufgehoben bei der Kanalflotte, dachte er: Manover, Flaggezeigen bei den wachsamen Franzosen, und, wenn irgend moglich, an Land gehen in Plymouth oder in Portsmouth, alte Freunde aufsuchen…
Bolitho wandte sich um, als er wohlvertraute Schritte von achtern uber das Deck kommen horte. Es war Cairns, der Erste Offizier, wie die meisten von ihnen an Bord, seit die Trojan im Jahre 1775 nach einer langeren Aufliegezeit in ihrer Bauwerft in Bristol wieder in Dienst gestellt worden war. Cairns war gro?, schlank und sehr verschlossen. Falls er sich ebenfalls nach der nachsten Sprosse seiner Karriere sehnte, nach einem eigenen Kommando vielleicht, so zeigte er das nicht. Er lachelte selten, war aber trotzdem ein Mann von gro?em Charme. Bolitho mochte ihn gern und respektierte ihn. Oft fragte er sich, was Cairns wohl vom Kommandanten* hielt.
Cairns blieb stehen und bi? sich auf die Unterlippe, wahrend er zur Takelage, zu dem sich aufturmenden Gewirr von Wanten und laufendem Gut, hinaufschaute. Dunn mit klebrigem Schnee bedeckt, sahen die Rahen aus wie die Zweige ungeheurer Fichten.
Dann sagte er:»Der Kommandant wird bald zuruckkommen. Ich bin auf Abruf bereit, also halte die Augen auf.»