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Feind in Sicht: Kommandant Bolithos Zweikampf im Atlantik - Kent Alexander (читать книги без txt) 📗

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Gascoigne hatte geschrien:»Flaggschiff an Hyperion: Halten Sie sich bereit, Befehle und Depeschen zu ubernehmen!»

Inch schien eine Frage stellen zu wollen, zog es aber dann vor, zu schweigen. Die beiden ersten Tage nach dem Auslaufen von Ply-mouth waren schwer fur ihn gewesen. Innerhalb weniger Stunden, nach dem sie nach Suden abgedreht hatten, war der Wind zu annahernd Sturmstarke angewachsen. Unter gerefften Marssegeln und bei einer wilden, achterlich anlaufenden See, die das Schiff schwanken und wie betrunken von einem Wellental ins nachste taumeln lie?, war Inch einem Chaos von Fragen und Forderungen von allen Seiten ausgesetzt gewesen. Viele der neuen Leute waren seekrank und fast hilflos, und die meisten anderen waren standig bei der Arbeit, Tauwerk zu splei?en, das wie alles neue Tauwerk die erste wirkliche Belastungsprobe nur schlecht bestand, und die ubrigen wurden standig hin und her gefuhrt oder getrieben, entweder zum Trimmen der Segel oder zu der knochenbrechenden Arbeit an den Lenzpumpen.

Mehr als einmal hatte es Bolithos ganze Selbstbeherrschung erfordert, nicht in Inchs Tatigkeit einzugreifen, aber es war ihm auch nur zu klar bewu?t, da? die Schuld allein bei ihm selbst zu suchen war. Fur diese Arbeit war Inch noch zu unerfahren, das war jetzt ganz unverkennbar, doch wenn Bolitho jetzt sein Mi?fallen zeigte, mochte es Inch vollig fertigmachen. Nicht, da? Bolitho auch nur ein Wort zu sagen brauchte. Inchs ungluckliches Gesicht verriet, da? er sich seiner Unzulanglichkeit selbst nur zu bewu?t war.

Das nachste Signal vom Flaggschiff war kurz gewesen:»Halten Sie sich bereit, den Flaggkapitan zu empfangen.»

Das Ubliche war, da? Kommandanten sich personlich meldeten, um neue Befehle zu empfangen, wenn sie zu einem Geschwader stie?en, obwohl in Fallen von wirklich schlechtem Wetter es vorkam, da? der wasserdicht versiegelte Beutel an einer Wurfleine von Schiff zu Schiff befordert wurde. Doch diesmal schickte der Admi-ral seinen Kapitan. Das Boot, das den Kommandanten des Flaggschiffs uber das kabbelige Wasser brachte, war beinahe vollgelaufen, als es schlie?lich an den Ketten festmachte. Der untersetzte Offizier in seinem durchna?ten Bootsmantel gonnte dem Empfangskommando und den salutierenden Marinesoldaten kaum einen Blick, als er Bolithos ausgestreckte Hand ergriff und grollend sagte:»Gehen wir um Gottes willen unter Deck.»

Sobald der Besuch die gro?e Kajute betreten hatte, kam er sofort zur Sache.

«Ich bringe Ihnen neue Befehle, Bolitho. Sie werden weiter nach Sudost segeln und sich dem vor der Kuste operierenden Geschwader von Kommodore Mathias Pelham-Martin anschlie?en. Der Admiral hat ihn mit seinen Schiffen vor einigen Wochen zum Dienst vor der Gironde-Mundung detachiert. In Ihren neuen Befehlen werden Sie eine vollstandige Liste der Schiffe und ihrer Aufgaben finden.»

Er hatte schnell, beinahe beilaufig gesprochen, aber Bolitho fuhlte sich instinktiv gewarnt. Pelham-Martin. Der Name war ihm zwar durchaus vertraut, dennoch vermochte er sich an keinen Marineoffizier zu erinnern, sei es ein Kommodore oder ein anderer Rang, der sich so sehr ausgezeichnet oder auch blamiert hatte, um diesen besonderen Besuch des Flaggkapitans zu rechtfertigen.

Unvermittelt sagte der Besucher:»Ich tausche nicht gern jemanden, schon gar nicht einen Kameraden im gleichen Rang. Das Verhaltnis zwischen dem Admiral und dem Kommodore ist sehr gespannt. Wie Sie feststellen werden, ist Pelham-Martin ein Mann, unter dem zu dienen in gewisser Weise schwierig ist.»

«Und wie ist es zu diesen Spannungen gekommen?»

«Das liegt wirklich alles schon sehr lange zuruck. Wahrend der Amerikanischen Revolution…»

Bolitho hatte es plotzlich alles klar vor Augen.»Jetzt erinnere ich mich. Ein britischer Infanterieoberst ergab sich mit all seinen Leuten den Amerikanern, und als einige unserer Schiffe mit Verstarkung eintrafen, liefen sie direkt in eine Falle.»

Der Flaggkapitan schnitt eine Grimasse.»Dieser Oberst war der Bruder von Pelham-Martin. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wer der Offizier war, der die Schiffe befehligte, oder?»

In diesem Augenblick erschien ein Midshipman.»Signal vom Flaggschiff, Sir: Kommandant sofort zuruck an Bord.»

Bolitho verstand in diesem Augenblick vollkommen, was dieser Besuch fur ihn und sein Schiff bedeutete. Kein Admiral konnte gegenuber einem Kommandanten, der seinem Geschwader neu zugeteilt worden war, sein Mi?trauen laut werden lassen. Aber durch einen gleichrangigen Kameraden konnte er Unbehagen und Unsicherheit zu erkennen geben.

Der Flaggkapitan blieb unter der Kajutentur stehen. Sein Blick war forschend.

«Ich kenne Ihre Karriere, Bolitho, und Sir Manley Cavendish kennt sie auch. Als die Nachricht eintraf, da? Sie zu dem Geschwader sto?en wurden, sagte er zu mir, da? Sie in den Abschnitt von Pelham-Martin im Sudosten geschickt werden sollten. Die Rolle, die Sie im vergangenen Jahr bei der Invasion von St. Clar gespielt haben, ist in guter Erinnerung, wenn Sie dafur auch nur denkbar wenig Anerkennung gefunden haben. Das Geschwader des Kommodore ist klein, aber seine Leistungen und seine Wachsamkeit konnten sich als lebenswichtig erweisen. Ihre Einsicht und Ihre Anwesenheit konnten dazu beitragen, da? diese dumme Fehde ein Ende findet. «Er hob zweifelnd die Schultern.»Das bleibt selbstverstandlich unter uns. Falls mir auch nur ein Wort zu Ohren kommen sollte, da? eine Andeutung von Mi?trauen oder Unfahigkeit erfolgt sei, werde ich das naturlich mit allem Nachdruck bestreiten. «Und dann verlie? er nach einem weiteren kurzen Handedruck das Schiff.

Als Bolitho spater an seinem von Papieren bedeckten Schreibtisch sa?, fiel es ihm schwer zu glauben, da? durch diese personlichen Spannungen die Leistungsfahigkeit der hart bedrangten Schiffe und ihrer erschopften Besatzungen Gefahr lief, beeintrachtigt zu werden. Diese Begegnung mit dem Flaggschiff lag nun vier Tage zuruck, und wahrend die Hyperion weiter nach Sudosten vordrang und ihre Besatzung halbherzig gegen Seekrankheit und schlechtes Wetter ankampfte, hatte Bolitho seine Befehle sorgfaltig studiert und bei seinen einsamen Gangen auf dem Achterdeck versucht, ihre wahre Bedeutung zu ergrunden.

Offenbar standen drei Linienschiffe und drei Fregatten unter Pelham-Martins Kommando, sowie zwei kleine Schaluppen. Eins der Linienschiffe sollte zur Uberholung und Reparatur nach England geschickt werden, sobald die Hyperion seinen Platz ubernehmen konnte. Es war wirklich eine sehr kleine Streitmacht.

Doch wenn sie in der richtigen Position eingesetzt wurde, konnte sie sehr gut jede plotzlich erfolgende Bewegung feindlicher Fahrzeuge uberwachen. Es war bekannt, da? mehrere gro?e franzosische Schiffe Gibraltar unbemerkt passiert und bereits den Weg in die Biskaya gefunden hatten. Ebenso war bekannt, da? Spanien gegenwartig zwar ein Verbundeter Englands war, es aber mehr dem Zwang der Notwendigkeit als echter Freundschaft oder Bereitschaft zur Kooperation folgte. Viele dieser Schiffe mu?ten dicht unter der Kuste Spanien umsegelt und manche mochten sich sogar in spanischen Hafen verborgen haben, um dem Angriff durch britische Patrouillen zu entgehen. Um sich dem Gros der franzosischen Flotte anzuschlie?en, wurden diese Schiffe wahrscheinlich versuchen, die Gironde oder La Rochelle zu erreichen, um dort ihre Befehle auf dem Landweg zu erhalten, und dann die erste Gelegenheit wahrnehmen, um dicht unter der Kuste nach Lorient oder Brest zu gelangen.

An die Tur wurde geklopft, und Midshipman Gascoigne trat uber die Schwelle.»Mr. Stepkynes Respekt, Sir, und wir haben gerade ostwarts ein Segel gesichtet.»

«Sehr gut. Ich komme sofort.»

Bolitho sah, wie die Tur sich wieder schlo?, und rieb sich nachdenklich das Kinn. Wie immer die Dinge auch liegen mochten, er wurde jetzt nicht mehr lange auf eine Aufklarung zu warten haben.

Langsam stand er auf und griff nach seinem Hut. Er spurte das Amulett unter dem Hemd an seiner Brust, und plotzlich dachte er an Cheney. Er hatte ihr einen Brief geschrieben und ihn dem Flaggkapitan mitgegeben, zur Weiterleitung mit dem nachsten Schiff, das einen Heimathafen anlief. Er hatte keine Zeit mehr gehabt, irgend etwas darin zu andern, und sie wurde glauben, da? er unverandert vor Lorient kreuzte. Aber zweihundert Meilen mehr oder weniger spielten auch keine Rolle, ging ihm fluchtig durch den Kopf.

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