Zerfetzte Flaggen: Leutnant Richard Bolitho in der Karibik - Kent Alexander (читать книги полностью без сокращений бесплатно txt) 📗
Er rief:»Was macht die Brigg?»
Couzens starrte hinuber und antwortete:»Sie hat beigedreht, Sir! Sie la?t die Boote unbehelligt.»
Bolitho nickte, au?erstande mehr zu sagen. Die White Hills hatte keine andere Wahl, besonders da d'Esterres Bootsgruppe es vermied, zwischen sie und die schreckliche Artillerie der Trojan zu geraten.
Die Kaperung der Brigg wog nicht all die Toten auf, aber sie bewies der Besatzung der Trojan, was sie zu leisten vermochte, und gab ihr einen Teil ihres Stolzes zuruck.
Die restlichen Boote der Trojan waren ebenfalls zu Wasser gelassen worden und kamen rasch herbei, um sich an der Rettungsarbeit zu beteiligen. Bolitho sah die beiden Jollen und sogar die Gig uber das Wasser tanzeln. Dennoch dauerte es noch eine volle Stunde, bis er und Couzens von dem uber das ganze Gesicht grinsenden Fahnrich Pullen an Bord der Gig genommen wurden.
Bolitho konnte wohl ermessen, was die Verzogerung fur Stock-dale bedeutet hatte. Der aber kannte ihn gut genug, um sich mit seinem von Verwundeten und halb Ertrunkenen uberladenen Boot fernzuhalten, anstatt einem gesunden, unverletzten Leutnant den Vorzug zu geben, der noch dazu in vorlaufiger Sicherheit war.
Ihre schlie?liche Ruckkehr auf die Trojan war von gemischten Gefuhlen begleitet: Trauer daruber, da? einige der alteren und erfahreneren Seeleute gefallen oder verwundet worden waren, gleichzeitig aber eine wilde Freude, weil sie allein gehandelt und gewonnen hatten.
Als die hubsch angestrichene Brigg unter das Kommando einer Prisenbesatzung gestellt worden war und die Seeleute auf beiden Seiten des Fallreeps der Trojan die zuruckkehrenden Sieger mit Jubel begru?ten, hatten sie das Gefuhl eines ungeheuren Triumphes.
Aber solche Augenblicke hielten niemals lange vor.
Als ein Seemann im Boot seinen Freund wachzurutteln versuchte, um ihm zu sagen, da? sie jetzt langsseits ihres eigenen Schiffes seien, stellte er mit unglaubigem Entsetzen fest, da? dieser tot war.
Die Jubelrufe wichen Gelachter, als Couzens nackt wie am Tage seiner Geburt durch die Pforte stieg mit aller Wurde, derer er fahig war, wahrend zwei grinsende Marineinfanteristen vor ihm das Gewehr prasentierten. Und als Stockdale Bolitho entgegenschritt, um ihn zu begru?en, wobei sein schiefes, gluckliches Willkommenslacheln mehr aussagte, als alle Worte es vermocht hatten.
Aber trotz allem war es Pears gro?er Tag. Breit und massig wie seine geliebte Trojan selbst, so stand er und beobachtete alles schweigend.
Als Couzens versuchte, sich moglichst schnell zu verstecken, rief er barsch:»Das ist keine Art, sich zur Schau zu stellen, nicht fur einen Offizier des Konigs, Sir! Wirklich, ich wei? nicht, was Sie sich dabei denken, Mr. Couzens!«Als der Junge mit hochrotem Kopf zum nachsten Niedergang rannte, fugte er hinzu:»Bin trotzdem stolz auf Sie!»
Bolitho uberquerte das Achterdeck, seine nassen Stiefel quietschten laut.
Pears blickte ihn grimmig an.»Die Yawl verloren, eh? Beladen war sie wohl auch noch?»
«Aye, Sir, ich glaube, sie sollte die Brigg ausrusten. «Er sah seine Leute vorbeihinken, teerige Hande klopften ihnen auf die Schultern, und fugte leise hinzu:»Unsere Leute haben sich tapfer geschlagen, Sir.»
Er beobachtete, wie die Brigg wieder Segel setzte, das zerschossene Marssegel bestand nur noch aus Fetzen. Er vermutete, da? Pears einen Steuermannsmaaten hinubergeschickt hatte, wahrend die Marineinfanteristen die gefangene Besatzung durchsuchten. Frowd wurde moglicherweise als Prisenkommandant eingesetzt, das mochte ihn etwas aussohnen mit seinem schlimm zugerichteten
Knie, denn was Thorndike und spater vielleicht ein Krankenhaus auch fur ihn tun konnten, hinken wurde er wohl bis an sein Lebensende. Er hatte den Rang eines Leutnants erreicht, wu?te aber wohl selbst am besten, da? diese Verwundung jeden weiteren Aufstieg verhindern wurde.
Es war spater Nachmittag, bis beide Schiffe die Inseln und, zu ihrer Erleichterung, auch die Riffe und Wirbel hinter sich gelassen und freien Seeraum gewonnen hatten.
Als d'Esterre auf die Trojan zuruckkehrte, hatte er einen weiteren wichtigen Fund zu melden.
Der Kapitan der White Hilk war kein anderer als Jonas Tracy, der Bruder des Mannes, der beim Kapern des Schoners Faithful getotet worden war. Er hatte die feste Absicht gehabt, sich auch unter dem Beschu? der Trojan einen Weg freizukampfen, ob hoffnungslos oder nicht. Aber das Gluck war ihm nicht hold gewesen. Seine Besatzung war zum gro?ten Teil neu und noch nicht auf einem Kriegsschiff ausgebildet, ein Umstand, der dazu beigetragen hatte, da? man einem alten Fuchs wie Tracy dieses Kommando ubertragen hatte. Sein Ruf und die Liste seiner Erfolge hatten den Ausschlag gegeben. Tracy hatte gerade den Befehl zum Wenden gegeben, um eine unbekannte, schmale Durchfahrt zwischen den Inseln, von der er einmal gehort hatte, zu suchen. Seine Leute, ohnehin schon vollig verangstigt durch das plotzliche Auftauchen der Trojan, waren am Ende, als die zweite, sorgfaltig gezielte Salve in den Rumpf der Brigg schlug. Eine Kugel war auf eine Lafette geprallt und zersplittert, ein Metallstuck hatte Tracys Arm an der Schulter abgerissen. Der Anblick ihres zahen, stets fluchenden Kommandanten, der jetzt vor ihren Augen niedergerissen und verstummelt worden war, hatte ihnen den Rest gegeben und sie bewogen, rasch die Flagge niederzuholen.
Bolitho wu?te nicht, ob Tracy noch lebte. Es war eine Ironie des Schicksals, da? er mit seinen Kanonen auf den Mann gefeuert hatte, der mitverantwortlich war fur den Tod seines Bruders.
Bolitho wusch sich in seiner kleinen Kabine, als er eine Bewegung an Deck horte und den fernen Ruf eines Ausgucks vom Mast, da? ein Segel in Sicht sei.
Das andere Schiff erwies sich bald als eine Fregatte, die sich rasch naherte, dann beidrehte und ohne viel Umstande ein Boot zu Wasser lie?, das den Kommandanten heruberbrachte.
Bolitho warf sein Hemd uber und eilte an Deck. Die Fregatte war die Kittiwake, die er schon in Antigua gesehen hatte.
Mit einem Zeremoniell, als lage sie sicher verankert auf der Reede in Plymouth, empfing die Trojan den Besucher. Wahrend die Wachen das Gewehr prasentierten und die Bootsmannspfeifen schrillten, schritt Pears herbei, um den anderen Kommandanten zu begru?en. Bolitho erkannte ihn, es war einer der Beisitzer des Untersuchungsausschusses bei Quinns Verhandlung gewesen, nicht der dunnlippige, sondern der andere, der, soweit sich Bolitho erinnerte, uberhaupt nichts gesagt hatte.
Der Sonnenuntergang stand kurz bevor, als der Kapitan der Kittiwake sich verabschiedete, wobei sein Schritt nicht mehr ganz so fest war wie beim Anbordkommen.
Die Fregatte setzte wieder volle Segel, ihr Tuch glanzte wie goldene Seide in den letzten Strahlen der Sonne. Bald wurde sie au?er Sicht und ihr Kommandant frei sein von Admiralen und sonstigen Obrigkeiten. Bolitho seufzte.
Cairns gesellte sich zu ihm, beobachtete dabei die Wache, die das Segelsetzen vorbereitete.
«Sie kam mit Depeschen von Antigua«, sagte er.»Ist von ihrem Geschwader entlassen worden, um vor uns her nach Jamaika zu segeln. Wir sind also doch keine Ausgesto?enen mehr. «Seine Stimme klang, als sei er in Gedanken ganz woanders.
«Ist irgend etwas los?»
Cairns blickte ihn an, sein Gesicht gluhte im letzten Sonnenlicht.»Kapitan Pears denkt, da? der Seekrieg im karibischen Raum beendet wird.»
«Nicht in Amerika?«Bolitho verstand das nicht.
«Wie ich ist auch er der Ansicht, da? der Krieg schon vorbei ist. Siege wird es geben, mu? es geben, wenn wir auf die Franzosen treffen und sie sich stellen. Aber einen Krieg zu gewinnen, dazu gehort mehr als das, Dick. «Er klopfte ihm auf die Schulter und lachelte traurig.»Ich halte dich auf, der Kommandant mochte dich sprechen. «Damit ging er weiter und rief:»Mr. Dalyell, was ist das fur ein wustes Durcheinander? Schicken Sie die Toppsgasten nach oben und pfeifen Sie die Leute an die Brassen. Das ist hier ja der reinste Fischmarkt!»