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Nahkampf der Giganten: Flaggkapitan Bolitho bei der Blockade Frankreichs - Kent Alexander (читать книги онлайн регистрации .TXT) 📗

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«Ah!«seufzte Bellamy, als der goldene Rand der Sonnenscheibe uber der Kimm aufglanzte. Und da lag auch die Insel, vielleicht vier Meilen voraus. Die buckligen Hohen und das dunkle Viereck der Festung standen schwarz vor dem immer heller werdenden Sonnenlicht. Von Westen sieht die Insel ganz anders aus, dachte Bolitho. Doch als er das Fernrohr ans Auge hob, konnte er die wei?en Brecher am Fu?e des Vorgebirges erkennen. Dagegen wirkte die Steilkuste sehr hoch und machtig.

Wieder uberkam ihn ein Schauer, und er mu?te an die langen Monate seines Krankenlagers in Falmouth denken. Muhelos konnte er sich das gro?e Haus ins Gedachtnis rufen, den Blick auf die Mole und Pendennis Castle, die er vom Fenster seines Krankenzimmers hatte sehen konnen, wenn er nicht gerade zu benommen und schwindlig gewesen war. Dazu das Haus mit den gro?en, nachgedunkelten Portrats der Bolithos, die alle auf See gelebt und auf See den Tod gefunden hatten. Denn er war der letzte seine Geschlechts; es gab niemanden au?er ihm, der die Familientradition fortfuhren konnte.

Er dachte auch an Nancy, seine jungste Schwester. Sie hatte ihn zusammen mit Allday durch die vielen schweren Fieberanfalle gebracht. Sie liebte ihn innig, das wu?te er recht gut, und versuchte bei jeder Gelegenheit, Mutterstelle an ihm zu vertreten.

Gelassen beobachtete er die rasch dahinziehenden Wolken. Wenn er heute umkam, wurde das alte Haus Nancy gehoren. Sie war mit einem Gutsbesitzer aus Falmouth verheiratet, einem Landedelmann, der nur fur die Parforcejagd und gutes Essen lebte. Er hatte schon langst ein Auge auf Bolithos Haus geworfen und wurde nur zu gern einziehen.

«Ihr Degen, Captain«, flusterte Allday. Automatisch hob Bolitho die Arme und spurte den festen Druck des Gurtes um seine Mitte, als Allday die Schnalle schlo? und dabei murmelte:»Ein bi?chen lockerer geworden, seit Sie ihn das letzte Mal getragen haben, Captain. «Er schuttelte den Kopf.»Sie brauchen eine ordentliche Portion kornischen Hammelbraten!»

«Machen Sie nicht so ein verdammtes Theater!«Bolitho senkte die Hand und fuhr uber den abgewetzten Degengriff. Er hatte den alten Degen in der Kajute der Hyperion hangen lassen sollen. Aber der Gedanke, da? er jemand anderem in die Hande hatte fallen konnen, oder — noch schlimmer — auf Nancys Gatten ubergehen, war ihm unertraglich. Der Kerl hatte ihn bestimmt zwischen Hirschgeweihen und ausgestopften Fuchskopfen an die Wand gehangt, denn fur ihn war die Waffe nur ein Schaustuck mehr.

Bolitho versuchte, sich daran zu erinnern, wie ihm sein Vater den Degen uberreicht hatte, aber er konnte sich von dem stolzen alten Herrn mit dem einen Arm und dem dicken, graumelierten Haar kein klares Bild mehr machen.

Er zog die Klinge ein paar Zoll weit aus der Scheide und sah den rasiermesserscharfen Stahl im jungen Sonnenlicht aufglitzern. Alt — aber so echt und treu wie eh und je. Er stie? sie in die Scheide zuruck und fuhr herum, als er Bellamy erleichert murmeln horte:»Bei Gott, da ist sie ja!»

Der Rumpf der Hyperion lag noch in tiefem Schatten, aber die Bram- und Marssegel standen so klar und wei? im Sonnenlicht wie die eines Geisterschiffes. Wahrend er noch hinuberblickte, erschienen wie durch Zauberkraft auch die Royals, und plotzlich wehte Gischt um den Bug. Der Landwind hatte das Schiff erreicht; es rollte wie in einer muden Verneigung.

Allday sagte:»Sie andert den Kurs — hat uns gesehen.»

Im Vorschiff der Hyperion blitzte es kurz auf, und Sekunden spater war ein dumpfes Krachen zu horen. Erschrocken zogen alle an Deck der Schaluppe die Kopfe ein, als das Gescho? uber das kleine Schiff heulte, aber weit vor ihnen ins Meer klatschte.»Verdammt!«keuchte Bellamy.»Das war knapp!»

Bolitho spurte die gleiche eiskalte Erregung wie schon so oft, und das Grinsen fror auf seinem Gesicht wie eine Maske fest.»Sollte es auch. Das mu? doch echt aussehen. «Er fa?te den emporten Bella-my am Arm.»Los! Ran jetzt!»

Der Leutnant brullte durch die hohlen Hande:»Alle Mann aufentern! Setzt Gro?segel und Fock!«Die Manner eilten auf Stationen, und er rannte zur gegenuberliegenden Reling.»Hei?t die Flagge, zum Teufel!«Aber sogar er war beinahe uberrascht, als die selbstgemachte Trikolore an die Gaffel stieg und herausfordernd im Winde flatterte.

Die Schaluppe gehorchte den Segeln gut; in der langen ablandigen Dunung flog Gischt in gro?en wei?en Streifen von ihrem Bug.

Der einzige andere Offizier der Chanticleer machte sich jetzt bemerkbar.»Geschutzbedienung auf Stationen! Geschutze ausrennen!»

Die Stuckpforten sprangen auf, und die schlanken Rohre reckten sich wie neugierige Hundenasen uber die milchig schimmernde Bugwelle. Im Vorschiff, festgebunden wie ein stumpfschnauziges Raubtier, stand die zweite Karronade der Hyperion. Sie war bereits geladen und uberpruft worden, wahrend Bolitho in seinem unbequemen Sessel geschlummert hatte. Diese Kanone verscho? eine machtige Kugel von achtundsechzig Pfund, die beim Aufschlag zerbarst. Sie war mit Bleischrot gefullt und wirkte auf kurze Entfernung morderischer als alles bisher Bekannte. Vielleicht wurde sie heute uber Erfolg oder Scheitern der Aktion entscheiden.

Wieder jaulte eine Zwolfpfunderkugel uber ihre Kopfe und warf eine halbe Kabellange vor dem Bug der Schaluppe eine hohe Wassersaule auf.

Bolitho wandte sich Rooke zu, der neben ihm auftauchte, die schlanke Gestalt in ein geborgtes Matrosenjackett gehullt. Doch selbst so wirkte er elegant. Gepre?t sagte er:»Das ist bestimmt unser Mr. Pearse, Sir. Der feuert jeden Schu? personlich ab, oder ich mu?te mich sehr tauschen. «Er bi? die Zahne zusammen, als die dritte Kugel hart langsseit niederfuhr und die Geschutzbedienungen der Schaluppe mit Spruhwasser uberschuttete.

«Pearce hat sicherlich ein gutes Auge«, sagte Bellamy, aber es klang doch etwas unbehaglich.

Ferner Trompetenschall ubertonte das Sausen der Takelage und das Zischen des Spritzwassers. Bolitho hob sein Glas ans Auge. Uber der Festung stieg die Flagge hoch; Sonne funkelte auf einem Teleskop uber der Batterie oder auf einem Geschutzrohr.

«Kursanderung, Bellamy!«befahl er knapp.»Denken Sie daran, was ich Ihnen sagte: runden Sie die Landzunge so dicht wie irgend moglich!»

Und Bellamy gab seine Kommandos. Die Hyperion halste und schwang bedrohlich herum, bis sie fast parallel zur Schaluppe lag. Sie war noch eine gute Meile entfernt, aber unter dem machtigen Druck ihrer Segel und des achterlichen Windes lief sie schnell und gut. Jeder Beobachter an der Kuste mu?te annehmen, da? sie sich verzweifelt anstrengte, die Schaluppe zu uberholen und abzufangen, ehe sie einen Schlag machen und den sicheren Hafen erreichen konnte.

Von der Klippe her antwortete jetzt ein Drohnen, und alle lauschten auf das hohe Jaulen des Geschosses, das uber ihre Masten hinwegflog.

«Ich sehe keinen Schaden«, sagte Rooke.

Bolitho bi? sich auf die Lippen. Durchs Glas hatte er erkannt, da? im bauchigen Gro?segel der Hyperion ein Loch klaffte. Wirklich ein guter Schu?!»Wenigstens konzentrieren sie sich im Moment auf Quarme«, sagte er; aber er mu?te sich Muhe geben, da? seine Worte einigerma?en heiter klangen — in Wirklichkeit war ihm keineswegs so zumute. Im steigenden Licht besa? die Hyperion eine eigenartige, schwer zu erklarende Schonheit. Er konnte die drohende Galionsfigur sehen, die Wasserreflexe an der hohen Bordwand, und er fuhlte etwas wie korperlichen Schmerz, als wieder ein Geschutz der Batterie feuerte und dicht am Heck des alten Schiffes eine Wasserfontane aufspritzte. Der kann als Abpraller in den Rumpf gegangen sein, dachte er grimmig. Er warf einen Blick auf die Brustwehr der Festung — noch kein Rauch zu sehen. Aber sie wurden nicht lange brauchen, um die Glut der uber Nacht heruntergebrannten Essen anzufachen; dann wurden sie mit gluhenden Kugeln schie?en, und jeder Treffer konnte die Hyperion in eine brennende Holle verwandeln.

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