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Nahkampf der Giganten: Flaggkapitan Bolitho bei der Blockade Frankreichs - Kent Alexander (читать книги онлайн регистрации .TXT) 📗

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Erst jetzt bemerkte Bolitho, da? der franzosische Offizier auf seinem Pferd irgendwie vor dem morderischen Blei verschont geblieben war. Ein Matrose sprang vor und wollte dem Pferd in die Zugel fallen, aber mit einer einzigen raschen Bewegung zog der Offizier seinen Sabel und hieb ihn nieder. Lautlos sank der Mann zu Boden, und wie ein Seufzer stieg es aus den Reihen der wartenden Seesoldaten auf. Ein einzelner Pistolenschu?, und der Offizier sank, wurdevoll bis zum bitteren Ende, aus dem Sattel; still und stumm lag er neben dem ersten Gefallenen des Landekommandos.

Leutnant Shanks reichte die noch rauchende Pistole seiner Ordonnanz.»Laden!«befahl er kurz und wandte sich dann formell an Hauptmann Ashby:»Ich denke, Sie sollten das Pferd nehmen, Sir.»

Elegant schwang sich Ashby in den Sattel und blickte auf Bolitho herab.»Ich reite den Pfad entlang, Sir. Die Festung mu?te in etwa zwanzig Minuten zu erreichen sein, glaube ich. «Er wandte sich im Sattel um und beobachtete mit soldatisch-sachverstandigem Interesse, wie die erste Abteilung Marine-Infanteristen im Laufschritt ausschwarmten, um auf beiden Seiten des Tales zu rekognoszieren. Ihre roten Rocke leuchteten durch das sparliche Unterholz.

Zwei Trommler und zwei Pfeifer bezogen Position an der Spitze des Haupttrupps; dann folgte Leutnant Inch mit siebzig Matrosen, die er ebenfalls in eine Art Marschkolonne gebracht hatte. Ashby zog sich den Hut in die Stirn. Auf dem erbeuteten Pferd sah er, wie Bolitho fand, hochst militarisch aus.

«Bajonett pflanzt — auf!«brullte der Hauptmann. Bolitho wandte sich um und starrte auf die steilen Klippen des Vorgebirges. Von seinem Standort aus konnte er nicht einmal die Brustwehr der Batterie sehen. Seine eigene Abteilung Matrosen wartete unter Rooke und einem Midshipman am Ende der Pier.

«Nach rechts! Im Eilschritt — marsch!«ertonte Ashbys heiseres Kommando.

Es war wie ein irrer Traum, dachte Bolitho: Ashby auf dem Grauschimmel an der Spitze seiner Manner… Der dumpfe Tritt der Stiefel, als die Abteilung gleichmutig durch die blutige Masse marschierte, die das grimmige Artilleriefeuer der Schaluppe hinterlassen hatte. Und noch unwirklicher wurde die Szene, als Trommler und Querpfeifer den munteren Marsch» Lustige Dragoner «intonierten. Es kam Bolitho wie Hohn vor, da? den Spielleuten unter solchen Umstanden ausgerechnet diese Melodie eingefallen war.

Steifbeinig ging er zu Rooke hinuber.»Wir mussen sofort abruk-ken!«Er deutete auf die hinabgesturzten Felsbrocken, die wie ein zerrissenes Halsband den Fu? der Klippe saumten.»Da mussen wir langsklettern, bis wir unterhalb der Batterie sind. Es sind gut zwei Kabellangen; wir mussen also schnell machen, ehe die Garnison sich von dem Schreck erholt.»

Rooke verzog das Gesicht.»Wenn die Franzosen Ashbys Armee am Haupttor aufkreuzen sehen, werden sie denken, das Ende der Welt ist da!»

Bolitho nickte.»Hoffentlich. Wenn nicht, kriegen wir mehr als nur Steine auf den Kopf!»

Rutschend und keuchend kampfte sich die Reihe der Matrosen am Fu?e der Klippen entlang. Wieder horten sie das Donnern schwerer Geschutze, und Bolitho konnte sich denken, da? Quarme einen weiteren Scheinangriff begann. Jetzt mu?te die Garnison das Landeunternehmen durchschaut haben; aber sie konnten wenig mehr tun als stillzusitzen und den eigentlichen Angriff zu erwarten. Wenn sie, wie es Rooke angedeutet hatte, Ashbys zuversichtlichen Anmarsch uber die einzige Stra?e der Insel sahen, mu?ten sie eigentlich annehmen, da? der Angriff aus dieser Richtung kommen wurde.

Bolitho hatte alle Einzelheiten, die er uber die Festung in Erfahrung bringen konnte, gesammelt und genau studiert. Hoffentlich hatten die Franzosen in der Zwischenzeit an der Gesamtanlage nichts geandert. Der kreisrunde Bergfried, der Hauptturm der Festung, war von einer achteckigen Blendmauer umgeben, die in regelma?igen Abstanden tiefe Schie?scharten auf wies. An der Landseite der Brustwehr befand sich ein tiefer Graben, uber den unterhalb der Festungsmauer eine Brucke fuhrte.

Aber nach der See zu, und uber der Klippe selber, gab es nur die Blendmauer. Wer diese Festung entworfen hatte, mu?te es fur unwahrscheinlich gehalten haben, da? der Feind uber die Hafeneinfahrt hinausgelangen konne; und fur ebenso unwahrscheinlich, da? jemand die hundert Fu? hohen Klippen erkletterte.

Bolitho rutschte aus und fiel bis zum Gurtel ins Wasser. Es war trotz der Sonne sehr kalt, und die plotzliche Abkuhlung beruhigte seine Nerven.

Sie kampften sich muhsam vor. Das Tempo verlangsamte sich bereits, denn das Gedrange auf dem engen Schiff hatte kein Training fur solchen Sport ermoglicht.

Rooke keuchte:»Das Fort ist moglicherweise schwerer zu nehmen als wir gedacht haben, Sir. Vielleicht mu? Ashby einen Frontalangriff machen.»

Bolitho musterte ihn kurz.»Wie die meisten alten Festungen ist auch diese unter der Voraussetzungen gebaut, da? alle Angriffe von See herkommen. Daran, da? so ein Fort auch von innen her aufgerollt werden konnte, denken die Festungsarchitekten anscheinend nie.»

Bewu?t ubersah er die Unsicherheit in Rookes schmalem Gesicht. Fluchtig dachte er an Pendennis Castle, in deren Schatten er aufgewachsen war und die er von seinem Fenster aus unzahlige Male studiert hatte. Auch diese Festung war gebaut worden, um Stadt und Hafen Falmouth gegen Angriffe von See her zu verteidigen. Und dann, wahrend des Burgerkrieges, war es ganz anders gekommen: die alte Burg hatte ihre Verteidigungswaffen landwarts gerichtet, um den anruckenden Truppen Cromwells* Widerstand zu leisten und Konig Charles' letzte Bastion zu schutzen. Auf einem alten Bild in

* Oliver Cromwell sturzte 1649 Konig Charles I. und lie? ihn hinrichten. War dann bis zu seinem Tode (1658) als» Lord-Protector «ein ungeliebter Herrscher (d. U.).

Bolithos Haus bildete die Belagerungsszene den Hintergrund fur das Portrat von Captain Julius Bolitho, der versucht hatte, die Blok-kade zu brechen und seine Schiffsladung zu der belagerten Burg durchzubringen. Doch der Versuch war mi?gluckt. Er fiel durch eine Musketenkugel, die ihm die Schande ersparte, gehangt zu werden. Und so oder so war die Feste Pendennis gefallen.

Muhsam zog sich Bolitho den Grat eines von der See glatt gewaschenen Felsens entlang und starrte an der Klippe empor.»Ich glaube, hier sind wir richtig. «Sein Herz paukte ihm gegen die Rippen, und schwei?na? klebte ihm das Hemd am Korper.

Es sah wirklich sehr steil aus, aber wenn er die Entfernung richtig geschatzt hatte, so mu?ten sie direkt unter der runden Kuppe des Vorgebirges sein, wo die Brustwehr bis auf ein paar Fu? an die Felskante heranreichte.

«Mr. Tomlin, sind Sie bereit?«Tomlin war der Bootsmann der Hyperion, ein untersetzter, stark behaarter, ungewohnlich kraftiger Mann. Aber trotz seines gewaltigen Korperbaus und seiner Muskelkraft hatte Bolitho niemals gesehen, da? er einen Matrosen, uber den er sich argerte, geschlagen hatte.

Jetzt stand er auf einem Felsbrocken und hielt einen schweren Wurfhaken in seiner machtigen Hand.»Fertig, Sir. «Wenn er den Mund offnete, sah man, da? ihm zwei Vorderzahne fehlten, was seiner schon furchterregenden Erscheinung beim Grinsen noch einen greulich irren Akzent aufsetzte.

Bolitho musterte sein Detachement. Die Manner waren vom Spruhwasser der Brandung und vom klebrigen Schleim der Algen durchweicht und sahen wildaugig und desperat aus.

Er sprach langsam, aber knapp.»Mr. Tomlin klettert als erster hoch und sichert den Haken. Dann ich; danach folgen die anderen, aber nie mehr als zwei auf einmal. Verstanden?«Wortlos nickten einige, und er fuhr fort:»Keiner gibt einen Laut von sich, ehe ich es befehle. Wenn wir gesehen werden, ehe wir oben und uber der Mauer sind, konnen wir nicht wieder zuruck. «Er blickte ihnen grimmig in die Gesichter.

«Tut genau, was ich tue, und bleibt zusammen!»

Er mu?te das plotzliche Mitgefuhl unterdrucken, das ihn angesichts dieser erschopften, aber ihm blind vertrauenden Matrosen uberkam. Doch sie mu?ten ihm vertrauen, anders ging es nicht. Also nickte er kurz.»Schon, Mr. Tomlin. Nun lassen Sie mal sehen, ob Sie Kraft in den Armen haben!»

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