Bruderkampf: Richard Bolitho, Kapitan in Ketten - Kent Alexander (библиотека книг бесплатно без регистрации TXT) 📗
Alldays Spannung lockerte sich ein wenig.»Ich verstehe, Sir.
Aber es ist ja alles gut ausgegangen. Zuerst habe ich ein bi?chen Angst gehabt, wenn ich das sagen darf, Sir. «Seine Augen wurden hart.»Aber als ich dann Onslow sah, fa?te ich mich. Ich bin sehr froh, da? ich ihn zur Strecke gebracht habe.»
Bolitho musterte Allday mit neuem Interesse. Ein scharfgeschnittenes, kluges Gesicht. Ware ihm eine Ausbildung zuteil geworden, hatte er es sicher weit bringen konnen.
«Onslow soll uns allen eine Lehre sein, Allday. «Bolitho trat an das Heckfenster und dachte an das, was ihn seit der Meuterei am meisten belastete.»Sein Leben und die Umstande haben ihn verdammt. Wir mussen darauf achten, da? weder durch Grausamkeit noch durch Mangel an Verstandnis neue Onslows geschaffen werden. «Er drehte sich um.»Nein, Allday. Ich habe im Falle Onslow versagt. Er war genauso ein Mensch wie wir alle. Nur da? er von Geburt an keine echte Chance gehabt hatte.»
Allday sah den Kapitan erstaunt an.»Aber Sie hatten ihm nicht helfen konnen, Sir. Entschuldigen Sie, wenn ich das sage. Er war einfach schlecht, ich habe schon fruher ein paar von der Art kennengelernt.»
Maynard steckte den Kopf durch die Tur.»Wir sind mit dem Flaggschiff auf gleicher Hohe, Sir. Die Gig ist klar zum Abfie-ren.»
«Gut. «Bolitho sah Allday an.»Kann ich irgend etwas fur Sie tun?»
Allday trat unbehaglich von einem Fu? auf den anderen.»Da ware eine Sache, Sir. «Er hob den Kopf, seine Augen waren plotzlich klar und entschlossen.»Ich denke an Ferguson, Sir, Ihren Schreiber. Schicken Sie ihn mit den anderen Meuterern hinuber?»
Bolitho spreizte die Arme, damit ihm Stockdale den Degen umschnallen konnte.»Das hatte ich vor, Allday. «Er runzelte die Stirn.»Sicher, er ist mit Ihnen zuruckgekommen und hat viel getan, um den Schaden wiedergutzumachen, den er durch seine Komplizenschaft mit Onslow angerichtet hat. Aber es liegen mehrere Verfehlungen vor. Er hat die Meuterer mit vertraulichen Informationen versorgt, ohne die ein solcher Aufstand unmoglich gewesen ware. Er hat einen Posten angegriffen und einen Gefangenen befreit, uber dessen Schuld oder Unschuld noch zu befinden war. «Er griff nach seinem Hut und betrachtete ihn blicklos.»Meinen Sie, Ferguson sollte vollig straffrei ausgehen?»
«Erinnern Sie sich an das, was Sie uber Onslow gesagt haben, Sir?«fragte Allday leise.»Ferguson ist kein Seemann und wird nie einer werden. «Er lachelte traurig.»Ich habe mich ein bi?chen um ihn gekummert, seit wir gepre?t wurden. Wenn Sie ihn nun hinuberschicken, werde ich das Gefuhl nicht loswerden, da? ich ihm gegenuber versagt habe. Genau wie es Ihnen mit Onslow geht.»
Bolitho nickte.»Ich will es mir uberlegen. «Er ging zum Niedergang, wobei er sich bucken mu?te, um nicht an die Balken zu sto?en. Dann sagte er:»Schonen Dank, Allday. Sie haben ein wirkungsvolles Argument vorgebracht. «Er stieg hastig in das Sonnenlicht und sah schnell zur Cassius hinuber. Gro? und verla?lich hob sie sich von dem blauen Wasser ab; hinter ihr hatte die andere Fregatte beigedreht.
Herrick hob die Hand an den Hut.»Die Gig ist klar, Sir. «Sein Blick flog fragend zu den gefesselten Mannern an der Schanzpforte.»Soll ich sie hinuberschaffen, wahrend Sie beim Admiral sind, Sir?»
«Wenn Sie so gut sein wollen, Mr. Herrick. «Bolitho bemerkte Allday an der Kajutenluke und setzte kurz hinzu:»Aber behalten Sie Ferguson an Bord. Mit ihm befasse ich mich selber.»
«Ferguson, Sir?«fragte Herrick verblufft.
Bolitho sah ihn kuhl an.»Er ist mein Schreiber, Mr. Herrick! Haben Sie so schnell vergessen, da? Sie ihn mir empfohlen haben?«Er lachelte kurz und bemerkte die Erleichterung des anderen.
«Aye, aye, Sir. «Herrick trat an die Reling und lie? fur den Kapitan Seite pfeifen.
Die Pfeifen trillerten, und Bolitho verschwand hinunter in das Boot. Herrick drehte sich um, als Old Proby murmelte:»Wie alt ist er? Funfundzwanzig, sechsundzwanzig?«Er seufzte tief.»Ich bin doppelt so alt und noch was daruber, und an Bord der Phalarope gibt's mehr wie mich. «Seine Augen folgten der kleinen Gig, die durch die Schaumkopfe auf das schwoiende Linienschiff zuglitt.»Und doch ist er wie ein Vater zu uns. «Er schuttelte den Kopf.»Ist Ihnen aufgefallen, Mr. Herrick, wie ihn die Leute jetzt ansehen? Wie Kinder, die bei was
Schlechtem ertappt worden sind. Sie wissen, wie ihn die Meuterei getroffen hat. Und da? er unsere Schande doppelt schwer empfindet.»
Herrick blickte Proby erstaunt an. Selten redete der Steuermann so viel auf einmal.»Ich wu?te gar nicht, da? auch Sie ihn bewundern.»
Proby schob die hangende Unterlippe vor.»Bewundern, dafur bin ich zu alt, Mr. Herrick. Es sitzt tiefer. Unser Kapitan ist ein ganz besonderer Mann. Ich wurde mein Leben fur ihn hingeben. Mehr kann ich nicht sagen.»
Proby drehte sich plotzlich wutend um.»Verdammt noch mal, Mr. Herrick, wie konnen Sie mich so daherschwatzen lassen!«Er schlurfte gerauschvoll uber das Achterdeck.
Herrick ging zur Reling. Er dachte noch uber Probys Worte nach, wahrend er auf die von Seesoldaten bewachten Meuterer hinabblickte, die auf den Abtransport zur Cassius warteten. Scham und Schande ihretwegen? Herrick teilte Bolithos Gefuhl nicht. Er hatte gern jeden einzelnen eigenhandig gehenkt, wenn dem Kapitan dadurch die Last der Trostlosigkeit genommen worden ware.
Er entsann sich des eigenen Jubels, als Okes und Rennie an Bord der Fregatte gekommen waren und ihm klar wurde, da? das plotzlich hochgezungelte Feuer der Meuterei erstickt worden war. In diesem Augenblick hatte er hinter Bolithos sorgsam zur Schau getragene Maske geblickt und war zu dem Menschen dahinter vorgedrungen. Ja, Proby hatte recht, Bolitho war ein ganz besonderer Mann.
Fahnrich Neale trat neben ihn und richtete sein Glas auf das Flaggschiff. Herrick sah zu dem kleinen Fahnrich hinunter. Er mu?te daran denken, wie Neale sich gedreht und gewunden hatte, als sie seinen eingefetteten Korper durch das Luftungsloch zwangten. Als er dann plotzlich die Kabelgattur aufri?, mu?te das auf die festgesetzten Leute geradezu wie eine Sensation gewirkt haben. Ellice, der Arzt, hatte spater gesagt:»Da waren wir nun alle, Mr. Herrick, und dachten an Tod oder Schlimmeres, und plotzlich flog die Tur auf wie die Pforte des Himmels. «Das hochrote Gesicht des Arztes hatte sich zu einem Grinsen verzogen.»Als ich den kleinen nackten Cherubim sah, hinter dem die Sonne stand, dachte ich zuerst, ich ware gestorben, ohne da? ich es bemerkt hatte.»
Herrick lachelte vor sich hin. Seit jenem schrecklichen Tag schien Neale gewachsen zu sein.»Wenn Sie sich weiter so halten, wird man Sie in ein paar Jahren genauso befordern wie jetzt Mr. Farquhar.»
Neale dachte daruber nach und entgegnete dann:»Ich habe nie daran gezweifelt, Sir. «Er errotete und setzte hastig hinzu:»Ich meine, nicht oft.»
Sir Robert Napier ging steif zu einem kleinen vergoldeten Stuhl und setzte sich. Einige Sekunden fixierte er Bolithos unbewegliche Zuge, ehe er trocken sagte:»Sie sind ein sehr merkwurdiger junger Mann, Bolitho. Nichts berechenbar, nichts vorherzusehen. «Er klopfte mit den Fingerspitzen gegeneinander.»Aber eins mu? man zu Ihren Gunsten sagen, langweilig sind Sie nicht.»
Bolitho wagte nicht zu lacheln. Es war noch zu fruh, um genau abzuschatzen, welche Aufnahme seine Ideen gefunden hatten. Mit nagender Ungeduld hatte er in einer angrenzenden Kajute gewartet, wahrend der Admiral seine Berichte las. Nach etwa einer Stunde war er vor den gro?en Mann befohlen worden. Zwei weitere Kapitane waren bereits anwesend: Cope von der Cassius und ein untersetzter Mann mit maskenstarrem Gesicht, in dem Bolitho Kapitan Fox von der Fregatte Volcano erkannte.
«Mir scheint«, sagte der Admiral,»Ihre Erregung uber die franzosischen Fregatten, die einer Ihrer Leute gesichtet hat, ist reichlich ubertrieben. «Er schwenkte eine Hand uber seiner gro?en, mehrfarbigen Karte.»Sehen Sie selbst, Bolitho. Die Inseln unter dem Winde und die Inseln uber dem Winde bilden von Norden nach Suden so etwas wie eine gebrochene Kette. Wenn die franzosische Flotte ausgelaufen ist — und ich sage wenn — , dann durften Sir George Rodneys Fregatten diese Tatsache gemeldet haben, und beide Seiten stehen bereits im Kampf. Ist das der Fall, was kann ich dann weiter dazu tun?«Er lehnte sich zuruck. Seine Blicke hafteten an Bolithos Gesicht.