Bruderkampf: Richard Bolitho, Kapitan in Ketten - Kent Alexander (библиотека книг бесплатно без регистрации TXT) 📗
Herrick lie? sich in einen tiefen Ledersessel fallen. Seine Augen wanderten uber die alten Portrats an den holzgetafelten Wanden.
Bolitho musterte ihn ernst.»Ich freue mich, da? Sie gekommen sind, Thomas. Ich freue mich mehr, als ich sagen kann. «Er wirkte nervos und unruhig.
«Wie mir alles wieder vor Augen steht, wenn ich hier sitze«, sagte Herrick.»Vor dreizehn Monaten haben wir in Falmouth Anker gelichtet und sind zusammen nach Westindien gesegelt. «Er schuttelte traurig den Kopf.»Und nun ist alles vorbei, der Friede ist in Versailles unterzeichnet. Es ist zu Ende.»
Bolitho blickte ins Feuer. Der Widerschein der Flammen spielte uber sein dunkles Haar und seine grauen Augen.»Mein Vater ist tot, Thomas. «Er hielt inne, als Herrick sich hastig aufrichtete.»Und auch mein Bruder Hugh.»
Herrick brachte lange kein Wort uber die Lippen. Er hatte gern etwas Trostendes gesagt, das den Schmerz, der in Bolithos Stimme schwang, lindern konnte. Muhelos versetzte er sich um Monate zuruck, an den Tag, an dem die zerschossene Phalarope mit Schlagseite zur Reparatur nach Antigua kroch. Herrick wu?te, da? man Bolitho die unverzugliche Heimfahrt nach England und ein besseres und bedeutenderes Kommando angeboten hatte. Statt dessen blieb er auf der Fregatte, uberwachte die Ausbesserungsarbeiten und kummerte sich um die Verwundeten und Kranken der Besatzung. Der Oktober kam heran. Obwohl die Wiederinstandsetzung erst halb vollendet war, beorderte man die Phalarope nach England. Die >Battle of the Saintes<, wie sie bald genannt wurde, war die letzte gro?e Schlacht des unseligen Krieges gewesen. Als die Fregatte in Spithead Anker warf, erklangen in England die Friedensglocken. Es war eine unbefriedigende Ubereinkunft, aber England hatte den Krieg zu lange aus der Defensive fuhren mussen. Und wie Pitt im Unterhaus gesagt hatte:»Ein defensiver Krieg kann nur mit unausweichlicher Niederlage enden.»
Bolitho verlie? das Schiff in Portsmouth, aber erst nachdem alle Leute ordentlich entlohnt und Geld an die Angehorigen der vielen Gefallenen abgeschickt worden waren. Dann, fast ohne Abschied, war er nach Falmouth aufgebrochen.
Herrick, nun Erster Leutnant, war an Bord geblieben und hatte das Schiff der Werft ubergeben. Danach war auch er in seine Heimat abgereist. Dort, in Kent, hatte er wenige Tage spater Bolithos Brief erhalten und sich nach Cornwall auf den Weg gemacht, ohne genau zu wissen, ob es sich um eine echte Einladung oder blo? um eine formelle Hoflichkeit handelte.
Doch wahrend seine Augen jetzt durch den gro?en, dammrigen Raum und uber Bolithos schlanke Gestalt vor dem Feuer glitten, ging ihm auf, da? Bolitho nun vollig allein war.
«Es tut mir leid. Davon hatte ich keine Ahnung.»
«Mein Vater ist vor drei Monaten gestorben. «Bolitho lachelte kurz und bitter.»Hugh kam ein paar Monate nach der Schlacht bei den Saintes um: Tod durch Unfall. Ein durchgegangenes Pferd, glaube ich.»
«Woher wissen Sie das alles?»
Bolitho zog eine Lade auf und legte einen Degen auf den Tisch. Im Schein der Flammen glanzte er so hell, da? man die angelaufene Vergoldung und die abgenutzte Scheide ubersah.»Hugh hat ihn meinem Vater geschickt. Fur mich. «Er blickte wieder ins Feuer.»Er schrieb, er sei zu dem Schlu? gekommen, da? er von rechtswegen mir gehore.»
Die Tur offnete sich, und die blonde Frau brachte ein Tablett mit hei?em Punsch herein.
Bolitho lachelte.»Danke schon, Mrs. Ferguson. Wir essen dann gleich.»
Die Tur schlo? sich wieder, und Bolitho sah die Frage auf Herricks Gesicht.»Ja, die Frau meines Schreibers Ferguson. Er arbeitet jetzt ebenfalls fur mich.»
Herrick nickte und griff nach einem der Glaser.»Er hat bei den Saintes einen Arm verloren. Ich erinnere mich.»
Bolitho schenkte sich ein und hielt das Glas gegen den Schein der Flammen.»Seine Frau ist wieder gesund geworden. Und Ferguson gilt in der Stadt als Held. «Es schien ihn zu amusieren, und um seine Mundwinkel spielte das Herrick so vertraute Lacheln, ehe er fortfuhr:»Ja, nun ist der Krieg aus, Thomas. Und wir sind an den Strand geworfen. Ich frage mich, was vor Leuten wie uns liegt.»
«Dieser Frieden wahrt nicht ewig, Sir«, antwortete Herrick nachdenklich und hob sein Glas.»Auf alte Freunde, Sir!«Bilder zogen an seinem geistigen Auge vorbei.»Und auf das Schiff!»
Bolitho trank und verschrankte die Hande auf dem Rucken. Selbst diese unbewu?te Geste weckte in Herrick scharfe Erinnerungen an jaulende Schusse, das Krachen und Donnern der Schlacht und an einen Bolitho, der wie tief in Gedanken versunken auf dem Achterdeck auf und ab schritt.
«Und Sie, Sir? Was werden Sie anfangen?»
Bolitho zog die Schultern hoch.»Wahrscheinlich werde ich Grundbesitzer. Und Friedensrichter wie mein Vater. «Er schaute zu der Ahnengalerie hinauf.»Aber vorerst warte ich. Auf ein neues Schiff.»
Die Tur offnete sich, und ein Mann in gruner Schurze fragte:»Brauchen Sie noch Wein aus dem Keller, Kapitan?»
Herrick sprang auf.»Mein Gott, Allday!«Allday grinste befangen.»Aye, Mr. Herrick. Ja, ich bin's wirklich.»
Bolitho sah von einem zum anderen.»Nach Stockdales Tod hat Allday mir gesagt, da? er seine Meinung geandert hat und den Dienst nicht quittieren will. «Er lachelte traurig.»Ergibt es sich also, dann gehen wir zusammen zuruck auf See.»
Bolitho griff nach dem Degen und wiegte ihn in Handen.»Wenn es soweit ist«, sagte er uber die Schulter,»werde ich einen guten Ersten Offizier brauchen, Thomas. «Er drehte sich um und suchte Herricks Augen.
Herrick spurte, wie die seinen Korper durchflutende Warme allen Zweifel und jedes Gefuhl des Verlorenseins fortschwemmte. Er hob das Glas.»Es ist nicht weit bis Kent, Sir. Ich werde bereit sein, wenn Sie mich rufen.»
Bolitho wandte sich ab und beobachtete den gegen die Fenster peitschenden Schnee. Dann blickte er eine Weile zum grauen Himmel und zu den fliegenden Wolken empor und bildete sich ein, da? er den Wind durch die Wanten und die Takelage pfeifen horte, begleitet vom Zischen der Gischt, die uber die Reling und das Schanzkleid spritzte. Er drehte sich zu Herrick und Allday um und sagte fest:»Kommen Sie, Thomas. Wir haben noch uber vieles zu reden.»
Sie gingen ins E?zimmer. Allday sah ihnen nach, ehe er mit einem Lacheln den Degen sorgsam wieder in die Lade zurucklegte.
Ende