Der Piratenfurst: Fregattenkapitan Bolitho in der Java-See - Kent Alexander (прочитать книгу .TXT) 📗
Was aber sollte er tun, wenn der franzosische Kapitan auf Conways Botschaft nicht einging? Drau?en vor den Inseln auf-und abpatrouillieren und die Argus in Kampfe verwickeln? Das ware eine sehr einseitige Angelegenheit. Le Chaumareys war ein alter Seefuchs und kannte in diesen Gewassern jedes Inselchen, jede Bucht, wo er sich in Kriegszeiten vor den britischen Fregatten verkrochen hatte. Und er brauchte weiter nichts zu tun, als irgendwo vor Anker liegen zu bleiben und sich von Land aus zu versorgen, bis die Undine wieder abzog.
Seine Mudigkeit verstarkte noch seinen Arger. Wenn nur die Politiker mal hier waren und selbst sehen konnten, wie sich ihre
Traume von Weltstrategie in Fleisch und Blut, in Holz und Segelleinwand ausnahmen!» Land in Sicht! Steuerbord voraus!»
Davy rieb sich die Hande.»Da sind wir ja naher dran, als Sie dachten, Sir!»
«Auf gar keinen Fall!«warf Mudge dazwischen. Er zerrte seine Tafel aus der Tasche und machte ein paar blitzschnelle Berechnungen.»Da gibt es eine kleine Insel, etwa vierzig Meilen sudlich der Benuas, Sir. «Er blickte sich suchend um, bis er Midshipman Penns winzige Gestalt an der Heckreling entdeckt hatte.»Rauf mit Ihnen, Mr. Penn, und nehmen Sie sich das gro?e Glas zur Gesellschaft mit!«Er starrte ihn wild an.»Sehen Sie sich genau um, und machen Sie mir 'ne Zeichnung, wie ich's Ihnen beigebracht habe!«Er wartete, bis der Junge an die Hauptmastwanten gerannt war, und lachte dann leise.
«Capt'n Cook hatte die richtige Idee, Sir. Jedes verdammte Ding, das man sieht, abzeichnen und beschreiben. Die Zeit wird kommen, wo jedes verdammte Kriegsschiff 'n komplettes Bilderbuch zum Studieren hat. «Er sah hinter dem aufenternden Penn her.»Manche Leute werden sich naturlich doch nicht danach richten!»
«Besser als ich dachte«, sagte Bolitho lachelnd zu Herrick.»Wir setzen einen Mann auf Lotstation und lassen loten, sobald wir Mudges Insel passieren. Nach der Karte sind hier herum etwa neunzehn Faden, aber ich mochte lieber sichergehen.»
Nach zwanzig Minuten war Penn wieder an Deck, das braune Gesicht schwei?beperlt. Er reichte Mudge seinen fleckigen Notizblock und trat dann einen Schritt zuruck, gespannt, was der Alte wohl dazu sagen wurde. Davy blickte ihm uber die Schulter.»Sieht ja wie ein Wal aus!«Mudge warf ihm einen kalten Blick zu.»Genau. «Und zu Penn gewandt:»Haben Sie gut gemacht. So hab ich's in Erinnerung. «Seine kleinen Augen gingen wieder zu Davy hinuber.»Genau wie ein gro?er steinerner Wal.«Und nach einer kaum merkbaren Pause:»Sir.»
«Irgendwas darauf?«Bolitho nahm ein Fernrohr und richtete es uber das Geschutzdeck auf die Insel. Zunachst sah er nur den gleichen schmerzhaft glei?enden Glanz wie uberall. Einen Moment uberlegte er, wo denn der Sturm eigentlich geblieben sei, wohin er nach diesem furchtbaren Toben verschwunden sein mochte.
«Lieber Gott, nein, Sir. «Mudge freute sich offensichtlich, da? er Davy eins ausgewischt hatte.»Blo? 'ne Handvoll Stein, wie die Spitze einer unterseeischen Klippe, was es zweifellos auch irgendwann mal war. Aber ich glaube schon, da? es bei starkem Wind einen ganz guten Schutz abgeben konnte.»
Eben zogen ein paar Matrosen ein langes neues Tau uber die Decksplanken, von denen immer noch Dampf aufstieg. Sie mochten erschopft und dreckig und stoppelig sein, aber da war noch etwas anderes an ihnen. Die Art, wie sie zusammenarbeiteten — sie vertrauten einander.»Wir wollen einen Strich abfallen, Mr. Davy«, sagte er,»damit Sie sich Ihren Walfisch genauer ansehen konnen.»
Davy sturzte an die Reling.»Mr. Penn! Pfeifen Sie» Alle Mann an die Brassen!««Lachelnd sah Herrick ihm nach.»Haben Sie einen besonderen Grund dafur, Sir?»
Bolitho zuckte die Achseln.»Mehr so ein Gefuhl. «Er beobachtete die uber das Deck stampfenden Manner. Es dampfte immer noch. Im Vorschiff sah er richtigen Rauch, denn Boyle, der Koch, bereitete eben die erste warme Mahlzeit seit dem Sturm.
Die Rahen schwangen unter dem Zug der Brassen herum, und der Ruderganger sang aus:»Nordost zu Nord, Sir!«Davy eilte nach achtern, um den Kompa? und den Stand der Segel zu kontrollieren.»Die Luv-Gro?brasse noch ein Stuck dichtholen, Mr. Shellabeer!«Er tupfte sich das schwei?uberstromte Gesicht ab.»Recht so — belegen!«Bolitho lachelte wieder. Wenn Davy sich geargert hatte, versah er aus irgendeinem Grund seinen Dienst besser.»Schicken Sie noch einen guten Ausguck hoch, bitte!«befahl er.»Die Insel soll scharf beobachtet werden, bis wir auf ihrer Hohe sind.»
Sanft hob und senkte sich der Bugspriet uber einem Teppichmuster aus glitzernden Sonnenreflexen.»Ich gehe unter Deck, Mr. Herrick. Ich will mich rasieren lassen und Noddall ein sauberes Hemd entrei?en.»
Als er dann im Stuhl zuruckgelehnt sa? und Allday mit seinem Rasiermesser an der Arbeit war, fand er Zeit, sich daruber Gedanken zu machen, was er tun wurde, falls er mit dem Kapitan der Argus zusammentrafe. Das eilig hei?gemachte Wasser, das sanfte Gleiten der Klinge auf seiner Haut wirkten entspannend auf die Muskeln, und der leichte Luftzug von den offenen Heckfenstern fachelte um seine blo?en Schultern wie eine beschwichtigende Umarmung. Auf dem ganzen Erdball taten des Konigs Kapitane ihren Dienst, schlugen sich mit Skorbut und anderen Seuchen herum, beforderten Depeschen an einen Admiral oder an einen gottverlassenen Au?enposten, der noch auf keiner Landkarte eines Schuljungen zu finden war. Oder sie hockten hinter einem Kabinenschott und hatten Angst vor einer Meuterei, oder dachten sich irgendwelche Ablenkungsmanover aus, um eine zu verhindern. Vielleicht kampften sie gegen irgendeinen abtrunnigen Herrscher, welcher Untertanen des Konigs angegriffen hatte. Er lachelte. Und der eine oder andere wurde in ahnlicher Lage wie er selbst sein: ein winziges Teilchen eines halbausgeformten Planes.
Durch das offene Oberlicht horte er den Ausguck:»Deck ahoi! Schiff vor Anker dicht unter der Kuste!«Er sprang auf, griff das saubere Handtuch und wischte sich damit den Schaum vom Kinn.
Allday trat zur Seite und grinste bewundernd.»Bei Gott, Captain, Sie muss'n ja schlauer sein als ein Bauernkater! Woher haben Sie blo? gewu?t, da? da ein Schiff ist?»
Bolitho stopfte sich das zerknitterte Hemd in den Hosenbund.»Pure Magie, Allday!«Er rannte zur Tur, zwang sich dann aber zu warten, bis Midshipman Penn im Turrahmen erschien.
«Ein Schiff, Sir!«Mr. Davy la?t respektvoll melden, er glaubt, es ist ein Schoner.»
«Danke, Mr. Penn«, antwortete er und zwang sich, seine Erregung zu verbergen.»Ich komme an Deck, sobald ich mich umgezogen habe. Mein Kompliment an den Ersten Leutnant, und ich lasse ihn bitten, aufs Achterdeck zu kommen, sobald ich dort bin.»
Er wandte sich um und sah, da? Allday ein Lacheln verbarg.»Finden Sie irgend etwas amusant?«fragte er.
«Aber nein, Captain«, erwiderte Allday und blickte ihm ganz ernsthaft ins Gesicht.»Ich hore immer gern zu, wenn feine Leute miteinander sprechen.»
«Hoffentlich lernen Sie was davon«, brummte Bolitho und trat auf den Gang hinaus.
Oben empfing ihn Herrick ganz aufgeregt.»Ein Schoner, Sir! Der Mann im Vortopp ist mein bester Ausguck, und ich habe ihm noch ein besseres Glas hinaufbringen lassen. «Er starrte Bolitho mit unverhohlenem Staunen an.»Das ist ja direkt unheimlich!»
Bolitho lachelte fluchtig.»Es war nur so eine Idee, um die Wahrheit zu sagen. Aber der Sturm war ja ziemlich schlimm, und als der Steuermann davon sprach, da? die Insel guten
Schutz bietet, habe ich mir eben gedacht, man mu?te mal nachsehen.»
Er nahm Penns Fernrohr und spahte uber den Bug. Dort lag das Eiland jetzt, ein unbestimmter graublauer Fleck. Der Ausguck im Masttopp wurde viel mehr sehen konnen.
«Wie steht der Wind?»
«Aus Sudwest, Sir«, sagte Davy. Dementsprechend traf Bolitho seine Entscheidung.»Kurs andern. Auf Backbordbug gehen. «Er schritt zur Bussole. Neugierig blickte der Ruderganger ihn an.