Der Piratenfurst: Fregattenkapitan Bolitho in der Java-See - Kent Alexander (прочитать книгу .TXT) 📗
«Sonst noch Instruktionen, Sir?«fragte Herrick.
Bolitho griff nach der Weinflasche.»Es steht fest, da? Pendang Bay gegen einen anderen Stutzpunkt ausgetauscht wird, der zur Zeit noch im Besitz der Hollander ist. «Er blickte auf und sah das Erstaunen in Herricks Augen.»Jetzt, da wir das Fortbestehen der Siedlung gesichert haben, sind die Hollander anscheinend gern zu diesem Tausch bereit.»
Mit plotzlicher Deutlichkeit erinnerte er sich an das Gesicht Conways, als dieser die erste Depesche offnete, die Raymond selbst aus Madras gebracht hatte. Heiser hatte er gesagt:»Also war alles umsonst?»
Raymond hatte den Blick abgewandt.»Nein, Sir. Der andere Stutzpunkt im Norden ist fur unsere Zwecke weit besser geeignet. Sir Montagu Strang hat es mir erklart. Sie werden feststellen, da? Ihr Anteil an dem Geschehen hochste Anerkennung gefunden hat.»
Spater, als Raymond das Zimmer verlassen hatte, murmelte Conway bitter:»Hochste Anerkennung, sagt er! Und dann ernennen sie einen anderen zum Gouverneur des neuen Stutzpunkts.»
«Tut mir leid, Sir«, hatte Bolitho geantwortet.»Es ist ein bitterer Sieg.»
«Bitter?«Uberraschenderweise hatte Conway sogar gelacht.»Dieser Dienst pa?t besser zu einem Kramer als zu einem Seemann, Bolitho. Vergessen Sie das nie!»
Bolitho schob Herrick einen Becher Wein hin und merkte, da? dieser immer noch auf eine Antwort wartete.
«Bis unsere Ersatzleute angemustert haben, werden wir hier Patrouille fahren. Ich bin vorlaufig der dienstalteste Seeoffizier in diesen Gewassern. Was nicht uberrascht, da die Undine hier das einzige Kriegsschiff ist.»
«Ehrlich verdient, Sir«, grinste Herrick.»Als ich begriff, wie sehr Sie sich in den franzosischen Kapitan hineingedacht hatten, da… »
Bolitho wandte den Blick ab.»Ware der Wind abgeflaut, wurden Sie vielleicht anders denken.»
«Also wieder mal unser Gluck, Sir?«Herrick grinste noch breiter.
Es klopfte, und Penn trat ein.»Mr. Davy la?t respektvoll melden, da? der Indienfahrer Anker lichtet, Sir. Er meint, Sie wollten Bescheid wissen.»
«Danke.»
Bolitho wartete, bis die Tur sich geschlossen hatte. Sein Herz war plotzlich zentnerschwer. Dieser Versprecher Penns hatte nichts Erheiterndes. Penns unmittelbarer Vorgesetzter war jetzt Keen, der Vizeleutnant geworden war; und Soames hatte Davys Stelle inne. Immer dasselbe: einer fiel, und die anderen profitierten davon.
Leise sagte Herrick:»Der Indienfahrer segelt nach Madras, Sir. Unsere Verwundeten haben dort bessere Pflege.»
Bolitho nahm seinen Hut.»Sehen wir uns an, wie er auslauft.»
Die Sonne brannte hei? auf das Achterdeck, aber bei dem steten ablandigen Wind war es ertraglich. Er stellte sich mit Herrick an die Netze und sah, wie das dickbauchige Handelsschiff die Bramsegel setzte. Bunt hoben sich der bemalte Rumpf und die Flagge der East India Company vom Grun der Kuste ab.
Bolitho studierte das Deck der Undine. Die Leute lie?en ihre Arbeit ruhen, um das Schiff zu beobachten, dessen glanzender Rumpf sich unter dem Druck der Segel leicht neigte, als es aus der Reede kreuzte. Sie dachten vielleicht an die gemeinsame Heimat, wo der Indienfahrer eines Tages Anker werfen wurde. Oder an die alten Freunde, die mit blutigen Verbanden im geraumigen Rumpf lagen, und an die anderen, die nicht mehr da waren und nichts mehr sehen konnten.
Bolitho winkte Penn.»Ihr Glas, bitte!»
Nur ein einziges Mal hatte er Viola Raymond nach seiner Ruckkehr allein gesprochen. Vielleicht pa?te Raymond zu sehr auf, aber vielleicht hatte sie auch besser als er begriffen, da? es keinen Sinn hatte, die Trennung noch schmerzlicher zu machen.
«Ein feines Schiff, Sir. «Auch Herrick blickte durch ein Fernrohr hinuber.»Wenn ich daran denke, da? mein alter Vater mich unbedingt auf einem Indienfahrer sehen wollte… Dann ware heute alles anders.»
Bolitho zuckte zusammen; er hatte auf der prachtigen Kampanje des auslaufenden Handelsschiffes das bla?grune Kleid entdeckt und den breitkrempigen Hut, den sie in Santa
Cruz gekauft hatte. Noch klangen ihm ihre Worte im Ohr, als wurden sie jetzt, uber den breiter werdenden Streifen bewegten Wassers hinweg, zu ihm gesprochen.
«Wenn du nach London kommst, besuch mich bitte. Mein Mann hat seine Beforderung bekommen, die er sich so wunschte; die ich mir auch zu wunschen glaubte — bisher. «Sie hatte seine Hand gedruckt.»Hoffentlich hast auch du von mir bekommen, was du dir wunschtest.»
Dumpf krachte ein Salutschu? vom Stutzpunkt her; vom Vorschiff des Indienfahrers kam prompt die Antwort. Hier wie dort dippten Flaggen zum respektvollen Gru?.
Bolitho spurte den Schmerz zuruckkehren. Sie hatte recht, diesen Kummer konnten sie beide jetzt nicht brauchen, nur Verstandnis und Frieden nach diesem Sturm, der sie heftig, wenn auch nur kurz geschuttelt hatte.
Nun segelte Raymond einem hoheren Posten entgegen, wahrend Conway wieder in die Anonymitat zurucksank. Das wurde er nie begreifen.
Er selbst aber war sich ziemlich gleich geblieben, abgesehen von diesem Intermezzo. Oder doch nicht ganz? Viola hatte versucht, ihn nach ihren Vorstellungen zu formen, wie sie auch ihren Mann gern geformt hatte — vielleicht hatte ihn das doch etwas verandert?
«Signal, Sir!«rief Penn. »Wessex an Undine.«Angestrengt spahte er nach den Flaggen aus, die zu den Rahen des Indienfahrers emporstiegen, und buchstabierte die Botschaft: «Viel Gluck fur Sie, Sir.»
«Mit Dank bestatigen.»
Bolitho lie? die bla?grune Gestalt nicht aus den Augen. Sie schwenkte langsam ihren Hut, das herbstlaubfarbene Haar wehte frei im Wind.
Wie zu sich selbst murmelte Bolitho:»Und auch fur dich, Geliebte.»
Einige seiner Leute winkten jubelnd, als das andere Schiff mehr Segel setzte und gravitatisch aus der Bucht kreuzte.
Bolitho reichte das Teleskop einem Schiffsjungen und fragte:»Na, Mr. Herrick?»
«Aye, Sir«, nickte dieser.»Ein Glas Wein. Ich denke, das haben wir uns verdient.»
Allday sah ihnen nach, als sie zum Niedergang schritten. Ihm entging nicht die kurze Bewegung, mit der Bolitho nach der Hosentasche tastete, in der er ihre Uhr trug. Es verriet Allday eine ganze Menge.
Er schritt zu den Netzen hinuber und starrte dem Indienfahrer nach.
«Gro?artiger Anblick, nicht wahr, Allday?«fragte Keen, der hinzugetreten war.
Allday sah ihn von der Seite an.»Aye, Sir. Ein bi?chen zu gro?artig fur unsereinen.»
Keen wandte sich ab und begann, auf dem Achterdeck zu promenieren, wie er es von Bolitho gesehen hatte. Er wu?te, da? Allday heimlich uber ihn grinste, aber es lie? ihn kalt. Er war gepruft worden und hatte bestanden, das reichte ihm.
Als er beim Skylight stehenblieb, horte er unten Bolithos Lachen und Herricks gelassene Erwiderung.
Und er hatte alles mit ihnen geteilt.
Als er wieder nach dem Indienfahrer Ausschau hielt, war dieser bereits um die Landspitze verschwunden.
So schritt er also weiter auf und ab; Vizeleutnant Valentin Keen von seiner Majestat Fregatte Undine war zufrieden mit sich und der Welt.
Ende