Mauern aus Holz, Manner aus Eisen: Admiral Bolitho am Kap der Entscheidung - Kent Alexander (читать книги без регистрации .txt) 📗
Der Premierminister beaugte ihn, als vermute er hinter seinen
Worten versteckten Spott.»Spater. «Er drehte sich zu Catherine um.»Einen guten Abend!»
Als Godschale seinen enteilenden Gast hinausgeleitete, flusterte Bolitho Catherine zu:»Ich hatte dich nicht herbringen sollen. Ihre Heuchelei und ihr sattes Selbstbewu?tsein machen mich krank.»
Sie lachelte.»Was viel wichtiger ist, hast du bei der Herfahrt erlebt, als die Leute uns begru?ten und uns beiden zuwinkten. Vergi? nie, Richard, sie bauen auf dich. Sie wissen, da? du sie nicht im Stich la?t. «Sie dachte an Sillitoe, den sie nicht einschatzen konnte. War er Freund oder Feind? Ehrlich war er in jedem Fall.»Du hast ihre Herzen, vergi? das nie!»
Sie schlugen einen schmalen Weg ein, der in einen ruhigen Teil des Gartens mit einem Springbrunnen fuhrte. Hier war es leer und still. Von weitem wehte Musik heruber.
Bolitho umarmte und ku?te sie.»Ich mu? aber noch mit den Herren sprechen, Kate.»
Sie nickte strahlend.»Und danach fahren wir nach Hause, in unser Haus am Flu?.»
Als Sir Paul Sillitoe und Inskip mit Godschale auf die Terrasse zuruckkehrten, fanden sie Bolitho allein vor. Er beobachtete, wie ein Lastkahn an der Isle of Dogs vorbei den Flu? hinunter manovrierte.
«Sie sind allein?«strahlte Godschale.
Bolitho lachelte.»Lady Catherine wandert durch den Garten. Das ist ihr lieber, als unter Fremden zu sein.»
Sillitoe sagte trocken:»Sie findet es hier wohl ein bi?chen zu schwul.»
Godschale wollte antworten, doch seine Frau zog ihn am Armel zur Seite.»Ich hab' sie gesehen«, berichtete sie echauffiert.»Gerade eben, beim Springbrunnen. Er hat sie gestreichelt und geku?t!«Emport sah sie ihren Mann an.»Ich war so entsetzt, da? ich nicht langer hinschauen konnte.»
Godschale tatschelte ihren Arm. Fur jemanden, der nicht hinschauen konnte, hatte sie gut beobachtet.»Ich mu? leider zuruck, Liebling. Es geht um etwas sehr Wichtiges. «Er sah, da? Sillitoe ihm auffordernd zunickte.
«Aber diese Frau dulde ich nicht in meinem Haus. Wenn sie auch nur ein Wort mit mir spricht, jage ich sie davon!»
Godschale ergriff ihr Handgelenk und sagte scharf:»Das wirst du nicht tun. Du wirst zurucklacheln und ihr freundlich antworten. Und jetzt geh zu deinen Freundinnen und uberla? uns den Krieg!«Er drehte sich auf dem Absatz um und ging neben seinem Sekretar zum Haus.
Dieser sagte sanft, bemuht um das weitere Wohlwollen seines Herrn:»Da war eine junge Dame, die Frau des Kommandanten der Alderney …«Er sah, da? Godschale sich erinnerte.»Sie sprach heute wieder vor, um etwas fur ihren Mann zu erbitten. Sie ist wirklich sehr attraktiv, Mylord.»
Godschale nickte.»Arrangieren Sie einen Termin mit ihr. «Als er sein Arbeitszimmer betrat, wo die anderen auf ihn warteten, war er schon wieder ganz der alte:»Also, meine Herren, was nun den Krieg angeht.»
Bolitho offnete die Glastur und trat hinaus auf den schmalen Eisenbalkon. Auf der Themse glitzerten die Lichter der Schiffe wie Gluhwurmchen. Es war so hei? und windstill, da? sich die Vorhange nicht bewegten. Sie hatten sich geliebt, sich total verausgabt, und doch spurte er noch immer Verlangen nach ihr.
Morgen wurde er zur Nore zuruckkehren, wo die Tybalt auf ihn wartete, um ihn zum Geschwader zuruckzubringen. Er dachte an sein Geschwader, das drau?en die Nordsee durchpflugte, immer noch in der Hoffnung zu erfahren, was der Gegner vorhatte. Fur das, was vor ihnen lag, waren seine Erfahrung und sein Urteil entscheidend. Er war wie die Nabe eines gro?en Rades.
Zuerst hatte er sich mit der Black Prince vertraut gemacht, mit dem Schiff genauso wie mit seiner Besatzung. Er lernte Gesichter und Namen, Pflichten und Reaktionen der Manner an Bord, vor allem der Offiziere. Falls er ausfiel, mu?ten sie das Schiff fuhren: der Master, der Erste und die anderen Leutnants, die Stuckfuhrer — wie Speichen reichten diese Manner in alle Decks und Winkel des Schiffes.
Dann hatte er auch die anderen Offiziere seines Geschwaders kennengelernt, die im Kampf mit ihm segeln wurden. Nur Adam mit seiner Fregatte hielt sich entfernt, weiter weg, als selbst der beste Ausguck sehen konnte, immer auf der Suche nach dem Gegner. Falls sich Napoleon die Flotten Danemarks und Schwedens aneignen konnte, mu?te England ihnen schon allein aufgrund ihrer Uberzahl unterliegen. Denn noch immer waren die Lucken, die Trafalgar gerissen hatte, nicht aufgefullt. Beide neutrale Flotten, so horte man, hatten einhundertachtzig Schiffe. Bolitho hatte Godschale auch nach Herricks neuer Aufgabe gefragt. Der Admiral wollte zunachst nicht mit der Sprache heraus, doch als Bolitho beharrlich blieb, antwortete er:»Herrick kommandiert die Begleitschiffe fur die Versorger. Eine lebenswichtige Aufgabe!»
Lebenswichtig? Ein alter muder Commodore wie Arthur Warren hatte diese Aufgabe leicht erfullen konnen.
Der Mond trat hinter einer langen Wolke hervor und legte Glanz auf den Flu?. Bolitho packte das Balkongelander und starrte ins Licht, bis er einen glanzenden Ring um den Mond sah, breit und verschwommen. Da schaute er weg und schluckte trocken. Schlimmer war sein Auge nicht geworden. Oder bildete er sich das nur ein? Er fuhlte die Vorhange gegen seine Beine wehen und wu?te, Catherine war zu ihm getreten.
«Was ist, Richard?«Ihre Hand massierte seinen Rucken, verlockend und stark, loste seine Verspannung. Er drehte sich um und streichelte sie unter ihrer gro?en Stola aus den Spitzen, die er aus Madeira mitgebracht hatte. Sie zitterte wie in einer kuhlen Brise, als seine Hand uber ihren nackten Korper glitt.
«Ich segle morgen«, sagte er, schon vom Abschied gezeichnet.»Aber etwas wu?te ich gern noch von dir. «Sie druckte das Gesicht gegen seine Schulter.»Was denn?»
«Bei der Beerdigung von Somervell«, begann er,»habe ich gesehen, da? du ein Taschentuch ins Grab geworfen hast.»
Ihr Atem streifte warm seine Schulter.»Darin war sein Ring. Ich wollte nichts mehr von ihm besitzen.»
Das hatte er gehofft.»Wurdest du meinen Ring tragen, wenn ich einen fande, der schon genug ist fur dich?»
Sie hielt den Atem an. Der Mann, der morgen vielleicht in den Tod segeln mu?te, fand Zeit, an einen Ring fur sie zu denken! Sie lie? sich von ihm ins Zimmer fuhren und die Stola abnehmen. Ihr Korper glanzte im Licht der beiden Kerzen neben dem Bett.
«Ich ware stolz darauf«, flusterte sie, und er sah Tranen unter ihren Wimpern.»Aber sprechen wir nicht von morgen. Heute bin ich noch da — fur dich, Liebster.»
Als der Morgen uber London heraufzog, offnete Bolitho die Augen. Catherines Kopf ruhte an seiner Schulter, ihr Haar lag ausgebreitet auf dem Kissen. Er entdeckte die roten Spuren seiner Zartlichkeit auf ihrer Haut. Sie sah aus wie ein kleines Madchen, als er ihr das Haar aus dem Gesicht strich.
Irgendwo lautete eine Glocke, und ein fruher Wagen rollte uber das Kopfsteinpflaster.
Die Zeit des Abschieds war gekommen.