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Feind in Sicht: Kommandant Bolithos Zweikampf im Atlantik - Kent Alexander (читать книги без txt) 📗

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Ihre Gesichter druckten die unterschiedlichsten Empfindungen aus: gespannte Erwartung wegen der bevorstehenden weiten Fahrt, Besorgnis bei dem Gedanken, einem geliebten Menschen noch ferner zu sein, vielleicht auch Erleichterung, da? ihnen die Langeweile der Blockade erspart blieb; noch erkannten sie nicht die Ungeheuerlichkeit ihres Auftrags. Die plotzliche Anderung der Befehle hatte den Horror uber die Hinrichtungen, den wilden Zusammensto? mit der Fregatte aus ihrem Gedachtnis verdrangt. Selbst die Erinnerung an die Kameraden, die bei dem einseitigen Kampf ums Leben gekommen waren und ein Seemannsgrab gefunden hatten, fast ehe noch ihr Blut von den Planken gescheuert war, schien verbla?t zu sein. Das war auch ganz gut so, dachte Bolitho grimmig.

Als Pelham-Martins Hut an der Schanzpforte auftauchte, als die Trillerpfeifen schrillten und die Trommeln und Querfloten der Marinesoldaten Heart of Oak anstimmten, schob Bolitho seine personlichen Hoffnungen und Befurchtungen zunachst beiseite.

Er trat vor, nahm seinen Hut ab, erkannte an dem nach oben gerichteten Blick eines Schiffsjungen, da? sich der Kommodorestander im Masttopp genau im richtigen Moment entfaltete, und sagte formlich:»Willkommen an Bord, Sir.»

Pelham-Martin stulpte seinen Hut auf und musterte die angetretene Besatzung der Hyperion. Er schwitzte stark, und Bolitho glaubte, eine Brandyfahne wahrzunehmen. Was Cavendish dem Kommodore unter vier Augen auch gesagt haben mochte, zweifellos hatte es ihn veranla?t, sich fur das Ubersetzen auf sein neues Flaggschiff grundlich zu starken.

Er sagte kurz angebunden:»Lassen Sie weitermachen, Bolitho. «Dann watschelte er, gefolgt von Petch, zum Niedergang des Ac h-terdecks.

Bolitho sah Inch an.»Bringen Sie das Schiff in Fahrt. «Er blickte zu dem Doppelstander hinauf.»Der Wind hat etwas ruckgedreht, scheint mir. Setzen Sie Signal fur die Fregatten Spartan und Abdiel, die befohlenen Positionen einzunehmen. «Er beobachtete Gascoi-gne, der auf seiner Tafel kritzelte, und die Flaggen, die zur Gaffel aufstiegen. Er bemerkte auch Pascoe neben Gascoigne, der aufmerksam den Kopf senkte, um alles mitzubekommen, was sein Vorgesetzter ihm erklarte. In diesem Augenblick sah der Junge auf, und uber die Rucken der arbeitenden Seeleute hinweg und durch die zitternden Fallen begegneten sich ihre Blicke.

Bolitho nickte mit einem knappen Lacheln. Als er wieder hinsah, war der Junge von der Achterwache verdeckt, die sich an die Be-sanbrassen drangte.

Er sagte:»Kurs Westsudwest, Mr. Gossett.»

Spater, als die Hyperion sich kraftig in den Wind legte und immer mehr Leinwand sich knatternd unter ihren rundgebra?ten Rahen blahte, ging Bolitho auf die Hutte und spahte nach achtern. Die beiden anderen Zweidecker und die Fregatte des Admirals waren bereits im Dunst verschwunden, und von der franzosischen Kuste war keine Spur mehr zu entdecken.

Inch kam nach achtern und griff an seinen Hut.»Das wird eine lange Jagd, Sir.»

Bolitho nickte.»Hoffen wir, da? sie auch erfolgreich wird. «Damit ging er nach Luv hinuber und gab sich wieder seinen Gedanken hin.

VI Ein Offizier des Konigs

Drei Wochen lang, nachdem die Hyperion und die beiden Fregatten das Geschwader verlassen hatten, liefen sie nach Sudwesten; spater, als der Wind launisch umsprang und sich zu voller Sturmstarke steigerte, wandte sie sich unter soviel Besegelung, wie die Sicherheit des Schiffes noch gerade erlaubte, nach Suden.

Als sich der Januar dann seinem Ende naherte, nahmen sie den Nordostpassat auf und hatten damit die langste und letzte Teilstrek-ke ihrer Reise erreicht. Mit dreitausend Meilen Ozean vor sich, waren sie auf nichts als die eigenen bescheidenen Hilfsmittel und Vorrate angewiesen.

Doch nach Bolithos Ansicht war das Wetter auf dem ersten Teil der Atlantikuberquerung ein willkommener Verbundeter gewesen. Kaum eine Stunde war vergangen, ohne da? die Besatzung alarmiert wurde, um Segel zu reffen oder zu trimmen; dadurch hatte sie wenig Zeit gefunden, uber ihre unerwartete Einsamkeit oder die gro?e Weite des Atlantik, die jeden Morgen ihre muden Augen begru?te, zu bruten.

Trotz der Muhsal und Entbehrungen war Bolitho zufrieden, wie sich die Leute entwickelten. Wenn er an der Achterdecksreling stand und die Matrosen beobachtete, die sich mit Scheuersteinen und Schwappern plagten, konstatierteer offenkundige Veranderungen. Verschwunden waren blasse Hautfarbe und verharmte Gesichter. Die Korper waren nach wie vor mager, aber zah als Ergebnis harter Arbeit und der Seeluft, und sie verrichteten ihre taglichen Aufgaben, ohne da? sie standig bewacht oder angetrieben werden mu?ten. Selbstverstandlich spielte das Wetter dabei eine wichtige Rolle. Alle Farben waren anders. Der Himmel leuchtete blau statt des truben Graus, und die seltenen Wolken glitten duftig einem

Horizont zu, der so hart und funkelnd wie eine Degenklinge schien. Die Hyperion nutzte den gunstigen Passat zum gro?ten Vorteil und hatte ihm ihre au?ere Erscheinung angepa?t. Sie war jetzt mit hellen leichten Segeln getakelt anstelle der schweren Schlechtwetterleinwand und schien sich dem endlosen Panorama schimmernder Schaumkronen entgegenzuneigen, als ob es sie beglucke, die dustere Monotonie des Blockadedienstes hinter sich zu lassen.

Bolitho hob das Teleskop und bewegte es langsam oberhalb der Netze, bis er die winzige Segelpyramide fand, weit voraus an Steuerbord: ein kleiner Fleck am Horizont, der zeigte, da? die Fregatte Abdiel sich in der richtigen Position befand. Die andere Fregatte, die Spartan, stand zwanzig Meilen vor ihr und war vollig unsichtbar. Er schob das Glas zusammen und gab es dem Midshipman der Wache.

In solchen Augenblicken fiel es ihm schwer zu glauben, da? er nicht allein das Kommando hatte. Pelham-Martin schien nur selten an Deck zu kommen. Er hielt auf Distanz und blieb die meiste Zeit unerreichbar in der Achterkajute. Jeden Morgen gewahrte er Boli-tho eine kurze Audienz, horte sich dessen Erlauterungen und Uberlegungen an und beschrankte seine Au?erungen auf:»Das scheint ein recht guter Plan zu sein«, oder auf:»Wenn das Ihrer Ansicht nach das Beste ist, Bolitho?«Es war, als ob er sich selbst fur die wirkliche Aufgabe aufsparte, die zu losen noch bevorstand, und sich damit zufriedengab, den taglichen Kram dem Kommandanten zu uberlassen.

Bis zu einem gewissen Punkt kam das Bolitho gelegen, doch soweit es um die wahre Bedeutung und den Sinn von Pelham-Martins Befehlen ging, tappte er vollig im Dunkeln.

Der Kommodore schien nicht bereit, der Betreuung der einzelnen Kapitane mit bestimmten Aufgaben eine besondere Bedeutung beizumessen und uberlie? das vollig dem personlichen Urteil Bo-lithos, obwohl der noch ein Neuling im Geschwader war. Bolitho dachte uber die weit voraus segelnde Spartan nach und da? es Pelham-Martin beinahe zu uberraschen schien, da? er den jungen Kommandanten der Fregatte schon kannte. Doch es war nur eine milde Uberraschung, weiter nichts. Personliche Beziehungen schien er auf Armeslange von sich fernzuhalten, als ob sie uberhaupt keine Bedeutung hatten.

Bolitho begann langsam auf- und abzugehen, dachte uber die vergangenen Jahre nach, an die vielen Gesichter und Erlebnisse wahrend seiner Dienstzeit auf See. Da war der Kommandant der Spartan. Charles Farquhar war unter ihm Midshipman gewesen, und Bolitho war der erste gewesen, der seinen Wert erkannte und ihn zum diensttuenden Leutnant ernannte. Mit neunundzwanzig Jahren war er jetzt Kapitan, und bei seiner Abkunft aus einer adligen Familie und seinen weitreichenden Verbindungen in der Marine wurde er seine Karriere wahrscheinlich als Admiral und sehr reicher Mann beenden. Merkwurdigerweise hatte Bolitho ihn nie so recht leiden konnen, hatte aber dessenungeachtet von Anfang an erkannt, da? Farquhar scharfsinnig und einfallsreich war, wenn ihm jetzt auch nachgesagt wurde, da? er bei der Fuhrung seines Schiffes ein Tyrann sei.

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