Mauern aus Holz, Manner aus Eisen: Admiral Bolitho am Kap der Entscheidung - Kent Alexander (читать книги без регистрации .txt) 📗
Als Bolitho an Bord der Miranda kletterte, begru?te Tyacke ihn an der Reling. Uber das dunkle Wasser hinweg sahen sie die Albacora im Schein der untergehenden Sonne daliegen.
Der schmutzige Schoner sah aus, als ob er schon in Flammen stunde.
«Wir haben unser Bestes getan, Sir Richard«, berichtete Tyacke.»Sie hat keine Stuckpforten, also haben wir Locher ins Deck geschnitten. Trotzdem wird sie brennen wie eine Fackel, wenn's so weit ist. «Beide Schoner wurden Anker lichten, sobald es dunkel genug war, und sich davonstehlen wie Diebe in der Nacht.»Fruh morgens sollten wir dann auf die Truculent sto?en«, fuhr Tyacke fort.»Da werden Sie es dann bequemer haben als hier.»
Im rotlichen Sonnenlicht sah Tyackes entstelltes Gesicht aus, als blute es.»Ich brauche keine Bequemlichkeit«, antwortete Bolitho.»Ich habe hier gefunden, was ich suchte. Wenn alle Schiffe so gefuhrt wurden wie Ihres.»
Abrupt drehte sich Tyacke um.»Es gibt noch viel fur mich zu tun, Sir. Bitte entschuldigen Sie mich.»
Die riesige rote Sonnenscheibe rutschte unter die Kimm. Eigentlich mu?ten dort Dampfwolken aufsteigen oder der Rauch einer Explosion, dachte Midshipman Segrave. Er stand am Niedergang, als Simcox ihn fand.»Heute wird es eng an Bord«, scherzte er.»Mal sehen, ob wir einen Platz fur Sie finden. «Dann wurde er ernst.«»Bob Jay hat mir von Ihren alten Narben erzahlt. «Und als der Junge ihn wutend anstarrte:»Das war seine verdammte
Pflicht mir gegenuber.»
Segrave ballte die Fauste.»Dazu haben Sie kein Recht!»
«Wollen Sie mir meine Rechte erklaren, Mr. Segrave? Ich trage des Konigs Rock ein paar Jahre langer als Sie. Sagen Sie mir also nicht, was ich darf und was nicht. «Simcox' Gesicht war nur eine Handbreit von dem Segraves entfernt.»Man hat Sie auf Ihrem alten Schiff ausgepeitscht wie einen tollen Hund, daher die Narben. Irgendjemand wollte Ihnen zeigen, welche Macht er hat und wie schwach Sie sind. «Der Junge nickte betroffen.»Das ist jetzt vorbei. Jay wird nie vergessen, da? Sie ihm das Leben gerettet haben. «Er legte ihm die Hand auf die Schulter.»Ich mu?te ubrigens auch das dem Kommandanten melden.»
Segrave wischte sich das Gesicht mit dem Armel.»Es war wohl Ihre Pflicht«, sagte er mit zitternder Stimme.
«Alles klar jetzt?«fragte Simcox.
«Nein. «Der Junge schuttelte verzweifelt den Kopf.»Ich habe auf der Themis gehort, da? ich auf mein altes Schiff zuruck mu?, wenn wir Kapstadt hinter uns haben. «Er stieg den Niedergang hinunter.»Verstehen Sie jetzt?»
Als die Dunkelheit fiel und die Sterne am dunklen Himmel hervortraten, sa? Bolitho in seiner Kajute am Tisch. Er horte an Deck Kommandos und das Quietschen der Ankerwinde, als der Anker kurzstag gehievt wurde. Jay, der Mastergehilfe, war mit einer kleinen. Prisenmannschaft druben auf der Albacora. Auf der Miranda mu?te die reduzierte Mannschaft deshalb harter als sonst arbeiten und Wache um Wache gehen.
Tyacke schaute herein.»Wir konnen ankeraufgehen, Sir. Haben Sie noch Befehle?«Das klang anders als sonst.
«Gibt's Probleme?«fragte Bolitho.
«Ja. Ich habe neue Befehle bekommen: Segrave und Simcox mussen die Miranda verlassen, wenn das alles vorbei ist. «Tyacke versuchte zu lacheln, aber es mi?lang ihm.»Ben Simcox ist ein alter Freund von mir. Und uber den Midshipman denke ich jetzt auch anders.»
«Ich wei?. «Bolitho sah die Uberraschung auf Tyackes entstelltem Gesicht. Als er weitersprach, bemerkte Tyacke zum erstenmal die furchterliche Narbe auf Bolithos Stirn, die eine Strahne nur halb verdeckte.»Einer meiner Flaggleutnants bezeichnete meine Kommandanten und mich einmal als >eine kleine Schar Begluckten. Aber wir wurden immer weniger. Ich wei?, was es hei?t, einen Freund zu gewinnen und ihn sofort wieder zu verlieren. Man konnte manchmal meinen, es sei besser, mit niemandem befreundet zu sein.»
Oben rief eine Stimme: «Albacora nimmt Fahrt auf!»
«Tut mir leid«, entschuldigte sich Tyacke,»ich wollte nicht an alte Wunden ruhren.»
«Verstehe«, lachelte Bolitho.»Ubrigens werde ich morgen Freiwillige brauchen.»
Tyacke drehte sich an der Tur um.»Keine Sorge, Sir Richard. Auf diesem Schiff werden Sie genugend Freiwillige finden. «Dann war er verschwunden. Sekunden spater erklang der Ruf von Deck:»Anker auf!»
Bolitho blieb nachdenklich sitzen und horte den Larm oben nicht. Er brauchte Manner wie Tyacke und seine Besatzung nicht nur fur den Kampf. Aber ob sie das je verstehen wurden?
Dann offnete er bedachtsam Catherines Brief. Ein Efeublatt fiel heraus. Er hielt den Brief dicht unter die schwingende Lampe und las: «Mein Geliebter. Dieses Blatt stammt von Deinem Haus, meinem neuen Heim ...»
Da legte er den Brief zur Seite, denn die Buchstaben verschwammen vor seinen Augen.
VI Die Tapferen und die anderen
Leutnant James Tyacke umklammerte die Luvreling und starrte durch die Gischt voraus, als Bolitho nach oben kam.»Segel in Sicht, Sir!»
Bolitho griff haltsuchend nach einer Pardune.»Ich habe die Meldung gehort. Sie haben einen guten Mann oben, Mr. Tyacke.»
Der Ausguckposten hatte das fremde Schiff bei Beginn der Morgendammerung gemeldet. In der Nacht hatte der Wind gedreht und kam jetzt aus Nord. Die Miranda lief rechtweisend Ost und lag so hart uber, da? die Leereling oft genug durchs Wasser rauschte. Die Gischt war eiskalt.
Noch sah man die Kimm nicht, nur die Wellenkamme und die heranrauschenden Seen. Die Annaherung an den Feind wurde fur beide Schoner nicht leicht sein. Voraus entdeckte Bolitho einen Lichtpunkt, weniger als eine Kabellange entfernt: das Heck der Albacora. Tyackes und Jays gute Seemannschaft hatte die beiden Schoner auch nachts zusammenbleiben lassen. Aber wenn jetzt die Sonne aufging, wurden die Manner auf beiden Schiffen ihre Erschopfung spuren, denn eine ganze Nacht Segeltrimmen und Manoverfahren zehrte an den Kraften.
«Wir schlie?en jetzt zur Albacora auf, Sir«, rief Tyacke Bolitho zu, dessen Augen sich noch nicht an das Zwielicht gewohnt hatten. Erstaunlich, da? der Ausguck schon das ferne Segel sah. Es mu?te die Truculent sein. Oder war es ein Feind?
«An Deck! Fregatte voraus — beigedreht!»
Also war es die Truculent. Bolitho horte Simcox aufatmen. Kapitan Poland war wieder einmal zur rechten Zeit in der gewunschten Position.
Jemand meldete, da? die Albacora ein Boot zu Wasser gelassen hatte.»Was haben Sie wegen der Freiwilligen vor?«fragte Bolitho leise Tyacke.
«Das Flaggschiff hat uns den Deserteur geschickt. Und dann hat sich ein Seesoldat gemeldet — was immer der wert sein mag. «Aus seinen Worten klang die ubliche Mi?achtung des Seemanns fur die Marineinfanterie.
«Sind das alle?»
«Der Rest kommt von der Miranda.«Erstes Licht schlich uber die Kimm.»Ich habe mit meinen Mannern geredet und kann mich auf sie verlassen.»
«Mr. Simcox wei?, was er auf der Albacora zu tun hat?»
Tyacke antwortete nicht sofort. Er beobachtete das Beiboot, das hart pullend uber die See glitt, um in Lee der Miranda Schutz zu finden.»Mr. Simcox bleibt hier an Bord«, sagte er dann.
Bolitho verbarg seine Uberraschung.»Sie fuhren hier das Kommando. Es ist also Ihre Entscheidung.»
Plotzlich stand Simcox zwischen ihnen.»Ich protestiere! Ich kenne die Gewasser besser, und uberhaupt.»
Tyacke packte ihn am Arm.»Sie tun, was ich Ihnen sage, ich bin hier der Kommandant. Und jetzt kummern Sie sich um das Beiboot da unten!»
Bolitho konnte Simcox' Gesicht nicht erkennen, aber er spurte, wie sehr dieser Befehl den Mann verletzt hatte.
«Ben ist ein gro?artiger Seemann, Sir«, erlauterte Tyacke.»Wenn er diesen verdammten Krieg uberlebt, wird noch mehr aus ihm. «Wutend wandte sich der Kommandant dann an die Gruppe im Heck des Schoners:»Morgan, holen Sie diese Leine dicht, oder wollen Sie, da? das Beiboot zerschmettert wird?»