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Der Schwarm - Schatzing Frank (читать книги TXT) 📗

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Die Manner starrten auf den Monitor.

Sie sahen Montauk dort unten liegen, den malerischen alten Ort mit seinem beruhmten Leuchtturm. Aus 195 Kilometern Hohe wirkte Montauk allerdings nicht malerischer als ein Fleck auf einer Stra?enkarte. Strichdunne Stra?en durchzogen eine hell gesprenkelte Landschaft. Die Sprenkel waren Gebaude. Der Leuchtturm selber erschien als kaum wahrnehmbarer wei?er Punkt am Ende einer Landzunge.

Drum herum erstreckte sich der Atlantik.

Der Mann, der den Satelliten steuerte, definierte den Bereich, in dem das Schiff angeblich angegriffen worden war, gab die Koordinaten ein und zoomte in die nachste Vergro?erungsstufe. Die Kuste verschwand aus dem Blickfeld. Nur noch Wasser war zu sehen. Kein Schiff.

Der andere Mann sah zu und a? frittierten Fisch aus einer Papiertute.

»Mach hin«, sagte er.

»Nur die Ruhe.«

»Nix mit Ruhe. Sie wollen die Auskunft sofort.«

»Schei? drauf, was sie wollen.« Der Steuermann schwenkte den Spiegel vor dem Teleskop um eine weitere Winzigkeit. »Das kann endlos dauern, Mike. Das ist Schei?e. Immer muss alles schnell gehen! Wie soll das funktionieren? Wir mussen das ganze verdammte Schei?meer absuchen nach einem winzigen Schei?kutter.«

»Mussen wir nicht. War ein Satellitennotruf uber NOAA. Es kann nur hier sein. Wenn nicht, ist der Kahn versoffen.«

»Noch gro?ere Schei?e.«

»Ja.« Der andere leckte seine Finger ab. »Arme Schweine.«

»Schei? auf die armen Schweine. Die armen Schweine sind wir, Wenn der Kahn abgesoffen ist, geht die Schei?suche nach den Trummern los.«

»Cody, du bist wirklich eine faule Sau.«

»Wohl wahr.«

»Nimm ‘n Stuck Fisch. — Hey, was ist das?« Mike zeigte mit einem fettigen Finger auf den Monitor. Im Wasser war undeutlich etwas Dunkles, Langliches zu erkennen.

»Schauen wir doch mal.«

Das Teleskop zoomte, bis sie zwischen den Wellen die lang gestreckte Silhouette eines Wals erkennen konnten. Ein Schiff war nach wie vor nicht auszumachen. Weitere Wale kamen ins Bild. Uber ihren Kopfen breiteten sich verwaschene helle Flecken aus. Die Wale bliesen.

Dann tauchten sie ab.

»Das war’s«, sagte Mike Cody vergro?erte den Bildausschnitt erneut. Jetzt waren sie in der hochsten Auflosungsstufe angelangt. Sie sahen einen Seevogel auf den Wellen reiten. Genau genommen war es eine Ansammlung von knapp zwei Dutzend quadratischen Pixeln, aber im Ganzen ergaben sie unverkennbar einen Vogel.

Sie suchten die Umgebung ab, konnten aber weder ein Schiff noch Trummer entdecken.

»Vielleicht abgetrieben«, mutma?te Cody.

»Kaum. Wenn die Meldung stimmt, mussten wir hier irgendwas sehen. Vielleicht sind sie weitergefahren.« Mike gahnte, knullte die Tute zusammen und zielte damit auf einen Papierkorb. Er verfehlte ihn um ein gutes Stuck. »Wahrscheinlich doch falscher Alarm. Jedenfalls war ich jetzt gerne da unten.«

»Wo?«

»In Montauk. Ist’n schoner Platz. Ich war letztes Jahr mit den Jungs da, kurz nachdem Sandy Schluss gemacht hatte. Wir waren standig nur besoffen oder bekifft, aber es war klasse, auf den Klippen zu liegen, wenn die Sonne unterging. Am dritten Tag hab ich die Bedienung aus der Hafenkneipe klargemacht. War ‘ne echt geile Zeit.«

»Dein Wunsch ist mir Befehl.«

»Was meinst du?«

Cody grinste ihn an. »Willst du in dein Schei?montauk? Ich meine, wir herrschen uber die himmlischen Heerscharen, Mann. Und wo wir gerade schon mal da sind …«

Ein Leuchten ging uber Mikes Gesichtszuge.

»Zum Leuchtturm«, sagte er. »Ich zeig dir, wo ich sie gefickt habe.«

»Aye, aye.«

»Nein, warte mal. Vielleicht doch besser nicht. — Wir konnten einen Haufen Arger kriegen, wenn …«

»Wieso, Mann? Mach dir nicht ins Hemd. Es liegt in unserer Schei?verantwortung, wo wir nach Trummern suchen.«

Seine Finger flitzten uber die Tastatur. Das Teleskop zoomte auf. Die Landzunge erschien. Cody suchte den wei?en Punkt des Turms und holte ihn heran, bis er deutlich sichtbar unter ihnen aufragte. Er warf einen extrem langen Schatten. Die Klippen waren in rotliches Licht getaucht. In Montauk versank gerade die Sonne. Ein Parchen ging eng umschlungen vor dem Leuchtturm spazieren.

»Das ist die beste Zeit jetzt«, sagte Mike begeistert. »Voll romantisch.«

»Du hast sie direkt vor dem Turm gevogelt?«

»Quatsch, nein! Weiter unten. Da, wo die beiden hingehen. Der Platz ist bekannt dafur. Jeden Abend ist Flachlegen angesagt.«

»Vielleicht bekommen wir ja was zu sehen.«

Cody schwenkte das Teleskop, sodass es dem Parchen vorauseilte. Auf den schwarzen Klippen war sonst niemand auszumachen. Nur Seevogel kreisten daruber hinweg oder pickten zwischen Felsritzen nach etwas, das man fressen konnte.

Dann kam etwas anderes ins Bild. Etwas Flachiges. Cody runzelte die Stirn. Mike ruckte naher. Sie warteten die nachste Aufnahme ab.

Das Bild hatte sich verandert.

»Was ist das denn?«

»Keine Ahnung! Kannst du naher ran?«

»Nein.«

Wieder schickte der KH-12-4 Bilddaten. Wieder hatte sich die Landschaft verandert.

»Du heilige Schei?e«, flusterte Cody.

»Was zum Teufel ist das?« Mike kniff die Augen zusammen. »Es breitet sich aus. Es kriecht die verdammten Klippen hoch.«

»Schei?e«, wiederholte Cody. Er sagte eigentlich bei jeder sich bietenden Gelegenheit Schei?e, auch wenn ihm etwas gefiel. Mike registrierte es schon gar nicht mehr, wenn Cody Schei?e sagte. Aber diesmal war es nicht zu uberhoren.

Diesmal klang es wirklich besturzt.

Montauk, USA

Linda und Darryl Hooper waren seit drei Wochen verheiratet, und sie verbrachten ihre Flitterwochen auf Long Island. Seit der Zeit, als noch mehr Fischer auf der Insel gelebt hatten als Filmstars, war Long Island teuer geworden. Hunderte exquisiter Fischrestaurants blickten auf kilometerlange Sandstrande. Die New Yorker Prominenz gab sich hier genauso mondan, wie man es von ihr erwartete. Sie teilte sich mit Amerikas schwerreichen Industriellen das Villenviertel von East Hampton, einem blank geputzten Postkartendorf, in dem sich als Durchschnittsverdiener kaum leben lie?. Auch Southampton weiter sudwestlich war nicht gerade billig. Aber Darryl Hooper hatte sich als aufstrebender junger Anwalt einen Namen gemacht. In der gro?en Kanzlei im Herzen von Manhattan galt er als Ziehsohn der Seniorpartner. Noch verdiente er vergleichsweise wenig, aber Hooper wusste, dass er kurz davor stand, richtig viel Geld zu machen. Und er hatte dieses wirklich su?e Madchen geheiratet. Linda war der Schwarm aller Jurastudenten gewesen, aber sie hatte sich fur ihn entschieden, obwohl ihm trotz seiner fruhen Jugend die Haare ausfielen und er eine dickglasige Brille tragen musste, weil er Kontaktlinsen nicht vertrug.

Hooper war glucklich. Im Bewusstsein kommender Segnungen hatte er beschlossen, sich und Linda einen kleinen Vorschuss zu gonnen. Das Hotel in Southampton war zu teuer. Sie bezahlten jeden Abend fast einhundert Dollar in einem der Gourmetrestaurants ringsum. Trotzdem war es in Ordnung so. Sie arbeiteten beide wie die Pferde, und sie hatten es sich einfach verdient. Nicht mehr lange, und die neu gegrundete Familie Hooper wurde sich die exklusiven Platze leisten konnen, wann immer sie wollte.

Er legte den Arm enger um seine Frau und sah hinaus auf den Atlantik. Eben verschwand die Sonne im Meer. Der Himmel ging ins Violette. Hoch gelegene Dunstfelder leuchteten rosafarben am Horizont. Das Meer schickte flache Wellen gegen den Strand, die mit Rucksicht auf ruhebedurftige Gro?stadter dezent platscherten, anstatt sich lautstark zu brechen. Hooper uberlegte, ob sie nicht eine Weile hier bleiben und spater nach Southampton zuruckkehren sollten. Im Moment war die Hauptstra?e noch stark befahren, aber in einer Stunde wurden sie gut durchkommen. Keine zwanzig Minuten wurden sie fur die funfzig Kilometer brauchen, wenn er die Harley ordentlich aufdrehte. Jetzt aufzubrechen war einfach zu schade.

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