Eine letzte Breitseite: Kommodore Bolitho im ostlichen Mittelmeer - Kent Alexander (читать книги бесплатно полные версии TXT) 📗
Als Bolitho ging, schrillten bereits die Bootsmannsmaatenpfeifen, und die Manner rannten auf ihre Stationen. Alles das und noch mehr konnte er Herrick uberlassen. Jetzt.
Automatisch zog er unter der Kampanje den Kopf ein. Grubb brullte:»Klar bei Brassen!«Das Ruder schwang herum, die losen Segel knallten und bespritzten die Manner mit gro?en Tropfen.
Die Kajute kam ihm sehr kuhl vor; er sa? fast reglos in seinem Sessel, wahrend Allday ihn schnell rasierte und Ozzard ihm schwarzen Kaffee servierte.»Das war der letzte, Sir«, sagte er dabei klaglich.
«Macht nichts«, murmelte Allday,»wir holen uns welchen von den Franzosen.»
Von oben kam das Stampfen vieler Fu?e, das Quietschen der Blocke und Taljen. Dazu Veitchs Stimme, hohl verfremdet durch das Sprachrohr:»Lebhafter dort druben! Belegt die Brassen, Bootsmann!»
Im dammrigen Laternenlicht war die Kajute besonders dunkel. Im Geiste sah er das Schiff auf Nordkurs vor sich, die anderen in Linie dahinter. Nun mu?te es bald soweit sein.
Dann war es auf einmal still; aber schon Sekunden spater wirbelten die Trommeln scharf, nervenzerrei?end. Leroux' kleine Trommeljungen mu?ten direkt beim Skylight stehen.
Das Schiff erzitterte. Jedes Deck reagierte auf seine Weise und mit seinen eigenen Gerauschen; Trennwande wurden niedergelegt, Kisten und nicht benotigtes Schiffsgeschirr nach unten geschafft; jeder Geschutzfuhrer lief um seine Mannschaft herum wie die Henne um ihre Kuken.
Allday trat zuruck und wischte das Rasiermesser ab.»In acht Minuten gefechtsklar, Sir. Mr. Veitch hat gelernt, wie Sie's haben wollen.»
Bolitho stand auf und lie? sich von Ozzard in den Galarock helfen.»Letztes Mal hat Captain Farquhar dem Gegner diese Ehre erwiesen«, sagte er, und ihre Augen trafen sich.»Nun noch den Degen.»
Ozzard wartete, bis Allday das Koppel geschlossen hatte, sturzte dann wieder herzu und band Bolithos schwarzes Haar mit einer Schleife im Nacken zusammen.
Bolitho mu?te daran denken, wie Farquhar ihm damals vorgekommen war: wie ein Schauspieler.
Wieder ertonten Rufe an Deck, das Scheuern von Riemen an der Bordwand — ein Boot legte an.
Er blickte zu Allday hin — ob der wohl dasselbe dachte? Jetzt waren sie alle da: Herrick und Pascoe, Allday und er selbst.»Es wird Zeit«, sagte Bolitho.
Er ging mit Allday durch die Zwischentur in die Hauptkajute, wo statt E?tisch und polierten Stuhlen nur noch die nackten Planken, die finster lauernden Kanonen und ihre Bedienungen waren; dann weiter unter der Kampanje hervor in den schon heller werdenden Morge n hinaus.
Am Fu? des machtigen Besanmastes stehend, versuchte er, nicht an die Breitseite zu denken, die wie eine blutige Lawine das Heck der Osiris aufgerissen hatte.
Hier und da wandten sich die Leute an den Geschutzen um und sahen ihm nach; wei? schimmerten ihre Augen hinter den geschlossenen Stuckpforten. Einer rief sogar:»Sie haben sich aber feingemacht, Sir!«Die Dunkelheit ermutigte den Mann wohl, er horte nicht auf die groben Drohungen des Deckoffiziers.
Bolitho lachelte, den Tonfall kannte er: der Mann stammte aus Cornwall wie er selbst. Vielleicht hatte er ihn sogar als Kind einmal gesehen. Jetzt, vor dem Gefecht, fuhlte er sich ihm naher.
Er ging am Doppelrad und den unerschutterlichen Rudergasten vorbei, am Master, seinen Maaten und dem Midshipman der Wache, dem kleinen Saxby, weiter bis zur Mitte des Achterdecks.
Dort stand Pascoe, Haar und Schultern von Spritzwasser durchweicht, und flusterte eifrig mit Glasson, der den Signaldienst ubernommen hatte.
Pascoe luftete den Hut vor Bolitho und sagte:»Ich gehe gleich nach unten, Sir.»
Bolitho nickte, denn er wu?te, da? einige Matrosen ihn und den jungen Leutnant neugierig beobachteten. Pascoe war jetzt dem unteren Batteriedeck mit den gro?en Zweiunddrei?igpfundern zugeteilt. Sein Vorgesetzter dort war Leutnant Steere; au?erdem gehorte noch ein Midshipman als Laufer dazu. In den Batterien der Lysander dominierte wirklich die Jugend.
«Gott mit dir, Adam.»
«Und«, erwiderte dieser zogernd,»mit dir auch, Onkel. «Er lachelte Herrick zu und eilte den Niedergang hinunter.»An Deck! Segel Backbord voraus!»
«Hinauf mit Ihnen, Mr. Veitch!«befahl Bolitho.»Ich brauche heute ein klares Urteil.»
Er starrte in den Himmel, der jetzt bla?blau und wolkenlos war; auf die roten Uniformen der Scharfschutzen und der Kanoniere an den Drehbassen, auf die gro?en Rahen und die schwarzen, geteerten Stage. Eine lebendige, kraftvolle Kriegswaffe, die komplizierteste, harteste Anforderungen stellende Erfindung des Menschen. Die Lysander besa? in diesem gedampften Licht eine wirkliche Schonheit, die auch durch ihre Gro?e und Tonnage nicht beeintrachtigt wurde.
Bolitho ging zur Backbordseite und packte die sauber gestauten Hangemattsnetze. Die Harebell kampfte sich bereits durch den Wind zur Wende, die Marssegel schlugen, Bram- und Gro?segel wurden soeben gesetzt.
Achtern konnte er die schwarzen Linien der luvseitigen Wanten der Nicator sehen, doch ihr Rumpf, ebenso wie jener der Immorta-lite, waren hinter dem schragen Heck der Lysander verborgen.
Leichtfu?ig rannte Major Leroux eine Leiter hinunter und gru?te schwungvoll mit gezogenem Degen.
«Ich habe meine Leute wie befohlen verteilt, Sir. Die besten Scharfschutzen dort, wo sie von den weniger guten nicht behindert werden. «Er lachelte, doch seine Augen sahen in die Ferne.»Vielleicht erwarten die Franzosen, mit Nelson zusammenzutreffen.»
Herrick hatte es gehort und lachte.»Unser tapferer Admiral mu? warten, bis er an der Reihe ist.»
So leichtfu?ig wie ein zwolfjahriger Midshipman kam Veitch an einem Backstag aufs Deck gerutscht.»Es ist tatsachlich die feindliche Flotte, Sir. Anscheinend auf Sudostkurs, und das Gros liegt noch weit in Luv. «Er zogerte etwas und fuhr dann fort:»Direkt vor unserem Bug segelt ein zweites Geschwader auf konvergierendem Kurs, Sir. Ich habe es genau studiert und bin sicher, da? mindestens ein Schiff davon auch in Korfu war — oder sogar mehrere. Eins war rot und schwarz bemalt. Ich habe es eben ganz deutlich gesehen.»
Bolitho sah Herrick an und schlug sich mit der Faust in die Handflache.»Brueys halt seine Hauptmacht westlich von uns, Thomas! Offenbar rechnet er immer noch damit, auf unsere Flotte zu treffen.»
Herrick nickte und entgegnete bitter:»Wenn der wu?te, da? sie gar nicht mehr hier ist!»
Bolitho fa?te ihn beim Arm.»Mr. Veitch irrt sich nicht. «Er sah die beiden an — sie mu?ten das doch begreifen!» Brueys la?t seine anderen Versorgungsschiffe ostlich segeln, im Schutz seiner Gefechtsformationen!»
«Dann wird unsere Anwesenheit hier allerhand Aufregung verursachen. «Herrick stieg mit seinem Teleskop in die Luvwanten.»Ich kann gerade noch ein paar Segel an der Kimm ausmachen. Doch Sie mogen durchaus recht haben, Mr. Veitch. Unsere franzosischen Freunde schirmen ihre Transporter nach der falschen Seite ab!«Etwas nuchterner fuhr er fort:»Aber noch haben sie reichlich Zeit, ihre Verteidigung umzustellen.»
Bolitho spielte mit dem Gedanken, selbst aufzuentern und sich die Lage anzusehen.
«Wir haben nur drei Schiffe, Thomas. Die Franzosen werden inzwischen die Harebell gesichtet haben und annehmen, da? sie unsere Signale an die Hauptflotte weitergibt.»
Leise sagte Leroux:»Dann mochte ich aber nicht in Commander Inchs Schuhen stecken!»
Mehrere Geschutzbedienungen hatten ihre Kanonen verlassen, standen auf der Laufbrucke und beobachteten den langsam naherkommenden Feind. Wie Kavallerie mit wei?en Federbuschen uber einen stahlblauen Hugelkamm, so traten die Masten und Segel immer deutlicher uber die Kimm, jetzt sogar fur die Manner auf dem Batteriedeck sichtbar. Mehr, immer mehr, bis der ganze Horizont hinter lauter Segeln verschwand.
«Was fur eine Flotte, Thomas!»
Bolitho ruckte den Hut schief, damit ihm die Sonne nicht direkt in die Augen schien. Er konnte sie auf der rechten Wange spuren, auf dem durchfeuchteten Rock. Bald wurde es noch hei?er werden, in mehr als einer Hinsicht.