Bruderkampf: Richard Bolitho, Kapitan in Ketten - Kent Alexander (библиотека книг бесплатно без регистрации TXT) 📗
Bolitho legte die Stirn in Falten.»Haben Sie genug Leute, um diese Fregatte als Prise zu bemannen?»
Dancer blickte Bolitho verwundert an.»Aber es ist Ihre Prise,
Sir.»
«Nun, die finanzielle Seite der Angelegenheit konnen wir spater diskutieren, Leutnant. «Bolitho lachelte.»Inzwischen schlage ich vor, Sie scheuchen die Gefangenen nach unten und laufen, so schnell es Ihnen diese Segelfetzen erlauben, auf einen sicheren Hafen zu. «Er sah durch den Qualm nach oben.»Der Wind hat bereits auf Sudost gedreht. Damit kommen Sie von der bevorstehenden Schlacht klar.»
Herrick stolperte uber die Leichen heran. Der Degen baumelte ihm am Handgelenk. Er salutierte.»Wir haben eben die Cassius gesichtet, Sir.»
«Sehr gut. «Bolitho druckte Dancer die Hand.»Vielen Dank fur die Nachrichten. Zumindest rechtfertigen sie, da? Sir Robert die ihm zugewiesene Station verlassen hat. «Er machte kehrt und kletterte uber die sinkende Brigg auf sein eigenes Schiff zuruck.
Tief in Gedanken schwang er sich uber das Schanzkleid und ging die Gangway entlang. Die Kanoniere sahen zu ihm hoch. Die Scharfschutzen der Seesoldaten, hoch in den Toppen, und die kleinen Pulveraffchen an der Magazinluke, alle starrten auf die schlanke, einsame Gestalt, die sich vor den zerrissenen Segeln des eroberten Franzosen abhob. Ein schneller, unglaublicher Sieg. Kein einziger Mann beim Angriff verletzt oder getotet, und nicht der geringste Schaden am Schiff selbst. Einige gute Leute waren beim Kampf auf der feindlichen Fregatte gefallen. Aber der Erfolg wog solchen Verlust bei weitem auf. Eine Fregatte als Prise erbeutet. Die Witch of Looe, wenn auch nicht gerettet, so doch geracht. Und das alles in einer Stunde.
Doch von alledem dachte Bolitho nichts. Vor seinem geistigen Auge sah er die Seekarte und verfolgte darauf, wie die feindliche Flotte in unaufhaltsamem Drang auf die offene See hinausstrebte, direkt auf Jamaika zu.
Auf dem Hauptdeck ertonte eine Stimme. Bolitho drehte sich uberrascht um.
«Drei Hurras, Jungs. Drei Hurras fur unseren Kapitan!»
Wahrend die ungestumen Rufe die Luft erzittern lie?en, blickte Bolitho zum Achterdeck. Herrick und Rennie grinsten ihn unverhohlen an. Neale und Maynard schwenkten die Hute gegen die Mannschaft auf dem unteren Deck. Es traf Bolitho vollig unvorbereitet, und er war verwirrt. Wahrend die Hurrarufe in ein wildes Durcheinander ubergingen, trat Herrick an Bolitho heran und sagte:»Gratuliere, Sir. Gratuliere.»
«Was ist heute blo? in die Leute gefahren?»
«Sie haben ihnen mehr als einen Sieg geschenkt, Sir. Sie haben ihnen ihre Selbstachtung zuruckgegeben.»
Die Hurrarufe erstarben wie auf ein Signal hin, und Herrick sagte:»Die Leute mochten ein paar Worte von Ihnen horen,
Sir.»
Bolitho trat an die Querreling und lie? die Augen uber die vertrauten Gesichter wandern. Diese Manner — seine Manner! Die Gedanken wirbelten wie Schatten durch sein Gehirn. La? sie hungern, la? sie prugeln. Setze sie dem Skorbut aus, Krankheiten, einem hundertfachen Tod. Dennoch lassen sie dich hochleben. Er umklammerte fest die Reling und starrte uber die Mannschaft. Er sprach leise, und die entfernteren Leute beugten sich vor, um ihn besser zu verstehen.
«Heute haben wir mit einer franzosischen Fregatte gekampft und gesiegt. «Er sah, da? sich einige anstie?en und wie Kinder grinsten.»Wichtiger ist mir jedoch die Tatsache, da? wir als geschlossene Einheit kampften, so wie ein Schiff des Konigs kampfen sollte und auch mu?. «Mehrere altere Seeleute nickten, und Bolitho sammelte alle Kraft fur das, was er ihnen zu sagen hatte. Es lag kein Sinn darin, die Leute blo? zum Kampf aufzurufen. Sie brauchten Fuhrung. Es war ein Akt wechselseitigen Vertrauens. Er rausperte sich.»Seht ihr ein feindliches Schiff vor euch, und fliegen die Kugeln uber eure Kopfe, kampft ihr aus verschiedenen Grunden. «Seine Augen wanderten uber die gebraunten, erwartungsvollen Gesichter.»Ihr kampft aus Kameradschaftsgefuhl, um euch gegenseitig zu schutzen und um gefallene Freunde zu rachen. Oder ihr kampft aus Angst. Aus einer Angst, die Ha? gegen den Feind gebiert, der stets gesichtslos, aber immer gegenwartig ist. Und vor allem kampft ihr fur euer Schiff. «Er machte eine weitausholende Geste.»Es ist unser Schiff und wird es bleiben, solange wir den Willen haben, fur das zu leben und zu sterben, was recht ist.»
Hurrarufe ertonten, doch Bolitho hob den Arm. In seinen Augen lag plotzlich Trauer.»Das kurze Gefecht heute war nur der Auftakt. Ich kann euch nicht sagen, wie sich unsere kleinen Taten in den gro?en Schlachtplan einfugen, weil ich es nicht wei?. Ich wei? nur, da? die Pflicht von uns verlangt zu kampfen, wie wir noch nie gekampft haben.»
Die Leute folgten jetzt jedem Wort mit gro?ter Aufmerksamkeit, und Bolitho fugte nur ungern hinzu, was noch gesagt werden mu?te.»Heute fruh war das Gluck auf unserer Seite. Aber ehe der Tag zu Ende geht, werden wir weit mehr als Gluck benotigen. «In diesem Moment erbebte die Luft durch ein dumpfes Rumpeln. Wahrend die Mannschaft uber die eroberte Fregatte hinweg in die Ferne starrte, verstarkte es sich zu einem dunklen, drohenden Grollen, es klang wie Donner uber fernen Bergen. Bolitho fuhr fest fort:»Da druben, Jungs, ist der Feind.»
Plotzlich fuhr ihm ein warmer Windsto? uber den Nacken. Bolitho schaute auf. Die niedrige Wand aus wallendem
Fruhnebel begann sich aufzulosen. Fur eine Minute waren die beiden Fregatten mit dem sinkenden Wrack der Witch of Looe eine Welt fur sich. Auf der einen Seite der von Sonnenbahnen durchschossene Nebel, auf der anderen die offene See; hinter der scharfen Kimmlinie war die Nacht weggetaucht, und jetzt schimmerten uber den Horizont die Bramsegel der Cassius wie rosafarbene Muscheln in der Morgensonne. Dann hob sich der Nebel, und ihre kleine Welt zerbrach.
Im Sudosten machte Bolitho eine niedrige Landzunge der dunstverschleierten Kunste von Dominica aus. Nach Norden zog sich die verstreute Inselgruppe der Saintes. Und dazwischen keine Spur von Horizont. Es war ein so gewaltiger und gro?artiger Anblick, da? niemand ein Wort sagen konnte. Von einer Seite zur anderen, so weit das Auge reichte, lag auf dem blauen Wasser eine geschlossene Linie von Schiffen. Zwischen den einzelnen, hochgeturmten Segelpyramiden schien nicht die kleinste Lucke zu klaffen. Das zunehmende Sonnenlicht beleuchtete das scheinbar unbewegte Panorama dieser Armada. Das Bild erinnerte Bolitho an ein altes Gemalde, das er als Kind gesehen hatte: ein Gemalde der gewappneten Ritter bei Agincourt. Er sah noch jetzt die mit Wappendecken und glanzenden Mantelsacken geschmuckten gro?en Pferde und die stolzen Wimpel und Banner, die an den Lanzen flatterten, als die Panzerreiter sich sammelten, um die dunne Linie der englischen Bogenschutzen anzugreifen.
Fast verzweifelt sah er zu seiner von dem Anblick gebannten Besatzung hinunter.»Na, Jungs, was sagt ihr dazu?«Er deutete auf die schimmernde Phalanx.»Hinter dieser Flotte, funftausend Meilen weit weg, liegt England. Und in unserem Rucken liegt Jamaika. «Er zeigte auf die Decksplanken.»Und unter uns sind tausend Faden Wasser. «Er beugte sich vor. Seine Augen blitzten plotzlich fordernd.»Was soll es also sein, Jungs?»
Das von neuem horbare Geschutzfeuer ging in der Woge wilder Hurrarufe unter, die uber das Hauptdeck der Phalarope fegte. Die Manner an Bord der eroberten Fregatte stimmten mit ein. Selbst die Verwundeten, die nach unten geschafft wurden, riefen mit, obwohl manche Bolithos Worte nicht gehort hatten und auch gar nicht wu?ten, worum es ging. Es war, als wurden alle Bitterkeit und alle aufgestaute Enttauschung durch die machtige Woge der Begeisterung fortgeschwemmt.
Bolitho drehte sich um. Herrick, der dicht neben ihm stand, bemerkte die sonderbare Traurigkeit und Unglaubigkeit in Bolithos Augen.»Nun haben Sie die Antwort, Sir!«sagte er hastig. Er war ebenso erregt wie die anderen und hatte am liebsten laut gejubelt.