Bruderkampf: Richard Bolitho, Kapitan in Ketten - Kent Alexander (библиотека книг бесплатно без регистрации TXT) 📗
Kurz ehe er die Wache ubernahm, war er zu den dunklen Zellen hinuntergegangen. Er schickte den Posten zum Ende der Leiter, offnete die Tur und hielt eine Laterne in die Zelle. Allday lehnte gebuckt an der gegenuberliegenden Seite und hielt abschirmend die Hande vor die Augen. Seine Fu?e rutschten auf seinem eigenen Kot aus. Ekel und Wut, die Herrick empfunden haben konnte, waren in diesem Augenblick wie weggewischt. Er hatte lautes Leugnen oder dumpfes Aufbegehren erwartet. Statt dessen begegnete er dem Versuch, Wurde zu wahren.
Er fragte ruhig:»Haben Sie mir noch etwas zu sagen, Allday? Ich habe nicht vergessen, da? Sie mir auf den Klippen das Leben gerettet haben. Wenn Sie mir alles erzahlen, kann ich vielleicht doch noch irgend etwas fur Sie tun.»
Allday machte eine Bewegung, als wolle er sein langes Haar aus der Stirn schieben, und blickte auf die schweren Handschellen hinunter, ehe er bebend hervorstie?:»Ich habe es nicht getan, Mr. Herrick. Wie kann ich mich gegen etwas verteidigen, was ich nicht getan habe?»
«Verstehe. «In der Stille horte Herrick das Rascheln der Ratten und die sonderbaren, achzenden Gerausche eines Schiffs auf See.»Wenn Sie es sich anders uberlegen sollten. .»
Allday versuchte, auf Herrick zuzutreten, taumelte aber gegen dessen Arm. Einige Sekunden lang spurte Herrick die vor Furcht schwei?nasse Haut des anderen und roch dessen Verzweiflung: ein Geruch des Todes.
«Auch Sie glauben mir nicht«, sagte Allday gepre?t.»Was soll das Ganze also?«Seine Stimme gewann ein wenig innere Kraft.»Lassen Sie mich in Ruhe. Lassen Sie mich um Gottes willen in Ruhe. «Doch als Herrick die Tur wieder verriegeln wollte, fragte Allday leise:»Was meinen Sie, Sir, ob man mich zur Verhandlung vor ein Kriegsgericht nach Hause schickt?»
Herrick wu?te, da? die Marine gar nicht daran dachte. Die Gerechtigkeit schlug schnell und endgultig zu. Wahrend er auf die dick beschlagene Tur blickte, sagte er jedoch:»Vielleicht. Warum fragen Sie?»
Die Antwort klang so gedampft, als hatte Allday das Gesicht zur Seite gedreht.»Weil ich gern noch einmal die grunen Hugel wiedersehen wurde. Blo? ein einziges Mal. Blo? fur ein paar Minuten.»
Die Trauer und Verzweiflung dieser Worte hatten Herrick den ganzen Tag verfolgt. Selbst jetzt, wahrend der Wache, horte er sie noch.»Verflucht!«rief er wutend. Die beiden Ruderganger richteten sich so hastig auf, als habe er sie geschlagen. Der dienstaltere Mann beobachtete besorgt, da? Herrick zum Rad kam, und sagte schnell:»Sie liegt genau auf Kurs, Sir. Sud zu Ost.»
Herrick sah ihn an und dann auf die sanft schwingende Kompa?rose. Die armen Teufel haben eine Mordsangst, weil ich laut geflucht habe, dachte er.
Von der Leereling kam eine dunkle Gestalt langsam auf ihn zu. Es war Proby. Die Glut seiner kurzen Tonpfeife erhellte schwach seine Hangebacken.
«Konnen Sie nicht schlafen, Mr. Proby?«fragte Herrick.»Die Brise weht nur schwach, aber stetig. Sie brauchen sich heute nacht keine Sorge zu machen.»
Der Steuermann sog gerauschvoll am Mundstuck.»Diese Nachtstunde ist die beste, Mr. Herrick. Man kann in den Wind schauen und daruber nachdenken, was man mit seinem Leben angefangen hat.»
Herrick sah Proby von der Seite her an. Zerknitterte Zuge. Im Aufgluhen der Pfeife glich sein Gesicht einer verwitterten Skulptur. Zugleich ging etwas Beruhigendes von ihm aus. Er hatte etwas Zeitloses wie das Meer. Nach einer Weile fragte er:»Was meinen Sie, Mr. Proby, ist mit Evans' Tod nun alles erledigt, oder folgt noch etwas?»
«Wer kann das wissen?«Proby verlegte sein Gewicht von einem Plattfu? auf den anderen.»So schnell vergi?t sich so etwas nicht. Aye, so schnell nicht.»
Proby verbarg die Glut des Pfeifenkopfs plotzlich mit seiner fleischigen Hand und sagte verstohlen:»Der Kapitan ist an Deck, Mr. Herrick. «Dann, laut und sachlich:»Wenn der Wind sich halt, sind wir morgen unter Land. Also gute Nacht, Mr. Herrick.»
Damit war er verschwunden, und Herrick ging zur Leereling. Er schielte zum Kapitan hinuber und sah, da? Bolitho aufrecht an der Luvreling stand. Das Mondlicht flo? uber sein wei?es Hemd, wahrend er auf die Lichtspiegelungen au?enbords starrte. Seit Alldays Festnahme hatte er das Achterdeck nie langer als fur eine Stunde verlassen, sondern war entweder an der Heckreling auf und ab gegangen oder hatte blo? auf das Meer hinausgeblickt, so wie jetzt.
Abends hatte Herrick zufallig ein Gesprach zwischen dem Steuermann und Bootsmann Quintal mitangehort. Wahrend er nun Bolithos reglose Gestalt beobachtete, erinnerte er sich wieder ihrer Worte. >Ich hatte keine Ahnung, da? ihm Evans' Tod so nahe gehen wurde.< hatte der Bootsmann heiser geflustert. >Es scheint ihm alles ganz schon an die Nieren zu gehn.< Old Proby hatte seine Antwort genau abgewogen. >Es ist die Tat an sich, die den Kapitan getroffen hat, Mr. Quintal. Er fuhlt sich betrogen, und das schmerzt ihn.<
Herrick sah, da? Bolitho uber die Narbe an seiner Stirn fuhr und sich die Mudigkeit aus den Augen rieb. Proby hat recht, dachte er. Es hat ihn starker getroffen, als wir ahnen. Was einer von uns tut, es nimmt ihn mit und bedruckt ihn. Ehe er wu?te, was er tat, ging er zu Bolitho hinuber, nicht ohne es sogleich zu bedauern, denn er erwartete halb und halb, da? Bolitho sich umwenden und ihn anfahren wurde. Immerhin, das ware besser gewesen als volliges Schweigen.»Der Wind halt sich, Sir«, begann er.»Der Steuermann sagt baldige Landsicht voraus.»
«Ja, ich habe es gehort. «Bolitho schien tief in Gedanken versunken. Spritzwasser hatte sein Hemd durchna?t, es klebte ihm wie eine zweite Haut am Korper. Unter den Augen lagen tiefe Schatten. Die innere Unruhe, die Bolitho aus seiner Kajute immer wieder an Deck trieb, war fast fuhlbar.
«Soll ich Ihren Diener heraufschicken, Sir? Vielleicht mit einem hei?en Drink, ehe Sie sich hinlegen?»
Bolitho fuhr herum, seine Augen glanzten im Mondlicht.»Ersparen Sie mir das Drumherumgerede, Mr. Herrick. Was bedruckt Sie?»
Herrick schluckte schwer, ehe er hervorstie?:»Ich habe mit Allday gesprochen, Sir. Ich wei?, da? es nicht richtig war, aber ich fuhle mich zum Teil fur ihn verantwortlich.»
Bolitho sah ihn forschend an.»Fahren Sie fort.»
«Er gehort zu meinen Leuten, Sir, und es kommt mir so vor, als ob weit mehr hinter der Geschichte steckte, als wir ahnen. «Er schlo? lahm:»Ich kenne ihn besser als die meisten. Er gehort zu jenen, die bestandig sind.»
Bolitho seufzte.»Nur die Sterne sind bestandig, Mr. Herrick.»
Herrick sagte halsstarrig:»Selbst so gesehen, kann er unschuldig sein.»
«Und Sie halten das fur wesentlich?«Es klang mude.»Sie meinen, da? das Leben eines Mannes, der so gut wie sicher fur schuldig befunden werden wird, das Nachdenken wert ist?»
«Nun, in der Tat, das meine ich, Sir. «Herrick spurte geradezu, wie der Kapitan ihn kalt fixierte.»Die Obrigkeit wird einer halben Geschichte kein Gehor. .»
«Hier drau?en sind wir die Obrigkeit, Mr. Herrick«, sagte Bolitho ungeduldig.»Und ich werde entscheiden, was zu tun ist.»
Herrick blickte beiseite.»Ja, Sir.»
«Aber sonst bin ich ganz Ihrer Meinung, Mr. Herrick. «Bolitho schob die Haarlocke aus der Stirn und schenkte Herricks offener Verwunderung keine Beachtung.»Ich wollte es nur noch von einem anderen horen. «Und dann, plotzlich energisch:»Ich gehe jetzt besser nach unten, Mr. Herrick, ohne einen hei?en Drink. Morgen werden wir nach Frischwasser suchen und unsere Gedanken wieder auf den Krieg richten. «Er blieb einen Moment bei der Reling stehen.»Aber ich werde auch uber das nachdenken, was Sie eben gesagt haben. Es kann unter Umstanden fur uns alle wichtig sein. «Er machte ohne ein weiteres Wort kehrt und stieg den Niedergang hinab.
Herrick sah ihm mit weit aufgerissenem Mund nach.»Na, da will ich doch verflucht sein, wenn. . «Er schuttelte den Kopf und grinste.»Na, da will ich doch doppelt verflucht sein!»