Bruderkampf: Richard Bolitho, Kapitan in Ketten - Kent Alexander (библиотека книг бесплатно без регистрации TXT) 📗
Bryan Ferguson nahm noch ein Entermesser aus der tiefen Lade und reichte es Old Ben Strachan. Strachan prufte die Klinge, beugte sich uber den Schleifstein und zog das Entermesser uber den rotierenden Stein. Seine Augen blitzten hell in den fliegenden Funken.
Ferguson blickte durch das Zwischendeck. Das Schiff rollte und stampfte, und die schaukelnden Laternen warfen hupfende Schatten. Merkwurdig, wie es ihm jetzt gelang, das Gleichgewicht zu halten, ja selbst sein Magen widerstand nun der lauernden Qual der Seekrankheit. Im Vergleich zu dem sonstigen Leben war das niedrige Zwischendeck heute merkwurdig menschenleer. Bis auf die Manner, die zum Enterkommando gehorten, waren alle an Deck, um das Schiff fur die Aktion vorzubereiten. Old Strachan konzentrierte sich auf sein Messerschleifen. Wahrend Ferguson ihn beobachtete, horte er das drohende Rumpeln der Lafetten. Offenbar wurden die Kanonen sorgfaltig geladen und dann wieder hinter den geschlossenen Stuckpforten verlascht. Die Decks waren bereits mit Sand bestreut, und er horte Mr. Brock seinem Magazinkommando letzte Instruktionen erteilen.
Starker Rumgeruch drang in das Zwischendeck, und Ferguson drehte sich zu den unten verbliebenen, eng beieinander sitzenden Leuten um, die sich eine kurze Ruhepause gonnen durften, ehe sie in die Boote mu?ten.»Wie wird es ablaufen?«fragte er Strachan.»Was meinst du?»
Strachan prufte die Klinge und legte sie sorgsam auf den Haufen der schon gescharften Messer.»Schwer zu sagen, Junge. Ich habe das selbst ein paarmal mitgemacht. Manchmal war nach einigen Gebeten und Sto?seufzern alles vorbei, und ehe man's sich versah, war man wieder wohlbehalten an Bord. Und manchmal wunderte man sich, da? man uberhaupt noch lebte.»
Ferguson konnte sich die zermurbenden Schrecken eines Angriffs bei volliger Finsternis nicht vorstellen und nickte blo?. Seine neuen Pflichten als Schreiber hielten ihm solche Gefahren vom Leibe und hatten ihn von seinen Gefahrten noch weiter getrennt. Er mu?te sich jetzt vollig darauf konzentrieren, mit dem Ersten Offizier klarzukommen. Vibart las jeden Befehl und jeden Bericht mindestens zweimal, und einer Ruge lie? er stets die Androhung einer Strafe folgen. Ferguson dachte an die Auspeitschungen, besonders an die jungste. Er hatte die Hande vor das Gesicht schlagen mogen. Kirk war im Schiffslazarett gestorben, aber seine schluchzenden Schreie schienen noch immer im Logis zu hangen.
«Die See wird ziemlich rauh«, sagte Strachan.»Ich mochte nicht dabei sein. «Er schuttelte den grauen Kopf.»War so schwarz wie 'n Schweinebauch, als ich vorhin die Nase hinaussteckte. «Onslow, der gro?e Matrose von der Cassius, kam herangeschlendert und sah Ferguson einige Sekunden nachdenklich an. In dem karierten Hemd und der engen Hose wirkte er noch gro?er und furchterweckender als sonst. Sein dickes Haar hatte er im Nacken mit einem roten Band zusammengebunden.»Du bleibst also an Bord, wie?«lachelte er.»Und das ist ganz richtig so. «Er legte Ferguson die Hand auf die schmachtige Schulter.»Du wirst noch gebraucht, mein Junge. Ich mochte alles wissen, was in der Achterkajute vorgeht.»
Ferguson starrte ihn an.»Ich. . Ich verstehe nicht.»
Onslow gahnte und reckte die Arme.»Es ist immer gut, wenn man wei?, was die Offiziere als nachstes vorhaben, verstehst du. Dann brauchen Leute wie wir nicht ewig Pobel zu bleiben. Durch Wissen«, er klopfte sich bedeutungsvoll gegen die Stirn,
«sind wir ihnen gleich — und bereit!»
Lugg, ein Geschutzmaat, kam den Niedergang herunter und spahte mit zusammengekniffenen Augen ins Dammerlicht.»Los, ihr da! An Deck, und zwar schnell. Jeder Mann ein Entermesser und achtern aufstellen.»
Onslow sah ihn an.»Was denn, keine Pistolen?»
Lugg antwortete eisig:»Ich werde dir was mit der Pistole versetzen, wenn du dich weiter so auffuhrst.»
Stahl klirrte gegen Stahl, als sich jeder hastig ein Entermesser griff. Ferguson redete den einen oder anderen an, erhielt aber keine Antwort. Strachan wischte sich die Hande ab und murmelte:»Spar dir den Atem, Junge. Die denken an das, was vor ihnen liegt. Spater gibt's genug zu reden. Sollte mich nicht wundern.»
John Allday zogerte, so lange es ging. Dann nahm er ein Entermesser und schwang es langsam im Lampenlicht. Danach sagte er leise:»Sieh dich vor Onslow vor, Bryan. Er ist der geborene Unruhestifter. Ich traue ihm nicht uber den Weg.»
Ferguson sah seinen Freund uberrascht und irgendwie schuldbewu?t an. Seit seiner Abkommandierung zum Schreiber des Kapitans war er Allday und seinem stillen Schutz entglitten, und wenn er ins Zwischendeck kam, hatten ihn stets Onslow oder dessen Freund Pook in Gesprache und Spekulationen gezogen.
Allday bemerkte Fergusons Unsicherheit und fugte hinzu:»Du hast die Auspeitschung gesehen, Bryan. La? es dir eine Warnung sein.»
«Aber Onslow ist doch auf unserer Seite, nicht wahr?«Ferguson bemuhte sich zu verstehen.»Du hast doch gehort, was er heute gesagt hat. Ihm steht es ebenso bis hier wie uns allen.»
«Ich habe es gehort. «Alldays Mund verzog sich zu grimmigem Lacheln.»Aber er redet nur. Er gehort nicht zu denen, die an die Grating kommen.»
Old Strachan murmelte:»Ich hab' 'nen Burschen wie ihn auf der alten Gorgon erlebt. Hat die Manner aufgewiegelt, bis sie nicht mehr wu?ten, was vorn und hinten war. Zuletzt haben sie ihn gehenkt.»
«Und uns werden sie alle hangen, wenn er weiter seine aufwieglerischen Reden halt. «Alldays Augen blitzten.»Wir sind nun mal hier und mussen das Beste daraus machen.»
Lugg spahte den Niedergang hinunter und bellte:»Na, willst du nun endlich an Deck kommen, du fauler Schuft? Du bist der Letzte, wie ublich. «Aber in der Stimme schwang kein echter Arger. Lugg war so gereizt und nervos wie jeder an Bord.
Ferguson rief noch:»Viel Gluck!«, aber Allday rannte bereits hinauf. Im ersten Augenblick konnten seine Augen die Finsternis, die das stampfende Schiff einhullte, nicht durchdringen. Uber den Masten schimmerten zwischen den niedrig treibenden Wolken hin und wieder ein paar Sterne.
Die Maate riefen Namen auf, und die Manner ordneten sich unter Fluchen und Scharren neben den Booten zu den verschiedenen Enterkommandos. Die Boote waren bereits aus den Klampen und klar zum Ausschwenken.
Allday sah Leutnant Herricks wei?e Rockaufschlage, die sich schwach gegen den dunklen Himmel abzeichneten, und war froh, da? er seinem Boot zugeteilt worden war. Fahnrich Maynard war ein ganz netter Junge, aber es mangelte ihm an Erfahrung und Selbstvertrauen. Allday bemerkte, wie Maynard verstohlen mit seinem kleinen Freund Neale flusterte.
«Hort her, Jungs«, sagte Herrick scharf.»Ich fuhre mit der Barkasse. Der Kutter folgt direkt im Kielwasser, danach die Pinasse. Mr. Parker macht mit der Jolle den Schlu?. «Des heulenden Windes wegen mu?te er schreien, und Allday sah unruhig auf das schaumende Wasser und den immer hoher spritzenden Gischt. Sie wurden schwer pullen mussen, dachte er, und spuckte automatisch in die Hande.
Er spitzte die Ohren, als Bootsmannsmaat Parker meldete:»Alle da, Mr. Herrick. Sechsundsechzig Mann.»
«Sehr gut. Ich werde den. . «Er stockte und sagte rauh:»Ich werde Mr. Vibart informieren.»
Allday bi? sich auf die Lippen. Zwischen Herrick und dem neuen Kommandanten herrschte keine gro?e Liebe. Er sah Onslow lassig an einem Piekenstander lehnen und mu?te an Fergusons Unruhe denken. Sonderbar, wie eifrig Onslow darauf ausgewesen war, da? Ferguson zum Schreiber ernannt wurde, grubelte er. Und wie gelegen es kam, da? Mathias, Bolithos ursprunglicher Schreiber, im Laderaum zu Tode gekommen war.
«Den Kutter ausschwenken!«Mr. Quintal tastete sich zur Talje.»Fiert ab das Boot!»
Allday stockte. Lebhaft trat ihm ein Bild vor Augen. Damals, als Mathias durch Sturz umgekommen war, hatte er als Ausguck im Mastkorb gesessen. Merkwurdig, da? er nicht fruher daran gedacht hatte. Er hatte den Schreiber durch die kleine Luke steigen sehen, und kurz darauf fand man ihn bewu?tlos, sterbend. Aber davor war bereits jemand im Laderaum gewesen. Er sah kurz zu Onslow hinuber, entsann sich des genauen Augenblicks und der Tatsache, da? Onslow den Sturz des Schreibers gemeldet hatte. Er spurte Quintais harte Hand auf der Schulter und griff wieder mit den anderen an die Talje. Die See schien urplotzlich immer hoher zu steigen und die Phalarope im Vergleich dazu zu schrumpfen.