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Zerfetzte Flaggen: Leutnant Richard Bolitho in der Karibik - Kent Alexander (читать книги полностью без сокращений бесплатно txt) 📗

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Bolitho sah, wie der Fahnrich einen Schritt nach vorn machte, die Hande wie flehend halb erhoben.

Brown rief:»Das werden Sie noch bedauern!»

Bolitho hatte sich gern umgedreht, um zu sehen, wie weit die Schiffe jetzt waren; aber jedes Zeichen von Unsicherheit konnte sich fatal auswirken, vielleicht sofort einen neuen Frontalangriff bringen. Wenn der Feind gewu?t hatte, da? die Kanonen bereits vernagelt waren, dann ware er langst auf der Insel gewesen. Bolitho fuhlte sich plotzlich sehr verwundbar. Aber wieviel schwerer mu?te es fur Huyghue sein. Mit sechzehn Jahren in einem fremden Land unter Feinden zuruckgelassen zu werden, wo sein Verschwinden oder sein Tod kaum Staub aufwirbeln wurde.

D'Esterre rief hinuber:»Ich wurde lieber Ihren stellvertretenden Kommandeur austauschen.»

«Nein. «Oberst Brown streichelte beim Sprechen den Kopf des Hundes, wie um sich zu beruhigen.

Offensichtlich hat er seine Befehle — wie wir alle, dachte Bolitho.

Die Erwahnung des stellvertretenden Kommandeurs hatte lediglich beweisen sollen, da? Paget seine Gefangenen noch in Gewahrsam hatte und da? sie am Leben waren. Diese Erkenntnis konnte Huyghue vielleicht das Leben retten.

Ein Geschutz bellte plotzlich auf, seltsam hohl und wie erstickt. Die Miliz hat also ihre Kanonen bereits in Stellung gebracht, dachte Bolitho. Die Enttauschung gab ihm einen Stich ins Herz, bis er ferne Jubelrufe horte.

Stockdale keuchte:»Eins der Schiffe hat geankert, Sir!»

D'Esterre blickte Bolitho an und sagte:»Wir mussen gehen, ich will des Jungen Elend nicht noch verlangern.»

Bolitho rief hinuber:»Horen Sie, Mr. Huyghue, alles wird gutgehen. Sie werden bestimmt bald ausgetauscht!»

Huyghue mu?te wohl bis zum letzten Augenblick an Rettung geglaubt haben. Jetzt versuchte er, ins Wasser zu laufen, und als ein Soldat ihn am Arm ergriff, fiel er auf die Knie und rief schluchzend:»Helft mir doch, la?t mich nicht zuruck, bitte, helft mir!»

Selbst der Oberst schien von des Jungen Verzweiflung geruhrt; trotzdem bedeutete er den Soldaten, ihn wieder den Strand hinauf zu bringen.

Bolitho und seine Gefahrten wandten sich um und gingen zum Fort zuruck; Huyghues verzweifelte Schreie folgten ihnen wie ein Fluch.

Die Fregatte hatte ziemlich weitab vom Land geankert, ihre Segel waren aufgegeit, und bereits strebten Boote der Insel zu.

Die kleinere Spite segelte naher heran, die Lotgasten lagen im Netz unter dem Kluverbaum und hielten Ausschau nach Riffen oder Sandbanken.

Die Schiffe sahen so sauber, so fern aus, da? Bolitho sich plotzlich vom Land angewidert fuhlte, von dem schweren Geruch des Todes, der sogar noch den des nachtlichen Feuers uberlagerte.

Quinn stand am Tor und studierte Bolithos Gesicht, als dieser wieder zu den anderen zuruckkehrte.

«Ihr habt ihn zuruckgelassen?»

«Ja. «Bolitho blickte ihn ernst an.»Ich hatte keine andere Wahl. Wenn wir ihn gegen diesen Gefangenen ausgetauscht hatten, ware es sinnlos gewesen, uberhaupt hierher zu kommen. «Er seufzte.

«Aber ich werde sein Gesicht so bald nicht vergessen.»

Paget blickte auf die Uhr.»Die ersten Verwundeten hinunter zum Strand!«Er blickte Bolitho an.»Meinen Sie, da? die Burschen noch einen Angriff versuchen werden?»

Bolitho hob die Schultern.»Unsere Schwenkgeschutze konnten sie jetzt bei Tageslicht in Schach halten, Sir, aber es wurde uns die Arbeit nicht gerade erleichtern.»

Paget blickte auf, als noch mehr Jubelrufe vor dem Fort ertonten.»Einfache Seelen. «Er wandte sich ab.»Gott segne sie!»

Ein Marineinfanterist kam die Leiter vom Wall herabgeeilt.»Mr. Raye hat Soldaten und Artillerie auf dem Hugel gesichtet, Sir.»

Paget nickte.»Richtig. Wir mussen uns beeilen. Signal an Spite: schleunigst ankern und die Boote schicken. «Wahrend Quinn mit dem Soldaten zum Turm eilte, fugte Paget, zu Bolitho gewandt, hinzu:»Das wird hei?e Arbeit fur Sie, furchte ich, aber was auch geschieht, jagen Sie aufjeden Fall das Magazin in die Luft!«»Was wird mit den Gefangenen, Sir?»

«Wenn Platz und Zeit reichen, lasse ich sie auf die Fregatte bringen. «Er verzog den Mund zu einem verkniffenen Grinsen.»Wenn ich als Nachhut zuruckbliebe, wurde ich sie mit dem Magazin zusammen hochgehen lassen, diese verdammten Rebellen. Aber da Sie die Nachhut fuhren, bleibt es Ihnen uberlassen.»

Die Boote der Vanquisher waren inzwischen am Strand, Seeleute hoben bereits die Verwundeten an Bord und schienen entsetzt uber die geringe Zahl der Uberlebenden.

Nun kamen auch die Boote der Spite und ubernahmen Verwundete, um sie in Sicherheit und arztliche Obhut zu bringen.

Bolitho stand auf dem Wall oberhalb des Tores, das Stockdale in dieser ersten, furchtbaren Nacht, als Quinn die Nerven verlor, geoffnet hatte.

Das Fort wirkte schon leerer, nur unten bei den beiden Geschutzen am Damm sah er noch eine kleine Gruppe von Rotrocken. Sobald er den Befehl zum endgultigen Ruckzug gab, wurden Sergeant Shears und seine Leute an den Geschutzen befestigte Zundschnure in Brand setzen. Zwei kraftige Sprengladungen sollten dann die Kanonen unbrauchbar machen.

Bolitho uberlegte. ob man in England jemals von all diesen Ereignissen erfahren wurde, von all den kleinen, aber todlichen Aktionen, die das Ganze ausmachten. Wenig wurde uber die wirklichen Helden geschrieben, dachte er. Uber die einsamen Manner der Angriffsspitze oder diejenigen, die zuruckgelassen wurden, um einen Ruckzug zu decken. Sergeant Shears mochte im Augenblick vielleicht dasselbe denken.

Plotzlich gab es einen lauten Knall, dem ein heulender Orgelton folgte, als eine schwere Kanonenkugel uber ihre Kopfe flog und sich dann mit Wucht in den Sand bohrte.

Fahnrich Couzens deutete auf den Steilhang jenseits des Wassers:»Sehen Sie, Sir? Dort, der Rauch! Sie haben oben die erste Kanone abgefeuert!»

Bolitho musterte ihn. Couzens sah bla? und kranklich aus. Es wurde wohl einige Zeit dauern, bis er sich von den Schrecken des nachtlichen Kampfes erholt hatte.

«Melden Sie es dem Major. Er wird es sicher schon wissen, aber sagen Sie es ihm trotzdem. «Als Couzens zur Leiter lief, fugte er noch hinzu:»Danach melden Sie sich beim dienstaltesten Offizier der Boote. Kommen Sie nicht zuruck. «Er sah die verschiedensten Gemutsbewegungen im Gesicht des Jungen widergespiegelt: Erleichterung, Sorge und schlie?lich Trotz, und fuhr fort:»Ich bitte Sie nicht darum, das ist ein Befehl!»

«Aber, Sir, ich mochte bei Ihnen bleiben!»

Bolitho wandte sich um, als ein neuer Knall vom Hang her ertonte. Diesmal flog die Kugel ubers Wasser, wo sie von Welle zu Welle sprang wie ein Delphin.

«Ich wei?, aber wie soll ich es Ihrem Vater erklaren, wenn Ihnen etwas passiert? Wer wird dann den Apfelkuchen Ihrer Mutter essen?»

Er horte etwas wie ein unterdrucktes Schluchzen, und als er sich wieder umdrehte, war der Platz neben ihm leer. Noch ein bi?chen Zeit gewonnen fur dich, dachte Bolitho traurig. Couzens war drei Jahre junger als Huyghue, ein Kind!

Er sah ein Aufblitzen und horte die Kugel uber das Fort heulen. Sie hatten sich jetzt eingeschossen, das Gescho? schlug dicht bei der Fregatte ins Wasser und uberschuttete eins ihrer Boote, das gerade zur Insel zuruckkehrte, mit einer Woge von Gischt.

D'Esterre kam die Leiter herauf, um nach ihm zu sehen.»Die letzte Abteilung schifft sich jetzt ein, mit den meisten Gefangenen. Major Paget hat den Franzosen im ersten Boot hinubergeschickt, er will kein Risiko eingehen. «Er nahm den Hut ab und starrte zum Damm hinuber.»Abscheulicher Ort.»

Eine Stimme rief vom Hof herauf:»Die Vanquisher geht Anker auf, Sir!»

«Mochte wohl weg, bevor sie von Oberst Brown ein Stuck Blei aufs Achterdeck gesetzt bekommt. «D'Esterres Ausdruck wurde besorgt.»Das konnte der Zundfunke sein, der den Angriff auslost, wenn sie annehmen, da? wir alle abhauen, Dick.»

Bolitho nickte.»Ich mache mich fertig. Hoffentlich habt ihr ein schnelles Boot fur uns!»

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