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Mauern aus Holz, Manner aus Eisen: Admiral Bolitho am Kap der Entscheidung - Kent Alexander (читать книги без регистрации .txt) 📗

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Catherine sah ihr lange nach. Als die Abendkuhle sie schaudern lie?, trat sie ins Haus. Wie leer es ohne ihn war! Sie wurde also nicht nach Falmouth zuruckkehren, sondern hier auf ihn warten. Sein geringes Gepack deutete in der Tat auf eine kurze Reise. Fur einen langeren Auftrag hatte er mehr von den Seidenhemden mitnehmen mussen, die sie ihm in London gekauft hatte.

In der Halle traf sie Yovell.»Wurden Sie mir bitte einen Gefallen tun?«fragte sie ihn.»Und heute abend mit mir essen?»

Er war uberrascht.»Das ist eine gro?e Ehre fur mich«, sagte er schlie?lich und versuchte, den Blick von ihrem offenen Haar zu wenden, von ihren lachelnden Augen.

«Sie mussen aber auch dafur bezahlen«, sagte sie.»Sie mussen mir dabei alles uber den Mann erzahlen, den ich liebe.»

Er setzte seine Brille ab und polierte sie. Dann nickte er. Was war das nur fur eine wunderbare Frau, die der Admiral da gefunden hatte, dachte er. Alles Gerede, all die Geruchte konnten seinetwegen zum Teufel gehen.

Um vier Uhr morgens stieg Bolitho in Dover aus der Kutsche. Die schnelle Fahrt hatte ihn durchgeschuttelt. Er reckte die steifen Glieder und schmeckte die salzige Luft.

Zwei Seeleute waren aus der Dunkelheit aufgetaucht und trugen unter Alldays Aufsicht seine Seekiste ins Wachhauschen. Er blickte zum Himmel. Dover Castle dort oben sah aus wie ein Teil des Berges und erinnerte ihn an den Tafelberg bei Kapstadt.

Allday keuchte und unterdruckte einen Hustenanfall. Der war sicher genauso froh, heil in Dover angekommen zu sein. Die Stra?e war zum Gluck leer gewesen, denn der Kutscher hatte die Pferde wie wild angetrieben. Offenbar war er solche nachtlichen Fahrten mit Kutschen gewohnt, die niemand sehen sollte und die weder Namen noch Wappen trugen.

«Halt! Stehenbleiben! Wer da?»

Bolitho lie? den Mantel von den Schultern gleiten, trat in den Lichtschein einer erhobenen Laterne und zeigte seine Schulterstucke. Gleich darauf horte er Jenours Stimme und sah seine hellen Kniehosen ihm entgegeneilen.»Willkommen, Sir Richard! Wer hat Ihnen denn Flugel verliehen?»

Er schuttelte Jenours Hand, die so kalt war wie seine. Der kuhle Herbst kundigte einen nahen Winter an.

Der Leutnant der Wache trat zu ihnen und tippte gru?end an seinen Hut.»Willkommen in Dover, Sir Richard.»

Bolitho spurte in der fremden Stimme Eifer und Neugier. Er hatte Dover nie sonderlich gemocht. Schon vor dreizehn Jahren war er hier gewesen, kurz vor Ausbruch des Krieges. Das Fieber, das ihn in der Sudsee uberfallen und beinahe getotet hatte, schwachte ihn damals noch. Trotzdem hatte er den undankbaren Auftrag bekommen, Seeleute zu rekrutieren und Deserteure zu fangen, die sich als Schmuggler betatigten. Aber vor allem hatte er damals in Dover gegen Geschaftemacher gekampft, die mit den Schmugglern unter einer Decke steckten.

Jetzt merkte er erschreckt, da? die anderen auf ihn warteten.»Welches Schiff?«fragte er den Wachoffizier.

«Die Truculent, Sir Richard, unter Kapitan Poland. Sie liegt drau?en vor Anker.»

So war das also. Entweder verlor man ein Schiff ganz aus den Augen, oder man traf es immer wieder. Er wu?te, da? Truculent und Zest seinem Nordseegeschwader zugeteilt worden waren. Aber wann wurde die Black Prince endlich fertig? Und gab es irgendetwas bei diesem Geschwader, das Keen zum Schweigen brachte?

«Hier ist das Boot, Sir Richard. «Der Wachoffizier ging mit der Laterne voran. Sie war abgeblendet, als wimmle der Hafen von hollandischen Spionen und franzosischen Agenten. Froh, wieder bei Bolitho zu sein, nahm Jenour seinen schnellen Schritt auf. Er hatte bei seinen Eltern in Southampton Urlaub gemacht und sich, als der Bote aus London kam, fast erleichtert gefuhlt.

Als sie um die Ecke eines Proviantschuppens bogen, packte sie der Seewind mit gewohnter Macht. Bolitho verharrte an der Mole und musterte die Schiffe im Hafen. Der Gedanke lie? ihn frosteln: Von hier war der Feind keine zwanzig Meilen entfernt. Dover mu?te ihm standhalten unter seinem dunnen Schirm von Kanonenbooten und einer schwachen Landwehr. Die Menschen an der Sudkuste dankten wahrscheinlich mehr als alle anderen in England den Blockadeschiffen, da? sie die Franzosen in ihren Hafen festhielten.

«Wie lauft die Tide?»

«Hochwasser in zwei Stunden, Sir Richard. «Der Mann schien uberrascht von der prazisen Frage.

Also ein schneller Start. Aber wer wurde ihm die Nachricht bringen, auf die es ankam?

«Seien Sie weiter wachsam, Leutnant. Das zahlt sich hier immer aus.»

Damit stieg er ins Beiboot, das ihm so gut bekannt war, setzte sich und begru?te den Leutnant im Heck:»Sie haben wohl nicht erwartet, mich so bald wiederzusehen, was, Mr. Munro?»

Jenour hatte seinen Eltern immer wieder beschrieben, wie wichtig Bolitho seine Leute nahm. Sie dankten es ihm, wenn der Admiral sich an ihre Namen erinnerte und an das letzte Zusammentreffen. Auch Munro, der junge Zweite Offizier, wurde nicht vergessen, da? der Admiral ihn mit Namen angesprochen hatte. Jenour schauderte trotz seines warmen Mantels. Eine durchwachte Nacht, Schiffe unbeleuchtet vor der Kuste, ein geheimer Auftrag: dahinter konnte Gefahr und Tod lauern. Wie hielt Bolitho diese Spannung auf die Dauer aus?

«Da ist sie, Sir Richard!»

Bolitho drehte sich um, Wasser spritzte ihm von den Riemen ins Gesicht und vertrieb die Mudigkeit aus seinem Kopf. Uber sich sah er Masten vor den ziehenden Wolken aufragen, horte die Gerausche des Schiffes, das auf ihn wartete. Befehle hallten durch die Nacht, getragen von einem Wind, der bald kraftig zulegen und auf Sudwest drehen wurde. Blocke quietschten und Pfeifen schrillten, signalisierten den Mannern auf dem schlupfrigen Deck oder auf den nassen Rahen, was sie zu tun hatten. Bolitho schaute hoch. Da oben war kein Platz fur Ungeubte. Jemand schrie auf vor Furcht, aber ein Schlag lie? ihn verstummen. Kapitan Poland hatte hier sicherlich seine Besatzung aufgefullt. Jedenfalls waren Landratten an Bord, die nun auf schmerzhafte Weise zu lernen begannen.

Bolitho dachte an Catherine. Die Zeit mit ihr war wieder viel zu kurz gewesen. Er hatte nicht lange genug nach einem Schmuck fur sie suchen konnen, auch fur eine Konsultation beim Arzt hatte die Zeit nicht gereicht, so wenig wie fur seine Tochter Elisabeth, die er vor Jahren das letzte Mal gesehen hatte: ein Puppchen, das ihm kaum einen Blick schenkte.

«Boot ahoi!«scholl es durch die Nacht.

Alldays kraftige Stimme antwortete:»Flagge. Fur Truculent!»

Bolitho konnte sich vorstellen, was jetzt an Bord geschah. Ohne Zweifel wurde Kapitan Poland Offiziere und Manner auf Trab bringen, um den Admiral gebuhrend begru?en zu konnen.

Der Buggast hakte an den Gro?rusten ein, andere packten zu, um das Dumpeln des Bootes in der kraftigen Stromung zu dampfen. Bolitho kletterte hinauf und trat durch die Pforte. Poland stand mit seinen Offizieren wie erwartet da, dem Anla? entsprechend in gro?er Uniform — selbst zu dieser Nachtstunde.

Er schuttelte Poland die Hand.»Ich gratuliere Ihnen, Kapitan Poland.»

Im schwankenden Licht einer Laterne glitzerten jetzt zwei Epauletten auf den Schultern des Kommandanten. Er hatte endlich seinen vollen Kapitansrang erreicht.

«Besten Dank, Sir Richard. Ihrem Bericht verdanke ich meine Beforderung.»

Bolitho sah, wie die Gig hochgehievt, uber die Netze gehoben und in ihren Klampen festgezurrt wurde. Er spurte, wie schnell alles ging und wie eilig es die Fregatte hatte, Anker zu lichten.

«Das hier wird ganz anders als in Afrika«, sagte er.

Poland richtete sich auf, schien kurz zu prufen, ob in Bolithos Worten eine Falle steckte, fand keine und gab zu:»Ich wei? nur das Ziel unserer Reise, Sir Richard, mehr nicht.»

Trostend beruhrte Bolitho seinen Arm. Armer Poland. Wie so viele Kapitane hatte er geglaubt, mit diesem Rang nun zum Kreis derer zu gehoren, denen die da oben alles mitteilten. Aber dem war nicht so. Man bekam mit der zweiten Epaulette nur mehr Verantwortung, nicht mehr Informationen.

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