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Der Brander: Admiral Bolitho im Kampf um die Karibik - Kent Alexander (читать книги txt) 📗

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«Klar zum Segelkurzen, Mr. Quantock!»

Keen stellte fest, da? er am ganzen Leib zitterte wie ein Mann der soeben dem Tod entronnen war.

Dann erkannte er zum erstenmal die Lichter der Stadt, sie schimmerten durch die Gischt wie winzige Juwelen. Achates war fast am Ziel, das Unmogliche geschafft.

Im Dunkeln krachte wieder eine Kanone, aber Keen scherte sich nicht um den Einschlag der Kugel.

«Klar zum Anluven, Mr. Quantock!»

Noch war die Gefahr nicht vorbei. Falls Achates nicht rechtzeitig ankerte, mu?te sie an den Strand treiben oder sich wie eine Schildkrote im Netz zwischen den verankerten Fahrzeugen verfangen.

Vielleicht schnappte jetzt die selbstgestellte Falle hinter ihnen zu? Keen entdeckte plotzlich, da? er diese Moglichkeit bar jeder Emotion einkalkulieren konnte. Darauf kam es jetzt nicht mehr an. Denn wenn Achates den Hafen nicht mehr verlassen konnte, war das auch allen anderen Fahrzeugen unmoglich. Im Geist sah er Bolithos ernstes Gesicht wieder vor sich und hoffte, da? er beobachtet hatte, wie sein Flaggschiff, ein dunkles Phantom, mitten in den Hafen gesturmt war.

Wenn allein Willensstarke diesen Kampf entschied, dann stand der Sieger jetzt schon fest.

«Bemannt die Leebrassen!«Quantock warf seinem Kommandanten einen Blick zu.»Ich habe beide Anker klar zum Fallen, Sir, und einen Leutnant an den Kettenkneifer gestellt. Wenn die Trosse bei diesem Sturm bricht…«Er lie? den Satz unvollendet.

Keen musterte ihn gelassen.»Bitte, machen Sie weiter.»

Er konnte an Quantock keine Veranderung feststellen, dachte er mit einer gewissen Genugtuung. Warum sollte sich der Mann auch wegen einer gewissenlosen Tollkuhnheit verandern? Denn genau das hatte er eben begangen, wenn er es recht bedachte.

«Gei auf Bramsegel!»

Keen wandte den Blick nach oben, wo plotzlich hektische Bewegung entstand. Die Toppsgasten hatten eine Meisterleistung vollbracht, dachte er, sie hatten ihr Leben, ihr Schiff und ihren Stolz bewahrt, wie nur Seeleute das konnten.

«Leeruder!»

Wieder legte sich das Deck scharf uber, und Alldays Barkasse zog am herumschwingenden Bugspriet vorbei, als suche sie ihr Heil in hastiger Flucht. Aber Sturm und See hatten fur den Augenblick an Gewalt verloren. Ihre Revanche wurde noch kommen, spater.

«La? fallen Anker!»

Keen horte das Platschen und spurte ein leichtes Erzittern der Planken, als der zweite Anker, der an seinem Kranbalken klar zum Fallen hing, gegen den Rumpf schlug.

Blocke quietschten, als die unsichtbaren Toppsgasten langsam, aber sicher die widerspenstige Leinwand zu ihren Rahen aufholten und festzurrten.

Sofort lie?en die Schiffsbewegungen nach, und Keen befahl so gelassen er konnte:»Setzt die restlichen Boote aus. Und bringt achtern einen Warpanker aus. Mr. Rooke soll sich bei mir melden. «Und als Quantock verbittert schwieg, setzte er hinzu:»Au?erdem nehmen Sie bitte eine allgemeine Musterung vor. Und melden Sie mir die Verluste.»

An seinem Ellbogen stand plotzlich eine kleine Gestalt, Ozzard, Bolithos Steward, mit einem silbernen Becher in der Hand.»Hier, Sir.»

Keen setzte ihn an die Lippen und verschluckte sich fast an dem starken Rum. Aber er erzielte die von Ozzard beabsichtigte Wirkung.

«Danke. «Keen reichte den Becher zuruck, es war einer von Bo-lithos eigenen.»Das hatte ich notig.»

Gemeinsam sahen sie zu, wie Gig und Jolle an ihren Davits ausgeschwungen und zu Wasser gelassen wurden. Manner hasteten nach achtern, wahrend die Bootsmannsgehilfen ihre Anweisungen fur das Ausbringen des Warpankers bellten. Auf den blankgescheuerten Planken sah das dicke Tau aus wie eine endlose Schlange.

Schuchtern fragte Ozzard:»Ob er in Sicherheit ist, Sir?»

Keen sah einen Leutnant und Harry Rooke, den Bootsmann, auf sich zukommen; ungeduldig erwarteten sie seine Befehle, aber in Ozzards Stimme hatte eine Dringlichkeit gelegen, die von ihm eine Antwort verlangte.

Sicherheit? Wann verschwendete die Kriegsmarine schon Gedanken an die Sicherheit eines einzelnen? Vertrauen zahlte da schon eher. Und Zuversicht. Beides besa?en Manner wie Allday, fur die Bolithos Wort und Reputation alles andere aufwog, selbst ihr Leben.

Lachelnd wandte er sich dem Steward zu.»Jedenfalls wird er uns morgen eine Menge zu tun geben, Ozzard. Zumindest das wei? ich genau.»

Ozzard nickte strahlend und hoppelte davon. Diese Antwort genugte ihm vollauf.

IX Knapp davongekommen

Eine Hand schuttelte Bolitho wach, und er regte sich mit einem unterdruckten Stohnen. Hatte er wirklich geschlafen? Der Schreck daruber weckte ihn endgultig.»Was ist denn, Mann?»

Leutnant Mountsteven starrte ihn neugierig an, als konne er es selbst nicht glauben, da? er diesen steinigen Graben mit seinem Vizeadmiral teilte.

«Es dammert schon, Sir. Die Leute sind auf den Beinen.»

Bolitho setzte sich und rieb seine brennenden Augen; jetzt fiel ihm auch auf, da? der Wind fast eingeschlafen war.

Er erinnerte sich an die Nacht wie an eine Halluzination. Als er uber den Grabenrand auf die glitzernde Wasserflache spahte, sah er wieder vor sich, wie Achates unter Segeln, die sich wie kupfern schimmernde Brustpanzer wolbten, die Einfahrt erzwungen hatte. Sie war nur ein leichtes Linienschiff, hatte aber im Feuerschein fast doppelt so gro? gewirkt und schien den ganzen Hafen zu fullen. Mit wildem Jubel und nassen Augen hatten Bolithos Seeleute ihre gespenstische Erscheinung begru?t. Nun horte er, wie die Manner rundum nach ihren Waffen griffen, und dachte wieder an den Korporal der Marineinfanterie, den Hauptmann Dewar mit der Meldung zu ihm geschickt hatte, da? alle an Land waren und ihre Stellungen bezogen hatten.

Er mu?te grinsen. Der Korporal wirkte in seiner makellosen roten Uniform so untadelig im Vergleich zu seinem Admiral in schmutzigem Hemd und mit wirrem, staubigem Haar.

Die Festung hullte sich noch in Dunkelheit, aber der Gipfel des Vulkans trug schon eine graue Mutze.

Mountsteven reichte ihm eine Huftflasche heruber.»Ich lasse das Schiff beobachten, Sir«, sagte er.»Aber die Marineinfanterie wird es schon zu verhindern wissen, wenn sie eine Kanone so in Stellung bringen wollen, da? es unter Direktbeschu? genommen werden konnte.»

Bolitho hob die Flasche an die Lippen und lie? den starken Brandy brennend uber seine Zunge rinnen. Jetzt hing alles von Rivers ab. Wenn ihm genug Zeit blieb, schaffte er seine schwere Artillerie bestimmt auf eine andere Bastion, von wo aus er die Achates mit gluhenden Kugeln binnen weniger Minuten zum Wrack schie?en konnte.

Irgendwo begru?te ein Hahn trotzig krahend den Morgen, und Bo-litho blickte sich um.

Der Dritte Offizier kam den Hang herabgestolpert und meldete atemlos:»Sie verlegen die Artillerie im Fort, Sir. Ich habe einen Spaher so weit vorgeschickt wie moglich. «Er lie? sich von seinem Kameraden ebenfalls die Flasche reichen und setzte sie an. Mit einer Grimasse schlo? er:»Aber die Tore sind noch zu.»

Bolitho nickte, wahrend sein wie eingefrorener Verstand die sparlichen Nachrichten zu verarbeiten suchte. Die erste Aufregung uber die Vernichtung der Schwimmsperre und ihren Durchbruch in den Hafen mu?te sich inzwischen gelegt haben, Rivers sein Selbstvertrauen allmahlich zuruckgewinnen.

Bolitho erhob sich steif und wischte sich mit dem Armel uber das Gesicht. Was fur eine verfahrene Situation! In England wurde man mit Recht die Notwendigkeit bezweifeln, da? hier Menschenleben geopfert wurden, um den Franzosen einen Vorteil zu verschaffen. Mit einem lautlosen Fluch verdrangte er diesen Gedanken; nur seine Hoffnung auf eine gluckliche Zukunft mit Belinda flusterte ihm solche Skrupel ein. Kein Wunder, da? ihn die jungen Offiziere wie Mount-steven oder Scott mit heimlichem Befremden musterten. Auch er hatte in ihrem Alter niemals an die privaten Sorgen seiner Vorgesetzten gedacht, an ihre Rucksichtnahme auf die eigene Familie, die sie vielleicht zogern lie?, wenn es ans Kampfen ging.

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