Die Seemannsbraut: Sir Richard und die Ehre der Bolithos - Kent Alexander (книги бесплатно без регистрации TXT) 📗
Antigua war eine kleine Insel. Wenn Kate gewollt hatte, ware es ihr leicht gefallen, ihn noch einmal zu sehen. Es sei denn, Somervell ware des Katz-und-Maus-Spiels mude geworden und hatte es verhindert. Wie auch immer, es tat nichts mehr zur Sache.
Es klopfte, und Leutnant Lovering, der Offizier vom Dienst, trat ein.»Verzeiht, Sir Richard«, sein Blick wechselte zwischen Bolitho und Haven hin und her,»aber es ist eine Kurierbrigg gemeldet, die den Hafen ansteuert.»
Bolitho schlug die Augen nieder. Vielleicht von England, mit Briefen von zu Hause, mit neuen Nachrichten vom Krieg. Er dachte an seinen Neffen Adam, der selber eine Kurierbrigg fuhrte und wahrscheinlich noch immer Depeschen fur Nelson beforderte.
Das war eine andere Welt, weit weg von der Hitze und dem Fieber Westindiens.
Haven beugte sich gierig vor.»Falls es Post fur mich gibt…«Er fa?te sich wieder, und Bolitho dachte daran, da? Havens Frau ein Baby erwartete.
Er unterschrieb mehrere Briefe. Empfehlungen zur Beforderung wegen Tapferkeit, zur Versetzung auf andere Schiffe, Beileidsschreiben an Hinterbliebene. Der Leutnant zogerte.»Soll noch Post an Land, Sir Richard?»
Bolitho sah ihn an. Lovering war der Zweite Leutnant, der ebenfalls auf seine Beforderung wartete. Wenn Parris fiel…
Er verwarf den Gedanken sofort.»Ich glaube nicht.»
Das ging ihm leicht von den Lippen. War es denn so einfach, etwas zu beenden, das ihm einst so kostbar gewesen war?
Haven wartete, bis sich der Leutnant zuruckgezogen hatte.
«Beim ersten Tageslicht also, Sir Richard.»
«Jawohl. Wecken Sie die Besatzung, wann Sie es fur notig halten, und teilen Sie unser Vorhaben der Obdurate und dem Hafenkommodore mit.»
Wenn Hyperion nach Antigua zuruckkam, wurde Somervells Indienfahrer schon auf und davon sein. Wurden sie sich jemals wiedersehen, auch nur zufallig?
«Es wird den ganzen Tag in Anspruch nehmen, um aus dem Hafen zu gelangen, die Leute zu mustern und das Schiff wieder auf Vordermann zu bringen. Alles weitere hangt dann vom Wind ab.»
Wenn die Ciudad de Sevilla und ihr Geleit noch viel langer im Schutz von English Harbour blieben, konnten die Spanier oder ihre franzosischen Verbundeten vielleicht einen Gegenangriff versuchen, ehe das neue Geschwader eintraf.
Allein in der Kajute, trank Bolitho noch mehr Wein. Zwar war sein Magen leer, aber er war au?erstande, das von Ozzard zubereitete Mahl zu essen. Das achzende alte Schiff, die anscheinend alle paar Minuten gerufene Wache, die immer wieder loses Zubehor sichern und festlaschen mu?te, machten ihm Schlaf unmoglich. Aber der Wein war gut, und Bolitho fragte sich, wie Ozzard ihn so kuhl hielt.
Er spielte mit der Idee, doch noch einen Brief an Catherine zu senden, lie? sie aber sofort wieder fallen. Solch ein Papier in den falschen Handen konnte sie ruinieren. Da? es seiner eigenen Karriere schaden wurde, interessierte ihn nicht sonderlich.
Er horte das Quietschen der Pumpen, ein Zeichen des Alters der Hyperion und ihrer vielen Einsatze. Es war wie eine zusatzliche Mahnung.
In seinem Lieblingssessel uberfiel ihn schlie?lich der Schlummer. Trotzdem war er sofort wach, als ihn Ozzard am Arm beruhrte. Das Schiff lag noch im Dunkeln, es larmte und stohnte wie zuvor.
«Der Erste Leutnant mochte Sie sprechen, Sir Richard. «Bolitho wurde hellhorig. Warum nicht der Kommandant? Parris trat ein, durchna?t von Spritzwasser. Sein braunes Gesicht war gerotet, aber er hatte nichts getrunken.»Was gibt's?»
Parris stutzte sich auf einen Stuhl, als das Deck wieder schwankte.»Ich dachte, da? Sie es wissen sollten, Sir Richard. Das Wachboot meldet, da? ein Schoner den Hafen verlassen hat. Dem Anschein nach ist er eines von Kommodore Glassports Fahrzeugen.»
«Na und?«Bolitho ahnte, da? Schlimmeres kam.
«Lady Somervell ist an Bord. Ich fand heraus, da? sie beabsichtigt, nach St. John's zu segeln.»
Der Admiral fuhr auf. Der Wind war zum Sturm angewachsen, und das Wasser brandete wie bei Flut an den Schiffsrumpf.»Bei diesem Wetter, Mann!«Er tastete nach seinem Uberrock.»Viscount Somervell mu? benachrichtigt werden.»
Parris sah trube zu.»Er wei? es. Ich habe es ihm selbst gesagt.»
Im Turrahmen erschien Haven mit einem Bootsmantel uber dem Schlafgewand. Wutend fuhr er Parris an:»Was hore ich da? Daruber sprechen wir noch!»
Bolitho setzte sich. Wie konnte Somervell das zulassen? Als er ihm den Abschiedsbesuch bei ihr verweigert hatte, mu?te er es schon gewu?t haben. Ein so kleiner, vielleicht falsch gehandhabter Schoner konnte bei diesem Sturm leicht stranden.
Er versuchte sich zu erinnern, wer Glassports Kapitane waren. Auch bei ruhigem Wetter war Unachtsamkeit zwischen den Inseln schon gefahrlich. Und Piraten gehorten so zum Alltag, da? man sie kaum noch erwahnte. Fur jeden Bukanier, der in Ketten oder am Galgen verfaulte, wuchsen in diesen Gewassern hundert andere nach. Er sagte:»Vor Tagesanbruch kann ich nichts tun. «Haven schien zu uberlegen, empfahl sich dann aber.»Ich mu? nach der Wache an Deck sehen, Sir Richard.»
Bolitho machte sich Vorwurfe. Das hatte er ihr angetan, seine Schroffheit war schuld. Plotzlich glaubte er, von den Wanden der Kajute erdruckt zu werden. Er rief nach Ozzard.»Meinen Flaggleutnant, bitte. «Er wollte Jenour mit einer Botschaft zu Somervell schicken, egal ob der im Bett lag oder nicht. Wenn ich selber ginge, dachte er, wurde es einer von uns beiden wahrscheinlich mit dem Leben bu?en.
IX Die Korvette
Bolitho trat aufs Achterdeck hinaus. Der Sturm zerrte an seinem Bootsmantel, und uber die Luvreling brach die Gischt wie Tropenregen herein. Er hielt sich an den Finknetzen fest und kniff die Augen zusammen. Der Sturm war heftig, aber feucht-kalt und tat seinen muden Knochen nicht gut. Vor zwei Tagen hatten sie sich muhsam aus English Harbour herausgewunden, um ihren kleinen, kostbaren Konvoi zusammenzustellen. Und seither waren sie kaum funfzig Meilen vorangekommen.
Nachts hatten sie den Sturm mit wenig mehr als einem gerefften Gro?marssegel abgeritten, wahrend die vier Transporter und kleineren Fahrzeuge beigedreht lagen, so gut sie es unter den harten Wetterverhaltnissen vermochten.
Geheimhaltung war nun zweitrangig. Hyperion brannte Flackerfeuer ab und setzte die Topplichter des Flaggschiffs, um den Konvoi beieinander zu halten. Nach der Morgendammerung hatten sie stets den ganzen Tag gebraucht, um die weit verstreuten Schiffe aufs neue zu formieren. Alles und jeder war na?. Viele von denen, die sich oben mit den windzerzausten Segeln plagten oder taumelnd ihre Gefahrten an den Bilgepumpen ablosten, mu?ten sich gefragt haben, was sie eigentlich noch uber Wasser hielt.
Querab erschienen schwach die Umrisse der Bramsegel einer Korvette. Phaedra stand windwarts und legte sich jedesmal schwer auf die Seite, wenn die Seen ihren schlanken Rumpf wie ein Spielzeug anhoben. Die Brigg Upholder, als Vorhut weit voraus, war nicht zu sehen, und ihre andere Brigg Tetrarch stand gleich weit entfernt achteraus.
Bolitho erklomm die Leiter zum Poopdeck. Sein Rock klebte ihm am Korper, und sein Hemd war durchna?t von Gischt. Die Obdurate befand sich eine halbe Meile hinter ihnen. Im Seegang glanzte ihr nasser Rumpf, schwarz und ockerfarben, wie Glas. Es kam ihm ungewohnt vor, wieder ein Linienschiff derselben Klasse als Begleiter neben sich zu wissen, und er zweifelte auch daran, da? Thynne es ihm dankte. Nach dem langen Aufenthalt im Hafen, wo sie ihre letzten Sturmschaden repariert hatten, fluchten wahrscheinlich die Leute der Obdurate uber ihren neuen Einsatz.
Bolitho stieg wieder hinunter. Am gro?en Steuerrad muhten sich vier Seeleute ab, und nahebei unterhielt sich Penhaligon, der Segelmeister, eingehend mit einem seiner Gehilfen.
Der Wind war auf Sudwest umgesprungen und hatte sie viele Meilen aus ihrem Kurs geworfen. Aber falls der Segelmeister deswegen besorgt war, zeigte er es nicht.