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Der Schwarm - Schatzing Frank (читать книги TXT) 📗

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»Sie sehen, die analysierten Sequenzen sind auf ganzer Strecke identisch. Vier identische Einzeller.« Sie legte das Blatt zur Seite und zeigte ein zweites. »Stattdessen haben wir das hier erhalten.«

A1: AATGCCACGATGCTACCTGAAATCGA A2: AATGCCAATTCCATAGGATTAAATCGA A3: AATGCCAGGAAATTACCCGAAATCGA A4: AATGCCATTTGGAACAAATAAATCGA

»Das sind die Basenabfolgen der Amplicons von vier Exemplaren unserer Gallertspezies. Die DNA ist identisch — bis auf kleine, hypervariable Bereiche, in denen es drunter und druber geht. Keinerlei Gemeinsamkeiten. Wir haben Dutzende der Zellen untersucht. Manche differieren innerhalb der hypervariablen Zonen nur leicht, andere sind vollig unterschiedlich. Durch naturliche Mutation ist so was nicht mehr zu erklaren. Anders gesagt: Das kann kein Zufall sein.«

»Vielleicht sind es doch unterschiedliche Arten«, sagte Anawak.

»Nein. Es ist definitiv dieselbe Spezies. Und definitiv ist jedem Lebewesen zu Eigen, dass seine genetische Codierung zu Lebzeiten nicht verandert werden kann. Der Bauplan kommt immer als Erstes. Erst danach wird gebaut, und was fertig gebaut ist, kann nur diesem Plan entsprechen und keinem anderen.«

Lange Zeit sagte niemand etwas.

»Wenn diese Zellen trotzdem unterschiedlich sind«, sagte Anawak, »mussen sie also einen Weg gefunden haben, ihre DNA zu verandern, nachdem sie sich geteilt haben.«

»Aber zu welchem Zweck?«, fragte Delaware.

»Menschen«, sagte Vanderbilt.

»Menschen?«

»Sind denn hier alle blind? Die Natur macht so was nicht, sagt Dr. Oliviera, die es wissen muss, und von Dr. Johanson hore ich auch keinen Einspruch. Also wer hat Grips genug, sich so was auszudenken, he? Das Zeug ist eine Biowaffe. Nur Menschen bringen so was fertig.«

»Einspruch«, sagte Johanson. Er fuhr sich durchs Haar. »Es ergibt keinen Sinn, Jack. Der Vorteil von Biowaffen ist, dass man nur ein Basisrezept braucht. Der Rest ist Reproduktion …«

»Es kann durchaus von Vorteil sein, wenn Viren Mutationen durchlaufen, oder nicht? Das AIDS-Virus mutiert am laufenden Band. Jedes Mal, wenn man glaubt, ihm auf die Schliche gekommen zu sein, hat es sich schon wieder verandert.«

»Das ist was anderes. Wir haben hier einen Superorganismus, keine virologische Infektion. Es muss einen anderen Grund haben, warum sie unterschiedlich sind. Irgendetwas geschieht mit ihrer DNA nach der Teilung. Sie werden anders codiert, unterschiedlich. Wen interessiert, wer dafur verantwortlich ist? Wir mussen rausfinden, welchen Sinn es hat.«

»Es hat den Sinn, uns alle zu toten!«, sagte Vanderbilt gereizt. »Dieses Zeug ist dazu da, die freie Welt zu vernichten.«

»Schon«, knurrte Johanson. »Dann erschie?en Sie es doch. Sollen wir nachsehen, ob es muslime Zellen sind? Vielleicht ist Ihre DNA islamisch fundamentalistisch. Wurde die Sache legitimieren.«

Vanderbilt starrte ihn an. »Auf welcher Seite stehen Sie eigentlich?«

»Auf der des Verstehens.«

»Verstehen Sie auch, warum Sie gestern Nacht auf den Kopf gefallen sind?« Vanderbilt grinste suffisant. »Nach dem Genuss einer Flasche Bordeaux, wohlgemerkt. Wie geht es Ihnen, Doktor? Kopfschmerzen? Warum halten Sie nicht eine Weile Ihren Mund?«

»Damit Sie nicht zu oft Gelegenheit haben, Ihren zu offnen.«

Vanderbilt atmete schwer. Er schwitzte. Li bedachte ihn mit einem spottischen Blick aus den Augenwinkeln und beugte sich vor.

»Sie sagen, es handelt sich um unterschiedliche Codierungen, richtig?«

»Richtig«, nickte Oliviera.

»Ich bin keine Wissenschaftlerin. Aber ware es nicht denkbar, dass die Codierung den gleichen Zweck erfullt wie Codes bei Menschen? Codes im Kriegsfall zum Beispiel.«

»Ja«, nickte Oliviera. »Das ware denkbar.«

»Codes, um einander zu erkennen.«

Weaver kritzelte etwas auf ein Blatt und schob es Anawak hin. Er las es, nickte kurz und legte es wieder beiseite.

»Zu welchem Zweck sollten sie einander erkennen?«, fragte Rubin. »Und warum auf derart komplizierte Weise?«

»Ich denke, das liegt auf der Hand«, sagte Crowe.

Einen Moment lang war nur das Knistern des Zellophans zu horen, das sie von ihrer Zigarettenpackung zog.

»Und was glauben Sie?«, fragte Li.

»Ich glaube, es dient der Kommunikation«, sagte Crowe.

»Diese Zellen kommunizieren untereinander. Es ist eine Form der Unterhaltung.«

»Sie meinen, dieses Zeug …« Greywolf starrte sie an.

Crowe hielt die Flamme ihres Feuerzeugs an die Zigarette, paffte und blies den Rauch aus.

»Es tauscht sich aus. Ja.«

Rampe

»Was war denn los letzte Nacht?«, fragte Oliviera, als sie zum Labor hinuntergingen.

Johanson zuckte die Achseln. »Ich habe nicht die blasseste Ahnung.«

»Und wie geht es Ihnen jetzt?«

»Seltsam. Die Kopfschmerzen lassen nach, aber in meiner Erinnerung klafft eine Lucke von der Gro?e des Hangardecks.«

»So ein damlicher Zufall, was?« Rubin drehte sich im Gehen um und bleckte die Zahne. »Da bekommen wir beide Kopfschmerzen. Alle beide! Gott, ich war so platt, dass ich mich nicht mal mehr abmelden konnte. Muss mich wirklich entschuldigen, aber wenn man einmal daliegt … Bang! Koma!«

Oliviera betrachtete Rubin mit undefinierbarer Miene. »Migrane?«

»Ja. Schrecklich! Kommt und geht. Es passiert nicht oft, aber wenn, ist alles zu spat. Da hilft nur, Zapfchen rein und Licht aus.«

»Durchgeschlafen bis heute Morgen?«

»Klar.« Rubin sah schuldbewusst drein. »Tut mir Leid. Aber man verliert jede Kontrolle, im Ernst. Sonst hatte ich mich doch mal blicken lassen.«

»Haben Sie das nicht?«

Es klang komisch, wie sie die Frage stellte. Rubin lachelte irritiert.

»Nein.«

»Bestimmt nicht?«

»Das sollte ich eigentlich wissen.«

In Johansons Kopf machte etwas Klick. Wie ein kaputter Diaprojektor. Der Schlitten versuchte ein Bild zu greifen und rutschte ab.

Wozu stellte Oliviera diese Fragen?

Sie machten vor der Labortur Halt, und Rubin gab den Zahlencode ein. Die Tur schwang auf. Wahrend er ins Innere ging und das Licht anmachte, sagte Oliviera leise zu Johanson: »He, was ist los? Sie waren der festen Uberzeugung, ihn gestern Nacht gesehen zu haben.«

Johanson starrte sie an. »Ich war was?«

»Als wir weintrinkenderweise auf der Kiste sa?en und darauf warteten, dass die Sequenzmaschine ihren Job macht«, flusterte Oliviera. »Sie sagten, Sie hatten ihn gesehen.«

Klick. Der Schlitten versuchte das Dia zu greifen. Klick.

Sein Kopf war wie mit Watte angefullt. Sie hatten Wein getrunken, daran erinnerte er sich. Und sich unterhalten. Und dann hatte er … was gesehen?

Klick.

Oliviera hob eine Braue.

»Menschenskind«, sagte sie im Hineingehen. »Sie hat’s ja vielleicht erwischt.«

Neuronencomputer

Sie sa?en im JIC vor Weavers Computer.

»Pass auf«, erklarte sie. »Die Sache mit der Codierung, das gibt uns einen vollig neuen Anhaltspunkt.«

Anawak nickte. »Die Zellen sind nicht alle gleich. Sie sind nicht wie Neuronen.«

»Und es ist nicht alleine die Art und Weise, wie sie verknupft sind. Wenn ihre DNA codierte Sequenzen aufweist, konnte es sein, dass eben darin der Schlussel zur Verschmelzung liegt.«

»Nein. Die Verschmelzung muss durch etwas anderes ausgelost werden. Etwas mit Fernwirkung.«

»Gestern waren wir bei Duft angelangt.«

»Okay«, sagte Anawak. »Probier das. Programmier sie so, dass sie einen Duftstoff erzeugen, der ›Verschmelzen‹ signalisiert.«

Weaver dachte nach. Sie rief uber das Bordtelefon im Labor an. »Sigur? Hi! Wir sitzen an der Simulation. Habt ihr inzwischen eine Idee, wie diese Zellen miteinander verschmelzen?« Sie horte eine Weile zu. »Genau. — Wir probieren das durch. — In Ordnung. Sag mir Bescheid.«

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