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Der Schwarm - Schatzing Frank (читать книги TXT) 📗

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Er starrte auf den Videoschirm.

Das Wesen im Kafig war verschwunden.

Oliviera und Rubin folgten seinem Blick und rissen die Augen auf.

»Das gibt’s doch nicht!«

»Wie ist der denn rausgekommen?«

Auf den Bildschirmen war nichts zu sehen au?er Krebsen und Wasser.

»Die Dinger sind weg.«

»Quatsch. Wo sollen sie denn hin sein?«

»Moment mal! Wir haben inzwischen uber ein Dutzend von denen da rumsausen. So unsichtbar konnen die sich gar nicht machen.«

»Sie werden schon da sein. Aber wo ist das aus dem Kafig?«

»Hat sich dunnegemacht.«

Johanson betrachtete den Schirm, und seine Miene hellte sich auf.

»Dunne? Gar kein schlechter Hinweis«, sagte er langsam. »Naturlich. Es kann seine Form verandern. Die Maschen sind dicht, aber fur etwas sehr Langes und Dunnes wahrscheinlich nicht dicht genug.«

»Was fur ein unglaubliches Zeug«, flusterte Rubin.

Sie begannen, den Tank abzusuchen. Sie teilten sich auf, ubernahmen jeder einen Monitor, um das komplette Becken simultan unter Kontrolle zu bringen, lie?en die Kameras zoomen, aber nirgendwo war etwas von den Gallertklumpen zu sehen. Schlie?lich lie? Johanson nacheinander die Tauchroboter aufsteigen und aus der Garage fahren, aber auch dort hatte sich nichts versteckt.

Die Wesen waren verschwunden.

»Haben wir vielleicht ein Problem mit dem Leitungssystem«, fragte Oliviera. »Stecken sie in einem der Wasserrohre?«

Rubin schuttelte den Kopf. »Kann nicht sein.«

»Wie auch immer«, knurrte Johanson, »wir mussen hoch zur Besprechung. Vielleicht fallt uns ja oben ein, wo sie sein konnten.«

Verwirrt und frustriert schalteten sie die Lichter im Simulator aus und gingen nach drau?en. Rubin loschte die Laborbeleuchtung und machte Anstalten, ihnen zu folgen.

Aber er kam nicht.

Johanson sah ihn in der offenen Schleuse stehen und in das dunkle Labor starren. Er konnte erkennen, dass Rubins Mund weit offen stand. Langsam ging er zuruck, gefolgt von Oliviera, und sah, was Rubin sah.

Hinter dem ovalen Fenster des Tiefseesimulators leuchtete etwas. Ein schwaches, diffuses Leuchten.

Blau.

»Die Blaue Wolke«, flusterte Rubin.

Zugleich rannten sie durch die Dunkelheit zum Simulator, ohne auf Hindernisse zu achten, hasteten die Stiege hinauf und drangten sich vor die Panzerglasscheibe.

Das blaue Leuchten hing im Nichts. Eine kosmische Wolke in der Lichtlosigkeit der Weltraums, nur dass der Weltraum ein Tank und gefullt mit Wasser war. Ihre Ausdehnung umfasste einige Quadratmeter. Sie pulsierte. Die Rander waberten.

Johanson kniff die Augen zusammen und sah genauer hin. Was war jenseits der Rander los? Ihm schien, als entstunden dort winzige Lichtpunkte, die ins Innere der Wolke stromten, immer schneller. Wie Materiepartikel im Gravitationsfeld eines Schwarzen Lochs.

Das Blau wurde intensiver.

Dann kollabierte es.

Einem ruckwarts verlaufenden Urknall gleich sturzte die Wolke in sich zusammen. Alles strebte auf das Innere zu, das heller und dichter wurde. Lichtblitze zuckten darin auf, bildeten komplizierte Muster. In rasender Geschwindigkeit wurde die Wolke in ihr eigenes Zentrum gesaugt, in einen turbulenten Wirbel, und dann …

»Ich glaub’s nicht«, sagte Oliviera.

Vor ihren Augen hing ein kugelformiges Ding von der Gro?e eines Fu?balls. Ein blau leuchtendes Etwas aus kompakter Materie. Pulsierende Gallerte.

Sie hatten die Wesen wieder gefunden.

Die Wesen waren eins geworden.

Flagg-Besprechungsraum

»Einzeller!«, rief Johanson. »Es sind Einzeller.«

Er war ungeheuer aufgeregt. Die Gruppe starrte ihn schweigend an. Rubin rutschte auf seinem Stuhl herum und nickte heftig, wahrend Johanson auf und ab ging. Er hatte nie im Leben auf seinem Hintern sitzen konnen in dieser Situation.

»Wir haben die ganze Zeit geglaubt, die Gallerte und die Wolke seien zwei verschiedene Dinge, aber sie sind ein und dasselbe. Das Zeug ist ein Verbund aus Einzellern. Die Gallerte kann nicht nur nach Belieben ihre Form andern, sie lost sich vollstandig auf und schlie?t sich ebenso rasch wieder zusammen.«

»Diese Wesen losen sich auf?«, echote Vanderbilt.

»Nein, nein! Nicht die Wesen, ich meine, die Einzeller sind die Wesen, und sie verschmelzen miteinander. Wir haben Krabben aufgeschnitten und einige dieser Gallertklumpen zum Vorschein gebracht, die alle in irgendeinen Winkel des Simulators entwischten. Einen hatten wir festgesetzt. Dann waren plotzlich alle verschwunden, restlos. Nichts war mehr ubrig — Herrgott, ich Idiot, dass ich nicht gleich darauf gekommen bin! —, weil man Einzeller naturlich nicht in einem Kafig halten kann, und um sie mit blo?em Auge wahrzunehmen, sind die meisten zu klein. Und weil der Simulator von innen beleuchtet war, konnten wir keine Biolumineszenz wahrnehmen, nichts. Das gleiche Problem hatten wir vor Norwegen, wo uns dieses Riesending vor die Kamera geriet. Damals haben wir nur die helle Oberflache gesehen, angestrahlt von den Scheinwerfern des Victor, aber in Wirklichkeit leuchtete es. Es leuchtete, es war ein riesiger Zusammenschluss aus biolumineszierenden Mikroorganismen. Das, was jetzt da unten im Tank schwimmt, ist die Summe der Substanzen, die wir aus den Krabben geholt haben, es kommt genau hin.«

»Das erklart einiges«, sagte Anawak. »Das formlose Wesen am Rumpf der Barrier Queen, die blaue Wolke vor Vancouver Island …«

»Die Aufnahmen des URA, genau! Ein gro?er Teil der Zellen schwebte frei im Wasser, aber im Zentrum hatten sie sich verfestigt. Die Masse bildete Tentakel. Sie injizierte sich selber in die Kopfe der Wale.«

»Augenblick.« Li hob die Hand. »Da war sie doch schon drin.«

»Dann …« Johanson uberlegte. »Nun, irgendeine Verbindung fand statt. Jedenfalls schatze ich, dass sie auf diese Weise hineingelangt ist. Vielleicht wurden wir Zeuge eines Austauschs. Alte Gallerte raus, neue rein. Oder es fand so etwas wie eine Kontrolle statt. Vielleicht gab das Zeug in den Kopfen etwas an die Gesamtmasse weiter.«

»Informationen«, sagte Greywolf.

»Ja«, rief Johanson. »Ja!«

Delaware zog die Nase kraus. »Das hei?t, sie nehmen jede beliebige Gro?e an? So viel, wie gerade erforderlich ist?«

»Jede Gro?e und jede Form«, nickte Oliviera. »Um einen Krebs zu steuern, reicht eine Hand voll. Das Ding vor Vancouver Island, um das sich die Wale versammelten, hatte die Gro?e eines Hauses, und …«

»Das ist das Entscheidende an unserer Entdeckung«, fuhr ihr Rubin dazwischen. Er sprang auf. »Die Gallerte ist ein Rohmaterial, um definierte Aufgaben zu bewaltigen.«

Oliviera wirkte verargert.

»Ich habe mir die Aufnahmen vom norwegischen Kontinentalhang sehr genau angesehen«, sagte Rubin atemlos. »Ich glaube, ich wei?, was da passiert ist! Wenn dieses Zeug nicht den letzten Ansto? fur das Abrutschen der Hange gegeben hat, will ich nicht geboren sein. Wir stehen kurz davor, die ganze Wahrheit zu begreifen!«

»Sie haben eine Masse gefunden, die einen Haufen Drecksarbeit erledigt«, sagte Peak unbeeindruckt. »Schon.

— Und wo sind die Yrr?« »Die Yrr sind …« Rubin stockte. Plotzlich war seine Selbstsicherheit verflogen. Sein Blick wanderte unsicher zu Johanson und Oliviera. »Nun ja …«

»Glauben Sie, das sind die Yrr?«, fragte Crowe.

Johanson schuttelte den Kopf. »Keine Ahnung.«

Eine Weile herrschte Schweigen.

Crowe spitzte die Lippen und zog an ihrer Zigarette. »Wir haben noch keine Antwort erhalten. Wer konnte uns antworten? Ein intelligentes Wesen oder ein Verbund aus intelligenten Wesen? Was meinen Sie, Sigur, benehmen sich die Dinger im Tank intelligent?«

»Sie wissen selber, dass die Frage mu?ig ist«, erwiderte Johanson.

»Ich wollte es von Ihnen horen«, lachelte Crowe.

»Wie sollen wir das erkennen? Wie sollte eine au?erirdische Intelligenz eine Hand voll menschlicher Kriegsgefangener in einem Lager beurteilen, die nichts von Mathematik verstehen, Angst haben, frieren, jammern oder apathisch in der Ecke sitzen?«

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