Fieber an Bord: Fregattenkapitan Bolitho in Polynesien - Kent Alexander (читать книги онлайн бесплатно без сокращение бесплатно .txt) 📗
Die Eingeborenen kamen jetzt naher, und er horte sie miteinander murmeln, mit merkwurdig menschenunahnlichen Lauten wie das Zwitschern von Vogeln.
Allday sagte:»Etwas nach links, Captain, sind noch mehr dieser Kerle. Die hier mussen auf Verstarkung gewartet haben, um ganz sicherzugehen. «Bolitho rief scharf:»Schnell jetzt, Jungs!«Er drehte sich um, als sich mehrere von der Hauptgruppe losten und durch den tiefen Sand auf Viola und den hilflosen Evans zuliefen. Der verwundete Marinesoldat ri? seine Muskete hoch und feuerte. Das Gescho? traf den ersten Eingeborenen in den Leib und schleuderte ihn blutuberstromt auf den hellen Sand.
Die plotzliche Bewegung und der Knall der Muskete wirkten wie ein Trompetensignal. Mit lautem Wut- und Ha?geschrei sturmten die Eingeborenen auf die Boote zu. Augenblicklich war die Luft von Speeren und Steinen erfullt.
Sergeant Quare lie? sich auf ein Knie sinken und scho?. Die anderen folgten auf der Stelle. Die Wirkung trat sofort ein, und die Angreifer zogen sich schreiend und jaulend in das dichte Laub zuruck und lie?en drei der Ihren tot oder sterbend zuruck.
Bolitho zog seine Pistole und schrie Pyper zu:»Schaffen Sie die Leute an Bord!»
Ein Speer sauste durch sein Blickfeld und schlug bebend in den nassen Sand ein.
Die zweite Angriffswelle mu?te jeden Augenblick kommen. Er sah Blissett und einen anderen Seesoldaten neben Quare ihre Musketen neu laden. Ihr verwundeter Kamerad kam den Strand herab zu den Booten gehumpelt, mit von Schmerz und Anstrengung verzerrtem Gesicht. Orlando trug den stohnenden und sich schwach wehrenden Evans auf den Armen, wahrend der andere verletzte Seemann von Frazer und Lenoir in den Kutter gehoben wurde.»Da kommen sie wieder!»
Diesmal waren sie entschlossener. Felsbrocken und Steine regneten auf die schwankenden und benommenen Matrosen und Marinesoldaten herab, und Speere flogen gleichzeitig aus beiden Richtungen.
Bolitho warf seine Pistole weg und zog seinen Degen.»Schnell!»
Er drehte sich wie betaubt um, als der Marinesoldat neben Blissett mit einem gra?lichen Schrei, einen Speer tief in der Brust, auf die Seite fiel.»Hierher, Sir!»
Keen stand im Bug des Kutters, feuerte und winkte den anderen zu, ins Boot zu klettern. Bolitho sah Violas Haar uber das Dollbord wehen und entdeckte, da? er und die Marinesoldaten als einzige noch auf dem Strand waren. Blissett versuchte, seinen Kameraden zum Wasser zu schleppen, aber Quare stie? ihn gegen die Schulter und schrie:»La? ihn liegen. Mit ihm ist es vorbei. Nimm seine Muskete und pack dich, Junge!«Er scho?, wahrend er das rief, und eine weitere dunkle Gestalt brach zusammen. Die nachsten Minuten erfullte ein Durcheinander verzweifelter Muhen, fortzukommen, und tiefer Abscheu, als ihre Angreifer sich gegen den toten Marinesoldaten wendeten und auf ihn einhackten, bis nur noch ein unkenntliches Bundel ubrigblieb.
Dann waren die Riemen ausgebracht, und der Kutter glitt schnell in tieferes Wasser. Das Schlagtempo zeigte deutlich ihren Horror und ihre Furcht.»Keine Kanus in Sicht, Sir.»
Bolitho nickte. Er war nicht fahig zu antworten, als er tief Luft einsog. Zu seinen Fu?en bemerkte er das Netz mit Kokosnussen, aber da sie den anderen Kutter hatten aufgeben mussen, hatten sie die Halfte ihrer Lebensmittel-und Wasservorrate eingebu?t. Sergeant Quare sagte heiser:»Der Soldat Corneck war ein guter Mann, Sir. Er stammte aus meinem Nachbardorf.»
Blissett hing uber einem Riemen. Die Augen brannten ihm. Er hatte fur den toten Kameraden nie viel ubrig gehabt, aber zuzusehen, wie er wie ein Stuck geschlachtetes Vieh zerhackt wurde, erfullte ihn mit brennendem Zorn und Abscheu.
Bolitho beobachtete die verschiedenen Reaktionen der einzelnen und verglich sie mit seinen eigenen. Eine geringfugige Warnung hatte sie davor bewahrt, da? sie alle wie Corneck endeten. Wenige Minuten spater mochte er den Befehl zum Entladen der Boote, ein Feuer anzuzunden gegeben haben. Uber die ganze Lange des Bootes begegnete er ihrem Blick. Sie wickelte eine Binde um Jenners Kopf. Durch einen Felsbrocken hatte er eine bose Verletzung davongetragen. Sie wirkte sehr ruhig, aber ihre Augen waren feucht von unterdruckten Gefuhlen. Wenn der verwundete Marinesoldat nicht so schnell gehandelt hatte, ware sie vielleicht von den Eingeborenen gepackt und fortgezerrt worden, ehe es jemand verhindern konnte. Schon bei dem Gedanken uberkam ihn Ubelkeit.
Der einzige Vorteil war, da? sie jetzt mehr Leute im Boot hatten, um die Riemen zu bedienen und dadurch den anderen ofter eine kleine Ruhepause zu gonnen. Dagegen… Er sah Evans an, der kaum noch bei Bewu?tsein war, und Penneck, den Kalfaterer der Tempest, der eine tiefe Halswunde von einem Speer davongetragen hatte. Er nahm die Rumflasche heraus, spurte, wie sich aller Augen auf sie richteten, sah, wie Big Tom Frazer sich abwandte, um seine Gier zu verbergen.
«Je einen Schluck fur Evans und Penneck. «Und uber die
Kopfe der Leute hinweg sah er sie an.»Und, glaube ich, fur die Lady.»
Keen sagte heiser:»Aye, Sir. Sie vor allem.»
Doch sie schuttelte den Kopf.»Nein. Fur Rum habe ich mich noch nie erwarmen konnen.»
Verschiedene Manner lachten, zunachst unterdruckt, doch dann in einer schier unbeherrschbar aufbrausenden Woge, der niemand Herr zu werden in der Lage schien. Bolitho beruhrte Keens Schulter.»Sie sollen es sich ruhig von der Seele schaffen. Es steht ihnen noch genug bevor. «Er sah, wie Pyper mit den anderen einstimmte, wie sich sein Gelachter in hilflose Tranen verwandelte, die ihm unbeachtet wie Regen ubers Gesicht rannen. Nach einer Weile rissen sie sich zusammen, manche uberrascht, andere beschamt, aber keiner machte eine Bemerkung uber ihr Verhalten. Die Riemen begannen sich wieder zu heben und zu senken, und nach einer weiteren Stunde war die kleine Bucht im Dunst versunken, der die hinter ihnen liegenden Inseln wie mit einem Schleier verhullte.
Dann ruhten sie sich aus, verteilten Verpflegung, tranken Wasser, blickten das Meer ringsum und einander in dumpfer Ergebenheit an.
Voraus und zu beiden Seiten wurden die Inseln seltener und kleiner. Sie wurden wieder landen mussen, um Wasser zu finden und Nahrungsmittel zu sammeln. Und die ganze Zeit uber begleitete die Sonne sie, strahlte sengend auf sie herab, verbrannte ihre Entschlossenheit, ihren Willen zu uberleben. Und als die Nacht schlie?lich kam, brachte sie keine Linderung. Denn nach dem Schock ihres Erlebnisses auf der Insel und der Hitze des langen Tages schien die Luft kalt wie Eis, so da? die nicht an den Riemen Eingesetzten sich schaudernd vor Kalte eng zusammendrangten. Am nachsten Tag zeigte sich trotz aller Vorsicht wieder die gleiche Gefahr. Hinter der uppigen Vegetation einer Insel verfolgten wachsame Augen ihre behutsame Annaherung. Als sie sich bereitmachten, das Boot auf den Strand zu ziehen, wurden sie wieder angegriffen, zuruckgetrieben und fast bewu?tlos geschlagen von einem Hagel fliegender
Felsbrocken und Steine, bis sie gezwungen waren, sich in tieferes Wasser zuruckzuziehen.
Bolitho beobachtete Keen und Pyper bei der Verteilung der Verpflegung und suchte auf den Gesichtern der anderen nach Anzeichen von Unmut oder Mi?trauen. Die Rationen mu?ten genau gleich gro? sein. Nur eine Spur von Gier oder Begunstigung, und diese loyalen und disziplinierten Manner konnten wie blutgierige Wolfe ubereinander herfallen. Wenn es ihnen nur gelungen ware, sich vor ihrer Abfahrt mehr Lebensmittel zu beschaffen. Doch falls Raymond erfahren hatte, was sie beabsichtigten, sei es von seinen Wachen oder aus dem Dorf, waren sie nicht einmal bis zur Pier gekommen.
Blissett griff nach seiner Muskete.»Bitte um Feuererlaubnis, Sir. «Er beobachtete einen kreisenden Seevogel. Seine Augen waren plotzlich lebendig vor Jagdeifer.
Bolitho nickte.»Aber warten Sie, bis wir naher sind. Sonst bekommt unser Freund die Beute. «Er sah sich nach der verraterischen Ruckenflosse um. Jetzt konnte er sich ohne Furcht oder Neugier mit ihr abfinden. Sie war nur ein Teil des Ganzen, ein Risiko mehr.