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Zerfetzte Flaggen: Leutnant Richard Bolitho in der Karibik - Kent Alexander (читать книги полностью без сокращений бесплатно txt) 📗

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Bolitho ging zur ersten Division der Achtzehnpfunder, wo er den gro?ten Teil des Kampfes uber gestanden hatte. Er sah die Argonaute gut drei Meilen leewarts stehen. Selbst wenn sie rasch die dringendsten Reparaturen ausfuhrten, konnten sie den Franzosen jetzt nicht mehr einholen.

Stockdale sprach fur sie beide:»Immerhin haben wir sie abgeschlagen, so knapp an Leuten wir auch sind. Wir haben ihnen mit gleicher Munze heimgezahlt.»

Couzens sagte heiser:»Aber die Brigg ist entkommen.»

Des Masters hohe Gestalt erschien oben an der Querreling. Bun-ce brummte:»Los, Mr. Bolitho, an die Arbeit! Ich soll ein Schiff segeln und einen Kurs absetzen. Dafur brauche ich Segel, Brassen und Fallen, und zwar mehr, als ich hier sehe!«Seine Augen verschwanden fast unter den buschigen Brauen, als er hinzufugte:»Sie haben sich heute bewahrt, soviel ich sehen konnte. «Er nickte, als habe er schon zu viel gesagt.

Den Rest des Tages arbeitete die Besatzung verbissen daran, die Trojan einigerma?en zu reparieren. Die Toten wurden bestattet, die Verwundeten so gut wie moglich versorgt. Samuel Pinhorn, der Segelmacher, legte sich noch einen betrachtlichen Vorrat an Segeltuch bereit, da er damit rechnete, da? noch mancher Verwundete sterben wurde, bevor die Trojan einen Hafen erreichte.

Es war erstaunlich, da? die Leute nach alldem, was sie durchgemacht hatten, noch so wacker arbeiten konnten. Vielleicht war es gerade diese Arbeit, die sie rettete, denn kein Schiff kann ohne Segel und standige Wartung segeln.

Ein Notmast war an Stelle der uber Bord gegangenen Bram-stenge festgelascht worden; als die Seeleute hoch oben daran arbeiteten, hing das Tauwerk zu beiden Seiten herab wie Schlingpflanzen. Hammer und Sage, Teer und Farbe, Nadeln und Garn waren jetzt das wichtigste Gerat.

Das einzige, was die Leute in ihrer Arbeit innehalten und uber die Reling blicken lie?, war das plotzliche Auftauchen des Schoners vom Ankerplatz der Isla San Fernardo. Die Sprite war als hoffnungsloses Wrack von der Besatzung verlassen und angezundet worden, damit der Feind sie nicht wieder instandsetzen konnte.

In einem kurzen wilden Bootsangriff hatte Cunningham den Schoner gekapert. Dies stellte den einzigen Gewinn des ganzen Unternehmens dar.

Bolitho war sich uber eines klar: Die Prise, was sie auch an Informationen einbringen mochte, wurde nicht imstande sein, den Schmerz in Cunninghams Herz zu stillen, den er bei der Aufgabe seines eigenen Schiffes empfunden haben mu?te.

Bei Sonnenuntergang befahl Cairns Halt. Eine doppelte Ration Rum wurde an alle ausgegeben, dann kurzten sie Segel fur die Nacht; auf der Trojan war man es zufrieden, sich in Ruhe seinen Wunden widmen zu konnen.

Bolitho wurde in die Kajute gerufen, verspurte jedoch diesmal keine Neugier. Wie die meisten der Besatzung, so fuhlte auch er sich viel zu erschopft, um noch einer solchen Regung fahig zu sein.

Als er den Kopf unter dem Decksbalken vor der Kajute einzog, horte er Pears Stimme deutlich durch die beiden Turen schallen:»Ich kenne Ihren Vater, sonst hatte ich Sie sofort degradiert!»

Bolitho zogerte und fuhlte, da? der Posten ihn beobachtete.

Es ging naturlich um Quinn, den armen, gebrochenen Quinn. Er sah ihn noch auf dem Batteriedeck vor sich, wie gelahmt zwischen Trummern, Toten und Sterbenden.

Der Posten sah ihn an.»Sir?»

Bolitho nickte mude, der Posten stampfte mit seinem Gewehrkolben auf und rief:»Der Zweite Offizier, Sir!»

Die Tur offnete sich; Teakle, der Sekretar, fuhrte ihn hinein. Er hatte ein verbundenes Handgelenk und sah mitgenommen aus. Bolitho wunderte sich, weshalb ihm nie in den Sinn gekommen war, da? ein Schreiber genauso der Gefahr ausgesetzt war wie sie

alle.

Quinn kam, wei? wie ein Laken, aus der Kajute. Er erkannte Bo-litho und schien etwas sagen zu wollen. Dann sturzte er jedoch an ihm vorbei und verschwand in der Dammerung.

Pears trat ihm entgegen.»Na, nicht zu sehr angeschlagen?«Er wirkte ruhelos, erregt.

Bolitho erwiderte:»Ich hatte Gluck, Sir.»

«Das hatten Sie, in der Tat. «Pears wandte sich um, als Coutts aus dem Nebenraum trat.

Der Admiral sagte:»Bei Tagesanbruch steige ich auf die Prise uber, Bolitho. Ich werde nach Antigua segeln und von dort mit einer Kurierbrigg oder einer der Fregatten nach New York zuruckkehren.»

Bolitho sah ihn an und versuchte zu erraten, worauf Coutts hinauswollte. Er spurte die Spannung zwischen den beiden Mannern, sah die Bitterkeit wie physischen Schmerz in Pears Augen.

Coutts fuhr fort:»Die Trojan folgt mir naturlich. In Antigua kann eine volle Reparatur ausgefuhrt werden, bevor sie wieder zum Geschwader sto?t. Ich werde dafur sorgen, da? man dort alles fur sie tut und da? auch Ersatz beschafft wird fur.»

Pears unterbrach ihn barsch:»Fur all die armen Teufel, die heute ihr Leben lassen mu?ten!»

Coutts wurde rot, wandte sich aber weiterhin nur an Bolitho.

«Ich habe Sie beobachtet, Sie sind aus dem richtigen Holz geschnitzt und besitzen die Fahigkeit, Menschen zu fuhren.»

Bolitho sah in Pears grimmiges Gesicht und war erschuttert; es trug den Ausdruck eines Menschen, der soeben seine Verurteilung erfahren hatte.

«Danke, Sir!»

«Daher — «, das Wort hing in der feuchten Luft — ,»biete ich Ihnen ein eigenes Kommando an, sowie Sie in Antigua eintreffen. Mit mir.»

Bolitho starrte ihn an. Ihm wurde klar, was das fur Pears bedeutete. Da Coutts in Antigua oder womoglich schon in New York eintreffen wurde, bevor die Trojan den Hafen erreichte, hatte Pears dann niemanden au?er Cairns, der fur ihn aussagen konnte. Er sollte den Prugelknaben, den Sundenbock abgeben und dafur herhalten, Coutts kostspieliges Abenteuer zu decken.

Bolitho wunderte sich selbst, da? er ohne zu zogern antworten konnte. Das Angebot bedeutete schlie?lich die Erfullung alles dessen, was er sich immer gewunscht hatte: die Versetzung auf ein kleineres, schnelleres Schiff wie «die Vanquisher oder eine Fregatte. Mit Coutts Protektion hatte er die besten Beforderungschancen gehabt.

«Ich danke Ihnen, Sir. «Er blickte Pears an.»Aber mein Platz ist hier unter Kapitan Pears. Ich mochte, da? es so bleibt.»

Coutts musterte ihn erstaunt.»Was fur ein seltsamer Mensch Sie doch sind, Bolitho! Ihre Sentimentalitat wird Ihnen eines Tages noch den Hals brechen. «Er nickte kurz und endgultig.»Guten Abend.»

Benommen stieg Bolitho die Treppe hinunter und in die Messe, die erstaunlicherweise keinerlei Spuren des Kampfes aufwies.

Cairns folgte ihm einen Augenblick spater, ergriff ihn am Arm und rief den Messesteward.

«Mackenzie, Sie alter Gauner! Den besten Brandy fur diesen Offizier hier!»

D'Esterre erschien mit seinem Leutnant und fragte:»Was ist denn los?»

Cairns setzte sich Bolitho gegenuber und betrachtete ihn aufmerksam.

«Was los ist, meine Herren? Ich war soeben Zeuge, wie ein schlechtberatener, aber ehrenhafter Mann sich fur das Richtige entschieden hat.»

Bolitho wurde rot.»Ich — ich wu?te nicht…»

Cairns nahm die Flasche, die Mackenzie ihm reichte, und lachelte traurig.

«Ich stand drau?en und lauschte wie ein Schuljunge. «Er wurde plotzlich ernst.»Das war anstandig von Ihnen. Obwohl Pears es Ihnen niemals danken wird, zumindest nicht mit vielen Worten. «Cairns hob sein Glas.»Aber ich kenne ihn besser als die meisten. Sie haben ihm etwas gegeben, was ihn ein bi?chen entschadigen wird fur das, was Coutts seinem Schiff angetan hat.»

Bolitho dachte an den Schoner irgendwo leewarts der Trojan. Morgen fruh wurde er sie verlassen und seine Beforderungschance mit sich nehmen.

Und er erlebte noch eine Uberraschung: Es kummerte ihn nicht mehr.

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