Fieber an Bord: Fregattenkapitan Bolitho in Polynesien - Kent Alexander (читать книги онлайн бесплатно без сокращение бесплатно .txt) 📗
Ein Matrose murmelte:»Eins der Boote ist noch da, Sir. «Herrick gab keine Antwort. Er hatte es bereits gesehen und wu?te, da? sein Rumpf eingeschlagen war. Ob von den Felsen oder den Eingeborenen, spielte keine Rolle. Dann sturzten sich unten am Strand die stummen Gestalten wie eine geschlossene nackte Wand auf die Milizen. Geschwungene und zuschlagende Waffen blitzten im scharfen Licht auf, drangen unerbittlich auf Finneys zusammengedrangte Manner ein, und Herrick und seine Leute lauschten dem aufsteigenden Jubelgebrull. Sie konnten nichts tun. Sie waren zu weit fort, und wahrscheinlich hatten die Manner sich geweigert, vorzugehen, wenn man es ihnen befohlen hatte. Jetzt, am Ende, wollten sie zusammenbleiben. Nicht weil sie sich furchteten. Daruber waren sie hinaus. Auch nicht, weil sie sich irgendwie dafur an den Mannern, die jetzt dort unten zu Stucken zerhackt wurden, rachen wollten, weil sie von ihnen im Stich gelassen worden waren.
Seeleute waren nun einmal so, ob an Land oder auf See. Sie kannten einfach nichts anderes.
Die Menge auf dem zerwuhlten Strand begann sich aufzulosen. Nur Finney war ubrig geblieben. Ihm wurde die Kleidung vom Korper gerissen, und er wurde an einen Pfahl gefesselt. Aufbewahrt fur etwas, das noch grausiger war. Einer der Marinesoldaten sagte heiser:»Mit einem Weitschu? konnte ich ihn treffen, Sir.«»Nein.»
Herrick wandte sich ab. Alle diese Leute, um einen zu retten. Er wurde das nicht einmal fur sich selbst erwarten. Aber es fiel ihm schwer, das Wort auszusprechen. Er sagte:»Dazu ist noch Zeit, wenn sie entdecken, was aus uns ubrigen geworden ist.»
Er walzte sich auf den Rucken und blickte zum Himmel. Er erinnerte sich mit aller Klarheit an die Zeit, als er ein kleiner Junge gewesen war und mit einem Freund am Ufer des Medway gespielt hatte. Er hatte einen Stein durch die Binsen geworfen. Es war als Scherz gemeint, wie sie es schon oft getan hatten, aber er hatte seinen Freund ins Auge getroffen und ihn beinahe geblendet. Herrick hatte das Gesicht in die Hande gepre?t, gewunscht, da? es nur ein Traum ware. Wenn er wieder hinsehen wurde, wurde alles in Ordnung und so wie vorher sein. Doch damals wie jetzt blieb es Wirklichkeit. Wenn er wieder hinunterblickte, wurden die verstummelten Leichen und die zerhackten Gliedma?en nach wie vor da sein. Und der Schoner ware verschwunden.
Prideaux sagte zu seinem Korporal:»Holen Sie alle Musketen zusammen, und inspizieren Sie das Pulver und die Ladung. Die Verwundeten konnen das Laden ubernehmen.
Klar?»
«Jawohl, Sir. «Selbst jetzt noch respektvoll.
Pyper fragte leise:»Wird es bald sein, Sir?»
Herrick sah ihn nicht an, sondern beobachtete einen Vogel mit sabelschmalen Schwingen in der Ferne kreisen, weit oben vor dem verblichenen, blauen Himmel.
«Ich rechne damit. «Er fugte hinzu:»Aber keine
Kapitulation. Wir ergeben uns nicht.»
«Ich verstehe.»
Dann wendete Herrick den Kopf, um den Midshipman anzusehen. Du verstehst? Der Junge fing an, ein Mann zu werden. Er fragte nicht, warum er sterben sollte, ausgerechnet hier.
Jemand sagte:»Die Schufte suchen die andere Seite des Berges ab, Sir.»
Prideauxs Antwort klang gereizt.»Ja. Aber man braucht keine Bluthunde, um unsere Spur zu finden, oder?«Herrick erhob sich vorsichtig aus dem stachligen Gestrupp und sah auf die See hinaus. Der Schoner zeigte jetzt sein Heck und stand bereits weit ab vom Ankerplatz. Wir konnten ein Feuer anzunden, eine Explosion machen, aber das wurde die Wilden nur noch schneller zu uns fuhren. In jedem Fall wurde der Schoner nicht wagen, zur Kuste zuruckzukommen.
Er sah wieder zu dem Schoner hinaus, sein Kopf war plotzlich klar. Der Wind. Er hatte sich gedreht. Ziemlich stark sogar. Er blickte uber die Busche und das Gestrupp den Abhang hinunter, versuchte, seine Richtung zu erkennen. Prideaux fragte:»Was gibt es?»
Er versuchte, so uninteressiert wie immer zu klingen, und die Tatsache, da? es ihm nicht gelang, gab Herrick plotzlich eine verzweifelte neue Hoffnung.
Er antwortete ruhig:»Der Kapitan wird kommen und nach uns suchen. Der Wind konnte entscheidend sein, ihm einen Tag Vorsprung geben. «Er sah in Pypers angespanntes Gesicht.»Einen ganzen Tag. Wenn wir uns hier so lange halten konnen.»
Der Marinesoldat, der von einem Speer ins Bein getroffen worden war, sagte mit belegter Stimme:»Das ware prima,
Sir.»
Sein Freund grinste.»Was habe ich dir gesagt, Billyboy?«Prideaux knurrte ungehalten:»Machen Sie den Leuten keine falschen Hoffnungen. Der Wind, was bedeutet das schon? Entscheidend ist die Zeit, und woher sollen wir das erfahren?»
Herrick blickte ihn an.»Er wird kommen. Glauben Sie mir, Prideaux. «Erblickte zur Seite.»Er mu?.»
Bolitho sa? in seiner Kajute und uberlas noch einmal sein Logbuch, wahrend uber ihm eine Laterne hin und her schwankte.
Gestern den ganzen Tag uber und wahrend der langen Nacht waren sie unter so viel Leinwand gesegelt, wie sie setzen konnten. Niemand hatte diesmal von Risiko oder Vorsicht gesprochen, und er hatte Manner bemerkt, die zur Seite sahen, wenn sein Blick sie streifte.
Er sah zu den Heckfenstern und erkannte verwundert, da? hinter ihnen bereits der Morgen zu dammern begann. Plotzlich fuhlte er sich leer und entmutigt. Noddall hatte ihn aufmerksam gemacht. Ware um ihn herum geschaftig gewesen.
Er dachte an die gesichtslosen Bundel, in Hangematten eingenaht, die im Meer versenkt worden waren, wahrend er zugesehen hatte. Es hatte zehnmal schlimmer sein konnen, aber es half ihm nichts, sich daran zu erinnern. Wayth, der fur den Gro?mast zustandige Deckoffizier, Sloper, einer der Zimmerleute, der mehr als jeder andere dazu beigetragen hatte, da? die selbstgebaute Jolle so gut gelungen war. Marinesoldat Kisbee vom Gro?mast. Der alte
Vollmatrose Fisher. William Goalen, zweiter Steuermannsmaat, Noddall, Kajutensteward, und au?erdem zu viele andere. Im ganzen waren funfzehn getotet worden und ebenso viele verwundet. Und wozu? Tod fur manche, Entlassung fur andere, und Beforderung fur die Glucklichen, die ihre Posten ubernahmen.
Er rieb sich wieder die Augen und versuchte, seine Trauer zu uberwinden.
Es klopfte an der Tur, und Midshipman Swift trat in die Kajute.
«Mit Mr. Keens Hochachtung, Sir, wir haben gerade im Norden ein Licht gesichtet.»
«Ein Schiff?«Er fluchte im stillen auf sich selbst, da? er die Meldung als Frage zuruckgab. Er stand auf und brachte das dicke Buch in seinem Schreibtisch unter.»Ich komme hinauf.»
Er hatte sich dem Anschein nach auch in Herrick geirrt. Das Licht mu?te der Schoner sein. Trotz des Umspringens des Windes war es merkwurdig, da? er schon so weit gekommen sein sollte. Er dachte an den Wind, und wie oft sie ihn in der Vergangenheit schon verwunscht hatten. Als Lakey ihm die plotzliche Richtungsanderung gemeldet hatte, war es ihm schwergefallen, seine Gefuhle zu verbergen. Auf dem Achterdeck war die Luft beinahe kuhl nach der Hitze des Tages und der muffigen Enge unten. Ein rascher Blick auf den Kompa?, das flatternde Gro?segel und den Besan zeigte ihm, da? der Wind unverandert anhielt und das Schiff nach Norden lief. Die Insel lag irgendwo querab an Backbord. Wenn dieser Wind nicht gewesen ware, hatten sie vielleicht zwei Tage oder noch langer gebraucht, hin- und herkreuzend, um das Sudende der Insel zu umfahren, ehe sie die Suche nach dem Landeplatz des Schoners aufnehmen konnten.
Er nahm von Swift ein Glas entgegen und war sich bewu?t, da? mehr Leute als die diensthabende Wache an Deck waren, beobachteten und warteten.
Er fand das Fahrzeug auf der Stelle, und schon in den wenigen Augenblicken, seit Swift ihm das Schiff gemeldet hatte, war das Licht so viel starker geworden, da? er den dunkleren Flecken wahrnehmen konnte, welcher der Gro?mast des Schoners sein mu?te.»Wie schnell die Dammerung kommt. «Das war Mackay, der Erste Steuermannsmaat. Es klang vollig gelassen. Vielleicht war er froh, da? sein Maat Goalen und nicht er selbst in eine Hangematte eingenaht, an den Fu?en mit einer Kanonen-kugel beschwert, ein paar hundert Faden in die Tiefe gesunken war.