Admiral Bolithos Erbe: Ein Handstreich in der Biskaya - Kent Alexander (читаем полную версию книг бесплатно txt) 📗
«Rudert an!»
«Was hast du jetzt vor, Belinda?«fragte Bolitho und sprach bewu?t den geliebten Namen laut aus, den er so oft im Geiste beschworen hatte.
«Mich nach England einzuschiffen. «Sie wandte sich um, als das Boot an der Benbow vorbeischo?, und musterte das Linienschiff bewundernd.»Ich wollte, ich konnte auf ihr zurucksegeln!»
Bolitho mu?te lacheln.»Auf einem Kriegsschiff? Der arme Thomas, er konnte kein Auge schlie?en, wenn er dich an Bord und in seiner Obhut wu?te.»
Sie senkte die Lider.»Ich mochte gern mit dir allein sein. Ich schame mich, da? ich es ausspreche, aber ich kann gegen dieses Gefuhl nicht an.»
Bolitho sah, da? die Augen des Schlagmanns auf einen festen Punkt hinter Belindas Rucken gerichtet waren; hatte er ihre Worte gehort, ware aus dem Gleichtakt der Riemen ein Chaos geworden.»Mir geht es genauso«, sagte er,»Sowie ich dich sicher an Land untergebracht habe, werde ich mich um deine Ruckfahrt nach England kummern. «Es verlangte ihn so sehr danach, sie zu beruhren, sie in die Arme zu schlie?en.
«Und wann wirst du nach Hause zuruckkehren?»
Die Angst in ihrer Stimme war Bolitho nicht entgangen.»Bald«, sagte er und versuchte, nicht an die Depeschen zu denken, die er mit dem nachsten Postschiff absenden mu?te; dieIndomitable und Odin herbeirufen wurden, um die Streitmacht seines kleinen Geschwaders zu vervollstandigen. Aber insgeheim mu?te Belinda ahnen, da? ihnen eine langere Trennung bevorstand. Trostend sagte er deshalb:»Wenn wir uns wiedersehen, bleiben wir zusammen.»
Am Kai wurden sie von zwei Zivilisten, einem Mann und einer Frau, erwartet. Der Mann war ein rotwangiger, jovialer Riese, der sie herzlich empfing.»Bei uns ist sie gut aufgehoben, Admiral«, versicherte er.»Besuchen Sie uns, sooft Sie konnen. Aber wie man hort, werden Sie bald wieder die Anker lichten. «Er grinste, ohne im geringsten zu merken, was seine Worte bei Belinda anrichteten.»Schlie?lich wollen Sie ja dem Franzosen eins auf die freche Nase geben, stimmt's, Sir?»
Bolitho zog den Hut und murmelte etwas Zustimmendes.
Wieder einmal hielten sie einander bei den Handen und sahen sich in die Augen, ohne ihre Gefuhle verbergen zu konnen.
«Ich besuche dich, Belinda, komme, was wolle.»
Abschiednehmend ku?te er ihre Hand und sah, da? sie eine Bewegung machte, als wolle sie sein Gesicht streicheln. Da lie? er ihre Finger los und trat zuruck.
Weiter drau?en an der Pier ging Browne schon ungeduldig auf und ab, wahrend die Barkasse unten wartete. Gru?end tippte der Flaggleutnant an seinen Hut.
«Ein Postschiff hat gerade Anker geworfen, Sir«, meldete er.»Es hat ein Flaggensignal gehi?t, wonach Depeschen fur den Ad-miral an Bord sind.»
Bolitho sah an Browne vorbei auf die Reede hinaus, wo der gro?e Indienfahrer und ein zweites Schiff des Konvois bereits die Anker kurzstag holten und die Segel ausschuttelten. Weiter drau?en lag beigedreht eine Fregatte, deren obere Rahen schon im Dunst verschwammen: der Geleitschutz, der sie vor jeder Gefahr, die ihnen auf offener See drohen mochte, abschirmen sollte.
Das Leben ging weiter, und so mu?te es ja auch sein. Das hatte Studdart gemeint, als er ihn vor den Konsequenzen eines moglichen Mi?erfolgs gewarnt hatte.
Das Postschiff brachte wahrscheinlich neue Befehle fur Herrick, denn in England konnte noch niemand von der Vernichtung der Ceres und von Bolithos Befreiung gehort haben.
Und was dann? Sollte er auf Studdarts Rat horen und weitere Anweisungen aus London abwarten? Wieder dachte er an Styx, an ihre blutenden und benommenen Schiffbruchigen auf dem franzosischen Strand, wo ihn die junge Frau so ha?erfullt angestarrt hatte.
Es gab nun einmal keine einfache Losung, hatte es nie gegeben.
Unten wartete die Barkasse auf ihn. >Fur die Lady des Admi-rals.< Wenn er jetzt untatig blieb, verriet er sich selbst. Schlimmer noch: Auch sie mochte ihn eines Tages verachten, wenn sie seine Entscheidung ohne die Emotionalitat ihrer ersten Wiedersehensfreude analysierte.
Allday spurte die Stimmung seines Admirals auch ohne Worte: Also dann, John, machen wir weiter. Er glaubte zu wissen, was Bolitho beschaftigte, und auch, da? er spater vielleicht daruber sprechen wurde. Mitleidlos grinste er seine Bootscrew an. Auf ein neues, Jungs, dachte er. Sie wurden der Fahne folgen und ihre Pflicht tun wie immer, denn dies war das Los der Blaujacken.
XI Kostbare Stunden
«Machen Sie davon sechs Ausfertigungen und bringen Sie mir alle zum Unterzeichnen. «Bolitho sah Yovell uber die Schulter und staunte wieder einmal — wie schon oft — , da? ein so gro?er Mann eine so winzige, gestochene Handschrift hatte.
Herrick sa? auf der Bank unter den Heckfenstern und sah zu, wie sich der Rauch aus seiner langstieligen Pfeife krauselte. Es war fruher Nachmittag, und seit dem Augenblick, da der Anker gefallen war, hatten sie pausenlos gearbeitet.
Herrick uberlegte.»Wenn man in der Admiralitat Ihre Depeschen liest, wei? man dort ohne jeden Zweifel, da? wieder voll mit Ihnen zu rechnen ist, Sir. «Er lachte glucksend.»Ihre geplante Aktion gegen die Franzosen wird in Whitehall ein paar Kopfe rauchen lassen, mochte ich wetten.»
Bolitho ging unruhig in der Kajute auf und ab und fragte sich, ob er an alles gedacht hatte. Inzwischen mu?te Kapitan Inch mit seiner wieder instandgesetzten Odin von der Nore hinunter nach Plymouth gesegelt sein, um sich dort Verikers Indomitable anzuschlie?en; und Keens Schiff lag hier vor Gibraltar auf Reede, kaum eine Kabellange von der Benbow entfernt. Sie waren schon anfangs nicht zahlreich gewesen, und nun waren sie noch weniger.
Das am Vormittag eingelaufene Postschiff hatte neben Depeschen fur Sir John Studdart auch neue Befehle fur Herrick an Bord gehabt, genau wie Bolitho vorausgesehen hatte. Herrick sollte mit Benbow, in Begleitung von Nicator und der Fregatte Ganymede, nach Plymouth zurucksegeln und den Oberbefehl uber das Geschwader ubernehmen, bis neue Befehle ergingen.
Wie den vielbeschaftigten Kurier-Briggs blieb auch den schnellen Postschiffen kaum Zeit im Hafen. Der Neuankommling, die Thrush, mu?te am nachsten Morgen wieder auslaufen, und Bo-lithos Depeschen hatten dann an Bord zu sein.
Ihren Lordschaften stand eine ziemliche Uberraschung bevor, wenn sie erfuhren, da? er nicht nur am Leben war, sondern von seinem eigenen Flaggschiff gerettet wurde.
Der Sekretar packte seine Papiere zusammen und verlie? schweren Schritts die Kajute. Bolitho mu?te ihn nicht erst zur Eile drangen, er wu?te, da? Yovell alles rechtzeitig zur Unterschrift fertig haben wurde.
Dabei fiel Bolitho wieder der eine unangenehme Punkt in Herricks neuen Anweisungen ein: Er sollte auf dem Weg Kontakt mit dem Blockadegeschwader vor Belle Ile aufnehmen und Kapitan Emes verstandigen, da? er vor ein Kriegsgericht gestellt werden wurde, sobald seine Phalarope erst abgelost war.
Bolitho hielt diese Ma?nahme fur falsch und unfair — auch dann, wenn man bedachte, da? London noch nichts von der Befreiung des in Gefangenschaft geratenen Konteradmirals wu?te.
Herrick andererseits blieb unbeirrt dabei, Emes' Verhalten zu verurteilen.
«Aber naturlich war es falsch von ihm, Sir. Immerhin uberlie? er Styx in einer kritischen Situation ihrem Schicksal und mi?achtete Ihren Befehl, den Feind ins Gefecht zu verwickeln. Wenn ich dabeigewesen ware, hatte ich Emes an Benbows Gro?rah aufgehangt und der Admiralitat die Kosten eines Gerichtsverfahrens erspart!«Unter dem Heck zog langsam ein Boot voll singender Seeleute vorbei, die nach kurzem Landaufenthalt gut gelaunt auf ihr Schiff zuruckkehrten. Bolitho sah ihnen nach. Sie pullten bestimmt zur Thrush, denn er hatte sich bereits vergewissert, da? binnen Wochenfrist kein anderes Schiff nach England auslief.