Mauern aus Holz, Manner aus Eisen: Admiral Bolitho am Kap der Entscheidung - Kent Alexander (читать книги без регистрации .txt) 📗
Zest erwartete sie also nicht. Sie sa?en in der Falle.
Bolitho sah in Inskips gerotetes Gesicht.»Ich furchte, wir haben uns nicht geirrt, Sir Charles. «Er drehte sich zu Poland um.»Klar Schiff zum Gefecht, bitte.»
«An Deck! Zweites Segel hinter dem ersten!»
Der Ruderganger stohnte laut auf.
«Die Korvette hat die Trikolore gesetzt!»
Poland fuhr sich mit der Zunge uber die Lippen. Also zwei feindliche Schiffe auf Annaherungskurs und ein drittes wie ein Jagdhund in ihrem Kielwasser. An Steuerbord druckte der Wind mit ganzer Kraft, an Backbord drohte die danische Kuste. War die Truculent jetzt gefangen? Sollte er auf Land zulaufen bis zur
Strandung — oder sollte er sich stellen, um von dieser Ubermacht zerschossen zu werden? Mit erloschenem Blick befahl er seinem Ersten Offizier:»Alle Mann an Deck und dann klar zum Gefecht!»
Die Trommler der Seesoldaten rannten an ihre Platze. Allday uberquerte das Deck, das Entermesser achtlos im Gurtel. Jenour ruckte seinen Degen gerade und blickte entschlossen nach achtern, als die Trommeln zu wirbeln begannen.
«Und wenn die Zest doch noch kommt?«Nur Bolitho horte Inskips Frage, als die Manner durch die Decks rannten und uberall Zwischenwande abgeschlagen wurden, damit sie niemanden behinderten.»Warum sind es gleich drei Schiffe?«klagte er.
Bolitho sah an Gaffel und Gro?mast ihre Kriegsflagge auswehen. Die Aufforderung zum Gefecht war angenommen.
«Die Franzosen wu?ten von unserem Auftrag«, sagte er zu Inskip.»Einer der erfahrensten Gesandten Seiner Majestat war unterwegs nach Danemark mit einem Flaggoffizier. Darauf hatten die Franzosen nur gewartet. Wenn man uns hier gefangennimmt, kann Napoleon die Danen wegen ihrer Geheimgesprache mit uns unter Druck setzen. Und damit vielleicht Schweden und Ru?land bewegen, auf seine Seite uberzugehen.»
Inskip schwieg bedruckt und beobachtete die Manner an den Kanonen, wie sie die Zugseile losten und mit Handspaken die Rohre in die richtige Position druckten. Quer uber das Oberdeck wurden oben Netze aufgeriggt, um die Besatzung vor fallenden Trummern zu schutzen. Auch die Boote wurden von ihren Klampen gehievt und zu Wasser gebracht. Bei Beschu? waren sie eine Quelle gefahrlicher Splitter — und nach dem Gefecht eine zusatzliche Beute fur den Sieger. Fur die meisten Matrosen aber bedeuteten sie eine Chance zu uberleben, und mancher sah ihnen duster nach.
Die Seesoldaten luden ihre Musketen und pflanzten die Bajonette auf. Sie wurden auch auf die eigene Besatzung schie?en, falls einer in Panik davonlief.
«Schiff ist klar zum Gefecht!«meldete Williams mit entschlossenem Blick.
«Sehr gut, Mr. Williams«, antwortete Poland distanziert.»Aber noch nicht laden und ausrennen. «Seine Augen waren so starr, als sei er bereits tot.
Inskip beruhrte Bolitho am Armel.»Wollen Sie wirklich gegen drei Schiffe kampfen?»
Bolitho antwortete ihm nicht direkt.»Hei?en Sie meine Flagge im Vortopp, Kapitan Poland. Damit man wei?, wer an Bord ist.»
Inskip lie? die Schultern sinken. Deutlicher hatte die Antwort nicht ausfallen konnen.
Der Himmel klarte in der nachsten Stunde auf, die Sonne durchbrach die Wolken, brachte aber keine Warme. Schaumflocken flogen uber die Netze, und wen sie trafen, der erschauerte wie unter dem Anprall von Eis.
Bolitho bat den altesten Midshipman um sein Teleskop und ging zu den Besanwanten. Ohne Hast enterte er in die Webleinen auf und beobachtete den Feind durchs Glas.
Die erste franzosische Fregatte war auf ihrem konvergierenden Kurs gut zu erkennen. Jedes Segel war gesetzt und stand prall im Wind. Sie war gro?, Bolitho schatzte sie auf vierzig Kanonen. Die zweite war kleiner, etwa so gro? wie die Truculent. Unschwer konnte er sich auf ihr den Larm vorstellen, das gleiche Quietschen der Lafetten, die gleiche Ungeduld der Manner, die auf den Befehl zum Ausrennen warteten.
Um sich herum spurte er Stille. Jedermann an Deck beobachtete ihn, wahrend er den Feind abschatzte. Die Franzosen lie?en sich Zeit.
Er schob das Rohr zusammen, stieg nach unten und gab es dem Midshipman zuruck.»Vielen Dank, Mr. Fellowes. «Der junge Mann lachelte geschmeichelt, denn der Admiral hatte sich an seinen Namen erinnert. Bolitho uberquerte das Achterdeck. Neben Poland standen Inskip und Agnew, der kummervolle Sekretar. Alle drei erwarteten sein Urteil uber die Lage.
Bolitho sprach nur mit Poland.»Lassen Sie bitte mehr Segel setzen. «Er sah nach oben in die Rahen.»Der Wind hat etwas nachgelassen, wir werden die Truculent also dadurch nicht entmasten.»
Er erwartete Protest, ein Gegenargument, doch dann sah er, als Poland sich an seinen Ersten wandte, etwas wie Erleichterung im Gesicht des Kapitans. Die Toppgasten hasteten in die Takelage, und Bolitho sah die Gro?rah sich im achterlichen Wind spannen wie ein riesiger Bogen; Leinwand knallte, als die Royals gesetzt wurden.
Poland kam keuchend zuruck.»Befehle, Sir?»
Bolitho wu?te, er wurde das kommende Gefecht durchstehen, egal wie es ausging.»Die Franzosen werden nach ihrer ublichen
Taktik vorgehen«, erlauterte er.»Die erste Fregatte wird nahe heransegeln und uns mit ihrem gro?en Kaliber bestreichen. «Polands dusterer Blick folgte seinem ausgestreckten Arm, als konne er auf der gegnerischen Fregatte schon die Mundungsfeuer sehen.»Ich glaube, da? ihr Kommandant seiner Sache sehr sicher ist. Vielleicht zu sicher.»
«Das ware ich an seiner Stelle auch«, warf Inskip ein, aber Bolitho uberhorte ihn.
«Er wird versuchen, die Truculent manovrierunfahig zu schie?en, uns mit Ketten- oder Stangenkugeln die Rahen und Masten abzurasieren. Die zweite Fregatte wird unser Heck beharken wollen, denn so fahren die Franzosen ublicherweise einen Angriff mit zwei Schiffen gegen eins. Aber heute werden wir das verhindern. «Poland zuckte zusammen, denn an einem Mast war mit einem Knall wie ein Pistolenschu? eine Leine gebrochen.»Wenn sie uns erst entern, haben wir keine Chance mehr. «Er deutete nach achteraus.»Vergessen Sie nicht, da gibt es immer noch den lauernden Aasgeier, der auch seinen Teil zum Sieg beitragen mochte.»
«Was also tun wir?«fragte Poland mit trockenen Lippen.
«Kapitulieren, wenn Sie mich fragen!«warf Inskip ein.
Bolitho sah ihn direkt an.»Ich frage Sie aber nicht, Sir Charles. Wenn Sie sonst nichts zur Losung beitragen konnen, schlage ich vor, Sie verschwinden mit Ihrem Sekretar unter Deck und bereiten sich darauf vor, dem Schiffsarzt zu helfen. «Mit Genugtuung sah er den Arger in Inskips Gesicht.»Und falls Sie jemals wieder London erreichen, sollten Sie Ihren und meinen Dienstherren schildern, was sie von den Mannern da unten verlangen — jedesmal, wenn ein Schiff des Konigs ins Gefecht segelt!«Er deutete mit dem Arm auf die Artilleristen, die hinter ihren Kanonen hockten. Als er sich wieder umdrehte, waren Inskip und sein Sekretar verschwunden.
«Damit waren wir unter uns«, wandte er sich an den erstaunten Poland.»Ich lie? mehr Segel setzen, Kapitan, damit die Franzosen glauben, wir wollen fliehen. Nun setzen sie jeden Fetzen Leinwand, um uns aufzubringen. Eine gute Fregatte als Prise — das wollen sie sich nicht entgehen lassen.»
Langsam verstand Poland.»Sie wollen anluven und wenden, Sir Richard?»
«Ja. Lassen Sie uns ein bi?chen auf und ab gehen, es dauert noch mindestens eine halbe Stunde, bis der Feind nahe genug ist. Ich finde, Bewegung lockert nicht nur die Muskeln, sondern auch die Gedanken. «Er lachelte. Die Besatzung sollte sehen, wie gelassen ihr Kommandant das alles nahm.
«Das Manover mu? dann ungeheuer schnell geschehen. Wenn Ruder gelegt wird, mussen die Segel schon gerefft sein. Dann konnen wir zwischen ihnen durchlaufen und beide unter Feuer nehmen!»
Poland nickte.»Sie wissen, da? meine Manner gut gedrillt sind.»
Bolitho verschrankte die Hande auf dem Rucken. Poland verstand. Er brauchte sich nur auf dieses erste Manover zu konzentrieren.