Der Brander: Admiral Bolitho im Kampf um die Karibik - Kent Alexander (читать книги txt) 📗
«Kutter liegt langsseits, Sir!»
Mit einem dumpfen Poltern landete die abgefierte Drehbrasse im Bug des Beiboots, um sofort von zwei Seeleuten geladen zu werden.
Leise fragte Bolitho:»Ist Ihnen diese kleine Bucht erst jetzt wieder eingefallen, Jethro? Oder wissen Sie schon seit zwei Wochen und langer, da? sie die richtige Stelle ist? Wir hatten im nachsten Augenblick gewendet und diese Chance fur immer verspielt.»
«Sie wollten das Schiff«, antwortete Tyrrell.»Ich halte mein Wort. «Damit wandte er sich ab und hinkte zum Schanzkleid, sein Holzbein holte bei jedem Schritt in weitem Bogen aus.
Und obwohl Bolitho in diesem Augenblick die Wahrheit erkannt hatte, drangte ihn ein unerklarlicher Impuls, mit zwei, drei Schritten an die Finknetze zu eilen und Tyrrell nachzurufen:»Seien Sie vorsichtig, Jethro! Und viel Gluck!»
Tyrrell hielt inne, die gro?en Fauste um die Taue der Jakobsleiter gekrampft, und blickte mit Augen, die im grellen Licht tranten, zum Achterdeck hinauf. Einen Lidschlag lang standen nicht mehr die vielen Jahre zwischen ihnen, sondern sie waren wieder an Bord der Sparrow. Dann stie? sich Tyrrell von der Bordwand ab und lie? sich in den Kutter fallen, den Holzstumpf steif vorgereckt wie einen Russel.
Keen murmelte:»Wenn das nur gutgeht.»
Schon loste sich der Kutter vom Mutterschiff, die Riemen hoben und senkten sich in schnellem Takt, wahrend der Bootsmann, hinter dem Leutnant stehend, aufs Land zuhielt.
Bolitho bi? sich auf die Lippen.»Ich habe ihm vertraut. Aber vielleicht war es doch eine zu starke Versuchung fur ihn.»
Keen schuttelte den Kopf.»Ich verstehe nicht, Sir.»
Bolitho sah dem Boot nach, das jetzt einen engen Bogen beschrieb, weil Tyrrells ausgestreckter Arm in eine neue Richtung deutete. Die Wirbel einer kleinen Flu?mundung waren zu erkennen, zu deren beiden Seiten Baume und Gebusch bis zum Ufer wuchsen. Kaum zu glauben, da? dieses Flu?chen breiter sein sollte als auf der Karte angegeben.
Von weit her erscholl ein gedampfter Knall, gefolgt vom lauten Ruf eines Ausguckpostens:»Die Fregatte hat gefeuert, Sir!»
«Auf diese Distanz treffen sie nicht mal den Felsen von Gibraltar«, hohnte Knocker.
Bolitho tauschte einen Blick mit Keen. War der Schu? eine Warnung, die Aufforderung, das spanische Hoheitsgebiet zu verlassen — oder sollte er einen Dritten alarmieren?
Er sagte:»Machen Sie lieber klar zum Gefecht. «Und nach einem prufenden Blick zum Kutter hinuber, der gut vorangekommen war:
«Wir wollen uns nicht ein zweites Mal uberraschen lassen.»
Die Manner in seiner Umgebung erstarrten, konnten nicht glauben, was sie soeben gehort hatten.
Aber als die Trommeln zu rasseln begannen und sich heisere Befehlsrufe durch das ganze Schiff fortpflanzten, wurden die letzten Illusionen ausgeraumt.
Keen verschrankte die Arme und lie? den Blick uber sein Schiff wandern. Auf beiden Seitendecks drangten sich die Manner, stopften die zusammengerollten Hangematten als Kugelfang in die Finknetze, wahrend Schiffsjungen zwischen den Kanonen herumrannten und das Deck mit Sand bestreuten, damit die Stuckmannschaften nicht ausrutschten, wenn erst Blut die Planken bedeckte. Big Harry Rooke, der Bootsmann, schrie einen Saumigen aus seiner Crew an, die auf den untersten Rahen auslegte und Kettenschlingen ausbrachte, die gebrochene Spieren daran hindern sollten, an Deck zu sturzen. Andere schlugen unten Zwischenwande ab und verwandelten die getrennten Messen und Kammern in einen einzigen gro?en Raum, der den Stuckmannschaften vom Bug bis zum Heck Bewegungsfreiheit gab.
Quantock blickte vom Batteriedeck herauf und tippte gru?end an seinen Hut.
«Schiff klar zum Gefecht!«meldete er. Inzwischen kannte er Keens Anforderungen.»In neun Minuten, Sir!»
Keen nickte.»Gut gemacht, Mr. Quantock.»
Aber die Spannung zwischen den beiden Mannern blieb fuhlbar, das kleine Kompliment entlockte keinem ein Lacheln.
Bolitho richtete ein Teleskop auf den fernen Kutter. Er konnte nur raten, was Leutnant Scott und die Bootsgasten jetzt dachten, wahrend Achates unter dem Wirbel der Trommeln gefechtsklar machte und sie sich mit jedem Riemenschlag weiter von ihrem Schiff entfernten.
Er horte Allday sich diskret neben ihm rauspern und lie? sich in den bereitgehaltenen Uniformrock helfen, wahrend Ozzard mit dem alten Sabel herbeitrippelte. Auch Adam stand plotzlich bei ihnen, mit glanzenden Augen, unglaublich jung und eifrig.
«Befehle, Sir?»
Bolitho hob leicht die Arme, damit Allday ihm den Sabelgurt umschnallen konnte, und bemerkte betrubt Adams Formlichkeit.»Tut mir leid, Adam«, sagte er.»Ich hatte es besser wissen mussen.
Es war dein gutes Recht, stolz darauf zu sein. An deiner Stelle hatte ich genauso empfunden.»
Der junge Leutnant machte einen halben Schritt auf ihn zu.»Ich wurde mir eher die Hand abhacken, als Sie zu verletzen, Sir. Es war nur.»
«Es war nur so, da? du mich an deiner Freude teilhaben lassen wolltest und ich zu beschaftigt war, um dir zuzuhoren. «Keen sagte:»Alles klar, Sir.»
Erleichtert blickte er von einem zum anderen. Dann suchte er All-days Blick, aber der zuckte mit keiner Wimper. Keen mu?te lacheln; was war Allday doch fur ein alter Fuchs!
«Also gut. «Bolitho sah zu seiner Flagge im Vormasttopp auf.»Setzt die Gefechtsflagge. Und dann, Mr. Bolitho, bitte folgendes Signal: Feind in Sicht!«Er sah die Verbluffung auf Adams Gesicht schnellem Begreifen weichen und fugte fur die Umstehenden erklarend hinzu:»Schlie?lich kann es nichts schaden, wenn wir sie glauben machen, da? wir nicht ganz allein sind, wie?»
Und zu Keen sagte er:»Also fangen wir an.»
Aber angenommen, da druben lag gar kein Schiff? Angenommen, er hatte sich in Tyrrell und in allem anderen geirrt? Dann wurde er jetzt zum Gespott seiner Leute.
Signalfahnrich Ferrier und der kleine Evans von Sparrowhawk machten sich mit ihren Gehilfen eifrig an den Flaggleinen zu schaffen, bis die bunten Stoffballchen zugig zur Signalrah emporstiegen und in der leichten Brise auswehten, begru?t vom aufgeregten Hurrageschrei der Stuckmannschaften an den Achtzehnpfundern des Oberdecks.
Die meisten von ihnen konnten eine Signalflagge nicht von der anderen unterscheiden, aber die bunten Wimpel bedeuteten ihnen mehr als Worte: Sie waren ein Symbol.
Keen beobachtete Bolitho und unterdruckte einen Seufzer. Ich hatte damit rechnen mussen, dachte er.
Es knallte einmal scharf, dann riefen mehrere Stimmen zugleich:»Sie feuern auf den Kutter, die Schweine!»
Jubel schlug um in Wut.
Bolitho hob schnell das Glas und sah den Kutter gerade noch einen Haken schlagen; vorubergehend aus dem Takt gebracht, zogerten die Riemen uber dem in bosartigen kleinen Fontanen aufspritzenden Wasser. Ein schlaffer Korper wurde rucksichtslos uber das Dollbord gerollt, damit die Rudergasten mehr Platz gewannen. Mit einem trockenen Krachen feuerte die Drehbrasse des Kutters und bestrich das Ufergeholz mit ihrer Kartatschenladung.
Keen rief zum Batteriedeck hinunter:»Vielleicht mussen wir den Kutter sich selbst uberlassen, Mr. Quantock! Aber signalisieren Sie Mr. Scott fur alle Falle, so schnell wie moglich zuruckzukehren!»
Zustimmung heischend sah er sich nach Bolitho um, doch der stand druben an den Finknetzen und starrte gebannt zu der halbverborgenen Flu?mundung hinuber, als erwarte er dort jeden Augenblick eine Reaktion.
Der Kutter war langsamer geworden, woraus Bolitho schlo?, da? doch mehrere Manner getroffen worden waren, wahrscheinlich von Musketenkugeln. An der Pinne stand jetzt Tyrrell und fuchtelte mit der Faust, um die Rudergasten zu gro?erer Anstrengung zu bewegen.
Das Gro?bramsegel fullte sich knallend mit Wind.
Bolitho sagte:»Halten Sie sich bereit, das Schiff wieder in Fahrt zu bringen, Mr. Knocker. Uns bleiben nur noch wenige Minuten.»
Quantock meldete:»Die Fregatte behalt ihren Kurs bei, Sir.»