Kanonenfutter - Leutnant Bolithos Handstreich in Rio - Kent Alexander (книги полностью TXT) 📗
Bolitho schluckte. Der Kommandant hatte es tatsachlich nicht vergessen.
«Sobald wir zuruck sind, werde ich die Sache in die Hand nehmen,
Sir.»
«Hm. Machen Sie keine zu gro?e Affare daraus. Wenn ein Verbrechen geschehen ist, mu? der Schuldige bestraft werden — streng. Aber diese armen Burschen besitzen kaum einen Heller. Ich mochte sie nicht alle gedemutigt sehen wegen eines gemeines Diebes, obwohl Gott wei?, da? viele von ihnen auf die Weise begannen. «Dumaresq hob weder die Stimme, noch schaute er seinen Bootssteurer an.»Sehen Sie mal zu, was Sie da machen konnen, Johns.»
Mehr sagte er nicht, doch Bolitho spurte, da? es ein starkes Band zwischen dem Kommandanten und seinem Bootssteurer gab.
Dumaresq schaute zur Landungsbrucke. Da standen weitere Uniformierte und einige Pferde. Auch eine Kutsche wartete, um die Besucher zur Residenz zu bringen.
Dumaresq spitzte die Lippen.»Sie werden mich begleiten, Mr. Bo-litho. Dabei konnen Sie etwas lernen. «Er kicherte in sich hinein.»Als das Schatzschiff, die Asturias, vor drei?ig Jahren das Gefecht abbrach, soll sie hinterher in Rio eingelaufen sein. Es wurde au?erdem behauptet, da? die portugiesischen Behorden eine Hand mit im Spiel hatten, als die Goldbarren verschwanden. «Jetzt setzte er ein breites Lacheln auf.»Sicherlich sind einige Leute auf der Pier besorgter, als ich es im Augenblick bin.»
Der Bugmann hob seinen Bootshaken, und bei» Riemen hoch!«legte die Gig ohne den leisesten Sto? an der Landungstreppe an.
Dumaresqs Lacheln war verschwunden.»So, nun wollen wir sehen. Ich mochte so bald wie moglich zuruckfahren und horen, welchen Erfolg Mr. Pallisers Uberredungskunste gehabt haben.»
Oberhalb der Treppe nahm die in einer Reihe angetretene Gruppe von Colpoys' Seesoldaten Haltung an; ihre Gesichter hatten durch die brennende Sonne die rote Farbe ihrer Rocke angenommen. Ihnen gegenuber, in wei?en Waffenrocken mit leuchtend gelben Aufschlagen, stand eine Korporalschaft portugiesischer Soldaten.
Dumaresq gru?te mit dem Hut und schuttelte die Hande verschiedener Wurdentrager, wahrend Begru?ungsfloskeln getauscht und ubersetzt wurden. Bolitho war uberrascht uber die gro?e Zahl schwarzer Gesichter in der Zuschauermenge. Sicher waren das Sklaven und Bedienstete von den gro?en Besitzungen und Plantagen, uber Tausende von Meilen verschleppt, um, wenn sie Gluck hatten, von einem freundlichen Dienstherrn gekauft zu werden. Wenn sie Pech hatten, lebten sie nicht mehr sehr lange.
Schlie?lich kletterte Dumaresq mit drei Portugiesen in die Kutsche, wahrend die anderen Herren ihre Pferde bestiegen.
Colpoys steckte seinen Sabel in die Scheide, warf einen Blick auf die Residenz des Vizekonigs am Hang eines uppig bewachsenen Hugels und stohnte:»Wir mussen marschieren, verflixt noch mal. Ich bin aber Seesoldat und kein damlicher Infanterist.»
Bis sie das prachtig aussehende Gebaude erreicht hatten, war Bo-litho vollig durchgeschwitzt. Wahrend die Seesoldaten von einem Diener hinter das Gebaude gefuhrt wurden, durften Bolitho und Col-poys in einen hohen Raum treten, dessen eine Seite sich zur See und zu einem Garten mit leuchtenden Blumen und schattenspendenden Palmen offnete.
Weitere Diener brachten auf leisen Sohlen unauffallig Stuhle und Wein fur die beiden Offiziere, und uber ihren Kopfen begann ein gro?er Facher hin und her zu wedeln. Colpoys streckte die Beine von sich und trank genu?lich den Wein.»Su? wie das Halleluja in der Kirche.»
Bolitho lachelte. Die portugiesischen Beamten, Militars und Kaufleute lebten offenbar gut. Sie mu?ten sich lediglich an die Hitze gewohnen und gegen das Fieber und sonstige Krankheiten widerstandsfahig werden. Aber die Reichtumer des wachsenden Imperiums waren so gro?, da? man sie nicht einmal schatzen konnte: Silber, Edelsteine, seltene Metalle und riesige Flachen mit gut gedeihenden Zuckerrohrplantagen, die wiederum ganze Armeen von Sklaven benotigten, um die Forderungen des fernen Lissabon zu erfullen.
Colpoys setzte sein Glas ab und stand auf. In der Zeit, die sie fur ihren Marsch von der Pier hierher benotigt hatten, war Dumaresq offenbar mit seinen Geschaften fertig geworden. Doch als er aus einem Bogengang erschien, entnahm Bolitho seinem Gesichtsausdruck, da? er alles andere als zufrieden war.
Dumaresq sagte:»Wir wollen zuruck zum Schiff.»
Die Verabschiedungszeremonie fand gleich in der Residenz statt. Bolitho erfuhr, da? der Vizekonig nicht in Rio war, aber zuruckkehren wurde, sobald ihn die Nachricht vom Besuch der Destiny erreichte.
Dumaresq erklarte das Notwendigste, als sie hinaus ins Sonnenlicht traten, wobei er als Antwort fur die salutierende Wache die Hand an den Hut legte. Mit seiner sonoren Stimme knurrte er:»Er besteht darauf, da? ich seine Ruckkehr abwarte. Aber ich bin doch nicht von gestern, Bolitho. Diese Leute sind zwar unsere altesten Verbundeten, aber einige davon sind halbe Piraten. Also, ob der Vizekonig nun kommt oder nicht: wenn die Heloise erst zu uns gesto?en ist, werde ich schleunigst Anker lichten.»
Zu Colpoys sagte er:»Fuhren Sie Ihre Leute zuruck. «Als die scharlachroten Rocke in einer Staubwolke abmarschierten, kletterte Duma-resq in die Kutsche.»Sie kommen mit mir, Mr. Bolitho. Wenn wir die Pier erreichen, mochte ich, da? Sie eine Nachricht fur mich uberbringen. «Er zog einen schmalen Briefumschlag aus seinem Rock.»Ich rechne immer mit dem Schlimmsten und habe deshalb dies hier vorbereitet. Der Kutscher wird Sie hinfahren, und ich zweifle nicht daran, da? die Nachricht von Ihrem Besuch innerhalb einer Stunde in der ganzen Stadt herum ist. «Er lachelte grimmig.»Der Vizekonig ist nicht der einzige Schlaukopf.»
Als sie mit klappernden Hufen hinter Colpoys und seinen schwitzenden Seesoldaten herfuhren, erganzte Dumaresq noch:»Nehmen Sie einen Mann mit, als personlichen Schutz. Ich sah diesen ehemaligen Preisboxer im Kutter. Stockdale hei?t er wohl. Nehmen Sie den mit.»
Bolitho wunderte sich. Wie war es moglich, da? Dumaresq so viele Dinge auf einmal im Kopf behielt? Da drau?en lag ein Mann im Sterben, und auch Pallisers Leben war vielleicht bald nicht mehr lebenswert, wenn es ihm nicht gelang, die Informationen zu bekommen. Dann war da irgendwo in Rio jemand, der mit den verschwundenen Goldbarren in Verbindung stand, aber nicht der, zu dem Bolitho Du-maresqs Brief bringen sollte. Schlie?lich waren da das Schiff, seine
Besatzung und die gekaperte Heloise, dazu Tausende von Meilen Fahrt, ehe sie wissen konnten, ob sie Erfolg hatten oder nicht. Fur einen Kapitan von achtundzwanzig Jahren trug Dumaresq wahrlich eine gro?e Burde. Im Vergleich dazu war die Angelegenheit von Jurys verschwundener Uhr recht unbedeutend.
Ein schlankes, schwarzhaariges Halbblutmadchen mit einem Korb voller Fruchte auf dem Kopf blieb stehen und schaute ihnen nach, als die Kutsche vorbeifuhr. Ihre nackten Schultern hatten die Farbe von Honig, und sie warf ihnen einen kecken Blick zu, als sie merkte, da? die beiden Offiziere sie bewundernd ansahen.
Dumaresq sagte:»Ein schones Madchen. Und eine schonere Bugverzierung habe ich noch nie gesehen. Es wurde das Risiko lohnen, sie umzulegen.»
Bolitho wu?te nicht, was er sagen sollte. Er war derbe Kommentare von Matrosen gewohnt, aber aus Dumaresqs Mund klang es vulgar und seiner nicht wurdig.
Dumaresq sagte nichts mehr, bis die Kutsche hielt. Dann:»Machen Sie, so schnell Sie konnen. Ich beabsichtige, morgen Trinkwasser zu ubernehmen, und bis dahin ist noch eine Menge zu erledigen. «Er verschwand in der Gig.
Bolitho dirigierte den Kutscher zu der auf dem Umschlag stehenden Adresse. Stockdale sa? ihm gegenuber und fullte die halbe Kutsche aus.
Dumaresq hatte an alles gedacht. Bolitho oder ein anderer Fremder hatten angehalten und ausgefragt werden konnen, aber die Kutsche mit dem Wappen des Vizekonigs auf der Tur hatte uberall freie Fahrt.