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Der Brander: Admiral Bolitho im Kampf um die Karibik - Kent Alexander (читать книги txt) 📗

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Aber die allgemeine Stimmung war nicht feindselig, sondern eher von gutmutigem Spott gepragt.

Die Fahrt zur Residenz der Chases ging fur Bolitho viel zu schnell vorbei; der junge Timothy lenkte seine Aufmerksamkeit immer wieder auf Sehenswurdigkeiten oder besonders stattliche Anwesen, an denen ihre Kutsche vorbeiratterte. Offenbar war er sehr stolz auf die Stadt, in der er geboren und aufgewachsen war. Etwa im gleichen Alter wie Adam, wirkte er weniger reserviert, als er lebhaft jedes Haus und seine Bewohner beschrieb.

«Insgesamt ist das Stadtbild von Boston gepflegter als das jeder anderen Stadt Neuenglands, Sir«, hob er hervor.

Bolitho fiel auf, da? die meisten Hauser aus Holz gebaut waren, auch wenn manche Fassaden dem Schnitt und der Verarbeitung nach Steinmauern vortauschten. Bolitho lachelte in sich hinein. Sein Gastgeber war zwar ein reicher Mann, aber sein Reichtum stammte — wie Bolitho aus seinen Geheimunterlagen wu?te — nur von den Prisen seiner Freibeuter ab, die er wahrend der Revolution gegen die Briten ausgeschickt hatte.

Uberhaupt war Boston ein Freibeuternest gewesen — wie so viele Hafen an dieser Kuste, bis hinauf nach Portland.

Die beiden Kutschen bogen von der Stra?e in eine lange Auffahrt ein, die zu einem ausgewogen proportionierten dreigeschossigen Haus fuhrte. Wie andere Hauser Bostons war es wei? gestrichen und hatte hohe grune Laden an allen Fenstern. Hinter vielen Scheiben brannte schon warmes, festliches Licht.

«Na, Adam, was haltst du davon?«fragte Bolitho leise.

Adam lie? sich nichts anmerken.»Ich konnte mich ohne weiteres an das Wohlleben gewohnen, Sir«, sagte er ebenso gedampft.

Es fiel nicht schwer, sich ihren Gastgeber als Kapitan auf dem Achterdeck eines Freibeuters vorzustellen. Er hatte eine laute, drohnende Stimme, die es gewohnt schien, herrisch das Wuten des Sturms oder den Donner der Kanonen zu ubertonen. Jonathan Chase war ein vierschrotiger, kantiger Mann mit eisengrauem Haar und einer Haut wie aus dunkel gegerbtem Leder.

«Also, Admiral, es ist mir ein gro?es Vergnugen. «Er packte Bo-lithos Hand und musterte aufmerksam sein Gesicht.»Und eine besondere Ehre, einen so beruhmten Seemann begru?en zu durfen.»

Bolitho fand den Mann sympathisch.»Es war sehr freundlich von Ihnen, Ihr Haus fur dieses Treffen zur Verfugung zu stellen.»

Chase. grinste.»Wenn Thomas Jefferson etwas vorschlagt, dann fackelt man hier nicht lange, mein Freund. Auch wenn er erst seit einem Jahr unser Prasident ist, so hat er doch schon begriffen, da? Macht schneller zu Kopfe steigt als Wein. «Das schien Chase zu amusieren.

Livrierte schwarze Diener nahmen die Hute der Besucher entgegen, und dann folgte Bolitho dem Hausherrn in einen gro?en Salon voller Gaste. Chase deutete mit dem Kopf auf ein Tablett mit Glasern.»Hoffentlich habe ich mit dem Wein Ihren Geschmack getroffen, Admiral. Er kommt aus Frankreich.»

Bolitho lachelte nachdenklich.»In der Tat.»

Fremde Gesichter glitten an ihm vorbei, als Chase seine Freunde und Geschaftspartner vorstellte; Bolitho wurde immer deutlicher bewu?t, welche Autoritat sein Gastgeber besa? und welch hohes Ansehen.

Keen war sofort von zwei attraktiven Damen mit Beschlag belegt worden, und eine dritte fuhrte Hauptmann Dewar so entschlossen hinaus auf die Terrasse, als wolle sie ihn an diesem Abend mit keiner anderen teilen.

Chase stellte sein Glas ab und musterte Adam aufmerksam.»Ihr Adjutant, Admiral, sieht Ihnen ahnlich. Ist er Ihr Sohn oder jungerer Bruder?»

«Mein Neffe.»

Chase nickte wohlgelaunt.»Sie und ich, wir schleichen uns gleich nach nebenan und kopfen eine Flasche ausgezeichneten Brandy. «Mit einem Finger tippte er sich gegen die Nase.»Das gibt uns Gelegenheit zu einer kleinen Unterhaltung, ehe unser Regierungsvertreter erscheint. «Plotzlich hob er die Hand.»Neffe, aha. Hatte ich mir denken konnen. «Und mit erhobener Stimme:»Hierher, Robina. Ich mochte dir jemanden vorstellen.»

Das Madchen namens Robina war eine Schonheit: schlank, grazil und mit einem Leuchten in den Augen, das jeden Mann den Kopf nach ihr wenden lie?.

«Und das ist meine Nichte, Admiral«, strahlte Chase.

Robina legte Adam die Hand auf den Arm und schlug vor:»Ich zeige Ihnen den Garten, Leutnant. «Mit einer Kopfbewegung deutete sie auf ihren Onkel:»Die beiden wollen ja doch nur von alten Zeiten reden.»

Bolitho mu?te uber Adams Fugsamkeit lacheln; fasziniert lie? er sich, ohne ein Wort des Protestes, von Robina davonfuhren.

Chase schmunzelte.»Ein hubsches Paar, die beiden, wie?»

Dann warf er einen Blick uber die schwatzende Gasteschar.»Ich denke, wir gehen jetzt in die Bibliothek. Im Augenblick wird man uns nicht vermissen.»

In der holzgetafelten Bibliothek schien sich ein Stuck jungster amerikanischer Geschichte versammelt zu haben: Andenken an Schiffe und Reisen, fur Chase wahrscheinlich Erinnerungen an seine sturmischen Jugendjahre. Bolitho sah Harpunen und Walkiefer, daneben Schlachtengemalde, auf deren einem ein brennendes britisches Schiff gerade die Flagge strich.

Gutgelaunt meinte Chase:»Na ja, Admiral, schlie?lich haben Sie nicht jede Seeschlacht gewonnen. «Aber dann wurde er wieder ernst.»Samuel Fane, der Gesandte des Prasidenten, ist ein schwieriger Verhandlungspartner. Ich personlich finde ihn sympathisch, soweit man einen Regierungsvertreter sympathisch finden kann, aber er ha?t die Briten. «Chase grinste breit.»Wollte Sie nur warnen. Obwohl Sie — nach allem, was ich uber Sie gelesen und gehort habe — gewi? selbst Ihren Mann stehen konnen.»

«Ich wei? Ihre Offenheit zu schatzen«, lachelte Bolitho.

Chase go? Brandy in zwei bauchige Glaser.»Keine Ursache. Ich habe gegen Konig George gekampft, und zwar nicht zu knapp. Aber im Frieden gelten andere Gesetze als im Krieg. Wer das nicht akzeptiert, mu? in unserer Welt Schiffbruch erleiden.»

Die Baume und Straucher des weitlaufigen Gartens an der Ruckfront des Herrenhauses waren schon in purpurne Schatten getaucht. Adam schritt mit dem Madchen am Arm dahin und wagte kaum den Mund aufzumachen aus Angst, er konnte etwas Falsches sagen und damit den Zauber des Abends vertreiben. Fur Adam gab es keinen Zweifel, da? er mit dem bezauberndsten Wesen spazierenging, das ihm jemals unter die Augen gekommen war.

Da blieb sie stehen, ergriff seine Hand und drehte ihn zu sich herum.

«Horen Sie, Leutnant, jetzt sind aber Sie dran, sonst rede ich noch den ganzen Abend. Alle sagen, ich sei viel zu geschwatzig. Und dabei mochte ich viel mehr uber Sie erfahren. Sie hei?en Adam und sind Adjutant des Admirals. Und weiter?»

Zu seiner Uberraschung stellte Adam fest, da? ihm das Erzahlen leicht fiel. Wahrend sie unter den Baumen dahinschlenderten, erzahlte er ihr von seinem Dienst als Marineoffizier, von seinem Heim in Cornwall — und verga? doch keinen Augenblick die warme kleine Hand auf seinem Arm.

Plotzlich unterbrach sie ihn.»Sie sind der Neffe des Admirals, Adam?»

Sein Name klang in ihrem Mund wie Musik.»Ja.»

«Ich wohne gar nicht in Boston«, fuhr sie fort.»Meine Familie lebt in Newburyport, das ist drei?ig Meilen nordlich von Boston. Seltsam, da? es mir nicht fruher eingefallen ist. Aber mein Vater spricht manchmal von einem Mann, der in unserer Stadt wohnte und ebenfalls Bolitho hie?.»

Adam bemuhte sich, wieder klar zu denken.»In Newburyport?«»Ja. «Sie druckte seinen Arm.»Das klingt ja, als hatten Sie sich an etwas erinnert?»

Er wandte sich ihr zu; wie gern hatte er sie in die Arme genommen!» Das wird wahrscheinlich mein Vater gewesen sein.»

Amusiert wollte sie auflachen, doch dann fiel ihr sein Ernst auf, das Bedeutsame dieser Entdeckung.

«Mein Onkel sagt, da? Ihr Schiff noch wochenlang in Boston liegen wird. Ich mochte, da? Sie nach Newburyport kommen und meine Familie kennenlernen. «Sie hob die behandschuhte Hand und legte sie leicht an seine Wange.»Seien Sie nicht so traurig, Adam. Falls es ein Geheimnis bleiben soll, ist es bei mir gut aufgehoben. Erzahlen Sie mir aber nur davon, wenn es auch Ihr Wunsch ist.»

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