Harry Potter und der Stein der Weisen - Fritz Klaus (бесплатная библиотека электронных книг .txt) 📗
»Keine Ahnung, wie die Muggels zurechtkommen ohne Zauberei«, meinte er, als sie eine kaputte Rolltreppe emporkletterten, die auf eine belebte, mit Laden gesaumte Stra?e fuhrte.
Hagrid war ein solcher Riese, da? er ohne Muhe einen Keil in die Menschenmenge trieb, und Harry brauchte sich nur dicht hinter ihm zu halten. Sie gingen an Buchhandlungen und Musikladen vorbei, an Schnellimbissen und Kinos, doch nirgends sah es danach aus, als ob es Zauberstabe zu kaufen gabe. Dies war eine ganz gewohnliche Stra?e voll ganz gewohnlicher Menschen. Konnte es wirklich sein, da? viele Meilen unter ihnen haufenweise Zauberergold vergraben war? War all dies vielleicht nur ein gewaltiger Jux, den die Dursleys ausgeheckt hatten? Das hatte Harry vielleicht geglaubt, wenn er nicht gewu?t hatte, da? die Dursleys keinerlei Sinn fur Humor besa?en. Doch obwohl alles, was Hagrid ihm bisher erzahlt hatte, schlicht unfa?bar war, konnte er einfach nicht anders, als ihm zu vertrauen.
»Hier ist es«, sagte Hagrid und blieb stehen. »Zum Tropfenden Kessel. Den Laden kennt jeder.«
Es war ein kleiner, schmuddelig wirkender Pub. Harry hatte ihn nicht einmal bemerkt, wenn Hagrid nichts gesagt hatte. Die vorbeieilenden Menschen beachteten ihn nicht. Ihre Blicke wanderten von der gro?en Buchhandlung auf der einen Seite zum Plattenladen auf der anderen Seite, als konnten sie den Tropfenden Kessel uberhaupt nicht sehen. Tatsachlich hatte Harry das ganz eigentumliche Gefuhl, da? nur er und Hagrid ihn sahen. Doch bevor er den Mund aufmachen konnte, schob ihn Hagrid zur Tur hinein.
Fur einen beruhmten Ort war es hier sehr dunkel und schabig. In einer Ecke sa?en ein paar alte Frauen und tranken Sherry aus kleinen Glasern. Eine von ihnen rauchte eine lange Pfeife. Ein kleiner Mann mit Zylinder sprach mit dem alten Wirt, der vollkommen kahlkopfig war und aussah wie eine klebrige Walnu?. Als sie eintraten, verstummte das leise Summen der Gesprache. Hagrid schienen alle zu kennen; sie winkten und lachelten ihm zu, und der Wirt griff nach einem Glas:»Das Ubliche, Hagrid?«
»Heute nicht, Tom, bin im Auftrag von Hogwarts unterwegs«, sagte Hagrid und versetzte Harry mit seiner gro?en Hand einen Klaps auf die Schulter, der ihn in die Knie gehen lie?.
»Meine Gute«, sagte der Wirt und spahte zu Harry hinuber,»ist das – kann das -?«
Im Tropfenden Kessel war es mit einem Schlag mucksmauschenstill geworden.
»Grundgutiger«, flusterte der alte Barmann. »Harry Potter… welch eine Ehre.«
Er eilte hinter der Bar hervor, trat raschen Schrittes auf Harry zu und ergriff mit Tranen in den Augen seine Hand.
»Willkommen zu Hause, Mr. Potter, willkommen zu Hause.«
Harry wu?te nicht, was er sagen sollte. Aller Augen waren auf ihn gerichtet. Die alte Frau paffte ihre Pfeife ohne zu bemerken, da? sie ausgegangen war. Hagrid strahlte.
Nun ging im Tropfenden Kessel ein gro?es Stuhlerucken los, und die Gaste schuttelten Harry einer nach dem andern die Hand.
»Doris Crockford, Mr. Potter, ich kann es einfach nicht fassen, Sie endlich zu sehen.«
»Ich bin so stolz, Sie zu treffen, Mr. Potter, so stolz.«
»Wollte Ihnen schon immer die Hand schutteln – mir ist ganz schwindelig.«
»Erfreut, Mr. Potter, mir fehlen die Worte. Diggel ist mein Name, Dadalus Diggel.«
»Sie hab ich schon mal gesehen!«, rief Harry, als Dadalus Diggel vor Aufregung seinen Zylinder verlor. »Sie haben sich einmal in einem Laden vor mir verneigt.«
»Er wei? es noch!«, rief Dadalus Diggel und blickte in die Runde. »Habt ihr das gehort? Er erinnert sich an mich!«
Harry schuttelte Hande hier und Hande dort – Doris Crockford konnte gar nicht genug kriegen.
Ein blasser junger Mann bahnte sich den Weg nach vorne. Er wirkte sehr fahrig; sein linkes Auge zuckte.
»Professor Quirrell!(x, sagte Hagrid. »Harry, Professor Quirrell ist einer deiner Lehrer in Hogwarts.«
»P-P-Potter«, stammelte Professor Quirrell und ergriff Harrys Hand,»ich kann Ihnen nicht sagen, wie ich mich freue, Sie zu treffen.«
»Welche Art von Magie lehren Sie, Professor Quirrell?«
»V-Verteldigung gegen die dunklen Kunste«, murmelte Professor Quirrell, als ob er lieber nicht daran denken wollte. »Nicht, da? Sie es notig hatten, oder, P-Potter?« Er lachte nervos. »Sie besorgen sich Ihre Ausrustung, nehme ich an? Ich mu? auch noch ein neues Buch uber Vampire abholen.« Schon bei dem blo?en Gedanken daran sah er furchtbar verangstigt drein.
Doch die anderen lie?en nicht zu, da? Professor Quirrell Harry allein in Beschlag nahm. Es dauerte fast zehn Minuten, bis er von allen losgekommen war. Endlich konnte sich Hagrid in der allgemeinen Aufregung Gehor verschaffen.
»Wir mussen weiter – haben eine Menge einzukaufen. Komm, Harry.«
Doris Crockford schuttelte Harry ein letztes Mal die Hand. Hagrid fuhrte ihn durch die Bar auf einen kleinen, von Mauern umgebenen Hof hinaus, wo es nichts als einen Mulleimer und ein paar Unkrauter gab.
Hagrid grinste Harry zu.
»Hab's dir doch gesagt, oder? Hab dir doch gesagt, da? du beruhmt bist. Sogar Professor Quirrell hat gezittert, als er dich sah – nunja, er zittert fast standig.«
»Ist er immer so nervos?«
»O ja. Armer Kerl. Genialer Kopf. Ging ihm gut, als er nur die Bucher studierte, doch dann hat er sich ein Jahr freigenommen, um ein wenig Erfahrung zu sammeln… Es hei?t, er habe im Schwarzwald Vampire getroffen und er soll ein ubles kleines Problem mit einer Hexe gehabt haben – ist seitdem jedenfalls nicht mehr der Alte. Hat Angst vor den Schulern, Angst vor dem eigenen Unterrichtsstoff – wo ist jetzt eigentlich mein Schirm abgebliebenN
Vampire? Hexen? Harry war leicht schwindelig. Unterdessen zahlte Hagrid die Backsteine an der Mauer uber dem Mulleimer ab.
»Drei nach oben… zwei zur Seite… «, murmelte er. »Gut, einen Schritt zuruck, Harry«
Mit der Spitze des Schirms klopfte er dreimal gegen die Mauer.
Der Stein, auf den er geklopft hatte, erzitterte, wackelte und in der Mitte erschien ein kleiner Spalt. – Der wurde immer breiter und eine Sekunde spater standen sie vor einem Torbogen, der selbst fur Hagrid gro? genug war. Er fuhrte hinaus auf eine gepflasterte Gasse, die sich in einer engen Biegung verlor.
»Willkommen in der Winkelgasse«, sagte Hagrid.
Harrys verbluffter Blick lie? ihn verschmitzt lacheln.
Sie traten durch den Torbogen. Harry blickte rasch uber die Schulter und konnte gerade noch sehen, wie sich die Steinmauer wieder schlo?.
Die Sonne erleuchtete einen Stapel Kessel vor der Tur eines Ladens. Kessel – Alle Gro?en – Kupfer, Messing, Zinn, Silber – Selbst umruhrend – Faltbar, hie? es auf einem Schild uber ihren Kopfen.
»Jaow, du brauchst einen«, sagte Hagrid,»aber erst mussen wir dein Geld holen.«
Harry wunschte sich mindestens vier Augenpaare mehr. Er drehte den Kopf in alle Himmelsrichtungen, wahrend sie die Stra?e entlang gingen, und versuchte, alles auf einmal zu sehen: die Laden, die Auslagen vor den Turen, die Menschen, die hier einkauften. Vor einer Apotheke stand eine rundliche Frau, und als sie vorbeigingen, sagte sie kopfschuttelnd:»Drachenleber, siebzehn Sickel die Unze, die mussen verruckt sein… «
Gedampftes Eulengeschrei drang aus einem dunklen Laden. Auf einem Schild uber dem Eingang stand: Eeylops Eulenkaujhaus – Waldkauze, Zwergohreulen, Steinkauze, Schleiereulen, Schneeulen. Einige Jungen in Harrys Alter druckten ihre Nasen gegen ein Schaufenster mit Besen. »Schau mal«, horte Harry einen von ihnen sagen,»der neue Nimbus Zweitausend, der schnellste uberhaupt -« Manche Laden verkauften nur Umhange, andere Teleskope und merkwurdige silberne Instrumente, die Harry noch nie gesehen hatte. Es gab Schaufenster, die voll gestopft waren mit Fassern voller Fledermausmilzen und Aalaugen, wacklig gestapelten Zauberspruchfibeln, Pergamentrollen, Zaubertrankflaschen, Mondgloben…
»Gringotts«, sagte Hagrid.