Harry Potter und die Kammer des Schreckens - Rowling Joanne Kathleen (бесплатные книги полный формат TXT) 📗
Die Peitschende Weide
Die Sommerferien gingen zu Ende, viel zu schnell nach Harrys Geschmack. Zwar freute er sich auf Hogwarts, doch dieser Monat im Fuchsbau war der glucklichste seines Lebens gewesen. Es fiel ihm schwer, Ron nicht zu beneiden, wenn er an die Dursleys dachte und daran, wie sie ihn wohl willkommen hei?en wurden, wenn er das nachste Mal im Ligusterweg auftauchte.
An ihrem letzten Abend zauberte Mrs Weasley ein uppiges Mahl aus Harrys Lieblingsspeisen, gekront von einem leckeren Siruppudding. Fred und George rundeten den Abend mit einer kleinen Vorstellung ihres Filibuster-Feuerwerks ab; sie fullten die Kuche mit roten und blauen Sternen, die mindestens eine halbe Stunde lang zwischen Wanden und Decke hin und her schossen. Dann war es Zeit fur den letzten Becher hei?en Kakao und furs Bett.
Am nachsten Morgen brauchten sie recht lange, um in die Gange zu kommen. Schon beim ersten Hahnenschrei wachten sie auf, doch merkwurdigerweise hatten sie alle noch eine ganze Menge zu erledigen: Mrs Weasley hetzte schlecht gelaunt herum und suchte Sockenpaare und Federkiele zusammen. Halb angezogen und mit angebissenen Toastscheiben in den Handen rannten sie standig auf den Treppen ineinander, und Mr Weasley brach sich beinahe den Hals, als er Ginnys Koffer uber den Hof zum Auto schleppte und dabei uber ein verirrtes Huhn stolperte.
Harry konnte sich nicht vorstellen, wie acht Leute, sechs gewaltige Koffer, zwei Eulen und eine Ratte in einen kleinen Ford Anglia passen sollten. Er hatte naturlich nicht mit Mr Weasleys Sonderausstattung gerechnet.
»Kein Wort davon zu Molly«, flusterte er Harry zu, als er den Kofferraum offnete und ihm zeigte, da? er magisch vergro?ert war, so da? die Koffer problemlos hineinpassen.
Als Harry, Ron, Fred, George und Percy endlich bequem auf der Ruckbank Platz genommen hatten, spahte Mrs Weasley durch die Scheibe ins Wageninnere:
»Die Muggel konnen doch mehr, als wir ihnen zutrauen, nicht wahr?«Sie und Ginny nahmen auf dem Vordersitz Platz, der sich auf die Gro?e einer Parkbank ausgedehnt hatte.»Von au?en kommt man nie auf den Gedanken, da? drinnen so viel Platz ist, oder?«
Mr Weasley lie? den Motor an und sie fuhren gemachlich uber den Hof Harry warf einen letzten Blick zuruck aufs Haus. Er hatte kaum Zeit, sich zu fragen, wann er es wieder sehen wurde, als sie auch schon anhielten: George hatte seine Kiste mit Filibuster-Feuerwerk vergessen. Funf Minuten spater kehrten sie mit quietschenden Reifen auf den Hof zuruck und Fred rannte los, um seinen Besen zu holen. Und sie waren kurz vor der Autobahn, als Ginny schreiend verkundete, sie habe ihr Tagebuch vergessen. Als sie endlich wieder in den Wagen stieg, waren sie schon sehr spat dran und die Gemuter waren gereizt.
Mr Weasley blickte auf die Uhr und dann zu seiner Frau hinuber.
»Molly, Liebling -«
»Nein, Arthur -«
»Kein Mensch wurde es sehen – dieser kleine Knopf hier ist fur einen Unsichtbarkeits-Servoantrieb, den ich eingebaut habe – der wurde uns in die Luft heben – und dann fliegen wir uber den Wolken, in zehn Minuten sind wir da, und niemand hatte den geringsten Schimmer -«
»Ich sagte nein, Arthur, nicht am hellichten Tag.«
Um Viertel vor elf fuhren sie am Bahnhof King's Cross vor. Mr Weasley rannte uber die Stra?e und holte Gepackkarren und im Laufschritt sturmten sie in die Schalterhalle.
Harry war schon vor einem Jahr mit dem Hogwarts-Express gefahren. Der Trick dabei war, da? sie zu Gleis neundreiviertel kommen mu?ten, einem Gleis, das Muggelaugen nicht sehen konnten. Dazu war es notig, durch die Absperrung zu gehen, die die Bahnsteige neun und zehn trennte. Weh tat es nicht, aber sie mu?ten aufpassen, da? kein Muggel sie verschwinden sah.
»Percy geht als Erster«, sagte Mrs Weasley und blickte nervos auf die Uhr uber ihren Kopfen, nach der sie nur noch funf Minuten Zeit hatten, um lassig hinter der Absperrung zu verschwinden.
Percy marschierte unerschrocken los und verschwand. Mr Weasley ging als Nachster, Fred und George folgten ihm.
»Ich nehm Ginny mit und ihr beide folgt uns dann«, sagte Mrs Weasley zu Harry und Ron, nahm Ginnys Hand und machte sich auf den Weg. Einen Augenblick spater waren sie verschwunden.
»La? uns zusammen gehen, wir haben nur noch eine Minute«, sagte Ron zu Harry.
Harry vergewisserte sich, da? Hedwigs Kafig verschlossen und der Koffer sicher festgezurrt war, und drehte seinen Gepackwagen zur Absperrung hin. Er fuhlte sich vollig sicher; das war bei weitem nicht so beschwerlich wie die Sache mit dem Flohpulver. Beide beugten sich tief uber die Handgriffe ihrer Karren und schritten zielstrebig auf die Absperrung zu, langsam schneller werdend – ein paar Meter noch, sie begannen zu rennen -
SCHEPPER.
Beide Karren knallten gegen die Absperrung und prallten zuruck; mit lautem Krachen fiel Rons Koffer herunter, Harry verlor den Halt, der Kafig mit Hedwig purzelte auf den blank gewienerten Boden und emport kreischend schlitterte sie davon; die Leute um sie her starrten sie an und ein Wachmann in der Nahe rief.»Was zum Teufel denkt ihr euch eigentlich dabei?«
»Hatten die Karre nicht mehr im Griff«, keuchte Harry und richtete sich auf, die Hande an die Rippen gepre?t; Ron sturzte los, um Hedwig zu holen, die ein solches Theater veranstaltete, da? einige Umstehende von Tierqualerei zu munkeln begannen.
»Warum kommen wir nicht durch?«, zischelte Harry.
»Keine Ahnung -«
Ron blickte sich hastig um. Noch immer verfolgte sie ein Dutzend Neugierige mit ihren Blicken.
»Wir verpassen noch den Zug«, flusterte Ron,»ich wei? nicht, warum das Tor sich verschlossen hat -«
Harry sah mit einem flauen Gefuhl in der Magengegend zu der riesigen Uhr hoch. Zehn Sekunden… neun Sekunden…
Er schob seinen Karren vorsichtig weiter, bis er direkt vor der Absperrung stand, und druckte dann mit aller Kraft. Das Eisen gab nicht nach.
Drei Sekunden… zwei Sekunden… eine Sekunde…
»Er ist weg«, sagte Ron mit verbluffter Stimme.»Der Zug ist fort. Was ist, wenn Mum und Dad nicht zu uns zuruckkonnen? Hast du Muggelgeld?«
Von Harry kam ein holzernes Lachen.»Die Dursleys haben mir seit gut sechs Jahren kein Taschengeld mehr gegeben.«
Ron druckte ein Ohr gegen die kalte Barriere.
»Nichts zu horen«, sagte er angespannt.»Was sollen wir blo? machen? Ich wei? nicht, wie lange Mum und Dad brauchen, um zuruckzukommen.«
Sie sahen sich um. Noch immer wurden sie beobachtet, kein Wunder, denn Hedwig kreischte unablassig.
»Ich glaube, wir gehen lieber raus und warten beim Auto«, sagte Harry,»wir sind zu auffall…«
»Harry!«, sagte Ron mit leuchtenden Augen,»der Wagen?«
»Was ist damit?«
»Wir konnen mit dem Wagen nach Hogwarts fliegen«
»Aber ich dachte -«
»Wir stecken in der Klemme, oder? Und wir mussen doch zur Schule? Und selbst minderjahrige Zauberer durfen in einem echten Notfall zaubern, Abschnitt neunzehn oder so des Erlasses zur Beschrankung des Wei?ichnichtwas…«
Harrys Panik verwandelte sich jah in Begeisterung.
»Kannst du ihn fliegen?«
»Kein Problem«, sagte Ron und drehte seinen Karren in Richtung Ausgang.»Komm, la? uns gehen, wenn wir uns beeilen, konnen wir dem Hogwarts-Express folgen.«
Und sie marschierten los, mitten durch die Schar der neugierigen Muggel, hinaus aus dem Bahnhof und hinein in die Seitenstra?e, wo der alte Ford Anglia geparkt war.
Ron offnete den geraumigen Kofferraum mit ein paar sanften Stupsern seines Zauberstabs. Sie hievten ihre Koffer hinein, stellten Hedwig auf dem Rucksitz ab und stiegen ein.
»Pa? auf, da? niemand zuschaut«, sagte Ron und zundete den Motor mit einem weiteren leichten Stupser des Zauberstabs. Harry steckte den Kopf aus dem Fenster: uber die Hauptstra?e vorn rollte larmender Verkehr, doch ihre Stra?e war leer.