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Der Schwarm - Schatzing Frank (читать книги TXT) 📗

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»Wissen Sie was? Ich sag’s Ihnen.« Johanson zog sich unter Muhen hoch. »Ich helfe Ihnen sogar, es wieder in Ordnung zu bringen, aber vorher werden Sie mir was erklaren.«

»Dafur ist keine Zeit.«

»Tja. Wie dumm.«

Li funkelte ihn wutentbrannt an. Sie lie? die Waffe sinken. »Fragen Sie.«

»Sie kennen die Frage schon. — Warum?«

»Das fragen Sie ernsthaft?« Li schnaubte. »Strengen Sie doch mal Ihr hoch entwickeltes Hirn an. Was glauben Sie denn, wo die Welt ohne die Vereinigten Staaten von Amerika stunde? Wir sind der einzige verbliebene Stabilitatsfaktor. Es gibt nur ein einziges nachhaltiges Modell fur den nationalen und internationalen Erfolg, das fur jede Person in jeder Gesellschaft wahr und uneingeschrankt gultig ist, namlich das amerikanische. Wir konnen der Welt nicht gestatten, das Problem der Yrr zu losen. Wir konnen es den Vereinten Nationen nicht gestatten. Die Yrr haben der Menschheit gro?en Schaden zugefugt, aber sie halten auch ein ungeheures Potenzial an Wissen und Erkenntnissen bereit. In wessen Handen wollen Sie dieses Wissen sehen, Sigur?«

»In den Handen desjenigen, der am besten damit umgehen kann.«

»Ganz richtig.«

»Aber daran haben wir alle gearbeitet, Jude! Stehen wir nicht auf derselben Seite? Wir konnen zu einer Einigung mit den Yrr kommen. Wir konnen …«

»Begreifen Sie denn immer noch nicht? Die Moglichkeit einer Einigung ist uns verwehrt. Sie widerspricht den Interessen meines Landes. Wir, die Vereinigten Staaten, mussen an dieses Wissen gelangen, und zugleich mussen wir alles daransetzen, dass es niemand anderer erlangt. Es gibt keine Alternative, als die Welt von den Yrr zu befreien. Schon eine Koexistenz ware das Eingestandnis unserer Niederlage, einer Niederlage der Menschheit, des Glaubens an Gott, des Vertrauens in unsere Vorherrschaft. Aber das Schlimmste an einer Koexistenz ware, dass sie eine neue Weltordnung nach sich zoge. Vor den Yrr waren wir alle gleich. Jedes hoch technisierte Land konnte mit ihnen kommunizieren. Alle wurden darauf spekulieren, Bundnisse mit ihnen zu schlie?en, in den Besitz ihrer Kenntnisse zu gelangen, sie am Ende vielleicht doch noch zu bezwingen. — Wem das gelange, der wurde fortan den Planeten beherrschen.« Sie trat einen Schritt auf ihn zu. »Ist Ihnen klar, was das bedeutet? Diese Rasse da unten verfugt uber eine Biotechnologie, von der wir bis heute nicht einmal zu traumen wagten. Man kann nur auf biologischem Weg mit ihnen in Verbindung treten, also wurde uberall auf der Welt vollkommen legitim mit Mikroben herumexperimentiert. Dies konnen wir nicht zulassen. Es gibt keine Alternative, als die Yrr zu vernichten, und keine Alternative zu Amerika! Niemandem sonst durfen wir das uberlassen, nicht einmal den Waschlappen von der UNO, in der jeder Lump einen Platz und eine Stimme hat.«

»Sie sind doch nicht bei Trost«, sagte Johanson. Er musste husten. »Was sind Sie uberhaupt fur ein Mensch, Li?«

»Ich bin ein Mensch, der Gott liebt …«

»Sie lieben Ihre Karriere! Sie sind komplett gro?enwahnsinnig!«

»Und mein Land!«, schrie Li. »Woran glauben Sie denn? Ich kenne meinen Glauben. Nur den Vereinigten Staaten von Amerika kommt es zu, die Menschheit zu retten …«

»Um ein fur alle Mal klarzustellen, wie die Rollen verteilt sind, was?«

»Na und? Immer will alle Welt, dass die USA den Drecksjob machen, und jetzt machen wir ihn eben! Und genau so ist es richtig! Wir durfen nicht zulassen, dass die Welt das Wissen der Yrr untereinander aufteilt, also mussen wir sie vernichten und dieses Wissen bewahren. Danach werden wir endgultig die Geschicke des Planeten lenken, und kein Diktator und kein Regime, das uns nicht freundlich gesonnen ist, wird diese Vorherrschaft je noch einmal in Frage stellen konnen.«

»Was Sie vorhaben, ist die Vernichtung der Menschheit!«

Li fletschte die Zahne.

»Oh, diese Argumente kommen euch Wissenschaftlern ja so gut von den Lippen. Ihr habt nie daran geglaubt, dass man diesen Feind bezwingen kann, noch, dass seine Vernichtung unser Problem lost. Ihr bibbert und jammert nur rum, dass die Ausrottung der Yrr die Okosysteme des Planeten zerstoren konnte. Aber die Yrr zerstoren ihn ja bereits! Sie rotten uns aus! Sollten wir also nicht lieber ein bisschen Schaden an der Umwelt in Kauf nehmen, wenn wir dadurch langfristig wieder zur vorherrschenden Rasse werden?«

»Sie sind die Einzige, die hier vorherrschen will, Sie arme Irre. Wie wollen Sie der Wurmer Herr werden und verhindern, dass …«

»Wir vergiften erst die einen, dann die anderen. Sobald uns die Yrr nicht mehr im Wege stehen, haben wir unten freie Hand.«

»Sie vergiften die Menschheit!«

»Wissen Sie was, Sigur? In der Dezimierung der Menschheit liegt auch eine Chance. Eigentlich tut es dem Planeten doch ganz gut, wenn er insgesamt ein bisschen luftiger wird.« Lis Augen verengten sich. »Und jetzt gehen Sie mir aus dem Weg.«

Johanson ruhrte sich nicht. Er hielt sich am Seilzug fest und schuttelte langsam den Kopf.

»Das Boot ist nicht benutzbar«, sagte er.

»Ich glaube Ihnen kein Wort.«

»Dann mussen Sie’s wohl drauf ankommen lassen.«

Li nickte. »Das tue ich.«

Sie riss den Arm mit der Pistole hoch und schoss. Johanson versuchte auszuweichen. Er fuhlte, wie die Kugel sein Brustbein durchschlug und ihn eine Welle aus Kalte und Schmerz uberflutete.

Das Miststuck hatte abgedruckt.

Sie hatte ihn erschossen.

Seine Finger losten sich einer nach dem anderen vom Seilzug. Er wankte, versuchte etwas zu sagen, drehte sich und kippte bauchlings in die Pilotenrohre.

Au?enlift

Im Moment, als er Crowe springen sah, bezweifelte Anawak plotzlich, ob es gut gehen wurde. Sie zappelte in der Luft und sprang viel zu weit links. Er hechtete zur Seite und ruckwarts, breitete die Arme aus und hoffte, dass sie der Aufprall nicht beide ins Meer schleudern wurde.

Fur jemanden, der so zierlich war, traf sie ihn mit der Wucht eines heransausenden Omnibusses.

Anawak fiel auf den Rucken. Crowe lag auf ihm. Gemeinsam schlitterten sie die Schrage hinab. Er horte sie schreien und sein eigenes Schreien dazu, versuchte mit aller Kraft, die Absatze gegen den Boden zu stemmen, wahrend sein Hinterkopf uber den Asphalt rumpelte. Es war das zweite Mal, dass er an diesem Tag unerfreuliche Bekanntschaft mit dem Au?enlift machte, und er hoffte instandig, dass es das letzte Mal sein moge — so oder so.

Knapp vor der Kante kamen sie zum Stillstand.

Crowe starrte ihn an.

»Geht’s dir gut?«, fragte sie heiser.

»Mir ging’s nie besser.«

Sie rollte sich von ihm herunter, versuchte aufzustehen, verzog das Gesicht und fiel zuruck. »Geht nicht«, sagte sie. Anawak sprang auf. »Was ist los?« »Mein Fu?. Der rechte Fu?.« Er kniete neben ihr nieder und betastete das Fu?gelenk. Crowe stohnte auf. »Ich glaube, er ist gebrochen.« Anawak hielt inne. Tauschte er sich, oder hatte sich das Schiff soeben wieder ein Stuck vorgeneigt?

Die Plattform quietschte in ihren Laufschienen.

»Leg deinen Arm um meinen Nacken.«

Er half Crowe, sich aufzurichten. Wenigstens konnte sie auf einem Bein neben ihm herhupfen. Umstandlich gelangten sie ins Innere des Hangars. Man sah kaum die Hand vor Augen. Dafur war es noch abschussiger geworden.

Wie sollen wir blo? uber die Rampe kommen, dachte Anawak. Sie muss sich in den reinsten Steilhang verwandelt haben.

Plotzlich fuhlte er Wut in sich aufsteigen.

Das hier war die Gronlandische See. Der Hohe Norden. Er kam aus dem Hohen Norden. Ein Inuk. Hundert Prozent ein Inuk! Er war in der Arktis geboren worden und gehorte hierher. Aber er wurde ganz gewiss nicht hier sterben, und Crowe auch nicht.

»Los«, sagte er. »Weiter.«

Deepflight 3
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