Eine letzte Breitseite: Kommodore Bolitho im ostlichen Mittelmeer - Kent Alexander (читать книги бесплатно полные версии TXT) 📗
Auf den Laufbrucken krachte und splitterte es: die feindlichen Scharfschutzen schossen sich ein.
«Feuer!»
Ein heiseres Hurra. Die Vormaststenge des Feindes schwankte, stand still und sturzte dann in den Pulverqualm. Damit waren auch ein paar von den Scharfschutzen ausgefallen.
Doch der Feind feuerte immer noch; Bolitho fuhlte die Kugeln in Bordwand und Kampanje einschlagen, horte ihr Heulen und Krachen, die furchtbaren Schreie, wenn sie trafen.
Ein Midshipman, die Augen starr auf Bolitho gerichtet, kam ubers Deck gerannt.»Sir! DieImmo… Immor… — <, er gab es auf — ,»Captain Javals Schiff bricht durch, Sir! Mr. Yeo meldet, er hat gesehen, wie sie am Bugspriet des dritten Franzmanns vorbeistie?!»
Bolitho packte ihn bei der Schulter; der Junge fuhr erschrocken zusammen, denn eine Kugel schmetterte ins Achterdeckschanzkleid und totete zwei Manner an einem Neunpfunder. In einem blutigen Haufen fielen sie dem Midshipman vor die Fu?e, und da erst sah Bolitho, da? der Midshipman Breen war; seine roten Haare waren schwarz vom Pulverrauch.
«Danke, Mr. Breen. «Seine Hand umspannte immer noch fest die Schulter Breens, der daraufhin etwas ruhiger wurde.»Mein Kompliment an den Bootsmann. «Der Midshipman wollte schon zur Leiter rennen, doch Bolitho sagte:»Nehmen Sie sich Zeit, Mr. Breen!«Die Worte zugelten und beruhigten ihn noch mehr.»Unsere Leute achten heute sehr auf ihre jungen Offiziere!«Da grinste der Junge tatsachlich.
Herrick rief:»Ich kann die Nicator sehen, Sir! Sie kampft immer noch nicht mit!»
Bolitho uberlegte. Probyn hielt sich in sicherer Entfernung. Er konnte seine Kampfkraft auf den hintersten franzosischen Vierundsiebziger konzentrieren, der sich jetzt im Schu?wechsel mit der Immortalite befand. Oder er konnte mehr Segel setzen und der Lysander nachkommen.
Er befahl:»Signal an alle: Nahkampf!»
Herrick eilte fort; Bolitho wandte sich um und starrte uber die Netze. Er sah die Marssegel der Nicator, ihr Bestatigungssignal sehr farbig vor der Rauchwand. Qualm rollte durch die Pforten, Bolitho hustete wurgend.
«Mr. Glasson! Sagen Sie Ihren Mannern, das Signal bleibt stehen, ganz gleich, was kommt!»
«Glasson ist gefallen, Sir«, rief Herrick.
Zwei Seesoldaten hoben soeben den toten Vizeleutnant von einer Kanone. Er hatte immer noch diesen vorwurfsvollen Gesichtsausdruck; sein Mund stand halb offen, als wolle er die beiden ausschimpfen, die ihn trugen.
«Ich mache das, Sir!»
Bolitho drehte sich um. Da stand Saxby und starrte ihn an. Den hatte er ganz vergessen.
«Danke. «Er versuchte zu lacheln, aber sein Gesicht war steif und unbeweglich.»Ich will, da? man das Signal und unsere Flagge sieht. Und wenn Sie sie an den Bugspriet binden mussen!»
Er horte das Stohnen brechenden Holzes, und dann rief Major
Leroux von der Kampanje her:»Captain Javal hat schwer zu kampfen, Sir! Sein Besan ist weg, anscheinend will er entern!»
Bolitho nickte. Die Franzosen hatten sicher Javals Schiff als eins ihrer eigenen erkannt. Sie wurden zuallererst versuchen, es wieder zu erobern. Das war nur naturlich.
«Mehr Segel, Thomas!«sagte er.»Setzen Sie Bramsegel! Ich will zwischen die Versorgungsschiffe!»
Von einer Rah fiel ein Matrose herunter ins Netz; sein Arm stieg durch die Maschen: der Tote griff nach den Lebenden.
Doch andere reagierten auf die Befehle. Unter mehr Segeln uberholte die Lysander den franzosischen Zweidecker.
Herrick wischte sich das verschmierte Gesicht mit dem Armel und grinste.»War schon immer ein Schnellsegler, Sir!«Kampfeswut in den Augen, schwenkte er seinen Hut.»Hurra, Jungs! Trefft gut, Jungs!»
Wieder brach eine lange Reihe Mundungsfeuer aus dem Rumpf der Lysander, mit einer vollen Schwenksalve der unteren Batterie brachten Leutnant Steeres Geschutzfuhrer mehrere Treffer an. Der Franzose hatte keine Maststengen mehr, und das Vorschiff war ein wustes Chaos aus gebrochenen Spieren und Wanten. Mehrere Stuckpforten waren schwarz und leer wie blinde Augen; dort waren die Kanonen umgesturzt, die Bedienungen tot oder verwundet.
Aber er folgte immer noch, der Bugspriet, drohend wie ein Sto?zahn, auf gleicher Hohe mit der Lysander, nur eine halbe Kabellange querab.
Leroux' Scharfschutzen feuerten pausenlos und mit grimmig verzerrten Gesichtern auf die Ziele, die ihr langer Sergeant ihnen aussuchte.
Aber auch die Franzosen waren nicht faul — die Luft uber der Kampanje schwirrte von Musketenkugeln. Splitter flogen von Planken und Laufbrucken auf und schlugen bosartig in die gestauten Hangemattsnetze. Hier und da sturzte ein Mann vom Geschutz oder aus den Wanten, und das Getose der Salven wurde unertraglich. Auf dem Kurs der Lysander lagen mehrere Transporter; zwei von ihnen, die beim hastigen Fluchtversuch kollidiert waren, hingen noch zusammen. Kipling stand zwischen seinen vorderen Geschutzen, trieb die Karronadenkanoniere und alle, die in seiner
Nahe waren, zu hochster Eile an. Die vordersten Geschutze auf beiden Decks mischten schon heftig mit, beharkten die beiden ineinander verhedderten Transporter, die bereits wie durres Gras brannten.
Wild brullte Veitch durch sein Sprachrohr:»Mr. Kipling! Ziel an Steuerbord!»
Er deutete mit der Sprechtrompete hin, und ein Matrose packte Kipling beim Arm: dort kam das schwere Transportschiff aus Kor-fu mit den charakteristischen, rotbemalten Bordleisten durch den dichten Rauch; die Rahen angebra?t, ihr Vorsegel prall gefullt, versuchte es, den brennenden Schiffen auszuweichen.
«Feuer!»
Bolitho schritt umher wie im Alptraum, feuerte die Manner an, sprach ihnen Mut zu, wu?te dabei gar nicht, ob sie ihn erkannten oder auch nur horten, was er sagte. Uberall schufteten die Manner an den Kanonen, feuerten, starben. Andere lagen stohnend da und hielten sich ihre Wunden. Manche sa?en auch nur herum und starrten auf nichts — vielleicht war ihr Verstand fur immer verstort.
Das Tageslicht schien vollig geschwunden zu sein. Und doch wu?te Bolitho, sosehr sich ihm der Kopf auch drehte, da? es nicht spater als acht oder neun Uhr morgens sein konnte. Das Atmen war schwer und schmerzhaft, denn alle Luft schien von den Kanonen ausgespien und von den verschmorten Mundungen angeheizt zu sein, ehe sie die Lungen erreichte.
Eine Kartatsche fegte uber die Netze; er sah, wie Veitch herumgerissen wurde, seinen Arm beim Ellbogen packte und mit schmerzhaft verzerrtem Gesicht auf das Blut starrte, das ihm vom Handgelenk auf die Hose stromte. Ein Matrose wollte ihm zur Leiter helfen; aber Veitch knurrte:»Bind's ab, Mann! Deswegen geh' ich nicht unter Deck!»
Die Kanonen der Lysander feuerten nach beiden Seiten, suchten die verschwommenen Ziele, die im Rauch auftauchten und wieder verschwanden; im Krachen der Breitseiten konnte Bolitho die Schusse heraushoren, die ihre Ziele trafen und Masten, Segel, Manner im tobenden Anprall niedermahten.
«Da geht sie hin!«brullte Herrick und zeigte nach vorn.
Das Transportschiff mit den roten Bordkanten holte steil uber;
der Rumpf war von mehreren Einschussen durchlochert. Das Gewicht der Ladung tat das ubrige. Die machtigen Belagerungsgeschutze lockerten sich in den Zurrings; obwohl kein Ton den Kanonendonner durchdrang, glaubte Bolitho zu horen, wie die See ins Schiff stromte. Schon kampfte sich die Mannschaft zum Oberdeck durch. Bald mu?te der Transporter sinken.
Die franzosische Fregatte, in der Feuerkraft hoffnungslos unterlegen, hatte versucht, die Versorgungsschiffe vor dem Angriff abzuschirmen. Sie kam jetzt, aus allen Rohren schie?end, aus dem Rauch hervor, unter dem Druck ihrer Segel stark krangend. Sie fegte am Bug der Lysander vorbei, ihre Kugeln schlugen in Galion und Kluver ein, warfen eine Karronade von ihrer Lafette und toteten Leutnant Kipling auf der Stelle.
Als sie an Steuerbord vorbeikam, hockten die Bedienungen der vorderen Geschutze mit roten, brennenden Augen hinter den Pforten. Auf ihren pulvergeschwarzten Rucken zog der Schwei? glanzende Bahnen. Sie beobachteten die Fahrt der Fregatte und warteten auf Kiplings Pfiff, der nicht kam. Statt seiner brullte Bootsmann Yeo durch die hohlen Hande:»Feuer!»