Der Stolz der Flotte: Flaggkapitan Bolitho vor der Barbareskenkuste - Kent Alexander (читать полностью бесплатно хорошие книги txt) 📗
In Bolithos Arm klopfte das Blut, vielleicht vor Aufregung. Das Schiff konnte wieder ein Kauffahrer sein oder aber eine feindliche Patrouille. Vielleicht sogar die Spitze eines gro?en Verbandes. Aber diesen Gedanken lie? er fallen. Wenn das Schiff zum Geschwader aus Cartagena gehorte, hatte es sich erheblich von seiner Station entfernt; und wenn der Feind wirklich hinter Broughton hergewesen ware, hatte er keine Zeit verschwendet und gleich den ganzen Verband eingesetzt.
Er nahm ein Teleskop und ging rasch aufs Achterdeck. Jetzt konnte er das Glas schon besser mit einer Hand regieren; und als er es uber die Valorous hinaus richtete, sah er das kleine Viereck eines Segels, das auf der Kimm zu ruhen schien.
Ashton, hoch uberm Deck und mit seinem starken Glas, hatte weit bessere Sicht.»Zweidecker, Sir«, erklang seine Stimme schrill uber das Rauschen der Takelage.»Halt auf uns zu!»
Bolitho eilte wieder aufs Huttendeck.»Wir sollten lieber Segel kurzen, Sir. Dann wissen wir genau Bescheid.»
«Na schon«, nickte Broughton,»geben Sie entsprechendes Signal.»
Die Zeit schlich dahin, die Matrosen fa?ten ihr Mittagessen, schwerer Rumgeruch hing in der Luft. Es hatte schlie?lich keinen Sinn, die tagliche Routine zu unterbrechen, wenn noch reichlich Zeit fur die
Entscheidung war, welche Aktion man einleiten sollte — falls uberhaupt eine.
Fur einen Zweidecker kam das fremde Schiff sehr schnell auf. Die voll ziehende Leinwand war gut zu erkennen. Der Kommandant hatte sogar Leesegel setzen lassen, so da? der Rumpf beinahe unter der Pyramide aus steifem Tuch verschwand.
Erregt gellte Ashton:»Sie setzt Erkennungssignal, Sir!»
«Ach du lieber Gott!«Broughton bi? sich auf die Lippe und starrte zu dem Midshipman hinauf, der auf dem Eselshaupt des Gro?mastes sa?. Tothill war zu Ashton aufgeentert, und beide blatterten im Signalbuch; es schien sie gar nicht zu storen, da? das Deck so tief unter ihren baumelnden Beinen lag.
«Einer von uns, Sir«, sagte Bolitho.»Verstarkung, moglicherweise. Aber auf alle Falle werden wir Neues horen.»
Unglaubig starrte er zum Mast empor und wollte seinen Ohren nicht trauen. Denn:»Die Impulsive, Sir, vierundsechzig Geschutze, Kommandant Captain Herrick!«schrillte Tothill.
Broughton fuhr herum und fragte scharf:»Kennen Sie den Mann?»
Bolitho konnte nicht gleich antworten. Thomas Herrick! Wie oft hatte er an ihn gedacht und an Adam, seinen Neffen, hatte sich ausgemalt, wo sie waren und was sie erleben mochten. Und jetzt war er hier. Hier!
«Seit Jahren, Sir«, antwortete er endlich.»Er war mein Erster Offizier. Und ist mein bester Freund.»
Broughton musterte ihn mi?trauisch und befahl dann kurz:»Signal an Geschwader: >Beidrehen.< Und an die Impulsive: Kommandant zu mir an Bord!<«Er sah zu den Flaggen auf, die sich im Wind entfalteten.»Hoffentlich taugt er was!»
Bolitho lachelte.»Ware er nicht gewesen, Sir, wurde dieses Schiff noch unter franzosischer Flagge segeln.»
«Na, wir werden ja sehen«, knurrte der Admiral.»Ich bin achtern, wenn er an Bord kommt.»
Keverne wartete, bis Broughton gegangen war, und fragte dann:»War er tatsachlich so entscheidend daran beteiligt, da? dieses Schiff genommen wurde, Sir? Mit einem kleinen Vierter-Klasse-Schiff?»
Nachdenklich sah Bolitho ihn an.»Mein eigenes Schiff war fast kampfunfahig. Captain Herrick hat sich ohne zu zogern dazwi-schengeworfen, mit seinem kleinen Vierundsechziger, der au?erdem noch erheblich alter ist als Sie. «Er deutete auf das geschaftige Achterdeck.»Genau da, wo Mr. Partridge steht, war es — da hat sich der franzosische Admiral ergeben.»
«Das habe ich nicht gewu?t«, antwortete Keverne betroffen. Er starrte auf das ordentliche Deck, als erwarte er, noch Spuren des blutigen Kampfes zu sehen.
Tothill kam an einem Backstag heruntergerutscht und rief:»Alle Schiffe haben bestatigt, Sir!»
«Mr. Keverne«, sagte Bolitho,»fuhren Sie das Manover aus. Und lassen Sie die Ehrenwache antreten, damit unser Gast anstandig empfangen wird.»
Bolitho fuhrte seinen Freund auf die Kampanje, weg von der brutenden Hitze und der schlagenden Leinwand, und sah ihm erst einmal grundlich ins Gesicht.»Thomas, es ist wirklich schon, da? Sie da sind!»
Beim Anblick von Bolithos verwundetem Arm war Herrick zunachst erschrocken, jetzt aber grinste er ubers ganze Gesicht.»Ich brauche nicht erst zu erlautern, wie mir war, als ich Order bekam, zu Ihrem Geschwader zu sto?en.»
Bolitho fing das unregelma?ige Schwanken ab, mit dem die Eurya-lus auf den Seegang reagierte, und musterte ihn neugierig. Er war etwas voller im Gesicht, unter dem goldbetre?ten Dreispitz sahen einige graue Haare hervor, aber er war immer noch derselbe. Dieselben Augen vom hellsten Blau, das Bolitho je gesehen hatte.
«Erzahlen Sie mir von Adam. Ist er noch bei Ihnen?»
«Aye. Und der Wunsch, Sie wiederzusehen, brennt ihn fast zu Asche.»
Bolitho lachelte.»Wenn Sie mit Sir Lucius gesprochen haben, konnen wir uns unterhalten.»
Freudig fa?te Herrick seinen gesunden Arm.»Das werden wir!»
Als Bolitho zur Seite trat, um Herrick den Vortritt auf der Leiter zu lassen, sah er die beiden goldenen Epauletten auf seinen Schultern. Ein alterer Kapitan war er also jetzt! Trotz allem hatte Herrick es geschafft und sich durchgesetzt, genau wie er selber.
Sie traten in die geraumige Kajute, und Broughton erhob sich von seinem Schreibtischsessel.»Sie haben Depeschen fur mich, Captain?«Er tat sehr dienstlich.»Ich habe nicht damit gerechnet, da? ich Verstarkung bekomme.»
Herrick legte einen versiegelten Umschlag auf den Tisch.»Von Sir John Jervis, Sir. «Er verzog den Mund.»Pardon, ich meine Lord St. Vincent, wie sein Titel jetzt lautet.»
Broughton warf den Umschlag dem verlegen dabeistehenden Cal-vert zu und sagte:»Erzahlen Sie mir, was es Neues gibt. Was wurde aus der verdammten Meuterei?»
«Es gab einiges Blutvergie?en«, antwortete Herrick zuruckhaltend,»und ziemlich viel Geschrei; doch als Ihre Lordschaften gewisse Konzessionen gemacht hatten, erklarten sich die Leute bereit, den Dienst wieder aufzunehmen.»
«Erklarten sich bereit!«Unglaubig starrte Broughton ihn an.»Ist das alles?»
Ernst wandte Herrick die Augen ab.»Die Radelsfuhrer wurden gehangt, Sir, aber vorher wurden einige Offiziere wegen Unfahigkeit abgelost.»
Broughton sprang auf.»Woher wissen Sie das alles?»
«Mein eigenes Schiff war an der Nore-Meuterei beteiligt, Sir.»
Der Admiral schien zu glauben, er habe nicht richtig gehort. »Ihr Schiff? Hei?t das, Sie haben dabeigestanden und sich das Schiff we g-nehmen lassen?»
Gelassen erwiderte Herrick:»Ich hatte keine Wahl, Sir. «Bolitho sah die altbekannte Dickkopfigkeit aus Herricks Augen blitzen, als er jetzt weitersprach:»Und uberhaupt hielt ich die me isten Forderungen fur berechtigt. Ich konnte auch an Bord bleiben, weil sie wu?ten, da? ich sie verstand — wie viele andere Offiziere ubrigens auch.»
Eilig unterbrach Bolitho:»Das ist sehr interessant, Captain. «Hoffentlich verstand Herrick die Warnung.»Sir Lucius hat ganz ahnliche Erfahrungen in Spithead gemacht. «Er lachelte Broughton freundlich an.»Nicht wahr, Sir, das stimmt doch?»
Broughton offnete den Mund, schlo? ihn wieder und sagte dann:»Ah. Bis zu einem gewissen Grade, ja.»
Herrick trat einen Schritt naher.»Aber, Sir, ich habe Ihnen noch nicht berichtet, was sich auf der Fahrt hierher ereignet hat. Ich stie? bei Cadiz zu Lord St. Vincent und bekam Order, Ihr Geschwader zu suchen. Er braucht die Bombenwerferschiffe fur einen Angriff auf Teneriffa, glaube ich. Unter Fuhrung von Konteradmiral Nelson. »
«Konteradmiral ist er schon?«knurrte Broughton.
Herrick verkniff sich ein Lacheln.»Aber vor zwei Tagen sichteten wir ein fremdes Segel vor Malaga. Ich schnitt ihm den Weg zur Kuste ab und machte mich an die Verfolgung. Es war eine Fregatte, Sir, und obwohl mein Vierundsechziger ziemlich schnell ist, kam ich da nicht mit. Aber ich blieb zunachst dran; heute fruh erst habe ich sie verloren. Als ich Ihre Nachhut sichtete, dachte ich, sie ware es.»