Admiral Bolithos Erbe: Ein Handstreich in der Biskaya - Kent Alexander (читаем полную версию книг бесплатно txt) 📗
Doch Bolitho kam aus dem Schritt und stolperte, wahrend der Franzose schon zum zweiten Hieb ausholte.
«Von wegen, Musjo!»
Alldays machtiges Entermesser zuckte am Rand von Bolithos Gesichtsfeld vorbei und traf mit einem dumpfen Schlag wie auf massives Holz. Wo steckte Remond? Fieberhaft sah Bolitho sich um, den Sabel am schmerzenden Arm gesenkt. Endlich waren auch weitere Soldaten herubergesprungen. Mit ihren Spie?en bahnten sie sich eine blutige Gasse zum Achterschiff.
An der Backbordleiter zur Poop stand, gedeckt von einigen seiner Offiziere, Konteradmiral Remond. Sie entdeckten einander im selben Moment, und ihre starren Blicke verhakten sich.
Remond reagierte als erster.»Ergeben Sie sich! Ohne das Flaggschiff ist es um Ihr Geschwader geschehen!»
Hohn- und Protestgeschrei der Englander, die sich uber die ganze Lange des Schiffes bis zum Achterdeck durchgekampft hatten, antwortete ihm. Bolitho hob die Waffe und rief:»Ich warte, Admi-ral!»
Das Herz klopfte ihm bis zum Hals, denn er wu?te, da? er seinen Rucken ungedeckt jedem Scharfschutzen darbot, der noch den Schneid zum Weiterkampfen aufbrachte.
Remond ri? sich den Hut vom Kopf und antwortete:»Nur zu, M'sieu!»
Bolitho horte Allday hinter sich flustern:»Mein Gott, er hat Ihren alten Sabel, Sir!«»Ich wei?.»
Bolitho machte einen Schritt von seinen Mannern weg nach vorn und spurte dabei, da? ihre irrwitzige Mordlust einer grimmigen Neugier gewichen war.
Aber da? er die alte Familienwaffe in Remonds Hand sah, war genau der Ansporn, den er noch gebraucht hatte.
Ein enges Geviert auf dem von Schussen zernarbten Deck wurde ihre Arena, gesaumt von Matrosen und Soldaten, die vorubergehend zu Zuschauern geworden waren.
Die Klingen kreuzten sich und zuckten wieder zuruck. Bolitho achtete auf einen guten Stand und ignorierte den alten Schmerz in der Schenkelwunde, um dem Gegner keine verraterische Schwachstelle zu zeigen.
So Mann gegen Mann, mit gekreuzten Klingen, spurte Bolitho die ganze Kraft seines Gegners, die Starke dieses untersetzten, muskulosen Korpers.
Trotz der Todesgefahr empfand Bolitho Alldays Nahe als beruhigend. Der Bootsfuhrer begriff, da? dies eine Sache zwischen Bolitho und Remond war, und hielt sich zuruck; aber seine Untatigkeit konnte nicht endlos wahren, genausowenig wie dieses Duell wirklich den Ausgang der ganzen Schlacht entscheiden wurde. Schon jetzt mu?ten die Offiziere auf dem unteren Batteriedeck der Sultane begriffen haben, was vorging, und ihre Leute in den Kampf gegen die Enterer werfen.
Mit hellem Klang schlugen die Klingen aneinander. In plotzlicher Klarsicht erinnerte sich Bolitho an seinen Vater, der ihn mit dem Sabel, den Remond jetzt fuhrte, das Fechten gelehrt hatte.
Drohend bedrangte ihn Remonds Nahe, er roch seinen Schwei?, als die Sabel sich am Heft verhakten; dann stie? er den Gegner zuruck und verschaffte sich wieder Luft.
Hinter ihm schluchzte jemand unbeherrscht auf. Das mu?te Stir-ling sein, der wohl entgegen seinen Anweisungen hinter der Entermannschaft an Bord gekommen war, obwohl es ihn leicht das Leben kosten konnte.
Sie rechnen alle mit meinem Tod, dachte er.
Wie vorhin der Anblick des alten Familiensabels in der Hand des Feindes brachte diese Erkenntnis ihn in Wei?glut. Doch wahrend er zuhieb und parierte, den Standort wechselte und den Gegner umkreiste, spurte er die Kraft seines Arms allmahlich erlahmen.
Am Rand seines Blickfelds gewahrte er eine langsame Bewegung und stellte sich einen flie?enden Moment lang vor, da? ein zweites franzosisches Schiff seine Odin jetzt von der anderen Seite her in die Zange nahm, wie sie es von Anfang an geplant hatten.
Aber dann verschlug es ihm fast den Atem. Dieser Schatten war kein Linienschiff! Er konnte nur die Phalarope sein! Wahrend Odin sich in ihren ubermachtigen Gegner verbissen hatte und Herricks Geschwader den Rest der franzosischen Streitmacht band, hatte Phalarope sich durch die Schlachtlinie gekampft, um ihm und Odin zu Hilfe zu kommen.
Bolitho schnappte nach Luft, als der Schutzbogen von Remonds Sabel ihn schmerzhaft an der Schulter traf. Er konnte ihn gerade noch zurucksto?en. Der andere hatte sein momentanes uberraschtes Zogern ausgenutzt und sah sich schon als Sieger.
Bolitho taumelte gegen die Hangemattsnetze, sein Sabel fiel klappernd aufs Deck. Vor sich sah er Remonds schwarze Augen, starr und erbarmungslos, an der gezuckten Klinge entlangvisieren, deren Spitze genau auf sein Herz gerichtet war.
Da — ein ohrenzerfetzendes Krachen! Karronadenfeuer aus nachster Nahe verwandelte die eben noch erstarrte Szene auf dem Achterdeck in ein wildes Chaos. Phalarope hatte das ungeschutzte Heck des franzosischen Flaggschiffs gequert und spie ihm ihre gro?kalibrigen Kartatschen durch die Heckfenster, da? der morderische Hagel durch die ganze Lange des unteren Batteriedecks flog.
Das Schiff baumte sich auf und schien auseinanderzubrechen. Vor Bolithos Augen barsten Metallsplitter und gehacktes Blei durch die Decksplanken und die Bordwand; manche fetzten wie riesige Hornissen als Querschlager durch die Luft. Und einer dieser Splitter traf Remond mitten im Ausfall zum Todessto?.
Bolitho merkte, da? Allday ihm auf die Fu?e half, da? Remond auf dem Rucken lag, in Hohe des Magens aus einer faustgro?en Wunde blutend. Neben Bolitho erwachte ein englischer Seemann aus seinem Schockzustand, gewahrte den sterbenden Admiral zu seinen Fu?en und hob das Entermesser, um seiner Qual ein Ende zu machen.
Aber Allday hatte Bolithos Gesichtsausdruck gesehen und fiel dem Mann in den Arm.»Langsam, Kamerad! Er hat genug. «Dann buckte er sich und entwand den Fingern des Sterbenden vorsichtig den alten Sabel der Bolithos.»Er dient eben nicht zwei Herren, Musjo. «Aber Remonds Blick war schon starr und ohne Begreifen.
Bolitho nahm die Familienwaffe in beide Hande und drehte sie langsam hin und her. Rund um ihn schrien seine Manner hurra und sturzten einander jubelnd in die Arme, nur Allday stand stumm und wachsam da, bis auch der letzte Franzose die Waffe weggeworfen hatte.
Bolitho sah Stirling an, der vor ihm lehnte, von einem unkontrollierbaren Zittern geschuttelt.»Wir haben gesiegt, Mr. Stirling.»
Der Junge nickte, aber sein starrer Blick verriet noch Benommenheit. Dieser gro?e Augenblick verstrich, ohne da? er ihn im Geiste fur den Brief an seine Mutter festhielt.
Ein junger Leutnant, dessen Gesicht Bolitho irgendwie bekannt schien, drangte sich durch die jubelnden Seeleute und Marinesoldaten. Er erkannte Bolitho und griff gru?end zum Hut.
«Gott sei gedankt, Sie leben, Sir!»
Bolitho musterte ihn eingehend.»Danke. Aber kamen Sie, mir das zu sagen?»
Der Leutnant starrte die Toten und Verwundeten an, das zerschossene Deck und die blutigen Spuren der Schlacht.
«Ich soll Ihnen melden, Sir, da? der Feind die Flagge gestrichen hat. Das hei?t, alle Schiffe bis auf eines haben kapituliert. Es versucht, in die Loire zu entkommen, aber Nicator ist schon hinter ihm her.»
Bolitho mu?te den Blick abwenden. Also ein Sieg, wie er nicht uberwaltigender hatte sein konnen. Mehr hatte selbst Beauchamp nicht erwarten durfen.
Dann wandte er sich wieder dem Leutnant zu; der junge Mann mu?te ihn ja fur wunderlich halten.
«Von welchem Schiff kommen Sie?»
«Von der Phalarope, Sir. Ich bin Fearn, provisorischer Erster Offizier.»
Bolitho konnte ihn nur anstarren.»Provisorischer Erster?«Der Mann wich verwirrt zuruck, aber Bolitho dachte jetzt nur an seinen Neffen.»Ist Leutnant Pascoe…?«Er konnte es nicht aussprechen.
Erleichtert atmete der Leutnant auf; also hatte er doch nichts falsch gemacht.
«O nein, Sir! Leutnant Adam Pascoe ist provisorischer Kommandant. «Er sah zum Batteriedeck hinunter, als sei ihm eben erst die Erkenntnis gekommen, da? er uberlebt hatte.»Leider mu? ich Ihnen mitteilen, da? Kapitan Emes gefallen ist, als wir durch die franzosische Linie brachen.»