Admiral Bolithos Erbe: Ein Handstreich in der Biskaya - Kent Alexander (читаем полную версию книг бесплатно txt) 📗
Searle befahl:»Wir steuern weiter genau Ost. «An Browne gewandt, fugte er hinzu:»Damit behalten wir die Luvposition und kommen gleichzeitig naher ans Festland heran. «Durch den Regen starrte er Browne an.»Bald mussen wir ungefahr dort sein, wo Ganymede auf Sie stie?.»
«Ja.»
Browne wischte sich den Regen aus den Augen. Er konnte immer noch nicht daruber sprechen, au?er mit Bolitho. Ihm fuhlte er sich durch dieses schreckliche gemeinsame Erlebnis verbunden.
Dann spahte er zum Gro?mast mit seinem uralten, verschlissenen Rigg hinauf.
«Wie war's mit einer Kletterpartie, Mr. Stirling?»
Der Midshipman zog seinen Gurtel enger.»Aye, Sir. Was soll ich machen?»
«Gute Idee«, sagte Searle und klopfte Browne auf die Schulter.»Entern Sie auf, nehmen Sie Segelhandschuh und Nadel mit, als hatten Sie oben etwas zu reparieren. Obwohl ich bezweifle, da? die Fischer Teleskope an Bord haben.»
Stirling glitt behende am Mast in die Hohe und war oben bald scheinbar in seine Arbeit vertieft.
Corporal Coote, einer der vier Soldaten, die den Gestank und die Unbequemlichkeit der Fischlast aushaken mu?ten, reckte hoffnungsvoll den Hals, spahte ubers Sull und blickte die beiden Leutnants fragend an.
«Na, Corporal?«erkundigte sich Browne.
«Wir haben in einer alten Kiste hier unten ein paar Weinflaschen gefunden, Sir. «Sein Gesicht war ein Bild reiner Unschuld.»Wenn wir im Einsatz sind, lassen uns die Offiziere sonst immer einen Schluck trinken.»
Browne nickte.»Ich nehme an, das geht schon in Ordnung.»
Aber der Steuermann an der Pinne fuhr mit lauter Stimme dazwischen:»Du bist dir wohl fur keine Luge zu schade, Coote! Ich wei? genau, was eure Offiziere erlauben und was nicht.»
Zerknirscht verschwand der Corporal au?er Sicht, und Hoblin murmelte:»Vermaledeite Kommi?koppe! Halten zu Gnaden, meine Herren, aber die wurden einem Kruppel noch das Holzbein klauen, um Feuer damit zu machen!»
Browne warf Searle einen Blick zu und grinste.»Dabei hatte ich selber einen Schluck gebrauchen konnen.»
Searle wandte sich wortlos ab. Browne war zwar ranghoher als er, hatte aber offenbar nicht die harte Schule der unteren Decks durchlaufen — oder der Kasernen. Er lockerte den Sabel an seiner Seite. Das ware ein schones Ende ihrer Unternehmung gewesen, wenn sie mit einer Mannschaft, die zur Halfte aus Betrunkenen bestand, auf den Feind gesto?en waren!
Er befahl:»Noch einen Strich hoher an den Wind! Und haltet scharf Ausschau, alle!»
Soweit Browne sehen konnte, bestand die Fischereiflotte aus zirka drei?ig Fahrzeugen. Geschickt hielt ihr Steuermann sie abseits von den anderen, wahrend die Seeleute sich auf dem unordentlichen Deck mit Netzen und Taljen beschaftigten, als seien sie ihr Lebtag lang auf Fischfang gegangen.
«Ich sehe keine Soldaten, jedenfalls nicht an Deck. «Searle schlug frierend die Hande gegeneinander.»Wenn ich's doch nur wagen konnte, ein Fernglas zu benutzen!»
Hoch uber Deck hing Midshipman Stirling schwingend auf seinem luftigen Sitz, starrte zu den anderen Fischerbooten hinuber und lie? die Beine im Regen baumeln. Wie die meisten jugendlichen Seekadetten war er schwindelfrei. Er sah zu, wie der Regen sich vor dem Bug teilte und das Nachbarboot einhullte, das etwa eine Kabellange entfernt an Steuerbord segelte. Dabei tauschte er weiter Ausbesserungsarbeiten vor, obwohl er die Segelnadel gleich in den ersten Minuten auf seinem unsicheren Sitz verloren hatte.
Unter ihm sackte das Boot wieder in ein Wellental ab, und Stir-ling horte einen Taljenblock quietschen, als er auf seinem Bootsmannstuhl wie ein Kartoffelsack gegen den Mast geschleudert wurde.
Und da sah er sie: Sie leuchteten selbst noch im grauen Morgenlicht, ihr Rigg und die gekreuzten Rahen glanzten vor Nasse.
«Backbord voraus, Sir!«rief er nach unten.»Funf, nein, sechs Linienschiffe vor Anker!«Vor Aufregung hatte er fast gestottert.
An Deck wechselten Hoblin und die beiden Leutnants fragende Blicke. Der Steuermann sagte:»Vor zwei Tagen waren die aber noch nicht hier, Sir. Mussen heimlich von Lorient gekommen sein. Sonst waren sie gesichtet worden.»
Browne rief zu Stirling hinauf:»Noch mehr?»
«Kann ich nicht sagen, Sir. Druben geht wieder eine Regenbo nieder. Aber ich bin fast sicher, da? dort noch kleinere Schiffe vor Anker liegen.»
Browne sah Searle an.»Das ist Remonds Feuerwehr, mochte ich wetten. Seine schnelle Einsatztruppe. «Er packte seinen neuen Freund am Arm.»Seltsam. Wir wollten ja unbedingt rekognoszieren, aber jetzt, da wir sie entdeckt haben, ist der Schock gro?.»
«Was nun?»
Browne starrte uber die Gischt nach vorn. Stirling mu?te gute Augen haben, dachte er. Denn er selbst konnte nichts anderes sehen als die endlos auf sie einsturmenden wei?en Wellenkamme.
«Wir mussen zuruck zum Geschwader. Konteradmiral Bolitho mu? erfahren, da? die Franzosen von Lorient ausgebrochen sind.»
«Vorsicht, Sir!»
Ein Seemann deutete mit teerschwarzem Daumen auf einen Fischkutter dichtbei, der ihnen bisher nicht aufgefallen war. Jetzt aber befand er sich auf konvergierendem Kurs, und zwischen den Regenschleiern erkannte Browne an Bord zwei Uniformierte, schlimmer noch: ein Drehgeschutz im Bug.
Searle befahl heiser:»Weitersagen: nicht beachten!»
Browne bemerkte einen sofortigen Stimmungswechsel an Bord. Sogar Stirling oben hatte einen Arm um den Mast geschlungen, als wolle er in Deckung gehen.
«Zwei Strich abfallen!»
Hoblin murmelte:»Sinnlos. Der Hund hat uns gesehen.«»Verdammt. «Searle blickte Browne an.»Was soll ich tun?«Hoblin sagte:»Sie konnen uns den Weg abschneiden. Wir haben keine Chance.»
Browne starrte zum fremden Boot hinuber. Zwei weitere Uniformierte waren an Deck erschienen. Er erinnerte sich, da? auch in dem von ihnen erbeuteten Kutter vier Soldaten gewesen waren.
«Keine Chance zur Flucht«, sagte er.»Aber wir konnen kampfen.»
Searle nickte.»Wenn wir sie entern und ausschalten, ehe sie diese Drehbasse zum Einsatz bringen, kommen wir vielleicht davon. «Er schuttelte sich.»Jedenfalls lasse ich mich nicht als Spion hangen!»
Hoblin verzog das Gesicht, als ein Strahl wa?rigen Sonnenlichts auf ihre Segel fiel, als wolle der Himmel ihr Boot an den Feind verraten.
«Wenn wir Sonne brauchen, regnet es! Und jetzt ist es genau umgekehrt, verdammt!»
Searle befeuchtete sich die Lippen.»Sie sind bald in Horweite. «Ohne aufzublicken, rief er gedampft:»Mr. Stirling — wenn ich den Angriffsbefehl gebe, kommen Sie blitzschnell runter. Korporal Coote — klar bei Musketen!»
In der Fischlast war Getrampel zu horen und dann Klappern, als die Seesoldaten ihre Waffen klarierten. Aufs Schie?en verstanden sie sich, auch wenn es schlecht fur sie aussah.
Browne rief hinunter:»Wenn wir das hinter uns haben, kriegen Sie so viel Wein, wie Sie wollen, Korporal!»
Seltsamerweise rief das wirklich Gelachter hervor.
«Sie stoppen auf, Sir.»
Browne sah, da? auf dem anderen Boot Segel weggenommen wurden und ein Soldat nach vorn zum Geschutz ging. Aber das alles spielte sich ganz ohne Hast ab, und ein zweiter Soldat rauchte in aller Gemutsruhe seine Pfeife weiter, wahrend er zusah, wie die Fischer die grobe Leinwand einrollten.
«Man ruft uns langsseits!«Hoblins Stimme klang, als sprache er durch die Zahne.»Alles klar, Sir?»
Searle blickte schnell zu Browne hinuber und rief dann:»Achtung, Jungs!»
Der Schatten des anderen Kutters glitt uber die brechenden Seen naher und naher, und dann, als nur noch ein Dreieck Wasser zwischen den beiden Fahrzeugen lag, entstand druben plotzlich Unruhe.
«Jetzt! Leeruder!»
Ruckartig schwang ihr Bug herum, und noch wahrend die Seeleute an die Fallen rannten, um die Segel zu streichen, kollidierten die beiden Boote, rutschten ab und stie?en wieder zusammen.
Midshipman Stirling sturzte beim Niederentern fast zwischen die Rumpfe, denn Hoblin ri? die Pinne schon wieder herum und bohrte den Steven ins Schanzkleid des Gegners.