Admiral Bolithos Erbe: Ein Handstreich in der Biskaya - Kent Alexander (читаем полную версию книг бесплатно txt) 📗
«Sicherlich, Onkel. Trotzdem.»
«Herrgott, du wirst noch genauso stur wie Herrick. Und jetzt fort mit dir, zuruck auf dein Schiff, und der Himmel sei dir gnadig, wenn ich druben bei euch irgendwelche Laxheiten entdecke. Denn ich wei? nur zu gut, an wen ich mich dafur zu halten hatte!»
Diesmal grinste Pascoe ubers ganze Gesicht.
«Danke, Onkel.»
Gemeinsam gingen sie aufs Achterdeck hinaus, wo Herrick in unbehaglichem Schweigen neben Kapitan Emes wartete.
«Der Wind frischt auf, Sir«, berichtete Herrick.»Darf ich vorschlagen, da? die Gig von Phalarope langsseits gerufen wird?«Er warf Emes einen schragen Seitenblick zu.»Sollte mich nicht wundern, wenn ihr Kommandant so bald wie moglich auf sein Schiff zuruckkehren mochte.»
Pascoes Blick glitt einmal zwischen den beiden hin und her, dann trat er forsch auf seinen Kommandanten zu.
«Vielen Dank, da? ich Sie begleiten durfte, Sir.»
Emes musterte ihn argwohnisch.»Das war doch eine Selbstverstandlichkeit, Mr. Pascoe.»
Bolitho wollte die enge Vertrautheit mit seinem Neffen noch einen Augenblick langer genie?en.
«In Gibraltar habe ich Belinda Laidlaw getroffen«, berichtete er und spurte, wie ihm unter Pascoes uberraschtem Blick das Blut ins Gesicht scho?.»Sie ist jetzt auf der Heimreise nach England.»
Pascoe lachelte.»Verstehe, Onkel — ah, Sir. Das wu?te ich nicht. Es war sicher ein sehr erfreuliches Wiedersehen. «Sein Blick wanderte vergnugt von Bolitho zu Herrick.
Die Offiziere tippten zum Abschied gru?end an ihre Hute, dann stieg Emes hinter Pascoe in die wartende Gig hinunter.
Wutend flusterte Herrick ihnen nach:»Unverschamter junger Lummel!»
Mit ernstem Gesicht wandte sich Bolitho ihm zu.»Weshalb, Thomas? Ist mir etwas entgangen?»
«Tja, ah, Sir, ich wollte sagen. «Herrick verstummte verwirrt.
Uber ihnen beugte sich Wolfes machtige Gestalt vor.»Gestatten Sie, da? wir das Schiff wieder in Fahrt bringen, Sir?»
Bolitho nickte knapp.»Gestattet. Ich furchte, dem Kommodore hat es die Sprache verschlagen.»
Damit schritt er nach Luv hinuber, wahrend die Deckswache wieder einmal an die Brassen und Schoten eilte.
Bewolkung war aufgezogen, es herrschte ein kurzer, steiler Seegang. Moglicherweise braute sich Schlechtwetter zusammen.
Bolitho sah der Gig nach, die gerade ihr Anlegemanover am Mutterschiff fuhr, und lie? Pascoes Worte in sich nachklingen: >Ein sehr erfreuliches Wiedersehen.< Erriet er den wahren Sachverhalt, oder hatte er ihn nur necken wollen?
Eines stand jedenfalls fest: Pascoe freute sich fur sie beide, und das machte die Dinge sehr viel leichter.
Die freudige Erregung, mit der Bolitho seine kleine Streitmacht wieder vereint hatte, wich allmahlich nervtotender Langeweile, als die Tage sich zu Wochen dehnten, ohne da? etwas geschah. Durch Bolithos Anwesenheit wurde der Blockadedienst nicht kurzweiliger. Die ode Monotonie, mit der sie vor der feindlichen Kuste auf und ab segelten, und das bei jedem Wetter, brachte es unausweichlich mit sich, da? Schlamperei und Aufsassigkeit einrissen; dies wiederum fiatte haufigere Disziplinarma?nahmen zur Folge.
Zweifellos beobachtete der franzosische Admiral von einem sicheren Aussichtspunkt an der Kuste das Auftauchen und Verschwinden ihrer Segel an der Kimm, wahrend er sich reichlich Zeit nahm, seine wachsende Invasionsflotte fur ihren letzten und entscheidenden Durchbruch zum Armelkanal vorzubereiten.
Ganymede war naher an die Kuste befohlen worden, um nach verankerten Schiffen Ausschau zu halten, wurde aber von zwei feindlichen Fregatten sehr schnell verjagt, die auf dem Hohepunkt eines Gewitters uber sie herfielen. Das engmaschige Nachrichtennetz der Semaphoren funktionierte also nach wie vor einwandfrei.
Aber bevor er sich auf die offene See zuruckgezogen hatte, war dem Kommandanten der Ganymede der ungewohnlich starke Fischereiverkehr aufgefallen.
Gegen Ende der dritten Woche sichteten die Ausguckposten die Linienschiffe Indomitable und Odin, die von Norden her zu ihrem Geschwader stie?en. Bolitho atmete auf. Denn er hatte einen nachdrucklichen Ruckruf erwartet oder einen Befehl Ihrer Lordschaften, Herrick den Oberbefehl abzutreten und sich selbst auf den Heimweg zu machen. Es hatte bedeutet, da? Beauchamps Plane aufgegeben wurden und Styx umsonst geopfert worden war. Als die beiden Linienschiffe gravitatisch in Lee von Benbow ihre Stationen bezogen, saumten alle Manner der Freiwache die Reling und starrten neugierig hinuber, ob sie bekannte Gesichter entdeckten oder Neuigkeiten aus der Heimat erfuhren. Jede Kleinigkeit, die das traurige Einerlei des Blockadedienstes vertrieb, war hochwillkommen.
Bolitho stand mit Herrick an Deck, beobachtete den Austausch von Signalen und freute sich am vertrauten Anblick dieser stolzen Schiffe. Odin hatte er nicht mehr gesehen, seit sie vor Kopenhagen so grausam zusammengeschossen worden war; aber ohne Muhe konnte er sich das lange Pferdegesicht von Francis Inch, ihrem Kommandanten, vorstellen und wie er bei ihrem Wiedersehen vor Freude springen wurde. Aber das mu?te noch warten. Erst mu?ten Nachrichten ausgetauscht, Depeschen gelesen und beantwortet werden. Und au?erdem hatte er gar keinen Anla?, seine Kommandanten zusammenzurufen, dachte Bolitho, plotzlich ernuchtert.
Er nahm seinen gewohnten ungestorten Spaziergang auf dem Achterdeck wieder auf. Hin und her, hin und her marschierte er, und seine Fu?e stiegen dabei wie von selbst uber Decksbeschlage und aufgeschossene Leinen hinweg.
Die Neuankommlinge kurzten die Segel, und ein Beiboot mit einem dicken Postsack im Heck strebte auf die Benbow zu.
Als er sich genug Bewegung verschafft hatte, kehrte Bolitho in seine Kajute zuruck; ihm war seltsam melancholisch zumute, was vielleicht an der ersten Andeutung von Septemberfrost in der Luft lag oder auch an dem Mangel an Neuigkeiten. Bei rauhem Wetter war die Biskaya ein hollisches Seegebiet. Dann brauchte es mehr als tagliches Exerzieren, um die Besatzung alarm- und kampfbereit zu halten.
Also mu?te bald etwas geschehen. Sonst hinderte der nahende Winter die Franzosen daran, ihre neue Invasionsflotte nach Norden zu verlegen. Aus demselben Grund mu?ten die Englander dann ihre Blockadeschiffe von der gefahrlichen Kuste abziehen. Viel Zeit blieb nicht mehr.
Browne offnete einen Briefumschlag nach dem anderen und stapelte die dienstlichen Schreiben auf der einen Seite, Bolithos private Post auf der anderen.
Schlie?lich fa?te er zusammen:»Keine neuen Befehle, Sir.»
Das klang so heiter, da? Bolitho eine Zurechtweisung schon auf der Zunge lag. Aber er unterdruckte seinen Arger. Es war nicht Brownes Schuld. Vielleicht hatte sein Geschwader von Anfang an nur Flagge zeigen sollen, weiter nichts.
Sein Blick blieb an einem Brief hangen, der auf dem Privatstapel ganz oben lag.
«Danke, Oliver.»
Er setzte sich und las ihren Brief ganz langsam, um nur ja nichts zu ubersehen. Halb furchtete er ein Wort des Bedauerns von ihr uber das, was in Gibraltar zwischen ihnen geschehen war.
Aber ihre Worte streichelten ihn wie eine warme Sommerbrise. In Minutenfrist fuhlte er sich seltsam erleichtert und entspannt, und sogar der alte Schmerz in seiner Schenkelwunde lie? nach.
Sie wartete auf ihn.
Entschlossen stand Bolitho auf.»Signal an Phalarope, Oliver, mit der Ma?gabe, es an Rapid weiterzuleiten. «Belindas Brief in der Hand, schritt er ungeduldig in der Kajute auf und ab.
Browne starrte ihn stumm an; dieser plotzliche Stimmungswechsel faszinierte ihn.
«Wachen Sie auf, Oliver!«schnappte Bolitho.»Sie wollten neue Befehle — gut, hier sind sie: Rapid wird angewiesen, die Umstande zu erkunden, unter denen ein Fischkutter gekapert werden konnte, und sofort Ruckmeldung zu erstatten, wenn es soweit ist.»
Geistesabwesend hatte er sich mit dem Brief an die Lippen getippt und hob ihn jetzt an die Nase. Das war ihr Parfum. Sie mu?te ihn absichtlich parfumiert haben.