Der Stolz der Flotte: Flaggkapitan Bolitho vor der Barbareskenkuste - Kent Alexander (читать полностью бесплатно хорошие книги txt) 📗
«Sie kommt schnell auf, Sir.»
Wieder uberlegte er, ob er selbst auf entern sollte. Aber statt dessen fragte:»Funfzig Kanonen meinen Sie, Mr. Keverne?»
«Aye, Sir. Ich kenne den Typ. Gut bewaffnet gegen Piraten und dergleichen. Wir konnten sie Meile um Meile einholen, aber wahrscheinlich ist sie zu wendig fur uns.»
«Damit kommen wir auch nicht weiter«, fuhr Broughton wutend dazwischen.
«Wir mussen sie dicht herankommen lassen, Sir. «Rasch ging Bolitho zum Rad hinuber und wieder zuruck, ohne es recht zu merken.»Aber wir mussen den Windvorteil behalten. Sonst konnen wir uns bald ihr Heck besehen.»
«Vielleicht sollten wir die franzosische Flagge hissen, Sir?«schlug Partridge vor.
Der Admiral hieb sich vor Ungeduld auf den Schenkel.»Viel zu auffallig!»
Er sah Hauptmann Giffard und seinen Leutnant mit Teleskopen auf dem Achterdeck stehen und das fremde Schiff betrachten.»Weg mit diesen Offizieren da! Rotrocke auf einem franzosischen Kriegsschiff — was bilden Sie sich eigentlich ein, Giffard?»
Die beiden Marine-Infanteristen verschwanden wie der Blitz.
«Mann uber Bord, Sir«, sagte Bolitho langsam.
«Wie war das?«Broughton starrte ihn an, als sei er verruckt geworden. »Mann uber Bord?»
«Der einzige Grund, weshalb ein Schiff auf hoher See halsen kann, ohne Verdacht zu erregen.»
Broughton offnete den Mund und schlo? ihn wieder. Unsicherheit und Zweifel uberwaltigten ihn fast.
«Wir brauchen einen guten Schwimmer«, fuhr Bolitho mit sanfter Uberredung fort.»Und die Besatzung der Jolle mu? schon bereitstehen. Wir konnen sie spater wieder aufgreifen. Ist einen Versuch wert, Sir«, schlo? er mit zuversichtlichem Nicken.
Schweigend uberlegte Broughton.»Es konnte klappen«, sagte er schlie?lich.»Und wir hatten Zeit, um…«Er stampfte auf die Planken.»Jawohl, bei Gott! Wir probieren es!»
Bolitho atmete tief.»Mr. Keverne, holen Sie die Breitfock ein. Wir bleiben unter Marssegel und Kluver. Das ist bei diesem Kurs ganz normal, sie werden nicht gro? darauf achten. «Keverne eilte hinweg, und Bolitho wandte sich an Partridge.»Das wird unsere Fahrt ein bi?chen mindern. Wir wollen auch nicht zu sehr vor ihren Bug kommen.»
Grinsend nickte Partridge, so da? sein Doppelkinn an der Halsbinde wabbelte. Er hatte sich zwar geargert, als Broughton seinen Vorschlag so scharf ablehnte, schien aber bereits wieder bester Laune zu sein.
Von Kevernes Sprechtrompete angetrieben, rannten die Matrosen an die Schoten und Fallen, und die Fock schlug knatternd nach innen.
Als der Erste zuruckkam und» Fock auf geholt und festgemacht!«meldete, sagte Bolitho:»Schicken Sie einen erfahrenen Unteroffizier nach oben, der den Spanier genau beobachtet und sofort meldet, wenn er Miene macht, abzudrehen. Anschlie?end konnen Sie die Manner auf Gefechtsstationen pfeifen. Wir konnen das Oberdeck jetzt nicht gefechtsklar machen; es mu? also nachher schnell und gut klappen.»
Keverne eilte hinweg, und Broughton fragte ungeduldig:»Wie lange?»
«Eine Stunde hochstens, Sir. Ich gehe noch einen Strich hoher an den Wind. Das hilft etwas.»
«Und in drei Stunden ist es so dunkel, da? man nichts mehr sieht«, nickte Broughton grimmig.»Also dann!»
Der Admiral wandte sich zur Kampanje, blieb aber noch einen Moment stehen und sagte ganz sanft:»Aber wenn Sie mir mein Flaggschiff dabei kaputtmachen, Bolitho, dann geht's Ihnen dreckig, das kann ich Ihnen versprechen!»
Bolitho sah zum Steuermann hinuber.»Einen Strich nach Luv!«Dann zwang er sich dazu, langsam, die Hande auf dem Rucken, an der Luvseite auf und ab zugehen. Wenn der Euryalus etwas passiert, dann geht's uns allen dreckig, dachte er.
Bolitho hielt sein Glas auf das fremde Schiff gerichtet. Seit es zuerst uber der Kimm erschienen war und die Euryalus gefechtsklar gemacht hatte, wartete er auf irgendwelche Anzeichen, da? der Spanier etwas gemerkt hatte; aber das Schiff druben hielt seinen Kurs und lag nun knapp zwei Meilen entfernt. Wenn die Euryalus auf ihrem jetzigen Kurs weitersegelte, wurde der Spanier mit etwa einer Meile Abstand ihr Kielwasser kreuzen.
Keverne hatte das Schiff ganz richtig beschrieben: ein Zweidecker unter allen verfugbaren Segeln, ein schoner Anblick in voller Fahrt; der Schaum spritzte uber die knallrot und blau gemalte Galionsfigur bis zur Hohe ihrer bauchigen Fock. Bolitho konnte noch das altmodische dreieckige Besansegel uber der reichgeschnitzten Kampanje ausmachen und die Sonnenreflexe auf den Teleskopen der Offiziere, die sie auf die Euryalus gerichtet hatten, wobei sie sich zweifellos die Kopfe daruber zerbrachen, wer sie sei und was sie hier zu suchen habe.
«Langsam kommen wir der Sache naher«, sagte Keverne grimmig.
Bolitho schritt zur Achterdecksreling und sah unten einen kraftigen Matrosen inmitten einer schnatternden Gruppe von Gaffern stehen.
«Fertig, Williams?»
Der Mann schielte zu ihm hinauf und grinste unsicher.»Aye, Sir.»
Bolitho nickte. Wohlwollende hatten ihn zweifellos kraftig mit Rum gelabt. Nicht zu kraftig, war zu hoffen, sonst konnte sich die Kriegslist zu einem plotzlichen Begrabnis auf hoher See auswachsen. Bolitho ging wieder nach Luv hinuber, richtete sein Glas auf das fremde Schiff und befahl:»Mr. Keverne, mittleres und unteres Batteriedeck sollen die Steuerbordgeschutze doppelt laden. Sorgen Sie dafur, da? erst auf ausdrucklichen Befehl ausgerannt wird. Wenn auch nur ein Rohr vorzeitig erscheint, sind unsere Freunde auf und davon.»
Keverne winkte einem Midshipman, und Bolitho rief Leutnant Me-heux, der das obere Batteriedeck kommandierte. Mit ungewohnlich dusterer Miene starrte er auf seine Kanonen.
«Keine Angst, Mr. Meheux, Ihre Geschutzbedienungen werden bald genug zu tun bekommen. Aber wenn die druben sehen, da? wir die Persennings abnehmen und laden, ist es mit der Tauschung vorbei.»
Meheux fa?te an den Hut, aber der Schatten dusterer Enttauschung hing weiterhin uber seinem runden Gesicht.
Allday kam mit Bolithos Degen uber das Achterdeck gerannt. Bo-litho nahm die Arme hoch, Allday schnallte ihm gewandt das Koppel um und sagte dabei:»Ich habe dem Bootsfuhrer der Jolle gesagt, was Sie von ihm erwarten, Captain, und auch, was er kriegt, wenn er's verpatzt. «Dabei grinste er schadenfroh.
Bolitho runzelte die Stirn. Der Spanier kam doch weiter achterlich vorbei, als er berechnet hatte. Jetzt mu?te gehandelt werden, jetzt oder nie.
«Also los, Williams, uber Bord!»
Der riesige Matrose kletterte auf den Backborddecksgang und beugte sich grimmig entschlossen uber die Reling.
«Na, der gibt ja ein tolles Schauspiel ab«, murmelte Keverne grimmig. Mit Armen und Beinen um sich schlagend, verschwand Williams in der Tiefe.
«Da geht er hin!«Partridge rannte zuruck auf seinen Platz beim Ruderrad.
«Mann uber Bord!«Bolitho eilte zu den Netzen, die Besatzung der Jolle lie? die scheinbar anderweitige Beschaftigung sein und sturzte auf ihre Station. Erleichtert atmete er auf, als der Kopf des Matrosen dicht an der Bordwand auftauchte.»Mr. Keverne, brassen Sie das Kreuzmarssegel back! Und raus mit dem Boot!«rief er. Leicht hatte Williams in seinem Eifer den rechten Moment verpassen und sich an der ausladenden Rundung des Schiffsrumpfes einen Arm oder den Schadel brechen konnen.
Die Besatzung sprang in das schon langsseit liegende Boot; oben schlug das Kreuzmarssegel gegen Mast und Rah und wirkte wie die Bremse eines Frachtwagens, dem die Pferde durchgehen, eben lange genug, da? Bolitho seine Augen von dem gelenkten Durcheinander losrei?en und zu dem spanischen Schiff hinuberspahen konnte. Es lag etwa zwei Kabellangen von dem Punkt entfernt, wo es das Kielwasser der Euryalus kreuzen wurde, und er konnte erkennen, da? Matrosen zum Vorschiff eilten, um sich das Schauspiel anzusehen.
Er hob die Hand.»Jetzt! Klar zum Halsen!»
Schon drehte sich die Gro?bramrah knarrend in die alte Position zuruck, und die Matrosen rannten aus ihren Verstecken auf Stationen, vom gellenden Hurrageschrei der ungeduldig wartenden Geschutzbedienungen angetrieben.