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Die Feuertaufe: Richard Bolitho - Fahnrich zur See - Kent Alexander (книги онлайн txt) 📗

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«Sie feuert!»

Die Stuckpforten spuckten eine Reihe gelbroter Flammen aus, aber die Breitseite kam zu fruh; sie peitschte die See weit hinter dem Heck der Sandpiper; ein paar Kugeln fegten heulend uber das Achterdeck dahin.

«Kursanderung, Mr. Starkie!«rief Bolitho.»Zwei Strich nach Luv, wenn Sie konnen.»

Starkie offnete schon den Mund, um zu protestieren, aber er uberlegte es sich anders. Seine Blicke hingen an einigen kaum uberspulten Klippen, die an Steuerbord achteraus blieben. Die hatte die Sandpiper zwar vermieden; aber das bedeutete, da? sie jetzt mitten zwischen den Riffen war. Wie eine Fliege im Spinnennetz.

«An die Brassen! Hol an!«Dancer sprang zu Hilfe.»Hievt, Jungs!»

Hoch uber dem stampfenden Schiffsrumpf brummte und knarrte jede Want, jedes Segel, als der Bug langsam herumschwang und dann Richtung auf den nachsten Fetzen Land nahm.

Noch eine holprige Breitseite von der Fregatte; die Kugeln hupften harmlos achtern ubers Wasser, und ein Matrose lie? sogar ein schuchternes Hurra los — er begriff wohl nicht, in welcher Gefahr er sich befand.

Bolitho brullte:»Hol mir den besten Geschutzfuhrer, schnell, Martyn! Schnell!»

«Sudost zu Sud, Sir«, sang der Ruderganger aus. Er begriff jetzt uberhaupt nichts mehr.

«Recht so.»

Starkie drehte sich kurz um und erblickte den grauhaarigen alten Seemann in geflickter Hose und kariertem Hemd, der nach achtern gerannt kam und gru?end die Fingerknochel an die Stirn tupfte.

«Taylor, Sir.»

«Schon, Taylor; holen Sie sich Ihre zwei verla?lichsten Geschutzbedienungen und bemannen Sie die beiden hintersten Sechspfunder an Steuerbord.»

Taylor blinzelte — war dieser Midshipman nun tatsachlich verruckt geworden? Schlie?lich befand sich der Feind doch an der anderen Seite!

Bolitho sprach rasch; er hatte nur die Fregatte und die Peilung der Sandpiper im Sinn, sonst war sein Hirn vollig leer. Er versuchte, sich an alles zu erinnern, was er gelernt hatte, was man ihm von seinem zwolften Lebensjahr an bis zum heutigen Tage eingeprugelt hatte.»Doppelte Ladung. Ich wei?, es ist ein Risiko. Aber wenn ich Feuerbefehl gebe, mussen Sie die Fregatte in den Bug treffen.»

Langsam nickte Taylor. Er fuhr mit seinem teerigen Daumen durch die Luft.»Aye, Sir. Versteh schon, was Sie vorhaben, Sir. «Er hoppelte hinweg, brullte ein paar Namen und kontrollierte dabei schon die beiden achteren Sechspfunder.

Bolitho blickte Starkie in die Augen.»Ich will halsen und wieder raus aus den Riffen. Dann kommt die Fregatte bestimmt hinterher sie hat den Wind unter ihren Rockscho?en, sehr gunstig fur sie. «Grimmig nickte Starkie dazu.»Aber fur ein paar Minuten haben wir sie vor unseren Kanonen. Sehr viel ist ja nicht mit den Dingern los, aber immerhin. .»

Er lachelte, und das wurde ihm so schwer, da? ihm die Lippen dabei eiskalt wurden.»Und sie wird bestimmt nicht darauf gefa?t sein, da? wir zuruckschie?en. Nicht ausgerechnet jetzt.»

Starkie spahte voraus wie ein Wanderer, der seinen Weg sucht.»Ich glaube, ich wei? eine Durchfahrt. Nicht sehr breit. «Er wedelte mit der Hand zweifelnd durch die Luft.»Mit der Tiefe, das wei? ich nicht recht. Zwei Faden, [6] soweit ich es beurteilen kann.»

Dumpfe Gerausche an Steuerbord verrieten Bolitho, da? Taylor und seine Manner ihre Geschutze bald klar haben mu?ten.

Plotzlicher Kanonendonner machte ihm begreiflich, da? die Fregatte immer noch entschlossen war, die Sandpiper lahm zu schie?en und dann zu entern. Halblaut murmelte er:»Diesmal noch nicht, mein Freund. «Starkie lie? das Teleskop sinken, als die Kugeln der Fregatte uber die Masten hinwegheulten und ein paar Taue und ein paar Blocke an Decke schleuderten. Die Sandpiper ruckte heftig: sie hatte ihren ersten Treffer erhalten.

Starkie rief:»Klar zum Halsen, wenn Sie soweit sind!«Er wischte sich den stromenden Schwei? mit dem Unterarm von der Stirn.

«Fier auf die Brassen! Hol dicht!«Bolitho nickte zu den beiden Geschutzmannschaften hinuber. »Ausrennen!»

Er pre?te die Hande hinter seinem Rucken zusammen, bis er.ruhiger wurde. Dancer und ein paar Matrosen an den Pardunen und Hei?leinen starrten ihn an, als wollten sie ihr Schicksal von seinem Gesicht ablesen.

Er horte, wie der alte Geschutzfuhrer sagte:»Denkt dran, Jungs. Wenn wir halsen, kommen wir in Lee von diesem Miststuck. Aber wenn das Schiff mit der Backbordseite hochgeht, habt ihr den richtigen Schu?winkel.»

Fur kurze Zeit lie? der Wind etwas nach, und wahrenddessen erstarben die Gerausche der Wellen und der Segel. Mitten in Bolithos dahinrasende Gedanken drang ein anderer Laut: unten in seiner Kajute stohnte Tergorren wie ein todwunder Stier. In ihrer verruckten, hoffnungslosen Situation kam ihm die» Unpa?lichkeit «des Leutnants vollends unwirklich vor. Er ri? sich zusammen und war wieder da.»Rund achtern! Fier auf!»

Die Sandpiper legte sich wie trunken nach Lee, ihr Bugspriet hob sich steil und fiel dann schmetternd in die kabbelige See, aber sie reagierte wieder auf Segel und Ruder. Doch sie machte dabei einen unbeschreiblichen Krach, so da? ein Einzelschu? des Buggeschutzes der Fregatte fast in dem donnernden Schlagen der Segel, dem protestierenden Kreischen der Taljen und dem Ba?gebrumm der saitenstraff gespannten Takelung unterging. Die Manner holten die Brassen mit solcher Kraft an, da? ihre Korper fast parallel zum Deck lagen. Andere eilten ihren Kameraden an den Fallen und oben in den Masten zu Hilfe und rissen die quietschenden Rahen noch weiter herum, da? sich die Segel fullten und hart wie Panzer im Wind standen.

Bolitho versuchte, nicht nach den Riffen und auch nicht nach Starkie hinzusehen, der ein Stuck die Wanten aufgeentert war, um die Passage durch die Brecher besser abschatzen zu konnen. Aus der von dem Zufallstreffer der Pegaso geschwachten Takelung fielen noch ein paar abgeschorene Enden an Deck und trafen Taylor, den alten Geschutzfuhrer, aber dessen eisenharte Schultern zuckten nicht einmal.

Weiter, immer weiter schwang die Brigg herum; Masten und Rahen knarrten laut, als sie auf den anderen Bug ging; in Lee schwemmte die schaumende See uber das Schanzkleid, von dem aus man eben noch den Blick auf den Feind gehabt hatte.

Wumm! Eine Kugel schnitt durch die Wellenkamme und schlug wutend in den Schiffsrumpf. Schreckensschreie ertonten.

«An die Pumpen!«Bolitho horte sich zwar Kommandos schreien, aber er kam sich wie ein Zuschauer vor, den das alles gar nichts anging. Eiskalt beobachtete er, wie der Gegner am Heck drehte — oder so sah es wenigstens durch die scharfe Kursanderung der Sandpiper aus.

«Jetzt!«Seine Stimme ging in dem allgemeinen Larm unter, und er brullte mit au?erster Lautstarke:»Ziel bekannt! Feuer!»

Eben schwang das Focksegel der Pegaso herum — ihr Kapitan mu?te sich entschlossen haben, ebenfalls zu halsen und der Brigg zu folgen.

Bolitho wu?te, da? Taylor hinter einem der beiden Geschutze kauerte, aber er konnte jetzt nicht hinsehen. Er horte das Zischen der Lunte, und doch fuhr er vor Schreck zusammen, als das Geschutz krachend losging. Druben schuttelte sich die Fock der Pegaso, und ein machtiges Loch erschien wie durch Zauber in der Leinwand. Unter dem Andruck des Windes und der zusatzlichen Belastung durch die plotzliche Kursanderung ri? das Segel nach allen Richtungen weiter ein und ging vollig in Fetzen.

«Sie halst immer noch, Sir!«brullte Starkie.

Die Stimme des Ausgucks schnitt wie eine Sage durch Bolithos Gedanken:»Brecher an Backbord, Sir!»

Aber sein einziger Gedanke war: Das geht schief! Der Doppelschu? hatte zwar die Fock zerstort, aber einer Fregatte unter vollen Segeln machte das nichts aus. Waren beide Schiffe erst einmal klar von den Riffen (und komischerweise zweifelte er nicht im geringsten daran, da? Starkie das schaffen wurde), konnte der Pirat sie ohne weiteres uberholen und entern.

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6

1 Faden = 1,829 m (Ma? fur die Wassertiefe, d. Ubs.)

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