Fieber an Bord: Fregattenkapitan Bolitho in Polynesien - Kent Alexander (читать книги онлайн бесплатно без сокращение бесплатно .txt) 📗
Aber warum auch nicht? Die Piraten — oder was sie sonst waren — hatten ein ganzes Kriegsschiff geblufft und sogar einen britischen Offizier, der zu ihnen an Bord gekommen war, von ihrer Legalitat uberzeugen konnen. Nun lagen sie sicher in einer Bucht verankert, mit ausgestellten Wachtposten an Land — warum sollten sie sich nicht unangreifbar fuhlen?
Als der Anruf kam, war er laut und uberraschend.»Boot ahoi?«Eine englische Stimme. Allday nahm die zwei leeren Flaschen zwischen seinen Fu?en und zerschmetterte sie in der Bilge, warf den Kopf zuruck und brach in ein drohnendes Gelachter aus. Bolitho vernahm mehr Stimmen auf dem Schiff, aber keinen weiteren Anruf. Das Flaschengeklirr war uberzeugender gewesen als jede Parole.
«Ich habe einen von uns im Vorschiff gesehen, Sir. «Miller hatte den Kopf vorsichtig uber die Bordwand des Bootes gehoben.»Bei Gott, sie sind oben. Sie haben es geschafft!«Das Boot war jetzt fast langsseit, und Bolitho erkannte die Schanzkleidpforte und daneben zwei dunkle Gestalten, die ihre Annaherung beobachteten. Er konnte das Schiff auch riechen, diese vertraute Mischung aus Teer und Hanf. Einer der beiden Beobachter wandte sich dem Vorschiff zu, als dort in einem kurzen Aufleuchten des Mondes eine Gestalt sichtbar wurde; sie schwankte nach beiden Seiten und griff haltsuchend in die Wanten.
Allday flusterte:»Das ist Haggard, Captain. Als Schauspieler besser als auf dem Mast, wie es scheint. «Haggard zog jetzt die Aufmerksamkeit der Wache voll auf sich. Wurdevoll richtete er sich plotzlich auf und sturzte dann mit einem lauten Klatschen ins Wasser. Zweierlei ereignete sich jetzt fast gleichzeitig: Die Wachtposten verlie?en die Pforte und verschwanden in Richtung Vorschiff — in der Annahme, da? da einer der Ihren uber Bord gegangen war. Und dann scholl aus der Dunkelheit heftiges Spritzen, als ob etwas mit gro?er Geschwindigkeit durchs Wasser geschleppt wurde. Alle horten Haggards Aufschrei: «Mein Bein!«Sein nachster Schrei brach unvermittelt ab, als er unter Wasser gerissen wurde.
Bolitho nahm dies alles wahr, als er in den Bug des Bootes sturmte, wo schon Enterhaken uber die Reling der Eurotas geworfen wurden. An Haie hatte er nicht gedacht und nie geglaubt, da? sie in die Bucht eindringen wurden. Doch die treibende Leiche mochte einen angelockt haben, der Haggard jetzt zwischen diesen gra?lichen Kiefern zermalmte.
Er horte sich selbst brullen:»Vorwarts, Leute! Drauf!«Das brach den Bann. Die eben noch schreckstarren Matrosen sprangen alle gleichzeitig auf und kampften wie die Wilden, um die Sprossen des Seefallreeps zu erreichen. Auf der Gangway ging eine Pistole los, und eine Kugel fuhr singend an Bolithos Gesicht vorbei, als er sich an Deck schwang. Die beiden Wachtposten standen erstarrt im gedampften Mondlicht, einer blickte Bolitho entgegen, und der andere stierte immer noch zum Vorschiff, als erwarte er, da? der gra?liche Hilfeschrei sich wiederholte. Matrosen drangten an Deck, stie?en sich gegenseitig beiseite in ihrer Gier, die beiden Posten zu erreichen. Entermesser zischten durch die Luft, und die beiden fielen ohne einen Laut.
Von der Kampanje her ertonten weitere Schreie; mehr Piraten schienen durch die Vorderluke aufs Vorschiff zu klettern.
Aber Keen und seine Leute sturmten schon auf den Laufgangen nach vorn, feuerten auf die Luke und den Steuerbord-Kranbalken, wo ein Mann kauerte, sei es, um nach dem Hai auszuspahen oder um sich zu verbergen. Bolitho sturmte blindlings zur Kampanje, sturzte beinahe uber eine Gestalt, die hinter einem Niedergang hervor ihm in den Weg trat. Er duckte ab und stie? mit dem Degen zu, spurte, wie er gegen Metall traf, als der Mann seinen Angriff parierte. Degengriff an Degengriff, drangten sie auf das Ruder zu. Matrosen sturmten an ihnen vorbei, wahrend andere innehielten, um hastig nachzuladen. Aus der Ferne vernahm Bolitho Musketenfeuer und wu?te, da? Quare mit den Wachtposten an Land zusammengesto?en war. Doch er fuhlte nur eines: kalten Ha? gegen den
Mann, der ihm den Weg versperrte. Der Atem des Mannes, sein Schnapsgestank, die Warme seines Korpers, das alles schien unwirklich.
Bolitho spurte den heftigen Druck seines Gegners und wich aus; der andere kam aus dem Gleichgewicht und fiel gegen das Schanzkleid. Etwas flirrte an Bolithos Augen vorbei, und er horte das widerliche Knirschen von Stahl auf Knochen. Dann stie? Allday den Toten eine Leiter hinunter. Sofort fuhr er wieder herum und holte mit dem Entermesser aus, als eine Gestalt von der Kampanje fortrannte. Allday traf den Mann an der Schulter, und als dieser aufschreiend sturzte, erledigte er ihn mit einem harten Schlag in den Nacken.
Ein anderer lag schluchzend auf den Knien und flehte in einer fremden Sprache, aber der Sinn seiner Worte war nur zu klar. Miller packte ihn am Haar und stie? ihn uber die Reling. Der wilde Aufruhr im Wasser verriet, da? weitere Haie sich auf ihre unerwartete Beute sturzten. Licht stromte aus der Kampanje, und Bolitho sah in der Tur einen Mann kauern und in den Hollenlarm hinausspahen. Bolitho ri? seine Pistole aus dem Gurtel und druckte ab. Da nichts geschah, schleuderte er sie gegen die Tur und rannte hinterher. Die Wucht seines Angriffs ri? ihm beinahe den Degengriff aus der Hand, als er dem Aufspringenden die Klinge in den Leib stie?.
Seitlich horte er Schreie und Schusse, die anscheinend vom Wasser her kamen. Jemand versuchte wohl, in einem Boot zu entkommen. Doch das konnte er Keen uberlassen. Mit dem Fu? stie? er die Tur ganz auf, schob den Sterbenden vom Sull und drang in die Hutte der Eurotas ein. Ihm bot sich ein schauerliches Bild. Die Turen der Kajuten waren aus den Angeln gerissen oder eingeschlagen. Kleidungsstucke, Waffen und anderer Privatbesitz lagen uberall verstreut.
Auf dem Huttendeck uber sich horte er eine vor Entsetzen schrille Stimme, und dann Miller laut drohend:»Bleib stehen, du elender Schuft!«Es endete damit, da? etwas uber die Decksplanken geschleift wurde, dann folgte ein letztes Rocheln.
Langsam ging Bolitho weiter nach achtern, den Degen sto?bereit. Vorsichtig setzte er die Fu?e, um nicht in dem Chaos auf dem Boden zu stolpern.»Vorsicht, Capt'n!«Das war Jenners Stimme. Geduckt huschte er an Bolitho vorbei, ein Schatten, dem zwei Matrosen folgten. Jenners Gesicht leuchtete kurz auf, als in der Kajute nebenan eine Pistole abgefeuert wurde; der Mann neben ihm sturzte und pre?te dabei die Hande vor den Leib, wahrend ihm bereits Blut aus dem Mund stromte. Jenner ri? den rechten Arm hoch, und ein kleiner Dolch schwirrte wie ein blitzender Pfeil in die offene Tur. Als Bolitho sie erreichte, hatte Jenner die Klinge bereits aus der Brust seines Opfers gezogen und wischte sie an dessen Hosenbein ab.
Wieder stampften Schritte uber das Hauptdeck; Keen drang in die Kampanje ein, einen Krummsabel in der einen Hand, in der anderen eine leergeschossene Pistole wie eine Keule haltend.
«Vorschiff und Oberdeck sind unser, Sir. «Er atmete sehr schnell; im Licht der Laterne funkelten seine Augen noch vor Kampfeslust.»Einige sind im Boot entkommen«, fugte er hinzu.»Aber Quares Scharfschutzen werden sie wohl erledigen. «Er blickte auf die Toten nieder.»Es ist uns gelungen, zwei Gefangene zu machen. «Bolitho nickte kurz.»Offnet die Achterluke, macht euch aber auf Uberraschungen gefa?t. Mr. Ross ubernimmt den Befehl auf dem Oberdeck. Pa?t auf, da? keiner das Ankertau kappt.»
Er ging an der letzten Offizierkammer vorbei auf die gro?e Achterkajute zu. Wieder das wilde Durcheinander von Kleidungsstucken und ausgeleerten Seekisten. Auf dem Tisch des Kapitans standen die Reste einer nicht beendeten Mahlzeit. Daneben lag das Kleid einer Frau: blutbefleckt. Plotzlich war es sehr still, als ob das ganze Schiff vor Entsetzen lausche.
«Weiter!«Er verlie? die Kajute. Allday blieb ihm auf den Fersen, wandte den Kopf nach rechts und links, als wolle er Bolitho vor einem plotzlichen Angriff schutzen. Als die Luke nicht ohne Schwierigkeiten geoffnet worden war, denn sie war wie auf einem Sklavenschiff mit Balken verkeilt und mit Ketten gesichert, wurde es Bolitho fast ubel von dem Gestank nach Exkrementen und Angst, der ihm entgegenschlug.