Galeeren in der Ostsee: Konteradmiral Bolitho vor Kopenhagen - Kent Alexander (лучшие бесплатные книги txt) 📗
Es war schlimm heute, dachte Allday, schlimmer als seit langer Zeit. Der Schmerz war noch da, in Deckung wie ein wildes Tier, aber bereit, hervorzubrechen und ihn zu vernichten.
Er folgte Bolitho an die kalte Luft, beobachtete, wie er den beiden Danen die Hande schuttelte, bevor er sie zum Fallreep begleitete und zusah, wie sie in ihr Boot kletterten. Dann ein Lacheln zu Neale und noch ein Handschlag mit dem danischen Lotsen, der dem Master auf ihrem letzten Stuck des Wegs beistehen sollte.
Pascoe ging mit einigen Seeleuten vorbei, um das Beiboot der Fregatte zum Aussetzen klarzumachen, falls es verlangt wurde.
Wieder sah Allday ihren kurzen Austausch von Blicken, wie zwischen Brudern. Worte waren dabei uberflussig.
Aber diesmal ware Allday gern ohne das Privileg ausgekommen, diese Beziehung zu kennen und zu teilen. Er kannte Bolitho zu gut, als da? er sich durch seine au?erliche Ruhe tauschen lie?. Es war kein leichtes Geheimnis, da? er fur sich behalten mu?te.
In einer schonen Stadt wie Kopenhagen an Land zu gehen, war ein besonderes Erlebnis fur Bolitho. Er ware gern auf den Platzen herumgestreift, die von eindrucksvollen Bauten und hohen, mit gruner Patina bedeckten Turmen gesaumt waren und aussahen, als ob sie schon seit Ewigkeiten stunden. Dazwischen gab es einladende kleine Gassen, die Bolitho nur kurz aus dem Fenster des Wagens sah, den Inskip ihm zum Hafen geschickt hatte.
Genau wie die danischen Behorden wollte Inskip zu jeder Tageszeit wissen, wo sich ein britischer Admiral, der die Stadt besuchte, aufhielt. Bolitho fragte sich, was der Kutscher wohl getan hatte, wenn er ihm befahl, einen anderen Weg einzuschlagen.
Als er sich an Bord fur seinen Besuch in Inskips Buro vorbereitet hatte, waren Neale und seine Offiziere gerade dabeigewesen, den Hafen und nicht zuletzt die franzosische Fregatte, die so weit entfernt wie uberhaupt moglich ankerte, eingehend zu studieren. Der Ankerplatz war voll danischer Kriegsschiffe, aber trotz ihrer eindrucksvollen Gro?e und Zahl konzentrierte sich die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf diese beiden Fregatten. Sie versinnbildlichten — lediglich getrennt durch einen Streifen Wasser und ein aufmerksames Wachboot — den Krieg und alles, was damit zusammenhing; den Krieg, der — wenn es nach den Russen ging — auch die Danen mit verschlingen wurde.
Die franzosische Fregatte hie? Ajax und war ein machtiges Schiff mit achtunddrei?ig Kanonen. Genau wie auf Neales Schiff gingen die Seeleute druben ihrer taglichen Arbeit nach und schienen von ihrem Feind und seinen Absichten keine Notiz zu nehmen.
Die Wagenrader rumpelten gerauschvoll uber das Kopfsteinpflaster. Bolitho bemerkte, da? viele Leute trotz der Kalte stehenblieben und ihm nachschauten. Gut aussehendes Volk, dachte er. Vielleicht weil sein Land so lange von Krieg und Not verschont geblieben war.
Browne, der das an ihnen vorbeiziehende Panorama entzuckt beobachtet hatte, sagte auf einmal:»Wir sind da, Sir!»
Der Wagen rasselte durch einen niedrigen Torweg in einen schmuk-ken Privathof. Die Gebaude ringsum sahen irgendwie amtlich aus. Zwei Lakaien eilten einige Stufen herab, um Bolitho zu empfangen.
Es war kalter geworden, Neales Master hatte Schnee vorausgesagt. Erst Nebel, danach Schnee — es war, als hore er den alten Grubb.
Inskip erwartete ihn vor einem prasselnden Kaminfeuer. Er trug eine Perucke, aber sie machte ihn alter statt junger, was erstaunlich war.
Er sagte:»Gut, da? Sie so schnell gekommen sind. Ich habe weitere Informationen uber den Franzosen eingeholt. Es hei?t offiziell, er liege hier, um Sturmschaden auszubessern. Danemark will Frankreich nicht provozieren, indem es der Ajax die Erlaubnis dazu verweigert. Ich nehme an, sie wartet auf den Brief oder sonstige wichtige Nachrichten uber Malta. Ihr plotzliches Auftauchen hat sie vollig verwirrt. «Er zwinkerte ihm zu.
Bolitho sagte:»Wenn die Ajax auslauft, wird Kapitan Neale sie mit Freuden zum Kampf stellen.»
Inskip schuttelte entschlossen den Kopf. »Ajax ist als erste gekommen und in Frieden. Man mu? ihr einen Tag Vorsprung geben, bevor Sie ihr folgen.»
Browne hustelte taktvoll.» Das ist ein ungeschriebenes Gesetz, Sir.»
«Ich verstehe. «Bolitho schaute ins Feuer.»Dann kann ich nichts anderes tun als warten und mu?ig herumsitzen, wahrend der Franzmann bestimmt? Jeden Tag, jeden Augenblick kann ein anderer Kurier ankommen. Konnen Sie nicht einen schnellen Boten zu meinem Geschwader senden? Wenn drau?en eine andere britische Fregatte lage, konnten die Plane des franzosischen Kommandanten ein schnelles Ende finden.»
Inskip lachelte.»Sie sind wirklich ein Mann der Tat. Aber ich furchte, die Danen wurden das als Mi?brauch der Gastfreundschaft ansehen und Ihr Schiff als Gegenma?nahme beschlagnahmen.»
Bolitho erinnerte sich an Brownes Bemerkung auf der Benbow: >Ich sehe Sie als kampfenden Seemann, nicht als Diplomaten!< In seinem Unvermogen, ruhig dazusitzen und zu warten, wie sich die Dinge ohne sein Zutun entwickelten, hatte er Brownes Meinung schon bestatigt.
«Das sollten die erst mal versuchen!»
«Machen Sie keinen Fehler. Die Danen konnten und wurden es tun. Ich habe aus meinen eigenen Informationsquellen gehort, da? es Plane gibt, notfalls den Hafen zu sperren und alle Bojen und Seezeichen, die den Weg hineinweisen, zu entfernen. Die Danen haben hier eine ansehnliche Flotte zusammengezogen und werden sie einzusetzen wissen. «Er hammerte mit der Faust in die andere Handflache.»Wenn die Franzosen blo? nicht Malta aufgegeben hatten, oder — genauer gesagt — wenn doch unsere Flotte diesmal etwas weniger erfolgreich gewesen ware!»
Browne sagte ruhig:»Dann hatten sie anderen Zundstoff fur ihr Feuer gefunden, Sir. Mit Beschwichtigungen kann man sich Zeit erkaufen, aber nicht mehr.»
Inskip hob die Augenbrauen.»Ihr Adjutant ist sehr scharfsinnig,
Bolitho. Ein Jammer, da? er des Konigs Rock tragt. Ich konnte ihm einen Posten in Whitehall verschaffen.»
Bolitho seufzte.»Was raten Sie mir also, Sir?»
Inskip antwortete uberzeugt:»Abwarten. Ich treffe ubermorgen den danischen Minister und werde versuchen, seine Stimmung zu ergrunden. Mag sein, da? ich Sie dabei benotige, daher schlage ich vor, da? Sie heute in diesem Hause ubernachten. Es erspart uns Zeit und erregt weniger Verdacht. Wenn der franzosische Kommandant sich entschlie?t, abzusegeln, wird er wahrscheinlich mit Ihrem Geschwader zusammensto?en, sobald er Skagen gerundet hat. Wenn er aber in die Ostsee einlauft, wird er sich mit den Schweden oder vielleicht sogar mit der russischen Flotte treffen wollen, falls das Eis ihm nicht zu gefahrlich ist.»
Ein Lakai mit Perucke trat leise durch eine reich verzierte Flugeltur ein.
«Verzeihung, Sir, aber da unten sind zwei, hm, Personen, die verlangen, vor den Admiral gefuhrt zu werden. «Inskip fragte sanft:»Wer sind sie?»
Im gleichen zuruckhaltenden Ton erwiderte der Lakai:»Seeleute, glaube ich, Sir. Der eine sagte, er sei ein Bootssteurer, der andere ist so etwas wie ein Diener.»
Bolitho grinste: Allday und Ozzard.
«Gut, da? Sie nicht versucht haben, meinen Bootssteurer wegzuschicken. Das hatte schlimmer ausgehen konnen als ein Zusammentreffen mit den Franzosen.»
Inskip befahl dem Lakai, Allday und seinen Gefahrten in einen geheizten Raum zu fuhren. Dann sagte er:»Die Angelegenheit brachte wenigstens ein Lacheln auf Ihr Gesicht, Bolitho. Das steht Ihnen besser.»
Bolitho wandte sich an Browne.»Sie kehren zum Schiff zuruck und berichten Kapitan Neale. Sagen Sie ihm, er soll auf jedes Boot achten, das langsseits der Ajax geht, und auf alles, was nach ungewohnlichen Vorbereitungen aussieht.»
Doch war es unwahrscheinlich, da? Neale diesen Hinweis brauchte.
Als Bolitho mit Inskip allein war, fragte er:»Nehmen wir an, der Zar erfahrt vom Schicksal Maltas, bevor Sie eine feste Neutralitatserklarung der Danen in der Tasche haben, was dann?»