Fieber an Bord: Fregattenkapitan Bolitho in Polynesien - Kent Alexander (читать книги онлайн бесплатно без сокращение бесплатно .txt) 📗
«Ich nehme an, da? sie Land anliefen, um Frischwasser zu ubernehmen. Ihre Vorrate konnen verdorben sein, wie es auch uns mal passiert ist. «Er schnitt eine Grimasse.»Mit einem Schiff voll Deportierter kann der Kapitan sich nicht noch mehr Sorgen aufladen.«»Das ist richtig.»
Bolitho senkte den Blick; er erinnerte sich daran, wie Viola ausgesehen hatte. An ihre Sorglosigkeit gegenuber einer Entdeckung und dem Risiko, in Madras oder spater in dieser elenden, fieberverseuchten Kolonie, wo Bolithos Schiff einem weiteren von diesen Gouverneuren hatte Respekt verschaffen sollen. Oft war ihm beim Gedanken an die Gefahr der Schwei? ausgebrochen. Jederzeit konnte die Tur aufgesto?en werden, dann mu?te er ihr Gesicht und ihre Schultern zu verbergen versuchen. Aber niemand war gekommen, sie in ihrer Leidenschaft zu storen; nun war der Schmerz uber ihren Verlust nur noch schwerer zu ertragen. Aber auch der Zorn. Was dachte James Raymond sich dabei, Viola wieder hierher zu bringen? Fur europaische Frauen war dieses Klima verheerend, au?erdem bestand dazu keine Notwendigkeit. Raymonds gro?es Haus, seine Stellung, alles, was er auf Kosten anderer erworben hatte, hatten es ihm leicht ermoglicht, Viola sicher und behaglich unter wohlwollenden Menschen und in vertrauter Umgebung zuruckzulassen.
Es klopfte, und Borlase spahte herein, das Gesicht etwas weniger sanft als ublich.
«Ich wollte nur sehen, ob ich Sie sprechen kann, Sir. «Er warf einen schnellen Blick auf Allday.»Aber wenn ich ungelegen komme…»
Bolitho winkte, und nachdem Allday die Kajute verlassen hatte, sagte er:»Fassen Sie sich kurz, Mr. Borlase, ich mochte noch vor Mittag mit den Zwolfpfundern exerzieren. «Er wu?te, weshalb der Leutnant gekommen war, und auch das deprimierte ihn.
Borlase leckte sich die Lippen.»Ich hatte Anla?, einen Matrosen ins Logbuch eintragen zu lassen, Sir.«»Peterson, ich wei?.»
Leutnant Borlase verriet kurz seine Uberraschung, ehe er hastig fortfuhr:»Verstehe, Sir. Aber ich erwarte, da? Mr. Herrick eine angemessene Strafe verhangte. Peterson war herausfordernd und unbotma?ig gegenuber einem
Vorgesetzten gewesen, und zwolf Peitschenhiebe sind das mindeste, was er verdient!»
Beim Sprechen hatten sich seine Wangen gerotet. Wie ein reizbares, aber triumphierendes Kind, das bei seinem Erzieher eine Schwache entdeckt hat, dachte Bolitho. Er entgegnete ruhig:»Der beleidigte Bootsmannsmaat war Schultz. Stimmt das?«Er wartete nicht auf Antwort, sondern fuhr im gleichen sachlichen Ton fort:»Er ist ein ausgezeichneter Seemann, und wir sind froh, ihn zu haben. Aber noch vor zwei Jahren konnte er kein einziges Wort sprechen, au?er in seiner Muttersprache Deutsch. Der Wortschatz, den er nun beherrscht, besteht aus Redensarten und dem Slang der Seeleute, aus den Kommandos, die er braucht, um zu gehorchen oder zu befehlen. «Borlase blickte Bolitho verstandnislos an.»Ich verstehe nicht..»
«Sie hatten sich die Muhe machen sollen, der Sache nachzugehen. «Bolitho spurte, wie der Zorn in ihm aufstieg; warum nur waren Leute wie Borlase niemals in der Lage, aus ihren Fehlern zu lernen?» Dann hatten Sie es mit einem Minimum an Aufwand geregelt. Ich horte, da? Peterson einen Befehl nur langsam befolgte und da? Schultz ihn anschrie, er gehore eher an den Galgen als auf eine Gro?rah. «Er wartete und beobachtete, wie sich Borlases Finger wie Klauen offneten und schlossen.»Nun, war es so?»
«Ja, Sir. Etwa so. Darauf nannte Peterson Schultz ein Schwein und einen hartherzigen Teufel. «Borlase nickte nachdrucklich.»Deshalb habe ich befohlen, ihn unter Deck zu bringen.»
Bolitho verschrankte die Hande hinter dem Kopf. Er spurte, wie ihm der Schwei? uber die Brust rann; das Hemd, heute frisch angezogen, klebte wie ein nasser Fetzen an ihm. Vielleicht hatte es sich auf der verschwundenen Bounty oder an Bord der Eurotas ahnlich zugetragen. Vom Klima und der nie enden wollenden Arbeit gefoltert, waren die Manner durch eine unbedachte, dumme Bemerkung aus dem Gleichgewicht gebracht worden. Die ubrigen explodierten dann wie ein Pulverfa?.
Er sagte:»Petersons Vater wurde seinerzeit in Exeter wegen Mordes und Diebstahls gehenkt. Aber er war zu unrecht beschuldigt worden; der wahre Morder wurde ein Jahr spater gefa?t und hingerichtet. «Sein Ton wurde harter.»Doch Petersons Familie war bereits von den Freunden des Toten aus ihrem Heim vertrieben worden. Sie wurden zwar rehabilitiert, aber zu spat. «Er sah Borlase bla? werden und fugte hinzu:»Ich mache Schultz keinen Vorwurf daraus, da? sein Wortschatz begrenzt ist, aber ich kann auch Peterson keinen Vorwurf machen. Schon die Erwahnung eines Galgens, wie beilaufig sie auch erfolgte, wurde selbst mich an seiner Stelle in Wut versetzen.»
Borlase murmelte stockend:»Tut mir leid, Sir, das wu?te ich nicht.»
«Und das mache ich Ihnen zum Vorwurf. Dieser Mann gehort zu Ihrer Division, und es war Ihre Wache. Ich wu?te es, und der Erste Offizier wei? es auch. Ich erwarte, da? Sie etwas unternehmen werden, und zwar bald, um seinen Respekt wiederzugewinnen. Respekt mu? man sich verdienen, Mr. Borlase, er wird nicht mit dem Rock des Konigs geliefert.»
Borlase drehte sich um und verlie? die Kabine, und einige Augenblicke verharrte Bolitho ganz still in seinem Sessel, lie? die Gerausche des Meeres das wilde Schlagen seines Herzens ubertonen.
Allday sagte:»Eine schone Standpauke, Captain.«»Ich hatte Ihnen befohlen, den Raum zu verlassen!«Er erhob sich, wutend uber sich selbst, weil sein Temperament mit ihm durchgegangen war, und uber Allday, weil der es so gelassen hinnahm.
«Das habe ich, Captain!«Allday machte ein undurchdringliches Gesicht.»Ich dachte, Sie hatten mich wieder gerufen.»
Bolitho lenkte ein.»War es denn so laut?»
Allday grinste.»Ich habe Schlimmeres erlebt. Aber ich nahm an, Sie hatten noch dringende Dinge zu erledigen und wollten vielleicht daran erinnert werden.»
«Danke. «Er spurte, da? sich sein Mund zu einem Lacheln verzog.»Aber Sie sind verdammt unverschamt.»
Der Bootsfuhrer nahm Bolithos alten Degen von der Schottwand herunter und rieb mit seinem Hemd daran.»Ich werde ihn mal wieder polieren, Captain. Es konnte uns Gluck bringen.»
Bolitho blickte zum offenstehenden Skylight empor, als nackte Fu?e hastig uber Deck klatschten und er das plotzliche Knarren von Blocken und Rauschen der Leinwand horte. Die Wache an Deck trimmte Segel und Rahen. Kam mehr Wind auf? Sprang er um? Bolitho erhob sich schnell und ging an Deck.
Keen hatte noch die Wache, und er war so kompetent und zuverlassig, wie ein junger Offizier nur sein konnte. Doch Bolitho kannte seine gro?e Schwache: Keen wurde eher sterben, als seinen Kommandanten zu Hilfe rufen, wenn der Wind umsprang oder auffrischte.
Bolitho erreichte das Achterdeck und sah die Matrosen an den Brassen die Rahen so trimmen, da? die Segel wieder voll zogen.
Starling, Steuermannsmaat der Wache, legte die Hand an die Stirn und meldete:»Der Wind raumt, Sir. Und frischt auch auf.»
Seine Stimme war besonders laut, wohl um seinen Leutnant zu warnen, da? der Kommandant in der Nahe war. Bolitho blickte auf den Kompa? und uberprufte die Stellung der Segel. Sie waren straff und prall gefullt. Mit etwas Gluck konnten sie ein paar Stunden lang einen Knoten schneller fahren.
Keen kam von der Achterdeckreling herbeigeeilt, das Gesicht besorgt.
Bolitho nickte gelassen.»Geschutzexerzieren in einer Stunde, Mr. Keen. «Er sah die Uberraschung und die Erleichterung auf Keens Gesicht.»Stimmt etwas nicht?«Keen schluckte hart.»N-nein, Sir. Alles klar. Ich dachte nur… «Er brach ab.
Bolitho wandte sich wieder dem Heck zu. Aus Keen wurde nie ein guter Lugner werden.
Keen sah ihm nach, dann flusterte er eindringlich:»Hat er etwas gesagt, Mr. Starling?»
Der Steuermannsmaat musterte ihn vergnugt. Wie die meisten an Bord mochte er Keen. Viele junge Offiziere waren, wenn sie erst einmal den Rang eines Leutnants hatten, zu arrogant, um noch mit einfachen Seeleuten zu sprechen.