Harry Potter und der Gefangene von Askaban - Rowling Joanne Kathleen (серия книг .TXT) 📗
So leise sie konnten, schlichen sie hinaus in den Flur und die morsche Treppe hoch. Eine dicke Staubschicht lag uberall, nur auf den Stufen hatte etwas Schweres, das nach oben geschleift worden war, einen hellen, glanzenden Streifen hinterlassen.
Oben gelangten sie in einen dunklen Korridor.
»Nox«, flusterten sie wie aus einem Mund und die Lichter an den Spitzen ihrer Zauberstabe erloschen. Nur eine Tur stand offen. Als sie sich herantasteten, horten sie, wie sich etwas dahinter bewegte; ein leises Stohnen und dann ein tiefes, lautes Schnurren. Sie wechselten einen letzten Blick und ein letztes Kopfnicken.
Harry umklammerte den Zauberstab und hob ihn hoch, dann trat er die Tur auf.
Auf einem prachtigen Himmelbett mit verstaubten Vorhangen flazte sich Krummbein, der bei Harrys Anblick laut zu schnurren begann. Neben dem Bett auf dem Fu?boden lag Ron, die Hande um ein Bein geklammert, das in merkwurdigem Winkel abstand.
Harry und Hermine sturzten zu ihm hin.
»Ron – was ist los mit dir?«
»Wo ist der Hund?«
»Kein Hund«, stohnte Ron und bi? vor Schmerz die Zahne zusammen.»Harry, das ist eine Falle!«
»Was?«
»Er ist der Hund… er ist ein Animagus…«
Ron starrte uber Harrys Schulter. Harry wirbelte herum.
Der Mann im Schatten lie? die Tur ins Schlo? fallen.
Das schmutzige verfilzte Haar reichte ihm bis zu den Ellbogen. Wenn aus den tiefen, dunklen Hohlen in seinem Gesicht keine Augen geleuchtet hatten, hatte er auch eine Leiche sein konnen. Die wachserne Haut war so fest uber die Knochen gespannt, da? sein Kopf wie ein Totenschadel aussah. Ein Grinsen offenbarte die gelben Zahne. Es war Sirius Black.
»Expelliarmus!«, krachzte er und richtete Rons Zauberstab auf sie.
Harry und Hermine ri? es die Zauberstabe aus den Handen, sie wirbelten durch die Luft und Black fing sie auf, Dann kam er einen Schritt naher. Seine Augen waren unverwandt auf Harry gerichtet.
»Ich Wu?te, da? du kommen wurdest, um deinem Freund zu helfen«, sagte er heiser. Seine Stimme klang, als hatte er sie schon lange nicht mehr gebraucht.»Dein Vater hatte dasselbe fur mich getan. Mutig von dir, nicht erst einen Lehrer zu holen. Ich bin dir dankbar, es wird alles viel leichter machen…«
Die Bemerkung uber seinen Vater klang in Harrys Ohren nach, als ob Black ihn angeschrien hatte. Brennender Ha? loderte in seiner Brust hoch und lie? fur Angst keinen Platz. Zum ersten Mal in seinem Leben wollte er den Zauberstab nicht zuruckhaben, um sich zu verteidigen, sondern um anzugreifen… zu toten. Ohne zu wissen, was er tat, wollte er lossturzen, doch neben ihm gab es eine rasche Bewegung und zwei Paar Hande packten ihn und hielten ihn zuruck -»Nein Harry!«, flusterte Hermine, die Augen schreckensstarr; Ron jedoch sprach zu Black.
»Wenn Sie Harry toten wollen, dann mussen Sie uns auch toten!«, sagte er grimmig, doch die Anstrengung, aufrecht zu stehen, trieb ihm den letzten Rest Farbe aus dem Gesicht und er schwankte ein wenig.
In Blacks schattigen Augen flackerte etwas auf
»Leg dich hin«, sagte er leise zu Ron.»Dein Bein ist gebrochen.«
»Haben Sie mich gehort?«, sagte Ron schwach, doch er klammerte sich an Harry, um nicht zu fallen.»Sie mussen uns alle drei umbringen!«
»Es wird heute Nacht nur einen Mord geben«, sagte Black und sein Grinsen wurde breiter.
»Warum das denn?«. fauchte Harry und versuchte sich dem Griff von Ron und Hermine zu entwinden.»Das letzte
Mal hat's Sie doch auch nicht gekummert, oder? All diese Muggel abzuschlachten, um an Pettigrew zu kommen, hat Ihnen nichts ausgemacht… was ist los, haben sie Sie weich gekriegt in Askaban?«
»Harry!«, wimmerte Hermine.»Sei still!«
»Er hat meine Mum und meinen Dad umgebracht!«, brullte Harry. Mit einem heftigen Ruck befreite er sich von Hermine, und Ron sturzte sich Black entgegen.
Harry hatte alle Zauberei vergessen – er hatte vergessen, da? er klein und mager und dreizehn war, Black dagegen ein gro?er, ausgewachsener Mann. Harry wu?te nur, da? er Black Schmerz zufugen wollte, so viel wie moglich, und da? es ihm gleich war, wenn Black ihm ebenfalls wehtat.
Vielleicht war Black einen Augenblick zu verdutzt, weil Harry etwas so Dummes tat, jedenfalls hob er die Zauberstabe nicht rechtzeitig – Harry packte Blacks ausgezehrtes Handgelenk und schob die Zauberstabe von sich weg; mit der anderen Hand schlug er gegen Blacks Schlafe, da? ihm die Knochel schmerzten, und beide krachten gegen die Wand.
Hermine schrie auf, Ron brullte; aus den Zauberstaben in Blacks Hand schossen blendende Lichtblitze, und ein Funkenstrahl verfehlte Harrys Kopf um Haaresbreite; Harry spurte, wie Black den ausgemergelten Arm, den Harry umklammert hielt, verzweifelt losrei?en wollte, doch er umklammerte ihn noch fester und schlug mit der anderen Hand wie von Sinnen auf Black ein.
Doch Blacks freie Hand hatte den Weg zu Harrys Gurgel gefunden.
»Nein«, zischte er,»ich hab zu lange gewartet.«
Seine Hand zog sich zu, Harry wurgte, die Brille hing ihm schief auf der Nase.
Dann scho? Hermines Fu? wie aus dem Nichts hervor; achzend vor Schmerz lie? Black Harry los; Ron hatte sich auf Blacks Zauberstabhand geworfen und Harry horte leises Geklapper.
Er kampfte sich aus dem Korperknauel frei und sah seinen Zauberstab uber den Boden rollen; er hechtete hinuber, doch -
»Aaarh!«
Krummbein hatte sich ins Getummel geworfen; die Klauen beider Vorderpfoten gruben sich tief in Harrys Arm; Harry schuttelte ihn ab, doch Krummbein hupfte jetzt zu Harrys Zauberstab.
»Nein, das tust du nicht!«, brullte Harry und versetzte Krummbein einen Fu?tritt, der ihn fauchend in die Ecke fliegen lie?; Harry schnappte sich den Zauberstab und wandte sich um.
»Aus dem Weg!«, rief er Ron und Hermine zu.
Sie lie?en es sich nicht zweimal sagen. Hermine sprang japsend beiseite und warf sich mit blutenden Lippen auf ihren und Rons Zauberstab. Ron kroch hinuber zum Bett und brach rochelnd darauf zusammen. Sein wei?es Gesicht war grun gesprenkelt und mit beiden Handen umklammerte er das gebrochene Bein.
Black lag ausgestreckt an der Wand. Seine flache Brust hob und senkte sich rasch, wahrend er mit den Augen Harry folgte, der langsam auf ihn zuging, den Zauberstab direkt auf Blacks Herz gerichtet.
»Wirst du mich toten, Harry?«, flusterte er.
Harry blieb uber ihm stehen, den Zauberstab unverwandt auf Blacks Brust gerichtet, und sah zu ihm hinab. Ein brennender Ri? zog sich um sein linkes Auge, und seine Nase blutete.
»Sie haben meine Eltern getotet«, sagte Harry mit leichtem Zittern in der Stimme, doch die Hand mit dem Zauberstab war vollkommen ruhig.
Black starrte aus seinen eingesunkenen Augen zu ihm hoch.
»Ich leugne es nicht«, sagte er ganz ruhig.»Aber ich habe es nicht gewollt.«
»Sie haben es nicht gewollt?«, wiederholte Harry; er horte das Blut in seinen Ohren rauschen.»Sie haben Voldemort gesagt, wo er sie finden kann, und Sie wu?ten nicht, da? er sie toten wurde?«
»Hor mir zu«, sagte Black, und ein flehender Ton lag jetzt in seiner Stimme.»Tote mich, wenn du willst, aber zuerst hor mich an… wenn nicht, wirst du es bereuen… du verstehst nicht…«
»Ich verstehe nicht?«, sagte Harry und jetzt bebte ihm die Stimme.»Sie haben sie gehort, oder nicht? Meine Mum… wie sie versucht mich vor Voldemort zu retten… und Sie haben es getan… Sie waren es…«
Bevor einer von ihnen noch ein Wort sagen konnte, huschte etwas Rostbraunes an Harry vorbei; und schon war Krummbein auf Blacks Brust gesprungen und hatte sich genau auf Blacks Herzen zusammengerollt. Black blinzelte und sah den Kater an.
»Scher dich blo? weg«, murmelte Black und versuchte Krummbein wegzuschieben.
Doch Krummbein versenkte die Klauen in Blacks Umhang und ruhrte sich nicht. Der Kater wandte sein ha?liches, eingedelltes Gesicht Harry zu und sah mit seinen gro?en gelben Augen zu ihm hoch. Hinter sich horte er Hermine, trocken schluchzen.