Zauberer von den Sternen - Stasheff Christopher (читать книги TXT) 📗
Rod grinste und fragte sich, ob Loguire klar war, wie hoch er dieses Kompliment Toms einschätzen mußte.
„Und nun, da man mich entlarvt hat“, brummte Tom, „gebt uns die Ehre, auch Eure Maske abzunehmen.“
Rod starrte ihn an. „Wie lange hast du mich schon durchschaut?“
Tom lachte polternd. „Seit Ihr mit Judo gegen mich vorgingt.“
„Also von Anfang an! Und deshalb wolltest du unbedingt mein Knappe werden. Auf Befehl, Tom?“
Tom nickte. „Also, Meister, was seid Ihr?“
„Ein Zauberer“, erwiderte Rod sich innerlich windend, aber unter den gegebenen Umständen war es die beste Antwort.
Tom spuckte aus. „Keine Ausflüchte, Meister. Ihr gehört nicht zu den Ratgebern, sonst hättet Ihr Lord Lo guire nicht vor ihnen in Sicherheit gebracht. Und vom Haus Clovis seid Ihr auch nicht, sonst wüßte ich es. Also, was seid Ihr dann?“
„Ein Zauberer“, wiederholte Rod. „Ein neuer Spieler im großen Spiel, Tom, und zwar einer, der treu hinter der Königin steht.
Ich bin X, die Unbekannte in der Gleichung der Ratgeber und des Hauses Clovis, und nur durch reinen Zufall hier.“
„Ich glaube nicht so recht an Zufälle, Herr. Ich weiß, daß Ihr an der Seite der Königin steht. Aber wer steht hinter Euch?“
„Ein ungebührliches Benehmen für einen Knappen gegenüber
seinem Herrn!“ knurrte Loguire.
Rod lächelte schwach. „Ein sehr ungewöhnlicher Knappe, Mylord.“
„Ja, und ein sehr ungewöhnlicher Herr!“ knurrte Tom. „Wer steht hinter Euch, Rod Gallowglass?“
Rod zuckte die Schultern. Das Wort würde den Loguires nichts sagen, und Tom war nun ohnehin auf seiner Seite.
„DUFT“, antwortete er.
Tom starrte ihn an. Fast lautlos sagte er: „Und ich hielt selbst die letzten für tot.“ Er schluckte und biß sich auf die Lippe.
„Aber Ihr lebt, und Geist seid Ihr wohl kaum, sonst wäre die Hexe nicht so scharf auf Euch. Ich hörte, Ihr seid nach dem Sieg ausgeschieden. Es war streng geheim…“
„Sieg?“ echote Rod stirnrunzelnd.
Ein noch tieferes Stirnrunzeln des Riesen antwortete ihm, und dann begann Tom schallend zu lachen. „Ah, jetzt verstehe ich!
Und welch ein Narr ich war, nicht früher darauf zu kommen.
Welches Alter, Meister?“
„Alter? Zweiunddreißig, warum?“
„Nein, nein!“ Tom schüttelte ungeduldig den Kopf. „Aus welchem Zeitalter seid Ihr?“
Rods Lippen formten sich zu einem O, als auch ihm etwas bewußt wurde. „Dann war es also tatsächlich eine Zeitmaschine“, murmelte er. „Und hier, irgendwo im Haus, ist eine zweite verborgen, oder?“
Toms Augen wurden eisig. „Genug!“ schnaubte er. „Ihr wißt bereits zu viel, Rod Gallowglass!“
Angst stieg in Rod auf, als er Mord in Toms Augen las. Er räusperte sich. „Tom, deine eigenen Leute sind jetzt gegen dich. Du bist ihnen zu keiner Treue mehr verpflichtet. Und die Mißstände, die sie beheben wollten, kann ich auch beheben.
Wenn du zu ihnen zurückkehrst, werden sie dich umbringen.
Ich nicht, das weißt du.“
Der mächtige Riese entspannte sich. „Ihr habt recht, wenn auch nicht ganz so, wie Ihr denkt. Die haben mich bloß für eine Weile eingesperrt, bis die großen Taten vollbracht sind, aber sie werden mich wieder in Gnaden aufnehmen, denn ich bin zu wertvoll für sie, als daß sie sich so einfach meiner entledigen würden. Aber umbringen werden sie mich — in einem Jahr, vielleicht, oder in zwei, drei oder fünf Jahren, wenn ich meinen Zweck erfüllt habe. Und ich möchte gern länger leben.“ „Sie zweifeln an deiner Loyalität?“ fragte Rod skeptisch. „Dazu besteht kein Anlaß, Herr. Ich bin lediglich gegen ihre Mittel, nicht gegen das Ziel. Aber gerade deswegen werden sie mich früher oder später töten.“
„Rod“, sagte die Stimme hinter seinem Ohr, die nur er hören konnte. „Einen Augenblick“, wandte er sich an Tom. „Ich erhalte gerade eine Botschaft. Wir sprechen später weiter.“ „Rod, der Elfenkönig ist hier. Er führt einen Trupp Elfen an.“ Und schon wurden zwei knorrige Gestalten mit weißen Barten hinter dem Fenstergitter sichtbar. „Gekab“, murmelte Rod. „Das sind keine Elfen, sondern Gnomen.“ „Gnomen? O ja, metallbearbeitende Elfen.“ Die Gnomen brachten Hammer und Meißel mit leichtem Bronzeglanz zum Vorschein, dann wichen sie zur Seite und reichten das Werkzeug einer größeren, dunkleren Gestalt, die fast das ganze Fenster einnahm.
Die Loguires verdrehten ihre Hälse, um hochsehen zu können. Und Tom brummte: „Ich würde gern sein Gesicht sehen, damit ich einmal meinen Kindern, wenn ich sie erst habe, davon erzählen kann. Noch kein Sterblicher durfte sich je preisen, das Gesicht eines Elfenkönigs gesehen zu haben, obgleich man sagt, sie lebten seit undenkbarer Zeit. Sie sind… Uh… Ah…“ Toms Kopf sackte auf die Brust und er begann zu schnarchen. Weitere Schnarchtöne wurden laut. Rod drehte sich um und stellte fest, daß auch die beiden Loguires selig entschlummert waren. Verwirrt schaute er hoch. Der erste Gitterstab fiel gerade auf den stinkenden Strohboden. Dieser Elfenkönig mag vielleicht unvorstellbar alt sein, dachte Rod, aber langsam oder altersschwach ist er zweifellos nicht.
Der nächste Gitterstab fiel herunter, und die restlichen folgten erstaunlich schnell, und gleich darauf sprang ihnen eine schwere Gestalt nach. Ungläubig sperrte Rod die Augen auf. Er verstand jetzt, weshalb Tom und die Loguires hatten einschlafen müssen.
Er schluckte, kämpfte um seine Fassung, dann lächelte er. „Gut gemacht, Brom O'Berin.“
„Stets zu Diensten, Rod Gallowglass.“ Der kleine Mann verbeugte sich und lächelte boshaft. „Ich schulde dir Prügel für deine Impertinenz gegenüber der Königin — vielleicht aber auch großen Dank. Ich bin mir noch nicht ganz schlüssig.“ Er kniete sich neben Rod und drückte seinen Unterarm auf den Boden.
„Rühr dich nicht, sonst bist du um ein Stück Knochen ärmer!“
Er drückte den Meißel auf das erste Kettenglied am Eisenband und durchtrennte es mit einem einzigen Hammerhieb. Sofort machte er sich am anderen Arm zu schaffen.
„Du wirst zwar noch Armbänder tragen, aber keine Ketten mehr. Die Bänder müssen warten, bis wir zur Burgschmiede kommen.“
„Hm, das ist verdammt harte Bronze.“ Rod deutete auf den Meißel, der durch das Eisen glitt.
„Sehr hart“, stimmte Brom ihm zu und beschäftigte sich mit den Fußketten. „Nach einem alten Rezept meiner Familie.“
„Deiner Familie?“
Brom blickte auf. „Auch im vergessenen Griechenland gab es Elfen, wußtest du das nicht, Rod Gallowglass?“
Als er alle von den Ketten befreit hatte, bat Brom Rod, ihm zu helfen. Er sprang durch das Fenster und warf einen Strick herein. Rod band es unter Toms Achselhöhlen und stemmte den glücklich schnarchenden Riesen hoch, während Brom zog.
„Warum weckst du ihn nicht einfach auf, daß er selbst hinausklettert?“ fragte Rod schwitzend.
„Ich möchte nicht, daß mein Stand unter den Sterblichen bekannt wird“, brummte Rod.
„Und warum hast du mich nicht schlafen geschickt?“
„Einer von euch mußte mir schließlich mit den anderen helfen“, knurrte Brom, aber Rod hatte das Gefühl, daß das nicht die ganze Wahrheit war. Er stellte jedoch keine weiteren Fragen mehr, bis seine Zellengeno ssen aus dem Fenster waren und schließlich Brom ihn hochzog. Rod duckte sich und streckte Brom den Hintern zu.
„Was soll das?“ brummte Brom.
„Sagtest du nicht, du schuldest mir Prügel?“
Der Zwerg lachte und schlug ihm auf die Schulter. „Nein, Junge, du hast nur getan, was ich selbst vor Jahren hätte tun sollen, aber nie übers Herz brachte. Doch komm jetzt, wir müssen uns beeilen.“
Nicht viel später saßen sie um das Feuer in der königlichen Ratskammer. Catherine hatte sich wortreich bei Loguire entschuldigt und Tuan völlig ignoriert. Tuan hatte links vom Kamin Platz genommen, und Catherine so weit von ihm entfernt im Zimmer, wie es nur möglich war, mit einem schweren Eichentisch und Brom O'Berin zwischen sich und ihm.
„… ich bin nicht länger Herzog, und die Rebellen sind bereits auf dem Marsch“, beendete Loguire seinen Bericht.