Zauberer von den Sternen - Stasheff Christopher (читать книги TXT) 📗
„Wer wagt es, uns hier aufzuhalten!“ donnerte Lord Loguire, der inzwischen mit Rod herangeritten war. „Zur Seite für einen Mann edlen Blutes!“
Die Posten starrten den Herzog an, dann sprangen beide heran und drückten ihm die Pikenspitzen an die Brust. „Steigt ab, Mylord Herzog Loguire! Im Namen der Königin, wir müssen Euch festnehmen!“ rief einer, während der andere nach dem Hauptmann der Wache schreiend über die Brücke rannte.
Loguire starrte ungläubig von einem zum anderen. Rod brüllte den Posten an: „Nenn den Grund!“ Der Blick des Soldaten flog von Loguires zu Rods Gesicht und zurück. Zögernd antwortete er: „Hochverrat gegen die Person Ihrer Majestät der Königin.“
Loguire preßte die Lippen zusammen, dann explodierte er: „Keiner könnte der Königin treuer ergeben sein als ich. Genug deiner Impertinenz! Zur Seite!“
Der Posten schluckte, wich jedoch nicht von der Stelle. „Es heißt, daß Loguire die Rebellen anführt, Mylord.“
„Soldat“, sagte Rod mit dem Ton eines geduldigen Feldwebels.
„Weißt du, wer ich bin?“
„Ihr seid Meister Gallowglass, ehemals von der Leibwache der Königin.“
„Immer noch von der Leibwache“, berichtigte Rod.
„Und vor einer Woche in den Süden abbeordert, um Herzog Loguire zu beschützen!“
Des Herzogs Kopf zuckte zurück. Er starrte Rod funkelnd an.
„Wir wußten, daß Ihr fort seid“, murmelte der Soldat.
„Und jetzt weißt du auch, weshalb.“ Rod hielt seine Stimme unter sorgfältiger Kontrolle, aber ihr Ton verriet, daß der Grimm der Königin auf den elenden Posten fallen würde, falls er dem Leibgardisten nicht gehorchte. „Lord Loguire ersucht seine Verwandte und Herrscherin, Ihre Majestät, die Königin, um Asyl. Sie wäre erzürnt, müßte sie erfahren, daß er aufgehalten wurde.“
Der Posten behielt seine Pike verkrampft in der Hand und schob trotzig das Kinn vor. „Es wurde der Befehl erteilt, guter Meister Gallowglass, daß Mylord Loguire im Verlies der Königin festgesetzt werden muß. Mehr weiß ich nicht.“
„Verlies!“ donnerte Loguire mit rotem Gesicht. „So tief kann das Blut der Plantagenets nicht gesunken sein! Bube, ich schneide dir die lügende Zunge aus dem Mund!“ Seine Hand fuhr nach dem Dolch. Der Soldat wurde kreidebleich, aber Rod hielt den Herzog zurück.
„Beruhigt Euch, Mylord“, murmelte er. „Dieser Durer hat die Nachricht hierhergeschickt. Die Königin kann nichts von Eurer Loyalität wissen.“
Der Herzog bemühte sich, seinen Grimm zu schlukken. Rod beugte sich zu Tom hinüber. „Kannst du für den alten Mann ein Versteck finden, wo er sicher ist?“
„Ja, Herr. Bei seinem Sohn, aber warum…“
„Im Haus Clovis?“
„Ja, Meister. Die Königin müßte ihre ganze Armee aufbieten, um ihn von dort herauszuholen!“
„Sprecht so, daß alle es hören können!“ erschallte eine neue Stimme, die Rod vertraut vorkam. Sir Maris trat neben den sichtlich erleichterten Wachsoldaten. „Gut gemacht, Rod Gallowglass! Ihr habt den schlimmsten der Rebellen hierhergebracht!“
Loguires Augen verengten sich und sprühten Rod haßerfüllt an.
„Sprecht nicht untereinander“, fuhr Sir Maris fort. „Ich verbiete es. Zwölf Armbrüste sind auf euch gerichtet.“
Loguire setzte sich stolz im Sattel auf. Sein Gesicht wirkte wie aus Granit.
„Zwölf?“ sagte Rod spöttisch. „Nur zwölf Schützen, um Herzog Loguire zu töten? Mein guter Sir Maris, ich muß wohl annehmen, daß Ihr in Eurem Alter unvorsichtig werdet.“
Der Granit zersprang. Loguire widmete Rod einen verwunderten Blick. Rod schwang sich aus dem Sattel und schritt von den Pferden weg zur Brücke. Er schüttelte betrübt den Kopf. „Sir Maris! Mein guter Sir Maris, zu glauben…“
Plötzlich wirbelte er herum und schlug mit einem schrillen Schrei auf die Pferde ein. „Macht kehrt und reitet!“ schrie er.
„Schnell!“
Sir Maris und seine Männer erstarrten vor Verblüffung, als die Pferde drehten und davongaloppierten. Einen Augenblick später schlugen elf Armbrustbolzen in den Boden, wo die Tiere sich befunden hatten. Nur einer der Schützen war etwas schneller gewesen, sein Geschoß hatte Gekabs Hinterteil getroffen, war davon abgeprallt und in den Fluß gesegelt, woraufhin erschrockenes Schweigen eingesetzt hatte und das Gemurmel: „Hexenpferd!“ die Runde machte.
„Wirbel ein wenig Staub auf, Gekab!“ murmelte Rod, und sofort bäumte der mächtige Eisenrappe sich auf, schlug mit den Hufen durch die Luft und wieherte drohend, dann brauste er
durch die Nacht davon. Rod war sicher, daß er Toms und Loguires Spuren verwischen würde.
Sir Maris bemühte sich tapfer, ergrimmt dreinzuschauen, aber die nackte Furcht leuchtete aus seinen Augen. Seine Stimme zitterte, als er sagte: „Rod Gallowglass, Ihr habt die Flucht eines Rebellen ermöglicht.“ Er schluckte sichtlich, ehe er fortfuhr: „Deshalb muß ich Euch wegen Hochverrats festnehmen.“
„Ihr dürft es gern versuchen“, erwiderte Rod höflich.
Die Soldaten redeten verängstigt aufeinander ein und wichen vor Rod zurück. Keiner wollte die Klingen mit dem Zauberer messen. Sir Maris' Augen weiteten sich erschrocken. Er faßte eine der Wachen am Arm. „Du, da, lauf voraus und melde der Königin, was hier vorgeht!“
Der Soldat eilte davon, glücklich darüber, nicht eventuell hier in einen Kampf verwickelt zu werden.
Sir Maris wandte sich an Rod. „Ihr müßt zur Rechtsprechung zur Königin kommen, Meister Gallowglass. Begleitet Ihr uns freiwillig?“
Rod mußte sich beherrschen, um nicht über die Angst in der Stimme des alten Ritters zu lachen. Sein Ruf brachte zweifellos seine Vorteile mit sich. „Ich komme aus eigenem Willen mit Euch.“
Sir Maris bedachte ihn mit einem dankbaren Blick, doch dann kam ihm der Ernst der Lage offenbar erst richtig zu Bewußtsein. „Nicht um eine Burg und ein Herzogtum möchte ich in Eurer Haut stecken, Rod Gallowglass. Allein müßt Ihr nun der Königin Rede und Antwort stehen.“
„Nun, ich habe ihr auch ein paar Dinge zu sagen“, brummte Rod. „Machen wir uns auf den Weg, Sir Maris.“
Bedauerlicherweise gab der Marsch zur Burg Rod Zeit, über Catherines letzten Trick nachzudenken, und genauso bedauerlicherweise empfingen ihn mit Piken bewaffnete Soldaten, die mit zitternder Stimme erklärten, sie müßten ihn in
Ketten vor die Königin bringen.
„Oh“, brummte Rod und hob eine Braue. Er schob die auf ihn gerichteten Piken zur Seite, packte den als Boten vorausgeschickten Soldaten und warf ihn gegen den Trupp Wachen, die sich aneinandergedrängt vorsichtig vorwärtsschoben. Schließlich hob er mit einem heftigen Fußtritt die Tür aus ihren primitiven Eisenangeln. Sie knallte zu Boden, und er schritt darüber.
Catherine, der Bürgermeister der Hauptstadt, und Brom O'Berin sprangen erschrocken von ihren Stühlen um einen kartenbeladenen Tisch auf, als Rod in den Raum stiefelte.
Brom rannte Rod entgegen, um ihm den Weg zu versperren.
Aber schon war Rod an ihm vorbei. Erst am Tisch machte er halt und sah Catherine mit einem Blick an, der Wasser zu Eis hätte erstarren lassen. Die Königin wich zurück und drückte furchtsam die Hand an die Kehle.
Brom hüpfte auf die Tischplatte. „Was soll dieses unziemliche Eindringen, Rod Gallowglass? Verschwindet und wartet, bis Ihre Majestät Euch rufen läßt!“
„Ich ziehe es vor, ungekettet vor der Königin zu erscheinen!“
donnerte Rod. „Und ich lasse nicht zu, daß ein Edelmann von höchstem Stand in ein rattenverseuchtes Verlies mit gemeinen Mördern und Dieben geworfen wird!“
„Ihr laßt es nicht zu?“ krächzte die Königin.
„Und wer seid Ihr, etwas zuzulassen oder nicht?“ donnerte Brom. „Ihr seid nicht einmal von edlem Blut!“
„Dann muß ich wohl annehmen, daß edles Blut nur hinderlich ist, wenn es um Taten geht!“ Rod kippte den Tisch um und ging auf die Königin zu. „Ich hielt Euch für edel! Doch jetzt sehe ich, daß Ihr Euch gegen Eure eigene Familie wendet, selbst gegen einen, der Euch so nah wie ein Vater ist. Selbst wenn er ein Mörder wäre, müßtet Ihr ihn mit der Höflichkeit und den Ehren empfangen, die Ihr seinem Stand schuldet. Euer prächtigstes Gemach müßtet Ihr ihm als Zelle überlassen! Das ist Eure Blutspflicht!“