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Zauberer von den Sternen - Stasheff Christopher (читать книги TXT) 📗

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„Ab einer Entfernung von etwa hundertfünfzig Kilometern. Die Polklappen sind erstaunlich klein. Die sichtbare Fauna beschränkt sich auf Amphibien und eine Unzahl von Insekten. Es ist anzunehmen, daß die Gewässer reich an Fischen sind.“

Rod rieb sich das Kinn. „Hat ganz den Anschein, als befinde der Planet sich in einer ziemlich frühen geologischen Entwicklungsstufe.“

„Steinkohlenzeit“, bestätigte der Roboter. „Und wie sieht es auf der großen Insel aus? Da sind wir doch gelandet, oder?“

„Richtig. Hier gibt es keine einheimische Flora und Fauna. Alle Lebensformen sind typisch für die des späten terranischen Pleistozäns.“ „Wie spät?“

„Menschheitsgeschichtlich.“

Rod nickte. „Mit anderen Worten, eine Gruppe von Kolonisten kam hierher, eignete sich die Insel an, rottete die einheimische Flora und Fauna aus und siedelte terranische Tiere und Pflanzen an. Hast du eine Ahnung, weshalb sie ausgerechnet diese Insel auswählten?“

„Sie ist groß genug für eine annehmbare Bevölkerungszahl, und klein genug, daß die Probleme der ökologischen Angleichung minimal bleiben. Außerdem liegt die Insel in einer polaren Meeresströmung, die die vorherrschende Temperatur etwas unterhalb des terranischen Mittelwerts senkt.“

„Sehr günstig. Das erspart ihnen die Unannehmlichkeiten der Klimakontrolle. Irgendwelche Überreste, die auf Städte der Galaktischen Union hinweisen?“ „Keine, Rod.“

„Keine?“ Rods Augen weiteten sich vor Überraschung. „Das paßt aber so gar nicht recht ins Bild. Bist du sicher, Gekab?“ Das Entwicklungsmuster einer verlorenen oder abgeschnittenen Kolonie — also einer, die seit Jahrtausenden und mehr von der galaktischen Zivilisation getrennt war — unterschied drei deutlich gekennzeichnete Stadien. Erstens das der Gründung der Kolonie um eine moderne Stadt mit hochentwickelter Technologie. Zweitens, das Versagen der Kommunikationsmittel und so die Trennung von der galaktischen Kultur, gefolgt von einer Übervölkerung der Stadt, die zu einer Massenauswanderung ins Land ringsum führte und zu einer agrarischen Selbstversorgung. Und drittens, der Schwund und Verlust technologischer Kenntnisse, die in steigendem Maße von Aberglauben begleitet wurden. Dieser Aberglaube belegte schließlich auch die Dampfmaschinentechnologie mit einem Tabu und verbot sie. Die Gesellschaftsordnung erstarrte, und allmählich entwickelte sich ein Kastensystem. Kleidung und Architektur wurden mit der Zeit zu Karikaturen der in der Galaktischen Union üblichen, wie beispielsweise kleine halbkugelförmige Holzhäuser den gewaltigen galaktischen, geodätischen

Kuppeln nachgeahmt wurden.

Doch immer blieben Ruinen der Stadt zurück, die als ständiges Symbol und Basis einer Mythologie galten.

„Bist du wirklich sicher, Gekab? Ganz und völlig sicher, daß nirgends Überreste einer Stadt zu finden sind?“

„Ich bin immer sicher, Rod.“

„Hm, das stimmt.“ Rod zupfte an seiner Unterlippe.

„Manchmal irrst du dich zwar, aber von Zweifeln bleibst du verschont. Also legen wir die Sache mit der Stadt einstweilen ad acta. Vielleicht versank sie in einer Flutwelle. Wir wollen uns vorsichtshalber noch ein letztesmal vergewissern, daß die Lebensformen hier auch tatsächlich terranischen Ursprungs sind.“

Kopfüber tauchte Rod durch den Einmeterkreis der Schleuse.

Er schlug einen Purzelbaum und landete auf den Knien.

Bedachtsam holte er das Partisanenmesser aus seiner vom Gürtel hängenden Hülle.

Die Scheide war ein schlanker Kegel aus weißem Metall mit einem kleinen Kopf an der Spitze. Rod zupfte mehrere Grashalme aus dem Boden, schob sie in die Scheide und drehte den Knopf. Der Miniaturempfänger, der in die Seiten eingebaut war, untersuchte das Gras mit Schallwellen, um seine Molekularstruktur zu analysieren, und übermittelte die Daten an Gekab, der überprüfte, ob irgendwelche Moleküle für den menschlichen Metabolismus unverträglich waren. Wäre das Gras für Rod giftig gewesen, hätte Gekab der Hülle ein Signal gesendet, woraufhin das weiße Metall sich purpur verfärbt hätte.

Aber in diesem Fall blieb die Scheide silbern.

„Das ist der Beweis!“ erklärte Rod. „Es ist terranisches Gras, höchstwahrscheinlich von Terranern geflanzt, und das Ganze ist eine terranische Kolonie. Aber wo ist die Stadt?“

„Im Vorgebirge einer Bergkette im Norden befindet sich eine große Stadt mit etwa dreißigtausend Einwohnern.“

„Hm…“ Rod rieb sich das Kinn. „Das ist zwar nicht, was ich mir vorgestellt hatte, aber doch besser als nichts. Wie sieht sie denn aus?“

„Sie liegt an den unteren Hängen eines ziemlich großen Berges, von dessen Kuppe sich ein Bauwerk erhebt, das an terranische Burgen des Mittelalters erinnert.“ „Des Mittelalters?“ Rod runzelte die Stirn. „Die Stadt selbst besteht aus mit Stukkatur verzierten Holzhäusern, deren erster Stock über die schmalen Straßen — Gassen wäre zutreffender — hinausragt.“ „Holz und Stukkatur!“ Rod stand auf. „Warte mal! Warte! Gekab, sag mal, erinnert diese Architektur dich an was?“ Der Roboter schwieg einen Augenblick, dann erwiderte er: „Nordeuropäische Renaissance.“

„Das“, murmelte Rod, „ist absolut nicht der typische Stil einer abgeschnittenen Kolonie. Wie sehr ähnelt diese Architektur terranischer Renaissance, Gekab?“

„Sie ist ihr bis ins letzte Detail angeglichen.“ „Also Absicht! Was ist mit der Burg? Ist sie auch Renaissance?“ Wieder schwieg der Roboter einen Moment. „Nein, Rod. Sie könnte eine genaue Kopie der im dreizehnten Jahrhundert in Deutschland üblichen Burgen sein.“

Rod nickte eifrig. „Wie sieht es mit der Mode aus?“ „Wir befinden uns augenblicklich auf der Nachtseite des Planeten, genau wie bei der Landung. Die drei Trabanten des Planeten sorgen zwar für eine gute Beleuchtung, aber es sind verhältnismäßig wenige Personen unterwegs… Allerdings sehe ich einen kleinen Trupp Soldaten — Reiter — auf terranischen Pferden. Ihre Uniformen sind exakte Kopien der — uh — englischen Beefeaters, also der königlichen Leibwache im Tower.“ „Sehr gut! Sonst noch jemand auf der Straße?“ „Hm… Ein paar Männer mit Umhängen über engen Wämsern und Beinkleidern, glaube ich, und — ja, eine kleine Gruppe von Landleuten, die Kittel und Kniehosen mit auf der Brust überkreuzten

Hosenträgern anhaben…“

„Das reicht“, unterbrach ihn Rod. „Das ist ein Gemisch aus den verschiedensten Stilrichtungen. Jemand hat versucht, sich hier seine Vorstellung einer Idealweit aufzubauen. Gekab, hast du schon mal von den Emigranten gehört?“

Erneut schwieg der Roboter kurz, um sich in seine Datenbänke zu vertiefen, dann leierte er: „Gegen Ende des zweiundzwanzigsten Jahrhunderts gab es zahllose Unzufriedene, die ihres Lebens überdrüssig wurden. Sie wandten sich in erster Linie dem Mystizismus zu, in zweiter der Fluchtliteratur und den Vergnügungen. Allmählich wurde das Pseudomittelalter die vorherrschende Interessensbasis.

Schließlich legte eine Gruppe wohlhabender Bürger ihr Vermögen zusammen. Sie erstanden einen ausrangierten Linienraumer, und verkündeten der Welt, sie seien die Romantischen Emigranten, die die Herrlichkeit des Mittelalters auf einem unbesiedelten Planeten neu aufleben lassen wollten. Sie erklärten sich auch bereit, eine beschränkte Zahl von Emigranten als Leibeigene und Kleinhändler mitzunehmen. Es meldeten sich weit mehr Interessenten, als auf dem Schiff untergebracht werden konnten. Und so wurden die Emigranten nach ihrer,Seelenpoesie' ausgewählt — was immer das heißt!“ „Es bedeutet, daß sie sich gern Schauermärchen anhörten“, erklärte Rodney. „Und wie ging es weiter?“ „Die Passagierliste war schnell zusammengestellt. Die dreizehn Bonzen, die die Väter der Expedition waren, gaben bekannt, daß sie ihre Nachnamen ablegen und dafür die Familiennamen großer Geschlechter des Mittelalters annehmen würden, wie Bourbon, Medici, und so weiter.

Dann startete das Schiff ohne Bekanntgabe des Bestimmungsplaneten,um die Versuchung durch die materialistische Welt zu verhindern'. Es wurde nie wieder etwas von ihnen gehört.“

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