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Admiral Bolithos Erbe: Ein Handstreich in der Biskaya - Kent Alexander (читаем полную версию книг бесплатно txt) 📗

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Kapitan Neale hatte den gunstigen raumen Wind dazu genutzt, seine Leute an und uber Deck exerzieren zu lassen. Den ganzen Nachmittag vibrierten die Planken vom Stampfen nackter Fu?e, erschollen die antreibenden Stimmen von Offizieren und Decksoffizieren, die aus Chaos Ordnung zu schaffen bemuht waren. Was die Mannschaftsstarke betraf, war Neale auch nicht besser dran als die anderen Kommandanten. Von seinen erfahrenen, gut ausgebildeten Leuten waren viele befordert und auf andere Schiffe versetzt worden. Was an verla?lichen Matrosen zuruckgeblieben war, hatte er strategisch unter den Neulingen verteilen mussen; von den neuen Leuten waren manche durch den Schock des Gepre?twerdens oder den abrupten Abschied von der relativ sicheren Gefangniszelle noch so entnervt, da? sie nur mit Schlagen dazu gebracht werden konnten, in den schwankenden Webeleinen aufzuentern.

Bolitho bemerkte Neale, der mit seinem wortkargen Ersten Offizier am Luvschanzkleid des Achterdecks lehnte, das Haar vom Wind ins Gesicht geweht und die Augen uberall auf der Suche nach einem Fehler bei der Segelbedienung oder einem Bummelanten, der seinen Befehlen nicht flott genug nachkam. Solche Nachlassigkeiten konnten spater Menschenleben kosten, vielleicht sogar das ganze Schiff. Neale war mit seinen Aufgaben gewachsen, obwohl es Bolitho immer noch leichtfiel, in ihm den dreizehnjahrigen Seekadetten zu erkennen, dessen Vorgesetzter er einst gewesen war.

Neale entdeckte seinen Admiral und eilte gru?end herbei.

«Binnen kurzem werde ich Segel kurzen lassen, Sir. «Er mu?te schreien, um Wind und See zu ubertonen.»Aber wir sind heute gut vorangekommen!»

Bolitho schritt zu den Finknetzen und mu?te sich kraftig festhalten, als das Schiff wieder einmal nach vorne und abwarts scho?, wobei der Kluverbaum die Gischt wie eine Lanze durchstach. Kein Wunder, da? Adam so ungeduldig auf das Kommando uber ein eigenes Schiff wartete; ihm selbst war es nicht anders ergangen. Bolitho sah zu den vollstehenden Segeln auf, zu den Toppsgasten, die mit gespreizten Beinen in den Fu?pferden der schwankenden Gro?rah standen. Ja, das hatte er am meisten vermi?t: die Gelegenheit, ein Schiff wie die Styx zu zahmen und seinem Willen zu unterwerfen, sich geschickt mit Ruder und Segeln gegen seinen unbandigen Freiheitsdrang zu behaupten.

Neale hatte ihn beobachtet.»Hoffentlich werden Sie hier nicht allzusehr gestort, Sir?«fragte er.

Bolitho schuttelte den Kopf. Fur ihn war es wie ein Aufputschmittel, die beste Arznei gegen alle Sorgen; nur das Hier und Jetzt zahlte noch.

«An Deck!«Der Ruf des Ausguckpostens wurde vom Wind verzerrt.»Land in Luv voraus!»

Neale grinste triumphierend und ri? ein Fernrohr aus seiner Hal-terung neben dem Ruder. Er stellte es richtig ein und reichte es Bolitho.

«Dort druben, Sir: Frankreich.»

Bolitho wartete, bis das Deck auf einem Wellenkamm kurz ruhig lag, dann richtete er das Glas auf die Peilung aus. Zwar dammerte es schon, aber trotzdem konnte er noch den verwischten violetten Schatten erkennen: die Insel Ouessant und irgendwo dahinter Brest. Das waren Namen, die sich tief ins Gedachtnis jedes Seemanns eingebrannt hatten, der hier monatelang im harten Blockadedienst geschwitzt hatte.

Nun konnten sie bald ihren Kurs andern und Sudost laufen, tiefer in den Golf von Biskaya. Doch das war Neales Problem — und nichts im Vergleich zu der Aufgabe, mit der er selbst seine Schiffe konfrontieren mu?te. Spater.

Innerhalb einer Woche wurden Beauchamps Befehle von den betroffenen Staben bestatigt werden. Die Kommandanten wurden ihre Leute aufscheuchen, die Kurse zum Rendezvous mit dem neuen Konteradmiral berechnen. Ihr Ziel war ein Kreuz auf der Seekarte, irgendwo bei Belle Ile. Und innerhalb eines Monats wurde man von Bolitho die ersten Aktionen erwarten, die ersten Schlage gegen den in seinem eigenen Lager uberraschten Gegner.

Da? Bolitho die vorgeschlagene Taktik so ruhig besprechen konnte, als sei ihr Erfolg eine unumsto?liche Tatsache, hatte Browne sichtlich beeindruckt. Aber Browne hatte seine Adjutantenstelle den Beziehungen seines Vaters in London zu verdanken, er war nie durch die harte Schule der Kriegsmarine gegangen. Bolitho dagegen war wie die meisten Marineoffiziere noch als halbes Kind auf sein erstes Schiff gekommen. Binnen kurzester Zeit hatte man ihm beigebracht, eine Barkasse zu befehligen und Autoritat auszuuben, einen schwe ren Warpanker im Boot auszubringen, Passagiere oder Waren von und an Bord zu transportieren und spater seine Bootsmannschaft im Nahkampf gegen Piraten oder Kaperer zu fuhren: all dies gehorte zur harten und grundlichen Schulung eines jungen Offiziersanwarters.

Leutnant, Kapitan oder jetzt Konteradmiral — Bolitho war derselbe geblieben, fand sich aber damit ab, da? mit der Beforderung in den Stabsrang alles fur ihn anders geworden war. Jetzt kam es nicht mehr darauf an, sich mit Mut und Wahnwitz zu behaupten und eher Leib und Leben zu riskieren, als vor den Untergebenen Schwache oder Furcht zu verraten. Auch war es nicht mehr eine Frage des blinden Gehorsams unter allen Umstanden, gleichgultig, welch entsetzliche Szenen sich rundum abspielten. Jetzt hatte er uber das Schicksal anderer zu bestimmen, und ob sie uberlebten oder starben, hing von seinen Fahigkeiten ab, von seiner Auslegung der wenigen Informationen, die er zur Verfugung hatte. Genaugenommen entschied er mit seinem Urteil nicht nur das Geschick der ihm Untergebenen, sondern daruber hinaus — und das hatte Beauchamp ihm klargemacht — auch das Schicksal unzahliger anderer Menschen, vielleicht sogar das des ganzen Landes.

In der Tat, die Marine war eine grausame Lehrmeisterin, dachte Bolitho. Aber das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Es gab weniger Sadisten und Tyrannen von eigenen Gnaden, denn vor den Breitseiten des Feindes konnte keiner nur mit Gro?mauligkeit bestehen. Taglich wuchsen in der Navy neue gewandte Fuhrerpersonlichkeiten nach — Manner wie Neale, dachte Bolitho mit einem Seitenblick auf seinen Flaggkapitan — , die es verstanden, in ihren Leuten Loyalitat und Begeisterung zu wecken, wenn sie am dringendsten gebraucht wurden.

Neale schien den prufenden Blick seines Vorgesetzten nicht bemerkt zu haben.»Um Mitternacht gehen wir auf den anderen Bug, Sir«, sagte er.»Hoch am Wind wird es dann etwas ungemutlicher an Bord, furchte ich.»

Bolitho lachelte, weil ihm Browne einfiel, der halbtot vor Seekrankheit unten in seiner Kajute lag.»Dann sollten wir morgen das eine oder andere unserer Schiffe in Sicht bekommen«, sagte er.

«Aye, Sir. «Neale wandte sich um, als ein Midshipman uber die nassen Planken heranbalancierte und schnell etwas auf die Schiefertafel neben dem Ruder kritzelte.»Oh, dies ist Mr. Kilburne, Sir, unser Signalfahnrich.»

Der Junge, etwa sechzehn Jahre alt, erstarrte und blickte Bolitho an, als sei er der Leibhaftige.

Bolitho mu?te lacheln.»Freut mich, Sie kennenzulernen.»

Da der Fahnrich immer noch dastand wie vom Schlag geruhrt, fuhr Neale fort:»Mr. Kilburne hat eine Frage an Sie, Sir.»

Leise sagte Bolitho:»Qualen Sie den Jungen nicht, Neale. Haben Sie denn ein so schlechtes Gedachtnis?«Er wandte sich an Kilburne.»Worum geht's?»

Kilburne stammelte, offenbar uberrascht, da? er seinem Admiral Auge in Auge gegenuberstehen und trotzdem noch atmen konnte:»Also, Sir, wir waren alle so aufgeregt, als wir horten, da? Sie an Bord kommen.»

Mit» alle «meinte er wahrscheinlich die drei anderen Midship-men des Schiffs, dachte Bolitho.

Kilburne fing sich etwas.»Stimmt es, Sir, da? die erste Fregatte, die Sie befehligten, Phalarope war?«platzte er heraus.

Schroff sagte Neale:»Das reicht, Mr. Kilburne!«Entschuldigend wandte er sich an Bolitho.»Bitte um Vergebung, Sir. Ich dachte, der junge Tolpel wollte was ganz anderes fragen.»

Aber Bolitho war die plotzliche Anspannung nicht entgangen.»Worum geht's, Mr. Kilburne?«wiederholte er.»Ich bin immer noch ganz Ohr.»

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